Gundermann Gedenk-Konzert
am 21.06.2008 in der Berliner Columbiahalle
(u.a. mit SILLY, Haase, Tobias Morgenstern & Thomas Rühmann, die Randgruppencombo u.v.a.)
Fotos: Petra, Heinzel, Gundolf Zimmermann, Hartmut Helms
GERHARD GUNDERMANN - Baggerfahrer, Lieder, Rockpoet - MENSCH
Zehn Jahre ist dieser Scheiß-Augenblick also her, als Gundis Herz nicht mehr schlagen wollte - dieser 21. Juni 1998. Ich wollt', dieses geile Konzert gestern in der Berliner Columbiahalle hätte nie stattfinden brauchen. "Was hätten in diesen 10 Jahren noch für tolle Songs entstehen können", sagte einer da oben auf der Bühne... und, wie ehrt man einen Künstler, einen Rast- und Ruhelosen, einen Baggerfahrer, der in einer Person so etwas wie der "Querschnitt" durch unser Denken und Fühlen gewesen zu sein scheint?? Die Antworten darauf haben über 3000 angereiste Freunde und Wegbegleiter, die Gundermann einfach nicht vergessen wollen und werden, auf eindruckvolle Weise gesungen und zelebriert, wie es inniger nicht hätte sein können.
Ein Gundermann-Tribute war angekündigt und eine Party wurde es. Ich hab' die Akteure da oben auf der Bühne nicht gezählt, die seine Lieder sangen. Ein jeder ließ auf seine ganz eigene Weise die Melodien erklingen, die Worte tönen. So mancher legte uns dabei sein Herz zu Füßen, gab sich vollständig hin. Ganz für mich selbst muß ich konstatieren, dass ich Überraschungen en mass erlebte, die zu verarbeiten es eine Weile brauchen wird. Dafür Worte zu finden, ist noch ein ganz anders Ding.
Dennoch, überrascht hat mich gleich zu Beginn das Duo Tobias Morgenstern & Thomas Rühmann (ja, jener TV-Onkel Doktor!), dessen Einstieg in die lange Gundermann-Nacht etwas messerscharfes und - PARDON - furztrockenes hatte.
Aus einem anderen Gundermann-Universum schien TONI MAHONI zu kommen, der mir seine rauchige Stimme tief in die Magengrube rammte, so spröd und weich sang er vom Frieden und der Sehnsucht danach.
HAASE, auf den ich neugierig war, und der mit seinen schuhlosen Füßen den Gundi auf die Bühne tanzte und sprang. Mit Gundermanns Seilschaft im Rücken fegten sie wie ein Orkan über die Bühne - Lebenslust und Lebensfreude, wie sie auch POLKAHOLIX in die Halle schmetterten.
SILLY mit Anna Loos ließen noch einmal Zeiten lebendig werden, die vom Mitwirken des singenden Baggerführers geprägt wurden und, wie Anna sagte, erst so manchen Text von Tamara Danz, der Unvergessenen, möglich werden ließen. Die alten Haudegen BARTON, REZNICEK & HASSBECKER genossen sichtlich die erinnerungsschwangeren Momente.
Den Namen der lederbekleideten RUBENDSLADY aus der Lausitz habe ich vergessen, ihre Lebens (Liebes?)-Gier in ihrer Stimme indes nicht. Wow - die war schlicht der Hammer, wie sie "mein Herzblatt, was bist du so traurig" in den Saal donnerte und mit "Judahej" das Sorbische Herz des Baggerfahrers beschwor. Den drei Herren der PDS (Prahl, Dresen, Schmeide) war es ein sichtliches Vergnügen, ihr dabei zur Seite zu sein.
RAKATAK - solltet ihr irgendwann und irgendwo diesen Namen lesen oder hören: nüscht wie hin!! Die haben getrommelt und getanzt, daß selbst der Teufel in der Hölle hätte erschrecken müssen!
Und auch diesmal aus Tübingen angereist, die Randgruppencombo, jene Gundermann-besessenen Wessis, die es einfach nicht lassen können (und auch nicht sollen). Die zelebrieren die Musik des Lausitzer Rockpoeten, als gäbe es auf dieser verrückten Welt nix besseres zu tun - "aber alle oder keiner"!
Das Grande Finale sah sie alle vereint auf der Bühne, mal in dieser und mal in einer anderen Konstellation. Sie alle mit den Lieder von Gerhard Gundermann - die im Saal sogen jedes der Worte, jeden Refrain auf, um sie dann Richtung Bühne zurück zu schleudern, voller Energie, voller Lust und manchmal, wenn es gar zu persönlich wurde, mit zugeschnürter Kehle, fast daran erstickend und auch mal mit einer Träne im Augenwinkel - jedenfalls wenn ich ganz ehrlich sein soll.
Wie also ehrt man diesen Gerhard Gundermann? Hätte der das überhaupt gewollt? Am besten, glaube ich, wir denken nicht großartig drüber nach, sondern wir bringen seine Texte, seine Gedanken und Lieder unter's Volk, zu denen, für die sie gedacht waren und sind. Dort können sie sich entfalten, ihre Schönheit offenbaren, aufblühen, leben und letztlich weitergetragen werden. Von Mund zu Mund. Von Hand zu Hand. Wie kleine Aufmerksamkeiten, die uns den Tag gemeinsam erleben lassen, in Liebe, Freude, Hoffnung und ein wenig mehr Glauben an Zukünftiges.
Laßt "die da oben" weiterschwafeln von den blühenden Landschaften und von den großartigen Beschlüssen, die sie für das deutsche Volk, für uns "erarbeiten" - hört Euch Lieder, wie die von Gundermann, Rio Reiser, Tamara Danz oder Haase an. Dann werdet Ihr wissen, was Volkes Seele fühlt, wie sie liebt, wen oder was sie haßt und wovor sie Angst hat. Diese Lieder singen von unseren Hoffnungen und Sehnsüchten, die uns treiben und von der Liebe, die den Arm schützend um uns legt. Sehr viel mehr brauchen wir nicht in Zeiten wie diesen, und "in meines Vaters Land..."
"...immer wieder wächst das Gras
wild und hoch und grün
bis die Sensen ohne Haß
ihre Kreise ziehn
immer wieder wächst das Gras
klammert all die Wunden zu
manchmal stark und manchmal blass
so wie ich und DU."
P.S.: In tiefer Dankbarkeit für eine gute Freundin, ohne die ich das nie hätte erleben können.
Anmerkung von "Deutsche-Mugge": Den Veranstaltern dieses Konzerts gebührt großer Respekt gezollt. Für nur 24,00 Euro so ein geballte Ladung an hochkarätigen Künstlern kann man woanders lange suchen! Die Wahl der Location (man ist ja wegen der großen Nachfrage in die Columbiahalle umgezogen), die Auswahl der Gäste, die Technik, die Beleuchtung und die Stimmung an diesem Abend waren rumdum perfekt. Ein Konzert ohne Ausfälle, das es in der Form sicher so schnell nicht wieder geben wird.
Bei Buschfunk erscheint jetzt "Alle oder keiner", eine Tribut-CD an Gundermann. Wir stellen Euch die CD demnächst noch ausführlich vor.