Wir schreiben das Jahr 1992. Das Vinyl ist auf dem Rückzug, die EMI sprengt ihr Platten-Preßwerk, die CD verdrängt die oft nur halb so teure LP (die nach ein paar Jahren "rein zufällig" wesentlich teurer ihre Renaissance erleben wird). Nur ein paar unverbesserliche Fortschritts-Nihilisten halten an Traditionellem und Bewährten fest. Man ahnt es sicher schon: Die Knechtels gehören dazu. Umso besser, daß in jenen Tagen die Firma Major Records aus Witten den HEADHUNTER-Zweitling als limitierte Auflage auf Vinyl herausgibt. Limitiert auf 1000 Exemplare, jedes liebevoll per Hand numeriert. Für Fans und Sammler also ein Muß! Wir wurden stolze Besitzer der einzigen weltweit vorhandenen Nummer 25 dieser Ausgabe. Wenn das nichts ist... Und es kam noch besser! Bereits das HEADHUNTER-Debüt "Parody Of Life" fiel durch ein sehr eigenwilliges Intro im Country-Style aus dem Rahmen, doch hier ereilte uns an selbiger Stelle erstmal ein heftiger Lachanfall. "Oh What A Pleasure" schrammelt Schmuddel vergnügt vor sich hin und treibt mit seinem grandios falschen Gejammer jeden noch so toleranten Gesangslehrer in den Wahnsinn. Die Geburtsstunde des unvergleichlichen HEADHUNTER-Humors.
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Dieser wird an anderer Stelle weiter kultiviert. Oder kann sich jemand eine Metal-Coverversion von "Ramalama (Ding-Dong)" vorstellen, ohne dabei zu lachen? Auf die Spitze treiben es Schmier, Schmuddel und Jörg dann am Ende der Platte mit einer völlig kaputt-kranken Hinrichtung des "Easy Rider"-Klassikers "Sex & Drugs & Rock'n Roll". Das peitscht!
Doch sind das nicht die einzigen außergewöhnlichen Momente auf "A Bizarre Gardening Accident": Genrefremde Instrumente wie Klavier und Geige sorgen für weitere "Aha!"-Erlebnisse. Darüberhinaus hat das Album eine Menge hochwertiger Metal-Kost zu bieten. Schnelle, thrashige Nummern sind ebenso vertreten, wie melodisch-filigrane und feinsinnig arrangierte Powergranaten. Alles sehr variabel gehalten und dynamisch aufgebaut. Sogar eine (völlig klischeefreie) Akkustik-Ballade ist dabei. Gewissermaßen die Quintessenz des Heavy Metal auf einer einzigen Scheibe vereint. Und wem das noch nicht reicht, der beschäftige sich mal eingehender mit den Texten, die sich als blankes Gift entpuppen. Gesellschaft, Musikindustrie, "seltsame" Zeitgenossen - alle kriegen ihr Fett weg. Songtitel wie "Signs Of Insanity", "Character Assassination", "Rude Philosophy" oder "Born In The Woods" bedürfen eigentlich keines weiteren Kommentars. Die Kopfjäger sind schon damals mit offenen Augen durch die Weltgeschichte gegangen und haben zu nichts geschwiegen.
Wieso "A Bizarre Gardening Accident" nicht mindestens 100.000 mal verkauft wurde, ist uns noch heute schleierhaft. Die Platte hat alles, was ein gutes Heavy Metal-Album ausmacht und noch eine Menge mehr. Stattdessen hechelte die Szene Jahre später einer ziemlich dreisten und auch ziemlich ungelenken Accept-Helloween-Kopie hinterher und feierte sie als "Retter des Metal". Begreife wer will... (kf)
Schmier über "A Bizarre Gardening Accident": Mit dieser Scheibe haben HEADHUNTER ihren eigenen Stil gefunden. Allerdings würde ich nicht nochmal so ein ANTI-METAL-Cover für eine deftige Metal-Scheibe verwenden. Die FALSCHE Verpackung war damals ein Teil des Konzepts, aber leider nicht gerade förderlich für die Karriere. Trotzdem oder gerade deshalb eines meiner persönlichen Highlights!