Wenzel live am 22. Januar 2009 im Braustübl zu Berlin
Fotos: Rüdiger Lübeck
Inzwischen ist es schon eine Woche her, das wunderbare Konzert im Bräustübl. Leider war mir eine vorherige Berichterstattung aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht möglich. Obwohl der Wenzel-Abend mit vielen guten Weisheiten bestückt war, habe ich trotzdem am nächsten Tag ein Stück Weisheit verloren. Und dieses machte mir tagelang zu schaffen. Nun aber ganz von vorne:
Am Donnerstag räumte ich rechtzeitig meinen Schreibtisch auf und verließ dann gegen 18:30 Uhr das Büro. Eine Stunde später kam ich dann auch schon im mir bereits bekannten Bräustübl an. Obwohl es sich an diesem Abend um ein Zusatzkonzert handelte (der Freitag war bereits ausverkauft) war der Laden krachend voll. Die Leute sahen an ihren Tischen satt und zufrieden aus. Somit stand einem pünktlichen Konzertbeginn nichts im Wege. Um 20:10 Uhr betrat Wenzel, gekleidet mit einem weiß-blau gestreiften Shirt, blauer Jeans und falls es noch jemand interessieren sollte braune Schuhe (natürlich typisch Frau, schaut auf die Schuhe) die Bühne, setzte sich an den Bechstein-Flügel und eröffnete den Abend mit einem Halleluja. Der noch ganz neue Song hieß "Der Dax ist down". Dabei schaute er auch schon mal einem "Zuspätkommer" hinterher und griff zur Gitarre, begrüßte aber vor dem zweiten Titel das Publikum: "Wir lernen uns jetzt kennen und werden die nächsten sechs Stunden miteinander verbringen. Ich muss mir überlegen wie ich mich bei ihnen einschleimen kann, in der Kleinstadt Friedrichshagen." Wenzel selbst stammt aus einer noch kleineren "Stadt" als Friedrichshagen, aus Wittenberg-Lutherstadt, er betonte: "das Schönste an Wittenberg ist der Bahnhof, weil man weg kann". Das Donnerstagpublikum war richtig gut, alle sangen fleißig Erich Mühsams Text "Das sind die deutschen Künstler, der Hofstaat von Berlin". Wenzel wechselte ständig zwischen Flügel, Gitarre, E-Gitarre und Akkordeon und mimte in zwei Liedern die Trompete. Er gab sogar eine kurze Deutschlektion in Bezug auf die neue Rechtschreibung bzw. Singular und Plural. Zum Beispiel: Komma (Singular), Kommata (Plural) und Koma oder auch CD, CDs schreibt man heute nicht mehr, dann muss es wohl CDATA heißen. An seinem Merchandisingstand konnte man also Cdata erwerben. Wenzel erfreute mit einem weiteren Lied, das auf keiner Cdata zu finden ist: "Kamille und Mohn". Der Liedermacher ist ein Künstler, dem man unbedingt zuhören sollte. Er übt Kritik an der gestrigen und heutigen Gesellschaft und dieses immer mit einem lächelnden Hintergrund. Er meinte u.a.: je älter man wird, desto öfter spricht man über früher. Da haben sich wohl so einige Zuschauer wieder erkannt, auch ich. Es stimmt, man neigt manchmal dazu. Wird Wenzel nach seinem Beruf gefragt, bekommt er wohl regelmäßig zur Antwort "Musik ist keine Arbeit! Ach Sie sind Musiker? Und was machen Sie beruflich?" Zwischendurch stellt er fest, dass er sich nicht alleine auf der Bühne befindet. Er entdeckte nahe dem Mikrofon ein orangefarbenes Kabelband und verbog sich fast die Augen daran. Das Bräustübl wird immer in sehr gemütliches Licht getaucht, und an der Bühnenrückwand befindet sich ein dunkelroter Samtvorhang. Auf Grund dieser Lichtverhältnisse konnte ich gar nicht feststellen welche Farbe dieses Kabelband wirklich hatte, für mich wirkte es pink. Hatte am Ende dann doch noch vergessen die richtige Farbe zu ergründen. Komisch, dass man sich manchmal für absolut unwichtige Dinge interessiert. Also egal ob orange oder pink, Wenzel war nicht mehr allein auf der Bühne. Er holte sich tatsächlich seinen Techniker zur Unterstützung auf die Bühne, aber dazu später. Vorher verglich er noch graue Köpfe mit Blumenkohl und erzählte interessantes über Jugendforscher und wie er sich selbst zum Geburtstag überraschte. Eine Möglichkeit sich selbst zu überraschen wären wohl Socken oder Unterwäsche, oder man bastelt sich ein Deckchen, das man eigentlich nicht braucht, wenn man nie zu Hause ist. Wenzel hätte sogar seine Erfahrungen aus dem damaligen Fach "Nadelarbeit" nutzen können, aber sein