Karussell live am 01.05.2009 in Berlin und
am 02.05.2009 in Naunhof (Open Air)
Fotos: Petra Herz, Matthias Ziegert
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Bericht: Petra Heinzel:
Petra auf KARUSSELL-Tour...Morgens halb zehn in Deutschland packte ich meine Tasche, denn ein Karussell-Wochenende stand bevor. Obwohl ich ein Morgenmuffel bin, begab ich mich am Vormittag (mit gepackter Tasche) in Richtung Friedrichstrasse. Bereits um 10:30 Uhr standen die KARUSSELLer auf der Bühne, anlässlich eines Straßenfestes. Ich verspätete mich zum Glück nur um wenige Minuten, hörte bereits aus der Ferne einige Töne... aha, sie waren also wirklich da... meine Füße bewegten sich automatisch etwas schneller. Als ich an der Bühne ankam musste ich sofort feststellen, wie wandlungsfähig Musiker doch sein müssen. Die Bühne war recht klein und trotzdem rockten sie, als wäre das ganz normal, professionelles Verhalten eben. Eine Besonderheit gab es noch: sie spielten in mehreren Blöcken. Obwohl es taghell war, für Musiker sicher auch nicht einfach, zogen sie ihr Programm mit Bravour durch. Nicht einmal ungewohnte Pausen konnten sie aus dem Konzept bringen. "Die Hähne", "Besinnung", "Das Fischlein"... sie wurden vom anwesenden Publikum gefeiert. Auch einen angrenzenden Steg, mittig vor der Bühne, eigentlich für die Modenschau gedacht, nahm Hans mit seiner Gitarre in Beschlag. Bei schönstem Wetter, blauem Himmel und Sonnenschein, ging es dann gegen 14:30 Uhr in Richtung Leipzig. Wie ich bereits erwähnte stand schließlich ein KARUSSELL-Wochenende bevor. In Naunhof (zwischen Leipzig und Grimma) angekommen checkte ich ins Naunhofer Hotel "Rosengarten" ein. Es ist nicht das erste Mal, dass ich in diesem schönen "Rosengarten" verweilen konnte. Ich fühlte mich wieder wie zu Hause. Ich nahm einen Laptop zur Hand und setzte mich in den Rosengarten, umgeben von viel Grün und Vogelgezwitscher. Die Fotos vom Berliner Gig, die ich mir zu Gemüte führte, empfand ich als gelungen. Auf Empfehlung aß ich Belitzer Spargel mit Filet... kann ich nur weiter empfehlen, eine absolute Spezialität des Hauses. Später, als es schummerte, begab ich mich in den Innenhof und entspannte am Kaminfeuer.
Am nächsten Morgen war ich gegen 11:30 Uhr mit meinem Deutsche Mugge-Kollegen Fred verabredet. Da ich sonst "nur" zum Nächtigen im Rosengarten eincheckte, kannte ich den Ort noch gar nicht. Fred versprach mir eine anständige Führung. Und diese erfolgte dann auch: wir tuckerten mit seinem Auto durch Naunhof, und ich genoss eine Stadtführung. So erfuhr ich, dass in Naunhof ca. 5- bis 6000 Einwohner leben. Jedem, dem wir begegneten wurde freundlich entgegen gegrüßt. Ich sah viele schöne Bürgerhäuser und wir umkurvten das nahe gelegene Groß Steinberg am See (wo es viele Villen mit anständigen Grundstücken gibt). Bei unserer Umrundung kamen wir an einem alten Turm (ich mag Türme) vorbei, der sehr sanierungsbedürftig ist. Da wären sicher Millionen nötig, um ihn wieder entsprechend herzurichten. Um jetzt nicht zu weit auszuschweifen (aber das ist wohl schon passiert) bleibt noch zu berichten, dass wir auch nahe am Fußballstadion, an dem am Abend das Konzert stattfinden sollte, vorbei kamen. Im "Rosengarten" angekommen (vielen Dank für die schöne Führung Fred!!! Beim nächsten Mal gehen wir auf Schlössertour, vorbei an Baggerseen mit Trinkqualität, und eine berühmte Palme soll es in Naunhof auch geben), schlüpfte ich in das entsprechende KARUSSELL-Outfit, und schon ging es los zum Soundcheck.
