Thomas Rühmann

 

& Rainer Rohloff

... am 14. Januar 2012 im Postbahnhof Berlin

Ein Bericht mit Fotod von Thorsten Murr

 

 

Ehrlich gesagt, auf Anhieb wusste ich nicht, was mich erwartete, als ich von der Redaktion das Angebot bekam, den Konzertabend YOUNG & JUNG, mit dem Schauspieler Thomas Rühmann und dem Komponisten und Gitarristen Rainer Rohloff, im Berliner Postbahnhof zu besuchen und zu rezensieren.
Als ich den Saal betrete, sehe ich, dass komplett bestuhlt und kaum noch ein Plätzchen frei ist. Inmitten des Publikums entdecke ich einige Musiker und Fans, die ich von Rock The Garden 2010 her kenne, einem sehr schönen Festival des Deutschen Neil-Young-Fanclubs. Wie ich erfahre, sind auch sie sehr gespannt auf das, was jetzt gleich stattfinden soll ...

Ein Abend von und für von Neil Young Getötete
Im Wesentlichen geht es bei YOUNG & JUNG um "Das Buch der von Neil Young Getöteten" von Navid Kermani. Und damit geht es also im Wesentlichen um Neil Young. Um seine Musik, seine Bio- und Diskografie und um seine nachhaltige Wirkung auf menschliche Individuen, in diesem Falle auf den genannten Buchautor.
Ganz offenbar erlag aber auch der Schauspieler Thomas Rühmann dieser Wirkung und nahm sich zusammen mit Musiker Rainer Rohloff den Stoff zur Brust, um daraus ein abendfüllendes Programm zu machen.

a 20130217 1511781298

Das erwähnte Buch und die Alben Neil Youngs liefern dafür den Roten Faden. Zusammengefasst würde ich den Abend als eine Art musikalisch-literarischen Vortrag bezeichnen, in dem zahlreiche Passagen des Buches verlesen und mit eigenen Texten, eingespielten Originalmusikfetzen und live vorgetragenen Liedern collagiert werden.

Manchmal fällt es zunächst etwas schwer zu unterscheiden, ob aus dem Buch zitiert wird oder aus dem Leben Rühmanns. Die chronologische Ordnung ergibt sich vor allem aus den beschriebenen Schaffensperioden und Plattenveröffentlichungen Neil Youngs, sodass man im Allgemeinen gut folgen kann und die Frage, wann, wo, was und wer sich nun konkret ereignet haben mag, in den Hintergrund tritt.

Der Einstieg erfolgt mit "Last Trip To Tulsa" und "I Am A Child". Berichtet wird von der Geburt und dem Heranwachsen des Kindes, das von nun an im elterlichen Haushalt allumfassend der Musik Neil Youngs ausgesetzt ist.

Bald darauf folgt "Sugar Mountain", und wenig später führt die Reise dann aus der Folkecke heraus und mitten hinein ins laute und mächtige Getöse eines der - meiner Meinung nach - grandiosesten Klangkörper der Rockmusik überhaupt, CRAZY HORSE.

b 20130217 2019157497

Zwischenzeitlich gibt Rainer Rohloff kleine kollegial-freundliche Kommentare zu Neil Youngs Fähigkeiten auf der Gitarre ab, spricht wohlwollend über die musikalischen Schwächen und spieltechnischen Unzulänglichkeiten des Folk- und Grunge-Meisters und betont dadurch nur umso mehr das Phänomen, das sich mit diesem Namen verbindet.

Mit dem Kapitel CRAZY HORSE werden auch Erinnerungen an das Album und den gleichnamigen Film "Rust Never Sleeps" von 1979 beschrieben und mit von Rainer Rohloff live gespielten Soundsamples versetzt. Auch in mir ruft das gleich wieder diese Bilder wach - von dieser Bühne, die vollgestellt mit riesigen Gitarren- und Bassverstärker-Attrappen ist, und von den irgendwie unheimlich anmutenden Roadies, die, wie Wichtelmänner in helle Kapuzenmäntel gehüllt, in der Umbaupause über diese Bühne wuseln. Und zu all dem diese unglaubliche Musik, die ich damals genauso bestaunte wie Buchautor Kermani und Schauspieler Rühmann.

Neil Young respektvoll seziert und kunstvoll inszeniert
Einen großen Teil der im Postbahnhof dargebotenen Live-Musik machen die von Neil Young inspirierten Lieder und Texte von Gerhard Gundermann aus - darunter einige der ganz großen Gundermann-Songs. Rühmann und Rohloff verweisen auf die Zusammenhänge, nennen jeweils den Titel des Originals und des offenkundigen oder vermeintlichen Covers, nehmen dann die Sound- und Song-DNA von Neil Young und kreuzen sie mit Texten von Gundermann, arrangieren alles neu - in einer jeweils weiteren falschen Version, wie sie betonen. Auch von Hans-Eckhard Wenzel werden einige Texte und Lieder auf diese Weise kunstvoll verarbeitet.

Es entstehen reizvolle neue Songs und Songfragmente - unerhört, überraschend und unterhaltsam. Unterhaltsam ist das ganze Programm auf jeden Fall, weil einerseits den tieferen Themen hinreichend Ernsthaftigkeit gewidmet wird, andererseits aber gerade auch dieser entkrampfte, spielerisch-experimentelle und pointierte Umgang mit der Materie angenehm und sympathisch empfunden werden kann.

c 20130217 1932770436

Das Örtchen, das dem Neil-Young-Film "Greendale" seinen Namen gab, könnte nach Rühmanns Auffassung auch Königs Wusterhausen oder Berlin-Dahlem sein. Auch der Soundtrack des Films "Dead Man" wird zitiert sowie einige bissige Kommentare zum meisterhaft und dilettantisch zugleich, großteils mit Super 8, gefilmten Konzertfilm "The Year Of The Horse", beide von Jim Jarmusch, abgegeben.

Und zum Schluss gibt es natürlich noch "Rocking In A Free World", beziehungsweise "Alle oder keiner", live und laut - so richtig schön zum Mitklatschen.
Im Saal hat es offenbar allen ganz gut gefallen - den Fernsehserienfans genauso wie den Musikfans. Der Applaus ist eindeutig.

Welche interessanten Verbindungen es darüber hinaus zwischen Christa Wolf, Gerhard Gundermann, Struwelpeter und Neil Young zu untersuchen gäbe, möge der geneigte Musikfreund selbst erfahren - womit ich gern meine Empfehlung für einen Abend mit YOUNG & JUNG abgebe.

Ein PS zu den Fotos:
Die Bühne im Postbahnhof ist gewöhnlich gut ausgeleuchtet. An diesem Abend aber wurde vornehmlich das Publikum geblendet, während die Musiker bei herunter gedimmten Frontlampen wie im Kerzenschein saßen oder standen. Man möge mir bitte die Qualität der Bilder nachsehen ... schließlich war fest bestuhlt und ich wollte nicht unnötig vor der Bühne herumwuseln, während dem Vortrag aufmerksam gelauscht wird.

 

 

Bitte beachtet auch:
- off. Homepage von Rainer Rohloff www.r-rohloff.de
- Homepage von MB Konzerte: www.mb-konzerte.de

 


 

Live-Impressionen:
 
 
 
 

   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.