Alice Cooper

Osnabrück

13. Juli 2008

Bericht: Nadja Notzke

 

 

Viele Rocklegenden sind im 21. Jahrhundert dabei, ihr eigenes Denkmal zu zerstören, indem sie schlechte Produktionen abliefern, die Live-Qualitäten sehr zu wünschen übrig lassen, oder sie schlicht und einfach das Aufhören vergessen haben. Doch wie sieht das bei Alice Cooper aus, der ja auch immerhin schon knapp 40 Jahre im Geschäft ist, der Vorbild für viele Generationen von Musikern auf der ganzen Welt war und ist, der meistens stilistisch eine Vorreiterrolle einnahm? Nun, seine Studioproduktionen sind immer noch sehr solide, auch wenn sie nicht mehr an die Erfolge aus den 70ern und 80ern anknüpfen können, hörenswert sind sie jedoch nach wie vor. Der nächste Silberling "Along came a spider" erscheint übrigens noch in diesem Monat.

Die dazugehörige Tour hat ihn auch für wenige Termine nach Europa gebracht, einer davon war heute Abend in Osnabrück. Was erwartet einen auf einem Konzert von Alice Cooper im Jahr 2008? Kann er es noch? Kommt da überhaupt wer? Und wie sie kamen! Die Halle Gartlage war voll, zwar nicht ausverkauft, aber viel kann nicht gefehlt haben, und das bei einem Preis von 40,00 Euro an der Abendkasse. Aus allen Altersgruppen waren Leute da, Alice Cooper kann also immer noch Generationen faszinieren und für sich gewinnen. Als Vorband sollten Benedictum aus England die Zuschauer in Stimmung bringen. Naja... es soll Leute geben, denen gefällt lautes Double-Bass-Geknüppel mit Gesang von einem aufgeschossenen Busenwunder... und davon waren etliche da, es kam ganz gut Stimmung auf, mein Geschmack war das allerdings überhaupt nicht. Ja, und wie war er denn nun, der Alice Cooper? Ich sag's mal so: Wer den spacigen Sound der Alice Cooper Band aus den 60ern und 70ern erwartet, der wird enttäuscht werden. Wer die großen Theaterinszenierungen aus den 70ern und 80ern erwartet, der kommt 20 Jahre zu spät. Wer aber einfach nur zeitlose Rockklassiker in einem frischen, kraftvollen Sound mit einer Alice Cooper würdigen Show erwartet, der kann eigentlich nichts verkehrt machen. Alice Cooper bringt seine großen Hits aus allen Epochen auf die Bühne, gespielt von einer jungen Band, die viel Schwung und Energie in die Titel bringt. Dazu eine Bühnenshow mit viel Requisite, auch als Souvenir zum mit nach Hause nehmen, vorausgesetzt, man hat sich den richtigen Platz ausgesucht und kann fangen.

Konkret spielen in der Alice Cooper Band 2008 Keri Kelli und Jason Hook an der Gitarre, Chuck Garric am Bass und kein geringerer als Eric Singer am Schlagzeug. Sehr solide, mit einem modernen Sound, aber trotzdem unverwechselbar Alice Cooper, spielen sie Titel wie "No more Mr. Nice Guy", "I'm eightteen", "Feed my Frankenstein", "Under my wheels", "Is it my body", "Desperado", "Dead Babies", "Only women bleed", "I love the dead", "School's out" und viele weitere aus dem Gesamtwerk von Alice Cooper. Als Zugaben gab es noch "Billion Dollar Babies", "Elected" (mit Wahlkampf der Demokraten) und "Poison". Und das alles live, von einigen wenigen Keyboardsamples mal abgesehen. Soli sind immer eine zwiespältige Sache, der eine liebt sie, der andere hasst sie, und live gibt es sie fast jedes Mal, natürlich auch bei Alice Cooper. "Desperado" leitete so zum Beispiel ein Akustik-Gitarren-Solo von Keri Kelli im spanischen Stil ein, bei dem schnell klar wurde, was der Mann imstande ist, aus dem Instrument herauszuholen. Entsprechende Begeisterung gab's im Publikum. Als zweites Solo gab es ein Schlagzeug / Bass-Solo, wenn man das überhaupt Solo nennen kann, denn getrommelt haben außer Eric Singer auch die beiden Gitarristen, das ganze untermalt und getragen vom dumpfen Wummern des Precision-Basses, sehr schön anzusehen und überhaupt nicht langweilig. Und Alice Cooper selber? Sehr souverän, topfit, körperlich wie stimmlich, der Mann ist auch immerhin schon 60 Jahre alt,... merkt man aber nicht.

Seine Bühnencrew wird genauso mit in die Show einbezogen wie die Band auch, und mit seiner Tochter Calico Cooper wird quasi eine Familientradition fortgeführt, denn auch ihre Mutter Sheryl, Alice' Frau war schon Tänzerin in seiner Show. So ist immer ordentlich was los auf der Bühne, so wie man es von Alice Cooper erwartet. Anfangs beschränkte sich die Show auf songdienliche Requisite, aber als "Welcome to my nightmare" aus den Boxen kam, war wohl jedem klar, dass jetzt der spektakulärere Teil kam. Es folgten "Cold Ethyl", "Steven" und andere Titel aus dem "Welcome to my nightmare"-Programm, den Höhepunkt bildeten ohne Zweifel "Ballad of Dwight Fry" und "I love the dead", denn auch Madame Guillotine war anwesend. Alice Cooper hat in knapp zwei Stunden ein Feuerwerk seiner Hits abgefeuert, das viel Spaß gemacht und sicher bei den meisten Erinnerungen wachgerufen hat. Und das in einer Qualität, bei der sich viele andere Größen des Genres was abgucken können. Ein Urgestein des Rock also, das noch ordentlich im Geschäft ist und noch lange nicht zum alten Eisen zählt. Im Herbst kommt Alice Cooper wieder nach Deutschland zu einer gemeinsamen Tournee mit Whitesnake, auch so eine Legende... Aber schon allein wegen Alice Cooper lohnt sich der Weg dort hin!


 
 

   
   
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