Mark Scheibes BERLINREVUE live am 06. April 2009 in Berlin

 

Bericht: Andreas Hähle
Fotos: Patricia Heidrich

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ZU GAST IM ADMIRALSPALAST
bei der "Berlin-Revue" am 6. April 2009
Als ich vor vielen Jahren für eine so genannte Volkspartei im thüringischen Gera als Kulturpolitiker für den Stadtrat kandidierte, kam ich auf den Slogan "In einer Stadt, in der es keine Arbeit mehr gibt, brauchen wir auch keine Arbeiter mehr." Und propagierte den Ausbau dieser Stadt zu einer bohemianistischen Gesellschaft. Dass man damit in einer traditionsreichen Arbeiterstadt nicht gewählt wird, war mir klar. Unklar war mir, dass ich nicht wegen meiner - wenn schon ernst gemeinten - Frechheit nicht gewählt wurde, sondern weil keiner meine Message verstanden hatte. Mit dem Begriff "Boheme" konnten - jedenfalls laut Wahlergebnis - lediglich 68 Menschen etwas anfangen. Die Wahrheit war etwas schmerzlicher. Nach und nach signalisierten mir jene, die nach eigenen Aussagen etwas mit meiner Vision anfangen konnten, dass sie überhaupt nicht wählen waren. Vielleicht liegt darin das Geheimnis begründet, warum wir nicht in jener Gesellschaft leben, die wir brauchen und welche wir verdient hätten. Da kann es doch nur gut und nützlich sein, dass es immer wieder Gelegenheiten gibt, diese Art von Gesellschaft, zumindest das damit verbundene Lebensgefühl, auszuprobieren und zu verkosten, quasi in einer Art Nische, wie zum Beispiel in der monatlich (ohne Sommerpause!!!) stattfindenden "Berlin-Revue", angezettelt und moderiert von Mark Scheibe, seines Zeichens Entertainer. Der sich wiederum zu dieser Revue, zwecks gemeinschaftlicher Auslebung einer besonderen Gesellschaftsform entsprechende Gäste einlädt, welchen er für einen Abend sein 16köpfiges Orchester ausborgt, damit diese mit ihm im Admiralspalast auftreten. Vor natürlich auch sehr gern geladenem Publikum.
Die Gäste sind jeden Monat andere, der gastgebende Entertainer immer derselbe: Mark Scheibe eben. Laut Programmheft ist die "Berlin-Revue" eine Show, welche versuchen will, das Ambiente der so genannten "Goldenen Zwanziger" wiederherzustellen. Das ist im Grunde nicht nötig, es ist auch nicht wirklich richtig, bezogen auf diesen reichhaltigen kulturellen Event, ebenso wie der Begriff "Boheme" nicht falsch ist, höchstens dann, wenn man ihn nur bezogen auf die 1920er Jahre definiert und ihn daran festmacht, um ihm so jede Flexibilität und jeden Zeitgeist zu nehmen. Nee, dann wird man wohl nicht gewählt … Die Show, welche wir am 6. April im Berliner "Admiralspalast" sahen, gehörte und passte auch in das Jahr 2009 und war dennoch irgendwie, auf jeden Fall ansatzweise, bohemianistisch. Sie war trotz ihres gewollten Glanzes (wobei es gar nicht so einfach war, Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung in dieser eigentümlichen Schräglage, welche den Eigenarten des Gastgebers angepasst zu sein schien) und ihres Revue-Charakters zeitgemäß. Und zu Recht richtig gut besucht. Das an einem Montag!