gehäkelter Schal mutierte dann doch zu etwas ganz anderem. Wenzel beschränkte sich auf das was er wirklich sehr gut kann, schrieb sich letztendlich ein Lied, versteckte diese Zeilen in der Küche und konnte sich dann an seinem Geburtstag tatsächlich mit seiner "Lebensreise" überraschen. So erzählte Wenzel zwischen seinen Liedern viele wunderbare Geschichten. Er stellte sich Friedrichshagen grau vor und Berlin hingegen mit Sonne und Straßencafes, in denen Kaffee mit geschäumter Milch getrunken wird und äußerte anschließend: "Im grau sind alle Farbe enthalten. In Berlin gibt es nur gelb, monoton". So schnell können umgekehrte Aussagen ins entsprechende Licht gerückt werden. Mit dem Akkordeon zelebrierte uns Wenzel den "Globalisierungstango". Erwähnte hierzu, dass Zahnersatz nicht mehr im Inland gefertigt wird. Ach herje, da erinnerte mich Wenzel doch glatt an meinen Freitag-Termin. Diese Gedanken verschwanden zum Glück ganz schnell, als Wenzel von Urlaub und Ostsee "dem einzigen Meer der Welt nachdem ein Stamm benannt wurde: die Ossis", sprach. Er ließ uns mit "Heringsdorfer Promenade" gedanklich in den Urlaub schweben. Anschließend betonte Wenzel noch einmal es sei Donnerstagabend: "Ich bin heute ohne Konzept gestartet. Ich spiele ja nur morgen. Für heute habe ich kein Konzept, wie die Regierung. Sollte es nichts werden behaupte ich einfach es wäre eine Reform." Später hatte Wenzel drei wichtige Gründe, die eine Pause nötig machen würden: Flüssigkeit muss nachgeordert werden, Cdata können erworben werden und dass man miteinander teilen sollte, den Abend in zwei Teile eben. Er strapazierte den Harndrang der Zuschauer ein wenig "und schmerzt die Blase auch so... noch drei Minuten bis Buffalo" und schickt uns nach 90 Minuten Spielzeit mit "Banannnanananananenennööö" in die Pause.
Eine halbe Stunde später saß Wenzel schon wieder am Flügel und läutete den zweiten Teil des Abends ein. Als er die Gitarre nahm, fragte jemand aus dem Publikum "Warum bist du nicht das Brot?" Darauf Wenzel: "Ich fuhr nach Friedrichshagen... hmmm Brot... Das war keine Frage, sondern eine Offenbarung!" Eine Weile später sagte er erneut: "Ich möchte das hier sagen auch wenn ich nur ein einfaches Mischbrot bin". Beim "Daumenjobbingsong" kam er noch einmal auf das Thema Brot zurück, er beschrieb einen Forscher: "Er sieht aus wie ein Dreipfundbrot". Im "Lilienstein", in den Bergen Sachsens gelegen, ging es um Wahrheit und Lüge. Stimmte der Text im Song glänzte Wenzel mit einem Kopfnicken und war dem nicht so schüttelte er kräftig den Kopf. Der Song führte zur intensiven Kopfgymnastik. Wenzel sang vom Klassentreffen, ein Song der so schnell nicht endete, denn er war früher in einer sehr großen Klasse. Bis dann Tommy Krawallo (der Tonmann) auf die Bühne gebeten wurde. Er schnappte sich die E-Gitarre und Wenzel sang Henrietta Haill's Zeilen "Was kümmert mich im Grunde". "Vom nicht beigeben" stammt aus der Feder von Theodor Kramer. Er ist Wiener, hat über 10.000 Gedichte geschrieben. Wenzel solo war angekündigt und daher fragte er das Publikum ob Tommy noch bleiben dürfte, beide unterhielten bestens mit "Man müsste schöner Lügen können".
Wenzel hatte inzwischen Friedrichshagen komplett in FriedrichshaFen umgetauft und erwähnte nebenher "Schunkeln ist die Antwort der Deutschen auf den Salsa". Gegen 23:20 Uhr verließ er die Bühne, aber das Publikum forderte lautstark nach Zugaben. Zur Belohnung stellte Wenzel den "Refrong" des nächsten Liedes zur Verfügung. Sobald seine linke Augenbraue zuckte sangen wir: "Das ist die Zeit, das ist die Zeit, das ist die Zeit der Irren und Idioten". Und noch einmal wurde Wenzel gefordert, er schickte uns dann mit seiner E-Gitarre und dem "Herbstlied" auf den Heimweg. Ein wunderbarer Abend ging zu Ende. Vielen Dank an Wenzel & Co für die Einladung. Ihr habt uns einen schönen Abend bereitet. Wir kommen gerne wieder! So eine berühmte Person, nach der sogar ein Platz in Prag benannt wurde, nicht wahr Wenzel ;-)
Weitere Informationen unter www.wenzel-im-netz.de
Foto Impressionen:
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