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Bericht:
Rüdiger Lübeck

Fotos:
Rüdiger Lübeck


 

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Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns an diesen Abend erwarten sollte, gab es ja schon im (sogenannten) Sommer dieses Jahres. Da gewährte Pascal von Wroblewsky (nachfolgend: "PvW") als Special Guest von ENGERLING (Bericht HIER) unter dem Motto "Nu Standards - das Seventies Songbook" bereits einen ausführlichen Einblick in die angekündigte neue Platte. Diese liegt nun vor und wurde am vergangenen Freitag (und Samstag) im kleinen feinen "b-flat", einer DER Adressen für guten Live-Jazz in der Hauptstadt, im Rahmen eines Record-Release-Konzertes präsentiert.

Und so war es zunächst einmal schwierig, einen freien Platz zu erhaschen, denn ein Großteil der vielen kleinen Tische schmückten bereits bei meiner zeitigen Ankunft die ungeliebten "Reserviert"-Schildchen. Die imposante Fensterfront des Lokals gewährte zu diesem Zeitpunkt noch den Blick auf die vom Schneeregen benetzte Rosenthaler Straße. Das sollte sich im Laufe des Abends ändern.

PvW schliff derweil mit ihrer Begleitband, hinter der sich niemand Geringeres als BAJAZZO verbarg, am letzten Soundcheck und entschwand sodann noch schnell zum Interview ins Radio-Eins-Studio in den nahegelegenen Admiralspalast.

Punkt halb 11 war es inzwischen, und ein fulminantes Intro mit Mönchgesängen, welche mich spontan an den Film "Der Name der Rose" erinnerten, lieferte den Einstieg in ein mir namentlich nicht bekanntes Weihnachtslied, und damit zugleich in das Programm des Abends. PvW packte die Gelegenheit beim Schopfe und stellte sogleich ihre Mitmusikanten vor: Jürgen Heckel an der Gitarre (und zugleich für sämtliche Arrangements verantwortlich), Peter Michailow am Schlagwerk, Max Hughes am Bass und als Gäste Julia Hülsmann an den Tasten und Falk Breitkreuz an Saxophon, Querflöte und Bass-Klarinette. In einschlägigen Kreisen allesamt von Rang und Namen und auch für einen Jazzlaien wie mich sofort als exzellentes hochprofessionelles Ensemble zu klassifizieren.

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Wie bereits der Name des neuen Albums verrät, entstammen die Originale der Songs durchweg einem Jahrzehnt, welches für viele prägend war und die Entwicklung der Musik insgesamt entscheidend beeinflussen sollte. Und so hat auch eine PvW ihre Wurzeln nicht etwa im Jazz, wie man meinen mag, sondern in eben jener Zeit, die bekanntermaßen zwar sicher auch durch den schwarzen Soul eines Stevie Wonder oder einer Aretha Franklin, aber insbesondere dann doch eher durch ihre Rockkracher für nachhaltige Aufmerksamkeit sorgen sollte. Die Soul-Klassiker wurden demnach - vielleicht mit Ausnahme des "Inner City Blues" von MARVIN GAYE - auf der Platte bewusst hintenan gestellt, weil die Rock-Nummern dann letztlich wohl doch den größeren Einfluss auf die musikalische Vita eines jeden der am Projekt beteiligten Musiker hatten. Es sind schlicht Standards, die jeder kennt. Und die Leute - so PvW - können das alles mühelos mitsingen, was bei DUKE ELLINGTON zum Beispiel um einiges schwieriger würde ... Aber ich will der demnächst hier erfolgenden CD-Rezension nicht vorweg greifen.

Wir hören in der Folge den "Lucky Man" von EMERSON LAKE & PALMER und 10CC's "I'm not in Love" - letzteres geprägt von einem regelrecht ausufernden fantastischen Wechselspiel zwischen Stimme und Saxophon. "Riders on the Storm" von den DOORS, das ja bereits im Original von beträchtlicher Länge ist, prägen dann die eindrucksvollen Soloparts der einzelnen Musiker, die sich quasi nahtlos im bereits zuvor erwähnten "Inner City Blues" bis zur Pause fortsetzen sollten. Die ausladenden Schaufenster waren zu diesem Zeitpunkt großflächig milchig beschlagen.

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Im Anschluss war dann BAJAZZO-Time! Das Instrumental "Gimme Five" vom '99er Album "Harlequin Galaxy" gefiel mir spontan derart gut, dass ich nun nicht nur die neue CD von PvW, sondern auch jene von der ostdeutschen Jazzband im Schrank zu stehen habe. Ganz feine Musik ist das, die es zu entdecken gilt! Man kann es gar nicht oft genug sagen.

"Move Over" von JANIS JOPLIN, "Black Dog" von LED ZEPPELIN - die Klassiker gaben sich jetzt die Klinke in die Hand. Wie mir PvW im Anschluss verriet, war gerade letztgenannter Song mit seinem schwierigen 5/4-Takt eine regelrechte Herausforderung. Dies gilt umso mehr, als dass man sich zwar bewusst vom Original entfernen und absetzen wollte, aber ohne es dabei völlig auseinanderzunehmen.

Etwas seichter ging es dann mit "Why cant we live together" von TIMMI THOMAS weiter, bevor sich - natürlich - die DEEP PURPLE-Hymne schlechthin (den Namen nenne ich jetzt nicht) anschloss. Andernorts bis zum Erbrechen gecovert, aber so wie in der Interpretation von PvW hat man dieses Stück noch nie gehört. Dabei nimmt sich die Musikerin - wie an diesem Abend generell - in ihrer Stimmgewalt durchaus zurück, begleitet das Thema dezent und in eher tiefen Tonlagen. Extravaganz, ohne überladen zu wirken - offenbar ist das das Geheimrezept für das Gelingen dieses Experiments.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es zum Ende dann doch noch einen Song gab, den ich nicht kannte. Mit der Zugabe "I never can say goodbye" gingen gegen viertel zwei (!) die Lichter an, und wer mitgezählt hat, vermag jetzt in etwa einzuschätzen, von welcher Dauer jeder einzelne Titel gewesen sein muss. Wegen mir hätte es ruhig noch eine Weile so weitergehen können ... Das Kondenswasser floss unterdessen die riesigen Fensterscheiben hinab.


Bitte beachtet auch:
- off. Homepage von Pascal: www.wroblewsky.de
- Homepage des b-flat in Berlin: www.b-flat-berlin.de


 

Live-Impressionen:
 
 

   
   
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