Man kam nur nicht gleich rein in den Theatersaal. Das willige Publikum versammelte sich in den Gängen davor und das bis knapp vor offiziellem Veranstaltungsbeginn, was Verteilungsängste und Verteileilungskämpfe implizierte, ganz gemäß der heute aktuellen Gesellschaftsform des Raubtierkapitalismus. Gut vielleicht für den Verkauf ein wenig überteuerter Getränke und Brezel (1,50 € pro Stück!), wie üblich in Veranstaltunsgshäusern dieser Art. Was auch wieder ein reines Abbild der heutigen Gesellschaft ist. Genau wie der Umstand, dass dies schlecht ist für's zahlende Fußvolk. Aber was soll´s. Irgendwas ist ja immer... Auf der Bühne wurde halt noch geprobt. Und da fiel mir ein, dass es mit Sicherheit logistisch, wohl aber auch psychologisch und in jeder Art von Vorbereitung eines solchen Abends recht anstrengend sein muss, Monat für Monat eine immer wieder neue Show mit anderen Gästen zu organisieren. Andererseits dürfte es jedoch ein Gebot der Höflichkeit sein, das Publikum wenigstens eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn in den Saal zu lassen. Aber zehn Minuten zuvor? Das Publikum nahm es in Kauf und größtenteils sogar gerne, ja fast mit Freuden. Dafür begann die Show wesentlich später, womit der aktuell immer wieder propagierten sozialen Gerechtigkeit Genüge getan wurde. Oder etwa nicht? Bei einem Rock-Konzert ist solch eine Verzögerung ziemlich normal, aber vielleicht sollte ein groß angelegte Revue in einem Revue-Theater wie eine Theatervorstellung üblicherweise doch pünktlich beginnen? Die Verzögerung nahm das Publikum ungern in Kauf, durch lautes Klatschen versuchten sie den Beginn zu beschleunigen. Denn scheinbar innerhalb von Sekunden, nachdem die Türen sich für den Einlass öffneten, war der Saal absolut gefüllt und für diese Geschwindigkeit nach der längeren Wartezeit wollte das zahlende Fußvolk nun auch belohnt werden. Zur Einstimmung und vielleicht auch, um die Geduld des Publikums ein wenig zu strapazieren, wer weiß das schon, wurde lateinamerikanisches Gejammer aus der Konserve gedudelt. Aber auch das gehört zur Boheme. Wir Deutschen haben nämlich nicht nur ein Recht auf Faulheit und auf Lebenslust, sondern auch auf unsere Melancholie. Auch wenn wir uns dazu von Freunden anderer Nationalitäten helfen und unterstützen lassen. Willkommen also bei der "9. Berlin-Revue im Admiralspalast"!
Bevor ich es vergesse: Der "Admiralspalast" (für diejenigen, die ihn nicht kennen) ist ein wunder-wunder-schönes Theater. Man muss ihn, hat man ihn einmal gesehen, lieben lieben und nochmals lieben. Er ist klassisch, er ist würdevoll, er ist bohemianistisch (um dieses Adjektiv nun endgültig auszureizen) ohne die geringste Spur vulgärer Übernostalgie. Da gehen wir wohl künftig immer mal wieder sehr gerne hin, wenn es sich ergibt. Das steht schon mal fest. Unpünktlich also betrat der Moderator und (das wesentlich mehr und besser) musikalische Maestro des Abends, Mark Scheibe, die Bühne. Und entschuldigte sich oder wollte sich eher entschuldigen fürs Verspäten, musste aber erst mal sein Mikrofon aus dem Ständer entwirren, erhielt nach gelungener Tat plötzlich ein neues Mikro ohne Ständer, woraufhin er versuchte, die scheppernde Snare-Drum zu entspannen, was ihm nicht gelang und begann so die Revue mit einem ziel- und pointenlosen Gestammel sowie einer egomanischen Bossa Nova, fein selbstironisiert, irgendwie, glaube ich jedenfalls, sich selbst am Flügel begleitend und ließ das Publikum die kongeniale Hook "Ich Ich Ich" ein wenig angedeutet mitsingen. Angedeutet deshalb, weil genau da, als das Publikum aus der seltsamen Vorgabe endlich zu entnehmen verstand, wo und wann und wie es mitzusingen hatte, das Liedchen auch wieder schleunigst beendet wurde. Nach diesem verpatzten Einstieg begrüßte Mark Scheibe das "Berlin-Revue-Orchester", dessen Mitglieder daraufhin die Bühne unter wahrhaft tosendem Beifall betraten und sich musikalisch geordnet auf die ihnen zugewiesenen Plätze verteilten.
Musikalisch überragend, auch im Arrangement, begannen sie uns aufs Heftigste zu erfreuen und nicht nur unsere Ohren. Auch die Augen. Da hätte es der Filmeinspieler mit stockschwingenden tanzenden Zylinderträgern als Schattengestalten gar nicht bedurft. DAS wäre ein glatter großer Einstieg in die Show gewesen und ließ uns fast vergessen, dass der eigentliche Auftakt total versemmelt war. So wollten wir es gern, wie es nun war und so machte es uns Spaß und Freude. So fühlten wir uns endlich als nicht zur Verarschung freigegebenes Publikum, sondern als Bohemians. Ja, wenn man so ein irres Orchester hinter sich weiß und so zu arrangieren versteht, muss man nicht wirklich wissen, was man redet oder ob man überhaupt redet.
