Wenzel Record-Release-Konzert am 25.04.09 im Kino "Babylon" Berlin
(Vorstellung der CD "Masken" mit Gast Christoph Hein)
Fotos: Rüdiger Lübeck
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Alle paar Jahre produziert Wenzel eine CD, bei welcher er sich um die Texte drückt. Manchmal sind es auch mehrere dieser Art pro Jahr. Die Texte entstammen aus der Feder vergessener Autoren, die nicht zuletzt auch dank Wenzels Produktivität eben nicht in eben diese Vergessenheit geraten. Das Ganze geschieht vorrangig aus Gründen der sog. "geistigen Hygiene". Ja, die mag hier und da vonnöten sein und den Blick über den eigenen Horizont hinaus erweitern und schärfen, denn auch andere können schreiben. Hinzu kommt, dass man - d.h. in diesem Falle Wenzel - etwas dagegen unternehmen muss, wenn sich die Tische in den deutschen Buchläden unter den Memoiren eines "flachwichsenden Torwarts" (O-Ton Wenzel!) biegen. Anderenorts hätte man in derartiger Situation vermutlich eine Selbsthilfegruppe gegründet - Wenzel hingegen handelt und - ja, er unternimmt etwas, gegen diese Zustände der intellektuellen Verwahrlosung.
Das ganze ist natürlich nicht ganz selbstlos; denn so sich Wenzel heute um die zu unrecht vergessenen Autoren kümmert, wird dies irgendwann vielleicht auch mal jemand ihm angedeihen lassen. Wobei mir um diese (vage) Hoffnung des Künstlers nicht bange ist; in Vergessenheit geraten nur diejenigen, die nichts hinterlassen, für die Ewigkeit. So vertonte der Meister bereits zweimal ausgewählte Texte des österreichischen Lyrikers Theodor Kramer, oder im Vorjahr bspw. Gedichte der 1996 verstorbenen, ebenfalls österreichischen Autorin Henriette Haill.
Aktuell erschien dieser Tage die CD "MASKEN - Wenzel singt Christoph Hein", welche wir bereits (Rezension: HIER) für Euch rezensiert haben. Es gilt daher, das Neuwerk nunmehr unter die Leute zu bringen und dem geneigten Publikum zu diesem Zwecke auch live darzubieten. Record-Release-Konzert nennt man so etwas. Wenzel lud hierzu ins Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz; bekanntlich kein reiner Ort für Cinematiker, sondern eben auch immer wieder mal Konzerthaus. Mit im Gepäck hatte er sein Leipziger "Lunar³-Trio", mit dem er aktuell häufiger auf den Bühnen des Landes anzutreffen ist, sowie - last but not least - Kiki Bohemia (Karla Wenzel, seine Tochter).
Ich vermochte keine freien Plätze im Auditorium mehr auszumachen, und neben dem ein oder anderen Polit-B-Promi, die (nach meinen Beobachtungen) offenkundig häufiger im Rahmen ihrer Arbeitszeit auf Wenzels Konzerten rumlungern, ließ es sich selbst der erst am Vorabend (endlich!) mit dem deutschen Filmpreis bedachte Potsdamer Regisseur Andreas Dresen mitsamt Freundin nicht nehmen, hierfür erneut um die Häuser zu ziehen. Man fragt sich jetzt sicher unweigerlich, ob da nicht jemand in der Aufzählung übersehen, gar vergessen wurde. Da ich hier jedoch - ausnahmsweise - versuche, zumindest halbwegs chronologisch vorzugehen, bleibt mir nur, insoweit auf nachfolgende Zeilen zu verweisen.
Nicht unterschlagen will ich bei der Gelegenheit zudem, dass man - jedenfalls für meinen Geschmack - mit einem Veranstaltungsbeginn bereits um 20.00 Uhr (taghell!), und das an einem Samstag, der bereits partiell das Flair eines lauen Sommerabends zu verbreiten suchte, etwas zu zeitig startete. Aber auch dafür wird's sicher Gründe haben. Begonnen wurde also (und ebenso nach der Pause) zunächst mit der Einspielung einer amüsanten Sequenz aus dem 1990er DEFA-Film "Letztes aus der Da Da eR" - demnach noch aus Zeiten des kongenialen Clowns-Duos "Wenzel & (Steffen) Mensching" stammend. Ein Zusammenhang mit dem nachfolgenden Programm erschloss sich mir jedoch nicht.
Christoph Hein, eher bekannt für seine Prosa (so verfilmte Andreas Dresen bspw. dessen Roman "Willenbrook") überrascht hier selbst Kenner der Materie mit eigens für dieses Projekt verfasster Lyrik, die er eben nicht nur gelesen, sondern vertont haben will. Und was läge da näher, als dies seinem alten Freund Wenzel, i.ü. in der gleichen Provinz wie er aufgewachsen, anzutragen.
Drum gestaltete sich der weitere Fortgang des Abends auch aus einer gesunden Synthese des Liedguts und der Lesung kurzweiliger Anekdoten, vorgetragen vom Literaten himself. Exemplarisch sei hier die geradezu bildhafte Beschreibung eines beiden Künstlern aus Kindertagen unabhängig voneinander vertrauten Fotos genannt. Wenzel ist vorliegend ausdrücklich mit dem Anspruch angetreten, der dem durch Hein vorgelegten Material mehr oder weniger zwangsläufig innewohnenden Schwermut eine gewisse musikalische Leichtigkeit entgegenzusetzen, um zumindest oder auch gerade eine Balance zwischen beidem herzustellen.
Nun, dies ist ihm durchaus gelungen. Allerdings weniger durch die vertonten Verse Hein's, welche hier und da doch noch etwas dröge und manches Mal wie in ein vorgefertigtes musikalisches Korsett gepresst wirkten. Vielmehr war es die gekonnte Unterbringung von Teilen des aktuellen Solo-Programms Wenzels, die das ganze letztlich austarierte. "Masken - pur", das wollte man uns dann wohl doch nicht gleich zumuten, zumal der Umfang der CD mit gerade einmal 14 Liedern dies wohl auch nicht abendfüllend hergegeben hätte.
Der vorerwähnte Eindruck mag aber durchaus dadurch geprägt sein, dass es sich um gänzlich neues, unbekanntes und zudem mitunter schwieriges Material handelt, welches zunächst verinnerlicht und verarbeitet werden will. Gut Ding will halt Weile haben. Die nicht enden wollenden Zugaben geben dem(n) Künstler(n) jedenfalls Recht!
Foto Impressionen: