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Ein Bericht mit Fotos von Bodo Kubatzki



002 20250204 2014933095Vor fast genau einem Jahr lud die Kultband PANKOW zu einer Pressekonferenz in den Prater im Berliner Stadtbezirk Pankow. Dort versuchten die Musiker den anwesenden Pressevertretern ihre kurz zuvor getroffene Entscheidung, sich im Jahr 2025 aufzulösen, zu begründen. "Wir wollen es mit Geist beenden und ‚Dabeisein', wenn es zu Ende geht.", sagte Sänger André Herzberg damals. Die ersten gebuchten Termine ihrer Abschlusstour unter dem Motto "Bis zuletzt" wurden auch gleich bekannt gegeben.

Die Band PANKOW war in den 80er Jahren in der kleinen DDR Kult. Sie entwickelte sich schnell zu einer der erfolgreichsten Bands Ostdeutschlands. Obwohl sie in der gleichen Liga spielten wie die etablierten Bands dieser Zeit, schafften es PANKOW, sich von denen abzuheben. Der Bandname, der die Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt Berlin ausdrückt, wurde nicht nur deshalb gewählt. Vom Klang her implizierte er auch das Wort Punk. Und Punk passte nicht zum Leben im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat. Ihre Musik klang auch anders als die der PUHDYS oder von KARAT. Bei PANKOW hörte man die Strömungen der späten 70er Jahre. Neben Rock'n'Roll und Blues flossen auch New Wave und eben Punk in die Songs ein. Doch vor allem die provokanten Texte, die den Alltag in der damaligen DDR so realitätsnah widerspiegelten, wurden zum Stein des Anstoßes für die Kulturfunktionäre. Titel wie "Langeweile", "Er will anders sein" oder "Inge Pawelczik" trafen das Lebensgefühl vieler Jugendlicher, entsprachen aber keineswegs der sozialistischen Norm. So gab PANKOW vielen Jugendlichen inhaltliche Orientierung und eine musikalische Heimat. Doch das ist fast vier Jahrzehnte her. Die Zeit nach der sogenannten Wende war auch für PANKOW schwierig. Niemand wollte mehr Bands aus dem Osten hören. Die Konzertsäle blieben leer. André Herzberg verließ zwischenzeitlich die Band. Hinzu kam, dass er in seiner Stasi-Akte Hinweise auf einen IM fand. Es stellte sich heraus, dass es Gitarrist Jürgen Ehle war. Es dauerte lange, bis sich der tiefe Riss zwischen den beiden wieder schloss. Die Fans hielten PANKOW jedoch die Treue. So raufte sich die Band wieder zusammen und machte weiter, bis zuletzt. Nun sind sie "wieder auf der Straße".

Das Medieninteresse ist kurz vor Beginn der Abschiedstour erstaunlich groß. Die Berliner Zeitung bringt am 11. Januar dieses Jahres einen sehr schönen und ausführlichen Artikel über die Band. Auch im ZDF-Morgenmagazin dürfen sich PANKOW mit ihrem neuen Song "Bis zuletzt" präsentieren, der dann wohl auch ihr letzter sein wird. Inzwischen sind die ersten Konzerte der Tournee erfolgreich über die Bühne gegangen. Am letzten Januarwochenende führt es PANKOW in den Norden nach Schwerin, Rostock und Stralsund. In den beiden Hanse-Städten dürfen wir dabei sein.

"Es ist Freitag" und der Rostocker M.A.U. Club ist rappelvoll, als kurz nach 19:30 Uhr die Lichter im Saal ausgehen. Mit dem Motto-Song der Tour beginnt ein energiegeladenes Rockkonzert, das sich über zweieinhalb Stunden ohne Unterbrechung und Ermüdungserscheinungen hinzieht. "Bis zuletzt" ist ein typischer PANKOW Song geworden. Ein Song mit einer eingängigen Hook Line und einem Text, der von der gemeinsamen Bandgeschichte erzählt. "Wir haben geliebt und uns gehasst - das ist heute Schnee von gestern, spielt keine Rolle mehr - Etwas hat uns hier zusammengebracht - Bis zuletzt", heißt es darin. Und es geht auch um die Fans in dem Text: "Wegen euch da bin ich hier", singt Herzberg. An diesem Abend kokettiert er immer mal wieder mit seinem Alter. Er sei jetzt Rentner und würde in diesem Jahr 70 werden. Doch sein Alter merkt man ihm wirklich nicht an, weder seiner Stimme noch seiner agilen Bühnenpräsenz. Mit fast akrobatischen Ausfallschritten im Rhythmus zu "Ich bin ich" bewegen sich Herzberg, Gitarrist Jürgen Ehle und Gast-Bassist André Drechsler immer wieder von den hinteren Podesten bis an den Bühnenrand. Dabei gehen die drei auch wiederholt in die Knie. Passable Leistung in dem Alter. À propos Alter. Auch der Großteil des Publikums ist dem Jugendalter längst entwachsen, auch wenn ich immer wieder Gesichter jüngerer Fans in den Reihen entdecke. Ob alt oder jung, alle sind bei der Sache und machen mit, wenn Herzberg singt: "Steh auf, geh raus, es gibt keine besseren Zeiten". Es kommt Bewegung in den Club und die Stimmung steigt von Song zu Song.

