Gaby Rückert & Ingo Koster live am
29.03.2009 im "Neu Helgoland" zu Berlin

(mit den Gästen Thomas Kurzhals und Ralf Templin)

 

Bericht: Jens Kurze
Fotos: Rüdiger Lübeck

 


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Ungläubige Fragen eines Bekannten: "Wo fährst du hin - zu Gaby Rückert? Gibt's die denn noch? Und so was hörst du?" - Dreimal JA!!! Natürlich hängt mein Musikkonsum von der jeweiligen Verfassung ab, da gibt's mal Porcupine Tree, mal Runrig, die Eagles, Fonograf, Gundermann, BAP, aber eben auch jene, zu denen man besondere persönliche Affinitäten hat wie z.B. City, Thomas Natschinski, Gaby Rückert & Ingo Koster.
Ich kenne Gaby und Ingo (unabhängig voneinander) seit Beginn der 80er Jahre, die Gruppe DREI zähle ich nach wie vor zum musikalisch Besten, was das kleine Land vor allem live zu bieten hatte. Das gemeinsame Projekt Gaby Rückert & DREI, später zum Duo Little Boat geschrumpft, konnte ich mehrfach erleben, und mich faszinierte nicht nur die schlichte, ungekünstelte Stimme von Gaby, sondern vor allem ihre Herzlichkeit auf und vor der Bühne. Nach der Wende fanden wir uns wieder und beide Seiten freuten sich: du hast dich nicht verändert.
Das große Wiedersehen zum "Klassentreffen der DDR-Musiker" anläßlich des Geburtstagskonzertes von Thomas Natschinski im Herbst 2007 brachte nicht nur Fans und Musiker sich umarmend zueinander, sondern hier entstand auch die Idee der erweiterten musikalischen Umsetzung von Gabys Liedern unter Mitwirkung von Thomas Kurzhals (Keyboards) von der Stern-Combo Meissen und Ralf Templin (Gitarren) von der Tim Fischer Band. Sicher, wenn man nun die Klischees bedient so nach dem Motto: "eine Schlagersängerin und der Rick Wakeman des Ostens - das geht doch gar nicht!", dann hat so ein Projekt von vornherein keine Chance, aber: man kennt sich ja seit Jahren, und wenn's "menschelt", dann sollte man es doch probieren.
Und so gab's für mich kein Zögern, als mich Christian von deutsche-mugge.de um die Konzertberichterstattung bat. Also, das Navi gefüttert und auf ins wirklich abgelegene "Neu-Helgoland" nach Berlin. Eine seltsame Konzertzeit: Sonntag 19:00 Uhr, aber das ist eben dort so mit Hinblick auf die am Montag arbeitende Bevölkerung, und immerhin sahen das über 100 Leute ebenso. Ich kam rechtzeitig an, wurde von Birgit vom GR-Freundeskreis herzlich begrüßt, und erlebte hochkonzentrierte Musiker im Sound- und Lichtcheck. An dieser Stelle gleich ein Kompliment an den Mann an den kleinen, effizienten Pulten: Ton und Licht waren vom Feinsten! Sparsam, wirkungsvoll, glasklar! Auch das Rätseln "dich kenn ich von irgendwo her" konnten wir schnell auflösen, das markante Gesicht gehört Rene Niederwieser, damals Gitarrist bei Perl, heute bei Undercover... und eben ein dufter Techniker!
Nach dem Soundcheck war noch Zeit,und ich hatte die Möglichkeit, mit dem etwas erschöpften, aber bestens aufgelegten Thomas Kurzhals ausgiebig zu quasseln. Er kam direkt von einem Konzert mit der Stern-Combo zurück, und als ich ihn auf die aktuelle Situation dieser Band ansprach, wurde er richtig munter. Seine Augen und seine Körpersprache versprühten eine unglaubliche Energie und totale Begeisterung. Das ist wieder SEIN Baby! Und nun weiß ich erst recht: ich muss die neue Besetzung schnellstmöglich erleben! Kurz vor Konzertbeginn bekam nun auch für mich ein lange bekannter Name endlich ein Gesicht: RüLü (in charmanter Begleitung), am heutigen Abend für die Fotos zuständig. Von Gaby erhielt ich die Trackliste, und das Konzert konnte beginnen.
Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, dass durch die Hinzunahme weiterer Live-Musiker das ganze etwas rockiger werden würde, doch genau das Gegenteil passierte. Wolfgang Niedecken von BAP definierte ja mal die "Lagerfeuertauglichkeit" von Melodien, also die Tragfähigkeit der Lieder ohne studiotechnische und arrangement-gepushte Ummantelung - das hat an diesem Abend absolut funktioniert! Ich hab manche Songs im unplugged-Gewand für mich völlig neu entdeckt... Ein wundervolles Miteinander der akustischen Instrumente, und darüber Gabys Stimme, nur veredelt von ganz wenig Reverb - das hatte schon was!