Zur Darbietung der "Berlin-Revue"-Titelmusik wurden die drei schnieken Background-Gesangs-Ladys begrüßt. Musikalisch fühlte man sich irgendwo zwischen den 20er und 50er Jahren und hätten wir damals gelebt, hätten wir gesagt, man fühlte sich auch so. Der Text war ja auch dementsprechend. Zur Finanzkrise meinte Mark Scheibe, sie läge nicht an der Arbeitslosigkeit oder an der Armut, sondern nur an der mangelnden Liebe zum Geld. Das Gute an Mark Scheibes extraordinärem Moderationsstil ist, dass man zwar nicht wirklich eine Ahnung hat, was er gerade sagen will, denn manchmal, so vermutet der gnädige Zulauscher, sagt er das Gegenteil von dem, was er meint, was der Fachmann Ironie nennt, sich aber durch die Verwirrtheit teilweiser Viertel- und Halbsätze wiederum als solche aufhebt. Die Pilotsendung meiner späteren monatlichen Comedy-TV-Show hieß "Radio Gaga" (ein Titel, hinter dem ich bis heute stehe, allerdings wollten die TV-Menschen den nicht beibehalten). Und irgendwie war das alles Radio-Gaga, was die Finanzkrise ja auch im gewissen Sinne ist. Und schon zelebrierte Mark Scheibe den wundervollen Song "Scheine" und da ist er großartig, wenn er so was macht. Ironisch, real also witzig, orchestrales Kabarett. Musikalisch erinnerte er mich ab und an an meinen Kumpel Putensen und sein Beat Ensemble, obwohl die Stimmfarben der beiden Sänger völlig verschiedene sind. Und ein Song, welcher das Geld, das nicht vorhandene, anbetet, der passt in diese Zeit und in diese Welt. Und muss sich zwischenzeitlich zwangsläufig im klavieresken Free-Jazz verirren.
"Die Dinge werden besser in der Wiederholung", philosophierte Mark Scheibe und kündigte eine der Damen aus seinem Background-Chor als Solistin an. Katrin Wulff aus Hamburg angereist, um Berlin zu erfreuen mit ihrem Song "Wenn Du Nur Wüsstest..." Ein bisschen klang es wie die orchestrale Version einer Produktion der Töchter Mannheims, lasziv und fragil zugleich. Das bot der erotisch gemeinte Text auch an. Und eine hübsche Blume hatte sich die nordische Sängerin auch ins Haar gesteckt. Perlende Gitarrenklänge im Hintergrund fehlten auch nicht. Den Titel könnt Ihr hören unter www.myspace.com/katrinwulff. Mark Scheibe moderierte vom Klavier aus und erzählte, dass er mit der nun erscheinen sollenden Künstlerin gern einen Song fürs Orchester arrangiert hätte, es aber leider nicht geschafft habe. Nichtsdestotrotz sagte er jene Sängerin an, ganz zur Verwirrung und zwar aus ausdrücklichen und vage ausgedrückten Gründen (wohl der ursprünglich geplanten Reihenfolge) des Orchesters wie auch der Sängerin selbst: Julia Luis. Mit dieser spielte er nun das besagte sparsamer als gedacht arrangierte Lied. Sie sang. Er spielte Klavier. Schön. Nicht das Lied, erst recht nicht der Gesang, aber die Stimmung auf der Bühne und im Publikum. Auf www.myspace.com/julialuis klingt sie wesentlich besser.
Die Stimmung auf und vor der Bühne steigerte sich noch, als die beiden Mädchen Lola & Amelia die Weltbretter betraten und ihre musikalisch-theatralische Groteske "Negativ und Positiv" (oder umgekehrt) aufführten, wiederum von Mark Scheibe am Flügel begleitet, in welcher es ging um Schlafen, Aufwachen, in die Zoohandlung gehen, Meerschweinchen kaufen (lassen von Muttern), Schlafen, in die Schule gehen, wegen guter Leistung daraus entlassen werden, Meerschweinchen ins Klo runterspülen, Ende, tosender Applaus. Nikolai Tomás ("Poems for Laila", derzeit auf Solo-Tour) betrat die Bühne, lobte Mark Scheibe und die Show und sang mit der nur für ihn typischen wunderbar schönen Stimme ein ebensolches Liebeslied: "Liebe hat keine Moral". Also eher ein Lied über die Liebe, also besser gesagt über das durch sie verursachte Lei-La-La-Lei-La-La-Leid. Eben genau eines dieser Chansons, die ich liebe. Den Sänger liebe ich auch. Als Sänger, versteht sich. Schon ewig. Schon seit der Wende.