Wie sich doch innerhalb weniger Stunden einiges verändern kann. Da stand ich plötzlich auf dem Fußballplatz vor einer riesigen Bühne. Die war wirklich riesig und mit der entsprechenden Technik bestückt. Olli lieferte die PA-Anlage, das ist nicht irgendeine Anlage, sondern aus professionellem Equipment selbst zusammengestellt, das gibt es nicht zu kaufen! Die Techniker hatten eigentlich ein schützendes weißes Zelt über sich, das war aber nicht lange so, ein Windhauch und schon stand es Kopf. Das wurde schnell in Ordnung gebracht und entsprechend befestigt. Ab 15:00 Uhr startete ein einstündiger Soundcheck, u. a. mit "Whisky" (nicht Getränk, sondern mit dem Titel ;-)) Es folgte eine Teambesprechung der KARUSSELLer und gegen 16:30 Uhr war ich wieder im "Rosengarten". Kurz darauf klopfte es an meiner Tür, und ein Hallenser Fan besuchte mich. Wenige Minuten später versammelten sich weitere Fans im Garten des Naunhofer Hotels. Und um 20:00 Uhr fuhren wir erneut zum Sportplatz Clade. Nun war der Rasen weniger grün, denn er war bereits voller Menschen. Die KARUSSELLer erschienen mir sichtlich aufgeregt. Kein Wunder, ein Heimspiel und das vor 1500 Leuten. Um 21:05 Uhr begann das Intro, und da war es wieder dieses Live-Kribbeln. Da Intro ist für mich ganz wichtig, es lässt meine vorherige Unruhe fast zum Explodieren bringen. Inzwischen war es sogar dunkel und Joe betrat die Bühne: "KARUSSELL ist zurück..." Der große Rest der Band zog nach und schon ging es mit dem "Gitarristen" los. Die KARUSSELLer waren richtig gut drauf, sie gaben alles, zeigten viel Spielfreude und übertrugen diese auf's Publikum. Das feierte ihre Band mit großer Begeisterung, leuchtenden Armbändern und bei Oschek`s "Fischlein" natürlich auch mit Wunderkerzen. Zwischendurch blitzte es auf der Bühne! Nanu... was ist das? Zu schnell haben sie nicht gespielt (geblitzt wird man in der Regel nur wenn man zu schnell ist, nicht wahr liebe Autofahrer? ;-)). Bestand die Band plötzlich aus sieben Musikern? Nein -auch das nicht- der Blitzer war ein Fotograf, der den Abend in Bildern festhalten wollte.Den ganz genauen Ablauf möchte ich dieses Mal nicht schildern, da es sich hier um einen etwas anderen Konzertbericht handelt, und weil diese Aufgabe unser Fred ja schon wunderbar und ausführlich erledigt hat (s.u.). Was ich aber noch ganz besonders betonen möchte: Bevor Benni mit seinem Schlagzeugsolo begann, stellte sich die gesamte Band vor ihm auf (mit dem Rücken zum Publikum) und verneigte sich. Das ist eine tolle Geste, ich glaube ich hätte an seiner Stelle feuchte Augen bekommen. Später ehrten sie mit unwahrscheinlich viel Einsatz und Gefühl "Die Rose", und mit "Wiedersehen im Traum" verabschiedete sich die Band von einem fantastischen Publikum und dankte allen Beteiligten für den gelungenen Abend (auch dem ins Leben gerufenen Fanclub, und sogar Deutsche Mugge ;-)).
Es war sicher kein Traum, es war wirklich ein großartiger Abend, bei dem alles gestimmt hat: Sound, Licht, Stimmung,... alles perfekt! Und ich glaube, dass viele Leute, die an diesem Abend anwesend waren, bereits vom nächsten KARUSSELL-Konzert träumen...
Alle konnten zufrieden den Abend ausklingen lassen: der Veranstalter Renè, die KARUSSELLer nebst Crew, auch Herr Wolfgang Martin war begeistert. Gegen halb zwei ging es zurück in den "Rosengarten". Ich brauchte, wie so oft, eine ganze Weile um alles zu verarbeiten. Ich brauche manchmal recht lange zum Herunterfahren, möchte gar nicht wissen wie es manch einem Musiker dabei geht. Das Herunterfahren erfolgte in Form einer Diashow, mit den Fotos, die ich an diesem Tag/Abend geschossen hatte. Das waren nicht wenige!
Am nächsten Morgen platze leider nach dem Frühstück ganz kurzfristig meine Rückfahrt nach Berlin. Aber so was haut mich nicht um, und ich wurde nach Leipzig gebracht. Vielen Dank an den Fahrer!!! In einer Leipziger Straßenbahn eröffnete ich mein "Büro", beschlagnahmte hierfür ein Viererabteil, hatte Telefon, Stift und Zettel zur Hand und sorgte für meinen Direktanschluss nach Berlin. Ich fuhr wiederum bei Sonnenschein Berlin entgegen und schwelgte in schönen Erinnerungen an meine KARUSSELL-Tour.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an "meine" KARUSSELLer!!! Ihr seid Klasse! Wir sehen uns garantiert bald wieder, zur nächsten Drehung!
