000 20130212 2003179974

Ein Bericht von Christian Reder mit Fotos von Matthias Ziegert

 

 

Leipzig ist immer eine Reise wert. Und wenn man keinen Bock auf die Alte Handelsbörse mit seinem Naschmarkt, den Bayerischen Bahnhof, als Bach-Fan die Thomaskirche oder das Völkerschlachtdenkmal hat, dann ist die erste Anlaufstelle der "Anker". Da ist IMMER was los, und dargereicht wird es einem in einem gemütlichen und einladenden Ambiente. Wenn sich derzeit wieder allabendlich im deutschen Fernsehen mehrere junge Leute,a 20130212 1909329027 die es inzwischen eigentlich besser wissen sollten, von einem selbsternannten Poptitanen "fachlich" im Bereich Gesang, Arschwackeln und schrägem Äußeren beurteilen lassen, dann zieht es einen förmlich aus den eigenen vier Wänden. Bei all der Gülle, die das deutsche Fernsehen in Sachen Volksverblödung so zu bieten hat, kriegt man unweigerlich großen Bock auf was Handgemachtes, etwas Ehrliches - kurz: Auf Qualität!

Die wurde einem am vergangenen Samstag in eben schon erwähntem "Anker" zu Leipzig geboten. Dort trat die Rockröhre JULIA NEIGEL mit drei Begleitmusikern auf. Die Frau mit der Wallemähne, die Ende der 80er mit "Schatten an der Wand" die westdeutschen Single-Charts einmal von links auf rechts krempelte und im Verlauf ihrer Karriere ein starkes Deutschrock-Album nach dem anderen veröffentlichte, stellte dort ihr aktuelles Unplugged-Programm vor. So ganz ohne Stecker aus der Dose ging's bei ihrem "Unplugged-Programm" dann aber doch nicht zu... Immerhin wollte man Frau Neigel auch im hinteren Eck des "Anker" noch gut hören können, was den Einsatz eines Mikrofons nötig machte, und zum Anderen brauchte der Mann an den Keyboards ein bisschen Saft für seine Gerätschaften. Ansonsten hörte sich das dann aber doch alles sehr akustisch an.
Von den musikalischen Qualitäten einer JULIA NEIGEL konnte sich mein Kollege Matthias, der am Samstagabend fototechnisch die schönsten Momente prima einfing, schon im vergangenen Jahr beim "Konzert für Afghanistan" überzeugen. Dort präsentierte die Sängerin mit einer ihr bis zu diesem Tage komplett unbekannten Band nämlich ein paar ihrer Songs so gut, dass es kaum auffiel, dass die Band vorher noch nie mit ihr zusammen spielte. Die vier am "Afghanistan-Abend" von ihr vorgestellten Songs hatten nicht nur Matthias, sondern scheinbar auch einige andere Musikfreunde neugierig auf mehr gemacht. Aber nicht nur Neigel-Fans aus nah sondern auch aus fern hatten sich für das Konzert auf den Weg nach Leipzig gemacht. So war es dann wirklich nicht verwunderlich, dass der extra für diesen Abend bestuhlte Saal trotz des eisigen Wetters bis auf den letzten Platz gefüllt war. Das Wetter veranlasste JULIA dann auch im Verlauf des Konzerts zu dem Kommentar, dass sie ja früher als Kind mit der Familie (nicht nur) wegen des kalten, sibirischen Wetters aus ihrer alten Heimat nach Deutschland gezogen sei und nun ähnliche Verhältnisse in Leipzig vorfinden würde...

Um kurz nach 21:00 Uhr betraten Julia Neigel, ihr Gitarrist Joerg Dudys, der auch als Musiker auf dem aktuellen Album zu hören ist, der Mann für die Tasten Markus Zimmermann und Schlagzeuger/Percussionist Chriss Gross die Bühne des "Anker". Mit "Froh, dass es dich gibt" - kurioserweise der Abschlusstitel ihrer neuen CD - startete der Rockwirbelwind aus Rheinland-Pfalz in ihr über 2 1/2-stündiges Programm. Bis kurz vor 22:00 Uhr rockte und rollte sich Frau Neigel durch sieben erstklassige Songs aus ihrem Repertoire. Dabei fiel besonders auf, dass die zum Vortrag gebrachten Lieder allesamt - nicht nur durch einen anderen Sound, sondern auch durch eine scheinbar komplette Überarbeitung - anders als auf CD präsentiert wurden. Natürlich klingen Lieder in einem akustischen Programm anders als aus dem Studio, aber es war schon spannend mit anzuhören, wie Julia und die Musiker die Lieder umarrangiert haben, damit sie für das neue Programm spielbar werden. Ebenfalls auffällig war schon bei ihrem Erscheinen die überaus herzliche und angenehme Art der Künstlerin. Das Leipziger Publikum quittierte dies umgehend mit einer ebenso herzlichen wie stürmischen Begrüßung.

Julia suchte im Verlauf des Abends immer wieder auch den Kontakt zu den Leuten vor der Bühne. Die fast schon greifbare Harmonie zwischen ihr, der Band und dem Publikum machten aus einem musikalisch auf höchstem Niveau befindlichen Konzert eine runde Sache. Klasse! Gleich im ersten Teil des Konzerts stellte Julia ihre Mitstreiter vor. Man will ja schließlich auch wissen, mit wem man es da auf der Bühne zu tun hat. Immer wieder munter und zur Situation passend moderierte sich die Sängerin, die ansonsten mit ihrer Wahnsinnsröhre (ihre Stimme geht über vier Oktaven) keine Wünsche offen ließ, durch ihr Programm. NEIGEL lebt ihre Lieder auf der Bühne. Ihre Körpersprache, die Mimik und die Gestik verdeutlichen dies immer wieder. Sie stand während des gesamten Konzerts keine Minute still - Julia war immer in Aktion. Wo nimmt die Frau diese Kondition her? Ihre Gesangsleistung wurde nicht nur durch die tolle musikalische Begleitung durch die auf der Bühne befindlichen drei Herren ergänzt, sondern auch durch ständiges Mitklatschen und Mitsingen des Publikums verstärkt. Der Saal kochte im wahrsten Sinne des Wortes, und die zweistelligen Minusgrade vor der Tür ließen die Protagonisten und ihr Publikum komplett vergessen.

