Fotos: Matthias & Sebastian Ziegert
Am 3. November 2010 ließen es zwei Bands in der Leipziger Theaterfabrik wieder mal richtig krachen, und wir wurden Augen- und Ohrenzeuge eines großartigen Konzerts. Bei den aktiven Musikern auf der Bühne handelte es sich zum einen um Tino Standhaft und sein Mannen und zum anderen um die Jungs von RUFF AS STONE aus London. Beide spielten dieses Jahr bereits schon einmal gemeinsam in diesem Haus, allerdings ein völlig anderes Set.
Als erster Programmpunkt war Tino Standhaft & Band angesagt. Der Musiker aus Leipzig hat beruflich einige Zeit in Berlin verbracht, hat dort sein erstes Album ("Why", 1994) veröffentlicht und gehörte lange Zeit der Studio- und Begleitband von André Herzberg an, mit der auch das Album "Tohuwabohu" (1994) eingespielt wurde. Doch so richtig in Schwung kam seine Karriere in Berlin nicht, so dass er vor ein paar Jahren wieder nach Leipzig zurückkehrte und dort weitere CDs und sogar eine DVD veröfentlichte.
Kurz nach 20:30 Uhr eröffnete Tino mit seiner Band den musikalischen Teil des Abends. Mit einem Soundteppich aus Keyboard-Klängen, in den dann die anderen Musiker der Reihe nach einstimmten, startete das Programm. Um es vorweg zu nehmen: Die Songs von Tino Standhaft & Band waren nahezu identisch mit den der von uns zuletzt besuchten Konzerten. Der erste Titel des Abends war - wie vor kurzem im Anker auch - der Standhaftklassiker "Cinderellas Shoe". Auch sonst bestand das Set, bis auf die Zugaben, aus den gleichen Titeln wie am 23. Oktober. Der Song "Second Chance" war der letzte Song des offiziellen Teils. Danach verließ die Band schon unter Zugaberufen die Bühne, um nach kurzer Zeit noch für zwei weitere Songs zurückzukehren. Am Ende konnte der Wunsch aus dem Publikum nach einem Neil Young Titel leider nicht erfüllt werden, da dieses Programm in einer anderen Besetzung gespielt wurde. Alles in Allem war der Auftritt der Band ohne Überraschungen aber handwerklich einwandfrei. Man kann es sich gut und gerne auch öfter anschau'n, aber vermutlich werden sich mit Erscheinen der neuen Standhaft-CD auch die in den Konzerten gespielten Songs ändern. Nach reichlich verdientem Applaus folgte eine kurze Umbaupause.
Der nächste Programmpunkt war die Londoner Band RUFF AS STONE, wobei man bei "Londoner Band" etwas vorsichtig sein sollte. Zwar ist der größte Teil des Line Up von der Insel, aber beim Schlagzeuger handelt es sich keineswegs um einen gebürtigen Briten, sondern den Leipziger Tobias Künzel, der lediglich London als seine Wahlheimat auserkoren hat. Der Prinzen-Sänger ist nebenbei auch noch in anderen Projekten aktiv, so z.B. mit Mike Kilian von Rockhaus bei FINAL STAP und eben auch bei RUFF AS STONE. Bei beiden Nebenprojekten kann Künzel sein Können am Schlagzeug unter Beweis stellen, was bei den Prinzen in der Form ja nicht möglich ist. Ein weiteres bekanntes Gesicht in der RUFF AS STONE-Besetzung ist Frontmann Austin Howard, der in Fachkreisen auch gerne mal als "schwarzer Mick Jagger" bezeichnet wird. Wer in den 80ern abseits des Mainstream Musik gehört hat, wird sich sicher noch an das Projekt "Ellis, Beggs & Howard" erinnern, die mit "Big Bubbles - No Troubles" und "Where Did Tomorrow Gone" kleine Achtungserfolge feiern konnten. Leider gab es diese hervorragende Band nicht lange. Nach dem Ende dieser Formation hatte Howard lange mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Im Jahre 2009 traf er sich mit Künzel, dem Gitarristen der Band "Twelve Drummers Drumming", Tom E. Morrison, sowie mit Rob Tree eigentlich nur zu einer Jam Session. Daraus entwickelte sich das, was die Konzertbesucher am Mittwoch auf der Bühne als RUFF AS STONE erleben konnten.