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Bericht: Fred Heiduk
Ein Open Air-Konzert in Naunhof, das diesen Namen verdient hat, gab es das letzte Mal vor über 20 Jahren. Das hat die kleine Stadt vor den Toren Leipzigs sicher mit sehr vielen Orten im Osten Deutschlands gemein. Etwas, das Naunhof von diesen Orten unterscheidet, ist auch die Gruppe Karussell. Aus Naunhof kommend, schaffte es die Band in die Spitzenklasse der DDR Rockmusik, behauptete sich da ein Jahrzehnt und schickt sich seit einem Jahr wieder an, das Ostrock-Publikum zu rocken. Damals wie heute ist es Karussell, die da bei einem Open Air-Konzert auf der Naunhofer Bühne stehen. Und die Bühne hat den Namen verdient. Eine imposante Konstruktion. Dazu eine sehr gute Licht und Tonanlage, die sich die Mannen um Wolf Rüdiger Raschke, damals wie heute Bandleader, zugelegt haben. Karussell hat wohl noch einiges vor, und darauf darf man gespannt sein. Warum? Das zeigten die sechs Herren auf, und das Team rund um die Bühne in dieser angenehmen Frühlingsnacht vor etwa 1000 Besuchern. Karussell spielte ein wahrlich großes Konzert und wurde von den Naunhofern, die ein eher unerfahrenes Rockkonzertpublikum sind, und den angereisten Gästen begeistert gefeiert. Für Naunhofer Verhältnisse geradezu euphorisch, denn in gewisser Weise war das Ganze auch ein Familien-Event. Das Publikum war um ein Vielfaches jünger als bei den meisten anderen Ostrockkonzerten, die ich zuletzt besuchte. Ob das nun am Heimspiel der Band lag, am charismatischen Frontmann Joe oder an dem der Band vorauseilenden Ruf, erstklassige Konzerte abzuliefern und ein wahres Hitpotpourri zu bieten, kann ich nicht sagen. Karussell hat aber gezeigt, und das ist sehr erfreulich, dass gut gemachter Ostrock auch Leute unter 30 zu Konzerten zieht. Natürlich gab es viele im Publikum, denen man ansah, dass sie gerade mit der Musik viele Geschichten und Emotionen ihrer Jugend verbinden, dass sie mit dieser Musik gelebt und geliebt haben. Ob die sich versonnen anschauende Paare oder die mitsingenden Menschen, keinen ließ das Konzert unberührt. Nach dem Konzert wurde vielerorts ob des erlebten geschwärmt. Ich hatte die Gelegenheit mich kurz mit Wolfgang "Wölfi" Martin, dem Moderator der Notenbude vergangener Tage, über das Konzert zu unterhalten. Auch er war vom Gehört und Gesehenen beeindruckt. Sein Urteil lautete: "Zum einen wurde dem Publikum vor Augen geführt, welch außergewöhnliche Rolle Karussell in der Musiklandschaft der DDR spielte, wie viele bedeutende Lieder die Gruppe hatte...". Und geradezu unglaublich sei es, wie viel von den alten Karussell in der neuen, verjüngten Band steckt.Unterschiedlicher Auffassung waren wir hinsichtlich zweier großer Titel, die im Konzertprogramm nicht fehlen dürfen. Wolfgang Martin sah "Als ich fortging" angesichts dessen, dass dieser Titel sehr nahe am Original von Reinhard "Oschek" Huth interpretiert wird, als nicht so gelungen an. Besonders auch, weil Dirk Michaelis den Titel ja unverändert live darbietet. Meines Erachtens nach, will das Publikum aber genau diese originalgetreue Version. Ich hingegen konnte mit der freien Interpretation von "Wer die Rose ehrt" nicht allzu viel anfangen, während die als gelungene, freie Interpretation bei Wolfgang Martin durchging. Einig waren wir uns hingegen wieder, dass die Band sich mit einem neuen Album Zeit lassen muss. Ein neues Karussell-Album muss an alte Größe, musikalisch wie textlich, anknüpfen, will die Band langfristig weiter bestehen. Ein Schnellschuss wäre wohl eher kontraproduktiv. Was nicht bedeutet, dass nichts Neues erlaubt ist. Und Neues bietet Karussell ja beriets in den neuen Arrangements ihrer alten Titel. Wie man alt und neu verbindet zeigten sie eindrucksvoll. Die Band hat ihren Stil gefunden. Sie ist perfekt eingespielt und hat eine exzellente Bühnenpräsenz. Mich am allermeisten begeistert hat der Satzgesang