Suse Jank & Band live am 08. April 2009 im T-Werk zu Potsdam
Fotos: Rüdiger Lübeck
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"Ehrt man die Rose noch?"
DDR-Rockmusik zwischen Anpassung und Aufbegehren. Musikerbiografien, Kulturpolitik und Textmethaphorik nach 20 Jahren grenzenlos...
"Dieses Projekt richtet sich an Interessierte, Studierende und Schüler, die für Populäre Musik und deren soziale und historische Kontexte sowie für neue ästhetische Ausdrucksformen einer jungen Musikgeneration aufgeschlossen sind. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, die vielschichtige und aus heutiger Sicht stark vorurteilsbehaftete DDR-Musikgeschichte, speziell die der Ost-Rockmusik, zu thematisieren, um ein komplexeres Verständnis gegenüber der frischen und noch empfindlichen deutschen Geschichte zu entwickeln."
So steht's geschrieben auf der Homepage des Projektes www.ostpoesie.de - damit für unsereins Ansporn genug also, sich die Auftaktveranstaltung zu Gemüte zu führen. Ich hatte keine genaue Vorstellung von dem, was mich da erwartete. Gelegentlich ist aber genau DAS kein schlechtes Omen. Warum nun aber unbedingt die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wichtigster Fördergeber des Projektes ist, wollte sich mir auch nach Veranstaltungsende nicht erschließen.
Das ausliegende Prospekt, dessen Inhalt weitestgehend mit dem der Homepage identisch ist, ließ mich vorab zumindest einen groben Einblick gewähren. Instinktiv machte sich jedoch schnell eine gesunde Skepsis breit, hatte sich der Abend doch zur Aufgabe gemacht, die in der Tat komplexe Materie des sog. Ostrocks wissenschaftlich (!) aufzuarbeiten, und das in weniger als 2 (in Worten: zwei) Stunden. Nun denn!
Soviel vorab: Frau Prof. Dr. Birgit Jank, ihres Zeichens Professorin für Musikpädagogik & Musikdidaktik an der Uni Potsdam, gelang es als Veranstalterin und Moderatorin durchaus, den Abend kurzweilig und damit zugleich unterhaltsam zu gestalten. Da wurde der Bogen über die Stationen Deutschlandtreffen 1964, Leipziger Beataufstand 1965, die Weltfestspiele 1973 über "Rock für den Frieden" in den 80er Jahren bis hin zur Wendezeit gespannt, freilich (leider) nur in der dem vorgegebenen Zeitrahmen entsprechenden Kürze. Und auch, wenn sich (mir) kaum Neuigkeiten boten, gab es durchaus die eine oder andere Anekdote, die zum Schmunzeln und Staunen anregte oder auch nachdenklich stimmte. Allein mit dem kurz skizzierten hochbürokratischen Prozedere der seinerzeit erforderlichen Einstufungen und den daraus resultierenden unterschiedlichen Vergütungen der Musikanten hätte man bereits ein abendfüllendes Thema gehabt.
Illustriert wurde das ganze mit entsprechenden Multimedia-Einspielungen, und bei der Gelegenheit durfte die Zuhörerschaft auch gleich erfahren, dass die Referentin authentischer nicht sein konnte: wurde doch ihr eigener, noch aus Friedenszeiten stammender Künstlerausweis zur Illustration vorgelegt.
Apropos Multimedia: Auch hier hatte man sich sichtlich Mühe gegeben, dem Publikum umfangreiches und teils sogar rares Material darzubieten, ohne es visuell zu überfordern. Einzig die häufigen Wiederholungen trübten den Eindruck etwas. War's das schon? Mitnichten! Die überaus talentierte und zudem hochprofessionell ausgebildete Stimme der noch blutjungen Suse Jank machte den Abend erst zu dem, was er eigentlich wohl auch sein sollte: ein musikalisches Erlebnis der besonderen Art. Allein die Songauswahl (siehe nachstehende Setlist) konnte vielschichtiger kaum sein. Die Interpretationen reichten von dicht am Original bis hin zu jenseits aller Vorstellungskraft (z.B. Renft's Rose im ¾-Takt!). Will heißen: es wurde variiert, was das Zeug hält! Und stets mit der genau rechten Dosis Pepp. Was mitunter anfangs noch fremd anmutete, konnte meist schon nach wenigen Takten ohne Abstriche überzeugen. Kompliment an die Arrangements, für die sich der Berliner Jazz-Pianist Clemens Süssenbach verantwortlich zeichnete.
Und das - eigentliche - Zielpublikum? Ich konnte es nicht entdecken an diesem Abend. Aber es war ja auch erst die Auftaktveranstaltung. Also Leute: HINGEHEN! ANSCHAUEN! WEITEREMPFEHLEN!
Weitere Termine & Infos auf www.ostpoesie.de.
Die Setlist des Abends:
1. Silly "SOS"
2. Scirocco "Sagen meine Tanten"
3. Manfred Krug "Wenn es draußen grün wird"
4. Holger Biege "Als der Regen niederging"
5. Veronika Fischer "Guten Tag"
6. Klaus-Renft-Combo "Wer die Rose ehrt"
7. Petra Zieger "Katzen bei Nacht"
8. Aniko "Tausendschön"
9. Lift "Wasser und Wein"
10. Karussell "Als ich fortging"
Zugaben:
11. City "Wand an Wand"
12. Silly "Paradiesvögel"
Alle Fotos von Rüdiger Lübeck findet Ihr als Slide-Show HIER...