Weiter ging es im lustvollen Reigen der Gäste mit Suzie Kerstgens von der Gruppe "Klee", das - zumindest an diesem Abend - musikalisch und stimmlich weibliche Pendant zu Sven Regner mit einem Song, welcher klang wie eine orchestrale Hommage an "Element of Crime". "Weil es Liebe ist", auch zu finden auf der "Klee"-CD "Berge versetzen". Keine kriminelle Energie, aber ein sehr guter Song, wie ich finde.
Cora Frost, ebenso "neben der Mütze" wie scheinbar alle Beteiligten der Show (ich möchte nicht wissen, was die da hinter den Kulissen an die Mitwirkenden austeilten zum Verzehre) und präsentierte in der ihr so typischen eigenwilligen komplexen expressiven intensiven Vortragsweise ein Lied mit spanischem Titel - den ich ebenso wenig verstanden habe wie offensichtlich die Produktionsleiterin der Show - und deutschem Text über verschissenes Lieben und Kastanien und ein rotes Sofa. Oder so. Eine mitreissende corafrostige Samba. Bei der selbstverständlich ihre standesgemäßen Koloraturen am Ende nicht fehlen durften. Mit der Ankündigung, dass die zehnte "Berlin-Revue" (wie die anderen acht zuvor) nicht, wie eben an diesem Abend die IX. auf der Großen Bühne, sondern wieder im "Kleinen Saal" des "Admiralspalastes" stattfände, entließ Mark Scheibe das Publikum in die Pause. Das Schöne an den Pausen - nachdem ich nun auch schon anderthalb Jahre in Berlin lebe - ist ja, dass man doch immer mal bekannte und einem liebe Menschen trifft, mit denen man plaudern kann. Ich zum Beispiel den Lutz Müller-Bohlen, von dem es auch Fotos von diesem Abend zu sehen gibt auf www.myspace.com/grenzgaenge, und die Patti ihren Tim Fischer, der sie zum Rauchen einlud...
Und weiter ging - wieder für uns gemeinsam - die Reise durch das seltsame Experiment "Berlin-Revue". Berlin ist ja eine Stadt der Shows, auch solcher dieser Art, die mitunter gegen einander konkurrieren. Und dennoch haben sie alle ihren Platz, ihre Nische, ihre Berechtigung. So auch diese. Fraglos.
Das Orchester und dessen Maestro Fulminante Mark Scheibe nahmen Platz und gemeinsam begannen sie zu spielen, wieder einen typischen Revue-Variete-UFA-Musical-Sound, diesmal jedoch stilistisch eher in die 60er entrückt. Im Hintergrund hoben auf der Videoleinwand mittlerweile vermutlich längst verstorbene Tänzerinnen, vielleicht des Friedrichstadtballetts, zu einem für uns Publikumsen imaginären Can-Can die Röcke und vollzogen andere neckische Tanzspielereien. Und wir Berliner Boheme für einen Abend spielten im vollen Saale mit dem vollen Saale das Spiel: "Revue". Und hatten alle sichtlichen und spürbaren Spaß daran. Auch die auf der Bühne. Mit und an dem Titel "Musik ist Liebe". Ja, da war eine ganze Menge Liebe mit im Spiel an diesem Abend. Nicola Rost, wieder eine der Damen aus dem sehr interessanten Back-Ground-Chor-Ensemble trug nun den Brecht/Weill-"Mandaley-Song" aus der "Dreigroschenoper" vor. In heftigem Tempo mit ebenso heftigen Tonschwankungen. Letztere waren jedoch bedauerlich und technisch begründet. Ohne Kunst eben keine Boheme, ohne Brecht sowieso nicht. "Blitzkredit Bop" hieß der nächste Titel, präsentiert vom Sänger der Band "Muff Potter" Nagel, eine Live-Uraufführung. Den Song selbst kann man nachhören auf www.myspace.com/muffpotter. Eine punkige Nummer mit einem Orchester, von so etwas habe ich ja schon immer mal geträumt. Ja, bei dieser Revue gaben sich die Stars sprichwörtlich die Klinke in die Hand, die bekannten und die noch nicht so ganz bekannten. "Der frühe Morgen wurmt den Vogel", ein fast philosophisches Lied (hörbar auf www.myspace.com/meikebuettner), eine sehr aufmunternd verpackte "Tischlein-Deck-Dich-Fabel", wenn man es so will, wenn man ganz anders will, auch etwas ganz anderes. Also überhaupt eine Verarbeitung - und zwar eine wahrhaft intelligente - der verschiedensten sinnigen und unsinnigen Sprichwörterchenchens, vorgetragen von einer überraschend (jedenfalls mich) guten Sängerin, die früher mal in Bochum wohnte: Meike Büttner. Ich musste sie nach ihrem Namen nach der Veranstaltung fragen, denn ich konnte ihn nicht verstehen, so stark war ihr Applaus. Mark Scheibe hatte sie auf myspace entdeckt. So läuft das also. Meine myspace-Seite ist übrigens: www.myspace.com/andreashaehle.