Nach knapp einer Stunde war dann Pause. Die vier Akteure nahmen sich eine knappe halbe Stunde Auszeit, die für meinen Geschmack etwas zu lang ausfiel. Nun sollte man vielleicht meinen, dass eine so lange Pause die gute Stimmung des ersten Teils neutralisiert oder es den Akteuren auf der Bühne schwer fallen würde, anschließend wieder nahtlos da anzuknüpfen, wo man aufgehört hat, aber von der Vermutung durfte man sich ganz schnell wieder verabschieden. Mit "Du bist nicht allein" von ihrer '94er LP "Herzlich willkommen" zündelten die Sängerin und ihre Musiker weiter am Leipziger "Anker", und siehe da... das Feuer loderte sofort wieder auf!

Zwischen 22:30 Uhr und kurz vor 24:00 Uhr wurde nochmal ordentlich Brennholz nachgelegt. Die Band mit ihrer Frontfrau „neigelte“ das Auditorium mit ihrer beeindruckenden Show förmlich an die Wand. Während die einzelnen Instrumentalisten auf der Bühne zeigten, warum sich JULIA NEIGEL ausgerechnet sie für ihre Begleitband ausgesucht hat, stemmte die Frontfrau selbst ohne große Probleme die verschiedenen Tonlagen. Dabei weiß sie in den Höhen ebenso zu überzeugen, wie in den Momenten, wenn sie mit einem warmen Alt in den tieferen Regionen arbeitet. Musikalisch bediente Julia nicht nur die populäre Musik. Durch die akustische Vortragsweise konnte stellenweise auch geschickt eine Prise Jazz zu den sonst von ihr bekannten Rock- und Blueselementen eingestreut werden. Das ist Musik für Erwachsene, vorgetragen von einer erstklassigen Stimme. Selbst Schuld, wer sich dann noch vor den Fernseher setzt und zu Hause bleibt, wenn der Rockzirkus Neigel in der Stadt ist!

Mit einem Song vom '94er Album "Herzlich Willkommen" begann der zweite Konzertteil, und mit einem weiteren Song aus dieser Langrille sollte das Konzert dann auch enden, denn nach "Alles was du brauchst" war der reguläre Teil des Konzerts beendet. Kenner und gute Beobachter haben natürlich gemerkt, dass der Überhit "Schatten an der Wand" noch gar nicht vorgetragen wurde. Ein untrügliches Zeichen dafür,cd 20130212 1596873044 dass es definitiv noch Zugaben geben musste. Natürlich ließen sich JULIA NEIGEL und ihre Band durch lang anhaltenden Applaus, die sie sichtlich genossen, ordentlich feiern, bevor mit "Love Hurts" und natürlich "Schatten an der Wand" noch zwei Zugaben gegeben wurden. Am Ende der Zugaben klatschte und jubelte das Leipziger Publikum noch geschlagene fünf Minuten und hätte gerne noch weitere Songs gehört, doch um kurz vor zwölf war definitiv Feierabend: Julia und ihre Musiker kamen nicht noch einmal auf die Bühne zurück.

Wir wurden Augen- und Ohrenzeugen eines tollen Konzerts. Es braucht nicht immer die volle Dröhnung aus der Steckdose, um ein Konzert der Extraklasse über die Rampe zu bringen. JULIA NEIGEL und die drei Begleitmusiker präsentierten einen abwechslungsreichen Mix aus 25 Jahren JULIA NEIGEL. Schön, dass nicht konsequent nur die neuen Titel gespielt wurden, sondern dass auch die eine oder andere Überraschung aus früheren Platten dabei war. Mein Tipp an alle, die demnächst ein JULIA NEIGEL-Konzert in ihrer Nähe haben: Hingehen! Es lohnt sich...

 


Weitere Live-Termine:
24.02.2012 - Magdeburg - Maritim Hotel (Rockprogramm)
16.03.2012 - Ingolstadt - Eventhalle Westpark (Rockprogramm)
17.03.2012 - Bochum - Jahrhunderthalle (Special, Auftritt bei Gala)
26.03.2012 - Karlsruhe - Kammertheater (unplugged)
31.03.2012 - Bremen - Aladin (Rockprogramm)
13.04.2012 - Dresden - Tante Ju (Rockprogramm)
14.04.2012 - Freyburg - Sektkellerei Rotkäppchen (unplugged)
19.04.2012 - Kaiserlautern - Kammgarn (Rockprogramm)
21.04.2012 - Hoyerswerda - Kulturfabrik (Rockprogramm)
26.04.2012 - Bürstadt - Stadthalle (Gast bei der Special Beatles Night)
28.04.2012 - Gerolstein - Lokschuppen (unplugged)
17.08.2012 - Neustadt - Villa Böhm (Rockprogramm)
Nähere Infos und weitere Termine auf Julias Homepage

 

Bitte beachtet auch:
- Off. Homepage von Anne Haigis: www.julianeigel.com
- Homepage vom Anker in Leipzig: www.anker-leipzig.de

 

 

Die Setlist:

set 20130212 1333569047

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotostrecke:

 

 


   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.