Im Anschluss an die Umbauarbeiten nach Tino Standhafts Auftritt betraten die Herren Künzel, Howard, Morrison und Tree die Bühne, um den Laden ordentlich zu rocken. An diesem hervorragenden Auftritt - soviel sei schonmal vorab angemerkt - hatten alle Bandmitglieder ihren Anteil. Die vier Musiker bilden eine homogene Truppe, denen die Spielfreude aus jeder Pore tropft. Ein Klischee über die Engländer ist ja das, dass sie dort ständig und viel mit Nebel zu kämpfen haben. Auf diesen wollten die Jungs wohl auch am Mittwoch nicht verzichten, denn sie hatten scheinbar einige Kanister der trüben Luftsuppe aus ihrer Heimatstadt mitgebraucht. Ich empfand es etwas als störend, dass den ganzen Abend über die Bühne mit Nebel förmlich überströmte wurde. Manchmal ist weniger mehr. Dies sollte aber wirklich der einzige Makel am sonst hervorragenden Konzert bleiben.
Hauptakteur der Bühnenshow von RUFF AS STONE ist Austin Howard. Der Sänger der Band, der wie ein Wirbelwind über die Bühne fegte und sich Stück für Stück von Teilen seiner Garderobe trennte, war Dreh- und Angelpunkt einer perfekt abgestimmten und bis ins Detail ausgefeilten Bühnenshow. Seine markante Stimme und sein Auftreten sind einfach ein "Blickfang". Auch Tobias Künzel hatte die Gelegenheit, sich und sein Können ausreichend in Szene zu setzen. Der "Prinz" bearbeitete die Felle und Becken seines Schlagzeuges nach allen Regeln der Kunst und sorgte so dafür, dass dem Gesang Howards und der Spielkunst der beiden anderen ein einwandfreier Beat unterlegt wurde. Der Job hinter der Schießbude machte Künzel sichtlich Freude, denn die gute Laune, die er verströmte, übertrug sich nicht nur auf seine Musikerkollegen, sondern auch auf das Publikum. Ich bin mir sicher, dass sich Künzel auf die weiteren Live-Termine seiner Band in den folgenden Tagen sehr gefreut hat, um dort weiter mal so richtig "die Sau rauslassen" zu können.
Auf das Aufzählen einzelner Songs, die die Kapelle dort zum Vortrag brachte, möchte ich an dieser Stelle verzichten. Es dürfte schwierig sein das Erlebte und eingefangene Gefühl, das wir jetzt haben, ohne Musik von CD oder aus einem Konzert anhand eines Konzertberichts nachzuempfinden. RUFF AS STONE geht es bei den Live-Muggen vor allem darum, ihre Songs vor Publikum zu testen und zu sehen, wie sie ankommen. Dieses Geheimnis verriet mir Sänger Austin Howard nach dem Ende des Konzerts. Bei dieser Gelegenheit ließ er es sich auch nicht nehmen, mir für ein Konzertfoto, das ich im Frühjahr von RUFF AS STONE und ihm als Sänger geschossen habe, sehr herzlich zu danken. Seine Freude darüber brachte er so deutlich zum Ausdruck, dass diese Art der Danksagung in manchen Ländern der Erde noch als Heiratsgrund angesehen wird :-)
Kommen wir noch einmal kurz zurück zum Konzert. Wer die Möglichkeit hat, die Band in seiner Nähe live zu sehen, sollte nicht lange zögern. Leider sind derzeit nur noch zwei feststehende Termine für 2010 im Angebot, nämlich am
12. November im "Odeon" zu Göppingen, und am
13. November im "Lokschuppen" zu Nidda.
Die Band ist jeden einzelnen Cent ihres Eintrittsgeldes wert! Nachdem die Musiker am Mittwoch den letzten Titel ihres Hauptprogramms gespielt hatten, verlangte das begeisterte Leipziger Publikum nach einem Nachschlag. Darum leißen sich die vier Herren auch gar nicht lange bitten. Am Ende gab es strahlende und zufriedene Gesichter, sowohl vor als auch auf (und hinter) der Bühne.
Austin Howard verriet mir noch, dass eine CD geplant ist. Ob sie tatsächlich erscheinen wird, und wann damit zu rechnen ist, kann ich an dieser Stelle noch nicht sagen, aber wir werden das Treiben der vier "Steine" um Tobias Künzel aber sicher weiter im Auge behalten.
Fazit: Der Abend erhält von mir die Bestnote mit kleinen Abzügen wegen des übertriebenen Nebels. Ganz große Klasse!