001 20250204 1160538419"Ihr müsst tanzen, sonst ist das Mist.", fordert Herzberg die Fans bei "Aufruhr in den Augen" auf. Und das "Hu huh..." bei diesem Song wird lauthals mitgesungen. Dieses "Hu huh..." taucht bei Songs von PANKOW immer wieder auf. Herzberg erzählt, dass diese Worte überall von den Leuten im Publikum verstanden werden, sogar in Russland, das damals, als sie dort Konzerte gaben, noch ein anderes Land war. Die Setlist des Konzerts fühlt sich an wie ein "Best of...", auch wenn ich die bluesige Nummer "Doris" noch nicht kenne. "Doris" und das Stück "Ich bin bei dir" lassen wieder etwas Ruhe einkehren, bevor das Rock-Feuerwerk weiter abgefackelt wird. Vorne in der ersten Reihe steht eine Gruppe von Fans, die viele Utensilien mitgebracht haben, und die beim "Lied von der Seen'sucht" an den entsprechenden Textstellen hochgehalten werden. Kleine Fische, große Fische, Plastik-Delfine, Kühlbehälter, alles kommt zum Einsatz und alle haben Spaß. Die Zeile "Das wa ´ne Ringelnatter" wird wohl vom gesamten Publikum gebrüllt. Jürgen Ehle lässt während der Strophen das Metallröhrchen herrlich über die fünf Saiten seiner Fender gleiten, bevor die Rock-Attitüde losbricht. Auch wenn Ehle die Mechaniken für die tiefe E-Saite seiner Gitarren abmontiert hat, brilliert er immer wieder bei seinen diversen Soli oder anderen Gitarrenriffs. Auch als Sänger kann man ihn erleben, wie bei "Gib mir'n Zeichen" oder zweistimmig mit André Herzberg. Schlagzeuger Stefan Dohanetz ist der Motor der Band, der die rockigen Nummern mit Verve treibt. André Drechsler, auch schon viele Jahre mit der Band unterwegs, sorgt mit seinem Instrument gekonnt für die tiefen Töne. Die Keyboards spielt Andreas ‚Kulle' Dziuk. Band und Publikum haben durchweg Spaß. Man sieht's an den strahlenden Gesichtern. Jürgen Ehle hat gegen Ende des Konzerts ein Dauergrinsen im Gesicht. Zurecht, meine ich.

Ich bin wirklich überrascht, wie viele Hits die Band hat. Einige habe ich schon lange nicht mehr gehört. Der bekannteste Song ist sicher "Langeweile", auch wegen des Textes, der für uns "Zonenkinder" Ende der 80er Jahre eine besondere Bedeutung hatte. Damit und mit "Wetten du willst" steuern die Mannen von Pankow auf den Höhepunkt des regulären Sets zu, bevor es musikalisch "Gute Nacht" heißt. André Herzberg stellt seine Mitstreiter vor und bedankt sich bei den begeisterten Fans für ihre Treue. Und diese wollen natürlich mehr. Die Rufe nach "Gabi" und nach "Inge" werden laut. Auch diese Wünsche werden erfüllt. Nachdem Herzberg und die Fans der "Inge Pawelczik" ein "Mach's gut" zugerufen haben, beginnt Kulle Dziuk den alten Berliner Gassenhauer "Komm, Karlineken, komm" im Sound einer Drehorgel zu spielen. Das animiert zum Mitsingen. Aus "Komm, Karlineken, komm, wir wollen zu PANKOW gehen" wird schließlich die Rock-Nummer "Kille, kille Pankow", ein richtiger Kracher zum Schluss. Abschließend heißt es nochmal "Bis zuletzt", gespielt in einer eher akustischen Version. Auch für uns steht fest, wir wollen möglichst "bis zuletzt" zu PANKOW gehen. So gönnen wir uns das Konzert am nächsten Tag nochmal in Stralsund.

Setlist:
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Termine:
07.02.2025 - Freiberg/Sa. - Tivoli
08.02.2025 - Torgau - Kulturbastion
14.02.2025 - Neuruppin - Kulturhaus Stadtgarten
15.02.2025 - Berlin - Kesselhaus
21.02.2025 - Zwickau - Alter Gasometer
22.02.2025 - Singwitz - Kesselhauslager
28.02.2025 - Leipzig - Anker
01.03.2025 - Hoyerswerda - Kulturfabrik

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos auf der Pankow-Homepage




Fotostrecke:

 
Rostock (31.01.2025)
 
 
 
 
Stralsund (01.02.2025)
 




   
   
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