Hubert Kemmler, geboren 1961, begann bereits im zarten Alter von 10 Jahren mit dem Klavierspielen. Er übte Mozart, Bach und andere Klassiker, kommt also eher vom ernsten Fach. Das komplette Gegenteil also, mit dem er Anfang der 80er plötzlich und "unerwartet" auf der Bildfläche erschien.
Mit "Rosemarie" gelang Kemmler sein erster Hit, der auf dem Debüt-Album "Meine Höhepunkte" zu finden war. Auf der Sonderauflage dieses Albums aus dem Jahre 1983 wurde "Rosemarie" noch nachträglich mit als Bonus Track dazu genommen. Wahrscheinlich, um den Verkauf des 2. Albums anzukurbeln, als abzusehen war, dass es nicht den Erfolg bringen würde, den das erste Album (Platz 7 der Album Charts) erreicht hatte. "Ich komme" landete leider nur auf einem doch eher enttäuschenden 35. Platz. Enttäuschend deshalb, weil sich Kemmler mit Kapelle auf diesem Album wesentlich reifer und eingängiger zeigte als noch auf dem Erstlingswerk. Die Platte besticht durch wunderbar ausgereifte Pop-Perlen, die dem Hörer garantiert in die Beine gehen. Waren die Songs auf der ersten Scheibe noch relativ minimalistisch eingespielt, überraschte die Gruppe den Hörer auf dieser LP mit weitaus farbenfroheren und facettenreicheren Songs. Dabei ist der Chartstürmer "Sternenhimmel" noch nicht einmal der stärkste Titel auf der Langrille. Sämtliche Kompositionen stammen von Hubert Kah selbst. Auch die Texte sind nahezu komplett von ihm. Bei beidem, Komposition wie Texte, wird er allerdings von diversen Leuten unterstützt, u.a. seinem Gitarristen Marcus Löhr und seinem Bassisten Klaus Hirschburger.
Die Qualität des Single-Hits "Sternenhimmel" muss wohl kaum noch erwähnt werden. Dieser Megahit ist der Opener eines sehr starken Deutschpop-Album. Der zweite Song "La La Langeweile" ist ein typischer NDW-Titel: schnell, minimalistisch, kein wirklich aussagekräftiger Text, denn wer hatte noch nie Langeweile? Dass die Auslöser dafür vielschichtig sind, wußte man sicher auch schon bevor Herr Kemmler ein Lied darüber gemacht hat. Trotzdem ein starker und eingängiger Song der auch nach mehrmaligem Hören keine Langeweile verbreitet, allerdings ist er heute durch seinen rasanten Beat kaum noch "tanzbar" ;-)
"Schön wie noch nie" ist eines meiner Lieblingslieder auf "Ich komme". Ebenfalls ein Song, der ins Bein geht, aber nicht mehr ganz so flott angelegt wie der vorherige Titel. Ein Text der Optimismus versprüht. Kein Wunder, singt Hubert davon, dass er jetzt "Kohle wie ein Wüstenscheich" hat, und dass darum jetzt alles so "schön wie noch nie" ist. Ein Wunsch, den früher (und wohl auch heute noch) viele Jugendliche hatten: Kohle haben, ein leichteres Leben führen.
Weiter geht's mit dem Lied "Laß mich träumen", das einen sehr überzeugenden Refrain hat, der in mystische Sphären gleitet, während der Rest des Liedes eher düster und monoton daher kommt. Der Sinn des Textes erschließt sich dem Hörer sicher nicht gleich... das muss er auch gar nicht. Der Titel geht Dank seines satten Sounds und des auch in diesem Lied wieder mitreißenden Beats ins Bein, und läßt die Füße wieder nicht still stehen...
Weitere musikalische Highlights aus der Feder Kemmlers folgen, wie z.B. "Monika", eine typische NDW-Nummer mit Saxophon und Hammond-Orgel. Wer auch immer diese Monika war, sie dürfte sich geschmeichelt gefühlt haben. Mit "Für die Nacht" und "Simsalabim" folgen weitere großartige Pop-Nummern. Bei "Marie Louise" singt Kemmler über eine schöne, aber arrogante Dame, bei der er festgestellt hat, dass sie ihn nicht liebt. Ein zeitloser Popsong mit einem sphärischen Klangteppich zwischen den Refrains und einem Hubert Kemmler in gesanglicher Höchstform. "Hongkong - Tokyo" wird von Kemmler aus der Sicht eines Workaholics gesungen, und der Text passte schon damals wie die Faust auf's Auge, war es doch die Zeit der aufkommenden "Yuppies". Musikalisch wird das Thema in einer flotten Popnummer mit eingängigem und schnellen Beat umgesetzt. Genau wie der darauf folgende Song "Traumduett". Der letzte Song auf dem Album ist "Uh La La Cherie" und ist der erste und einzige langsamere Titel auf der LP. Der richtige Rausschmeißer... aber einer auf hohem Niveau.
Alles in Allem muss man dem Album schon bescheinigen, dass man ihm seine Herkunft, nämlich die Neue Deutsche Welle, deutlich anhört. Allerdings stufe ich die LP "Ich komme" weit höher ein als andere Klassiker dieses Genres. Die Songs haben über all die Jahre nichts von ihrem Reiz verloren, und die Melodien sind auch 27 Jahre nach ihrem Erscheinen frisch und knackig. Auch wenn das Debüt-Album und diese Platte hier mit einem zweideutigen Namen ausgestattet wurden, ist das, was man zu hören bekommt, jedenfalls sehr eindeutig: Kultig und mit Suchtfaktor! Schade, dass Hubert Kah nach den Erfolgen in den 80ern nur noch selten zu dieser Form auflaufen konnte. Seine fünf, zwischen 1982 und 1989 erschienenen Alben sind das Stärkste, was der Mann je erschaffen hat. Diese hier besprochene Langrille zählt zu meinen Lieblingsalben, das ich jedem Fan gut gemachter deutscher Popmusik wärmstens empfehlen kann. Gesamtnote: Sehr gut
(Christian Reder)
VÖ: 1982 / 1983 (nochmals aufgelegt mit Bonustrack "Rosemarie"); Label: Polydor; Titel: Sternenhimmel · La La Langeweile · Schön wie noch nie · Laß mich träumen · Monika · Für die Nacht · Simsalabim · Marie Louise · Hongkong Tokyo · Traumduett · Uh La La Cherie; Bemerkung: Auch auf CD erhältlich; Musiker: Hubert Kemmler (voc) · Markus Löhr (g, ac-g) · Klaus Hirschburger (bg)
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