Es gab bekannte Hits wie "Schneewittchen", "Teil mit mir" und natürlich auch die "Berührung", Material aus den Nach-Wende-CDs und einen Einblick in die im Herbst zu erwartende neue CD, locker und mit sehr persönlichen Anmerkungen moderiert von Gaby. Musikalische Höhepunkte waren für mich "Der Sucher" (Text: Herbert Dreilich) mit der gekonnten Zweistimmigkeit Akustik-Gitarre plus Piano und das wirklich schöne Lied "Die Rose" (Komposition: Ulli Schwinge / Text: Gisela Steineckert).
Richtige Gänsehaut hatte ich bei "Eine Liebe, eine Nachtlang" - nur Gabys Stimme das Pianospiel von Thomas Kurzhals, und "Fangen wir nochmal an", begleitet von 2 Akustik-Gitarren, beide Songs komplettiert von Ingos 2. Gesangsstimme - großartig!
Hervorzuheben ist das filigrane Spiel des Gitarristen Ralf Templin: abwechslungsreich, mal swingend ("Tommys Lied", herrlicher Einwurf!!), mal den Effekt einer pedal-steel-guitar simulierend, immer mit Blick zu den Mitspielern - man merkt die Bühnenerfahrung als Teamplayer. Immerhin tourte er ja schon mit Jürgen Walter oder Barbara Schöneberger, macht Bühnen- und Theatermusik, oder ist bei der Revue Stars-in-concert im Estrel-Hotel ein gefragter Mann. Links daneben an den diesmal wenigen Keyboards hochkonzentriert: Thomas Kurzhals, der sparsame, aber sehr wirkungsvolle Arrangements schuf.
Vier Songs wurden mit Halbplaybacks unterlegt, was mir persönlich gut gefiel, denn hier gab's auch Bass und Schlagzeug zu hören, was den Gesamtcharakter des Abends spürbar auflockerte, und bei der "Mokka-Milch-Eisbar" gab es einen begeisterten Chor im Saal. Die nächste Überraschung für mich: der Song "Nicht mehr siegen" (von Pete Wyoming Bender aus dem Jahr 2003) - bärenstark, und von Ingo sehr intensiv gesungen, den hatte ich lange nicht mehr gehört! Ein richtiger Hit könnte das von Gaby für die neue CD getextete Lied "Schule" werden - wenn es denn in den Radiostationen laufen würde...
Es war erst das zweite Konzert in dieser Besetzung, das spürte man. Da ist noch manches drin, auch was die Dramaturgie betrifft. Ich finde die Aufeinanderfolge vom wuchtigen "Nicht mehr siegen" zum zarten "Weißt du noch immer nicht" unglücklich, und auch das Ende des ersten Konzerblocks war in dieser Ballung zu elegisch. Leider wurde ich auch nicht vom "Sand von Rügen" verschont. Ich mag dieses Lied nicht, der Demmler-Text mit der Zeile "der Sand von Rügen hat mich Bescheidenheit gelehrt" hat jenen Klecks Pathos zu viel, der viele Ami-Filme unerträglich macht, und auch musikalisch "klebt" er, aber das ist Geschmackssache. Da finde ich "Nach Hause kommen" weitaus gelungener!
Schade auch, dass wir auf eine Zugabe verzichten mussten, denn offenbar hat es doch sowohl den Akteuren als auch dem Publikum Spaß gemacht... naja ! Im Anschluss waren alle 4 Musiker aber doch sichtlich glücklich und standen geduldig und freudig aufgekratzt für Fotos, Autogramme und einen Plausch zur Verfügung.
Es war ein Abend, der wieder einmal gezeigt hat, dass eine unplugged-Umsetzung, wenn sie feinfühlig erstellt wird, die Songs nicht beschädigt, sondern aufwertet. Bleibt zu hoffen, dass sich Veranstalter für diese Form interessieren und auch buchen! Noch ist die Booking-Liste gar spärlich... aber wenn es Gaby Rückert & Band in eurer Nähe gibt - geht hin und genießt!
30.3.09 Jens Kurze (www.tomsdaddy.de) für www.deutsche-mugge.de

Setlist vom 29.03.2009:
Ich bin wieder da
Schneewittchen
Kinderzeit
Verloren im Wind
Der Sucher
Seitenflügel Hinterhof
Hochzeit machen
Tommy Lied
Lange Reise
Nach Hause kommen (Ingo)
Von aller Heimat
Der Sand von Rügen
Ich leben hier

- Pause -

Teil mit mir
Fangen wir noch mal an
Eine Liebe, eine Nacht lang
Mokka Milch Eis Bar (Ingo)
Nicht mehr siegen (Ingo)
Weißt du noch immer nicht
Schule
Lass einen Freund nicht vor der Tür stehn
Berührung
Die Rose
Gute Nacht

 


 

Foto Impressionen:

Alle Fotos von Rüdiger Lübeck findet Ihr als Slide-Show HIER...

 


   
   
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