zwischen Joe und Oschek. Einige Titel meistern sie gemeinsam, zeigen eine perfekte Darbietung. Keiner der Beiden versucht zu dominieren. Im Gegenteil. Die gut harmonisierenden Stimmen ergänzen sich sehr gekonnt. Nicht zuletzt das macht einen Teil der Klasse des Programms aus. Und beide Stimmen sind ganz und gar nicht alltäglich. Oschek, neben Cäsar DIE Stimme Karussells auf den ersten Platten, brilliert bei seinen Titeln. Seine Stimme klingt klar wie eh und je. Das "Fischlein unterm Eis" ist neben "Ehrlich will ich bleiben" für mich der absolute Höhepunkt des Karussellprogramms. Oschek und seine Lieder mit Karussell heute - das ist Emotion pur. Das kommt vor der Bühne an. Manch schmachtenden Blick konnte man bei diesen Liedern sehen. Hier kamen auch Petras Wunderkerzen zum Einsatz, die sie in Berlin nicht anzünden durfte. Joe steht ihm in seinen Parts nicht nach. Mit der von Hause aus tieferen Stimme übernimmt er vor allem die ehemals von Cäsar gesungenen Titel. Er versucht es erst gar nicht, Cäsar zu kopieren, sondern macht aus den Stücken seine eigenen. Und das macht er ausgezeichnet. Seine Stimme hat in einigen Passagen durchaus Ähnlichkeit mit der des großen Karussell-Musikers. Speziell beim "großen gelben Mond" waren Ähnlichkeiten unverkennbar.
Ein Gänsehautgefühl. Und die Gewissheit, dass es da jemanden gibt, der zumindest den Karussellteil in Cäsars Werk weitertragen kann. Da Joe aber Joe ist, ergeben sich viele Möglichkeiten für die Band im Hinblick auf zukünftige Lieder. Neben seinem gesangspart ist Joe an den Tasten unterwegs und greift gelegentlich zur Bluesmundi, um es ordentlich grooven zu lassen. Denn auch das beherrscht er virtuos. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die aktuelle Karussellmusik eine Reihe neuer Klänge aufweist. Dafür ist Joe verantwortlich. Einige Sequenzen erinnern an große alte Vorbilder aus den 70'ern. Die schlagen sich in neuen pfiffigen Arrangements nieder, die die Band gemeinsam erarbeitet hat. Es ist schwer zu beschreiben, wie die Tasteninstrumente mit den Gitarren harmonieren und einen neuen Karussellsound schaffen der gewissermaßen den alten fortschreibt. Aber sie tun es. Meist unauffällig und etwas hinter den Gitarren zurücktretend, gelegentlich aber auch songtragend und ungemein kraftvoll. Karussell, das war immer auch satter Gitarrensound. Für den zeichnen heute Oschek und vor allem Hans Graf verantwortlich. Ein absoluter Könner, der virtuoser mal seine Gitarre singen lässt, dann wieder mit dem bottlenack slidet, oder auch richtig in die Saiten haut, dass es nur so ein Vergnügen ist. Alles supersauber und brillant. Jedes Riff, jeder Akkord sitzt. Kein Lauf der ihm zu schwer wäre. An einer Stelle nahm er den Synthesizerton Joes auf. Ich wusste bisher nicht, dass einer Gitarre solche Töne zu entlocken sind... Ein, zwei Mal dachte ich, "Wenn das Cäsar hören könnte, er hätte seine Freude dran". Und so ließe sich weiter schwärmen. Schwärmen vom Zusammenspiel der Gitarren, von der Rhythmusgruppe, die weitgehend unauffällig spielte, aber nichts desto Trotz die Band sicher führte. Oder von den Soli des Schlagzeugers und des Bassisten. Von der exzellenten Bühnenshow, die trotz viel Bewegung nicht hektisch oder zappelig wirkte, oder von vielen berichtenswerten Detailles. Das alles lass ich. Jedoch nicht ohne euch einen der nächsten Termine wärmstens ans Herz zu legen. Sucht euch nach Möglichkeit ein Open Air-Termin aus. Ich behaupte mal, von den alten Ostrockbands die derzeit regelmäßig touren, reicht Karussell zurzeit kaum eine in Punkto Spielfreude, Brillanz, und musikalischer Klasse das Wasser. Und weil dem so ist, darf man eben gespannt sein, was da aus Naunhof demnächst noch alles auf uns zukommt.
Foto Impressionen:
Fotos von Petra Herz (Stadtfest Berlin am 01.05.):
Fotos von Petra Herz (Konzert in Naunhof am 02.05.):
Fotos von Matthias Ziegert (Konzert in Naunhof am 02.05.):