bttwbig 20121118 1580965348Wir sind nun wirklich nicht gerade dafür bekannt, bei Kritiken mit Superlativen nur so um uns zu werfen. Es gibt aber Platten, die kann man einfach nicht besprechen, ohne genau das zu tun. Das fünfte Accept-Album ist so eine Scheibe. "Balls To The Wall" ist mehr als "nur" ein Klassiker. Es ist eine der wichtigsten Veröffentlichungen, die es in (und aus) Deutschland je gegeben hat und je geben wird. Es ist ein Meilenstein des Heavy Metal, Inspirationsquelle für hunderte von Bands (national wie international), die später selber Klassiker produzierten. Es ist DIE Sternstunde harten Rocks deutscher Prägung und ein unentbehrliches "Must have" für jeden, der auch nur ansatzweise über Musik aus unserem Lande mitreden will. Es ist ein Jahrhundert-Album, das man ohne weiteres als "Best of" verkaufen könnte: 10 Songs - 10 absolute Treffer ohne jeglichen Hauch einer noch so kleinen Schwäche! Das kam nicht von ungefähr: Bereits zwei Jahre zuvor hatten Accept sich nach ihrem relativ unspektakulären Debüt und der immerhin schon für diverse Achtungsszeichen sorgenden LP "I'm A Rebel" mit "Breaker" in der Heavy-Metal-Oberliga etabliert und mit dem Nachfolger "Restless And Wild" neue Maßstäbe gesetzt.

VÖ:
Label:

Titel:

 

 

 

 

 

 

Line up:

1983
RCA

Balls To The Wall
London Leatherboys
Fight It Back
Head Over Heels
Losing More Than You've Ever Had
Love Child
Turn Me On
Losers + Winners
Guardians Of The Night
Winterdreams

Udo Dirkschneider (voc)
Wolf Hoffmann (g)
Hermann Frank (g)
Peter Baltes (bg)
Stefan Kaufmann (dr)

Bemerkung: Wurde schon mehrfach auf CD veröffentlicht. Die zur Zeit aktuellste Variante stammt aus der "Remastered"-Serie und kommt mit zwei Live-Bonustracks, die jedoch lediglich von einer weiteren offiziellen VÖ ("Kaizoku Ban - Live In Japan") entnommen wurden.
Bandname und Albumtitel sind bei fast allen Wiederveröffentlichungen auf der Frontseite zu finden, was nicht der ursprünglichen Version entspricht, wo beides auf der Rückseite stand.

Insofern war "Balls To The Wall" der Höhe- (aber nicht End-)punkt einer kontinuierlichen Entwicklung, der der Gruppe um Frontsirene Udo Dirkschneider fast schon folgerichtig den internationalen Durchbruch einbrachte (u.a. Gold in den USA). Nach den Gründen für den enormen Erfolg zu forschen ist eigentlich müßig, man muß sich die Platte einfach nur anhören, um zu verstehen. Jeder einzelne Song ist ein Statement für sich, ein Meisterwerk in Sachen Power, Technik, Produktion, Arrangement.
Die Schlagzeugspuren atmen pure Energie, sind ausgesprochen intelligent ausgefeilt, mit Schnörkeln, Schlenkern, Breaks und Effekten ausgestattet, ohne dabei der Songdienlichkeit zu entbehren. Die Baßlinien ergänzen das solide Fundament, sind aber so raffiniert angelegt, daß ihnen die Aufmerksamkeit des Hörers garantiert ist. Wolf Hoffmanns Gitarrenarbeit (Rhythmus wie Solo) ist einfach nur Weltklasse und hält jedem Vergleich mit anderen Größen ihrer Zunft locker stand. Darüber thront Udo Dirkschneiders unnachahmliches, heiseres Organ, das trotz seines kreischenden Charakters jeden Ton mit Sicherheit und Präzision auf den Punkt plaziert. Die Songs bewegen sich hauptsächlich in stampfendem Midtempo, gelegentlich wird auch das Gaspedal durchgetreten und die Geschwindigkeit angezogen. Soundeffekte gibt es reichlich, sie verkommen aber nie zum Selbstzweck sondern dienen lediglich zur Aufwertung der ohnehin schon über alle Maßen qualitativ hochwertigen Kompositionen (Kopfhörer benutzen lohnt sich!). Dem Niveau der Musik entsprechen die Texte, die stets kraftvoll und "deutlich" formuliert sind (gelegentliche Anzüglichkeiten inbegriffen), aber nie in reine Provokation ausarten (Diesbezüglich hatten Accept bereits auf der LP "Breaker" die Grenzen ausgelotet.). Am Ende steht mit "Winterdreams" sogar eine wunderschöne, zarte und gefühlvolle, doch völlig klischeefreie Ballade, die mit einem Gleichnis von Freiheit und innerem Frieden den Schlußpunkt setzt.
"Balls To The Wall" enthält alles, was aus einem sehr guten Album ein großartiges macht. Stoff, der einen Klassiker zur Legende werden ließ, die ihresgleichen sucht. Die bislang vor allem international recht einsam ihre Kreise ziehenden Scorpions hatten endlich ein entsprechendes Pendant bekommen, das ihre übergroßen Fußstapfen ausfüllen und erweitern konnte. Leider gelang es Accept nicht, diesen Weg auf Dauer kontinuierlich weiterzugehen und so zur Institution zu werden. Doch bleiben wird auf ewig der Platz in den Annalen des Heavy Metal. Bleiben wird der Kultstatus der Band. Bleiben werden einige herausragende Alben, die die Welt nachhaltig veränderten. Und bleiben wird die Tatsache, mit "Balls To The Wall" das wichtigste und innovativste deutsche Metal-Werk seiner Zeit im Backkatalog zu haben. Alles Dinge, die nur wenige Rockgruppen von sich behaupten können... (kf)

 


   
   
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