Der wahrscheinliche "Stargast" des Abends war wohl Tim Fischer. "Das Glück ist anderswo", so sein Titel. Ich habe das immer für einen Buchtitel von Stefan Zweig gehalten, aber Mark Scheibe verriet, es wäre ein Lied, das mal von Paola gesungen wurde, also ich kannte es nicht. Und wer ist Paola? Egal. Optisch war Tim Fischer - aber das hat ja auch niemand anders erwartet - ganz Revue und also ganz Bohemian. Ganz in Weiß mit einem … nee, einen Blumenstrauß hatte der gar nicht. Sein Auftritt: der erste und wohl einzige wahre Revue-Auftritt eines Solokünstlers. Tim Fischer ist tatsächlich ein Star, ein echter, ein wirklicher. Und auch an diesem Abend bewies er das. Mit einem einzigen Song. Die Schauspielerin Jördis Triebel (bekannt aus dem irre schrägen Film "Emmas Glück" nach dem noch viel schrägeren gleichnamigen Buch - Achtung: Filmtipp + Lesetipp, hier ist alles drin bei www.deutsche-mugge.de!) trat mit dem Titel "Tag und Nacht" anders auf als Tim Fischer, ja natürlich. Sie präsentierte sich als leidenschaftliche Rock-Chanson-Lady. Schön an dieser Show ist neben vielem anderen, dass die auftretenden Gäste zumindest die Möglichkeit haben, die "Sau raus zu lassen" (fiel mir jetzt durch die glückliche Emma ein, glaube ich), egal ob es nun genutzt wird oder nicht. Die "Berlin-Revue" bietet eine recht schräge Grundlage als Vorlage dafür. Man kann das nutzen, muss es aber nicht … Das Einzige, was der Show vielleicht noch fehlen könnte, wäre ein Conferencier, welchen Mark Scheibe zwar irgendwie zu ersetzen versuchte, was ihm manchmal sogar gelang, aber irgendwie ist das Conferencieren nicht wirklich seins. Vielleicht ist er so chaotisch, vielleicht ist er so verwirrt, wie er wirkte. Vielleicht war es nur dieser Abend und mein Eindruck ist, zumal ohne Vergleichsmöglichkeit mit anderen Abenden, für den Moment richtig und insgesamt dennoch falsch. Vielleicht überspielt er in seinen Moderationen marottenartig mit Halb- und Viertelsätzen sein fehlendes Talent zur sprachlichen Konzentration, wenn er gleichzeitig Maestro und Ansager und vielleicht noch Programmablaufwächter ist. Das können nur sehr wenige in einem, im Prinzip fallen mir da nur zwei ein, in dieser Größenordnung. Sprachliches Improvisationstalent hat er bewiesen im nächsten Song, der sich aus vom Publikum zugerufenen Worten aufbaute, die er in einem spontanen Liedtext ver-dichtete. Da ist einer, der in der Musik lebt und ganz in ihr aufgeht und das wundervoll kann. Wenn er nur nicht, so dachte ich an diesem Abend, so oft versucht hätte, irgendetwas zu erzählen, was auch immer.
Die "Berlin-Revue" endete mit dem Titelsong in der textlichen Abschiedsvariante, der Vorstellung der einzelnen Orchestermitglieder, gesungen übrigens. Wer Spaß an musikalisch qualitativ unterschiedlicher Klamotte, getarnt als Revue, hat mit richtig guten Gästen und mit geschickt lancierter Talenteförderung, den wird es sicherlich früher oder später zwangsläufig zur "Berlin-Revue" führen, in den "Admiralspalast". Und Spaß muss sein. Wir selbst werden uns die "Berlin-Revue" auf jeden Fall noch einmal ansehen. Und liebend gern auch in einem kleineren Raum, in welchem dann vielleicht die Atmosphäre so sein mag, wie wir sie gerne fühlen mögen bei einem Programm dieser Art. Und es uns sogar eher wünschen als auf der großen Bühne. Eher etwas familiärer noch, etwas verbindlicher und verbundener, ja vertrauter. Ach, das wäre schön...



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