000 20250201 1704728622
Ein Bericht mit Fotos von Thorsten Murr



Seit Mitte Januar ist Pankow auf der ein Jahr zuvor im Rahmen einer Pressekonferenz angekündigten Tour. Auf der letzten, "Bis zuletzt". Das mediale Interesse an der Band hatte sich in den zurückliegenden Monaten dynamisch gesteigert. Gefühlt alle Zeitungen schrieben und schreiben etwas über Pankow, MDR Kultur übertrug gar ein knackiges Radiokonzert und eines Vormittags sah man sie sogar im ZDF-Morgenmagazin. Gleichzeitig kam ein neues, und wahrscheinlich letztes, Live-Doppelalbum heraus, auf dem wiederum als Bonus die neue und wahrscheinlich letzte Pankow-Single "Bis zuletzt" in zwei Versionen verewigt ist.

Dritte Station: Erfurt
Bis zuletzt also. In Cottbus ging es los, danach kam Dresden und jetzt, als dritte Station, Erfurt. Als gebürtiger Erfurter und langjähriger Bewohner von Berlin-Pankow könnte ich nun behaupten, Kreise würden sich hier für mich schließen. Könnte ich, will ich aber nicht. Ich könnte schreiben, dass Pankow sich auf einen würdevollen letzten Weg begeben haben, der voraussichtlich am 13. Juli in Dresden sein Ende findet. Könnte ich, will ich aber auch nicht.

Denn die im "wieder so ein Kulturhaus" - es ist das ausverkaufte HsD, besser bekannt sicherlich noch als "Gewerkschaftshaus" - erlebte Wahrheit vermittelt alles andere als abschließende Abschiedsstimmung. Daran ändert auch das gleich zu Beginn in der rockigen Version und nachher, ganz zum Schluss, noch einmal in der Akustikversion gespielte Lied "Bis zuletzt" nichts. Pankow sind so vital, präsent und voller Power, als gingen sie gerade erstmals an den Start und müssten sich die Anerkennung und Zuneigung des sowieso schon überzeugten Publikums erst noch erobern.
 
 
001 20250201 1641649719

Rasante Rock-and-Roll-Show im vollen Saal
Das Publikum, fast durchweg im reiferen Erwachsenenalter, einige Enkelkinder sind aber auch da, weiß genau, worum es geht. Es singt mit, tanzt mit und feiert von Anfang an jeden Song mit stürmischem Applaus. Noch vor Einlassbeginn hatte sich eine lange Schlange vor der Location gebildet. Ganz vorn an der Tür und drinnen vor der Bühne stehen wieder "die, die immer hier sind" - die Hardcore-Fans. Dahinter, dicht gedrängt die große Masse, bis ganz nach hinten zum Technikpult. Dass es voll werden würde, war mir irgendwie klar. Dass es aber so voll wird, ist dann doch noch mal erstaunlich.

Es ist ungefähr mein vierzigstes Pankow-Konzert, in Erfurt mein drittes, aber mit dieser rasanten Rock-and-Roll-Show hatte ich nicht gerechnet. Es geht mir - bitte verzeiht mir diesen etwas abgenutzten Vergleich - wie mit den Rolling Stones. Man glaubt, das alles schon so oft erlebt zu haben und möchte entspannt bleiben, sich heute nicht zu sehr aufregen, aber trotzdem haut es mich gleich wieder um, reißt mich mit und zieht mich gleichermaßen hinein. Das Ergebnis ist meist eine minutenlange Handlungsunfähigkeit: Ich stehe grinsend da und höre und staune und freue mich einfach. Danke allen, die mich im weiteren Verlauf des Abends trotzdem noch für ein paar Fotos nach vorn gelassen und dort eine Weile erduldet haben.

Starke Setlist - zur Freude der Fans
Die Setlist hat im Vergleich zu den letzten vier, fünf Jahren Zuwachs erhalten: Mit "Am Rande vom Wahnsinn", "Ich mach 'ne Liste", "Doris", "Das Lied von der See'nsucht" und "Du kriegst mich nicht" kommen noch einmal ein paar geliebte und auch kultige Klassiker zum Vortrag, die man irgendwie zwar immer im Ohr, aber doch lange nicht mehr live gehört hatte. Danke, Pankow, dass ihr da noch einmal sehr fein ausgewählt habt! Die am meisten gefeierten Songs sind freilich Stücke wie "Ich bin ich", "Aufruhr in den Augen", "Wetten du willst", "Rock 'n' Roll im Stadtpark", "Gabi", "Langeweile" und "Inge Pawelczik".


003 20250201 1004624891



Klare Beweislage, wo es nichts mehr zu beweisen gilt
In Social Media liest man mitunter überflüssige (manchmal auch sehr dreiste und dumme) Kommentare, von vermutlich sehr verbitterten Menschen, die glauben, unbedingt mitteilen zu müssen, dass sie nicht und warum sie nicht zu einem bestimmten Konzert gehen würden. Einer dieser Kommentare behauptete sinngemäß, dass André Herzberg nicht mehr die Energie und Bissigkeit hätte wie in jungen Jahren. Mal ehrlich, solch ein Zeitgenosse sollte mal selbst "aus'm Arsch" kommen und sich ansehen, wie ein André Herzberg mit seinen knapp 70 Jahren äußerst lebendig und beweglich und alles andere als energielos den fetzigsten Rock and Roll performt, den man sich denken kann. Und hinter ihm eine Band, die sich nichts mehr beweisen muss, und dabei doch alles immer wieder beweist, was es je zu beweisen hätte geben können.

Dem zweiten bis heute in der Band verbliebenen Gründungsmitglied, dem meisterhaften Gitarristen, Komponisten und gelegentlichen Sänger, Jürgen Ehle, sieht man seine Freude am Geschehen ebenso an, wenn auch sein Gesicht meist von seiner Kopfbedeckung überschattet ist (was wiederum für Fotografen eine gewisse Herausforderung ist). Mit souveräner Lässigkeit zaubert er den für Pankow typischen Gitarrensound herbei und bricht hier und da zu einem (für meine Begriffe meist viel zu) kurzen, aber stets exzellenten Solo aus. Wenn ich mir, zu einer schon perfekten Show, doch noch etwas hinzuwünschen dürfte, dann wäre es etwas mehr von diesem großartigen Gitarrenspiel.

Das alles funktioniert freilich nur, weil auch Tastenvirtuose Kulle Dziuk, Stefan Dohanetz am Schlagzeug und André Drechsler am fetten Bass bestens wissen was sie tun. Ich könnte schwärmerisch über Stil und Sound eines jeden Einzelnen schreiben - vielleicht in einem der nächsten Berichte, denn ein paar Gigs kommen ja noch. Schon im vergleichsweise kleinen MDR-Studio hatte ich den Eindruck, dass die Band irgendwie knackiger klingt als zuvor. Jetzt im großen Saal kommt das Ganze noch mächtiger und überwältigender daher. Alles passt, alles ist perfekt.

Volle Packung!
Das Konzert ist 22 Songs lang, ohne irgendwelche Längen oder gar Schwächen zu haben. Inklusive zweier Zugaben bekommen wir über zwei Stunden volle Packung Rock and Roll aufs Ohr, volle Packung Pankow! Als nach zwei Zugaben und unglaublichem Applaus ganz am Schluss noch einmal "Bis zuletzt" in der liedhaften Version gespielt wird, quasi als Abschiedsgruß, wird mir mulmig, denn für die Meisten hier im Saal werden es wohl tatsächlich die letzten Live-Töne sein, die sie von Pankow hören …

Dranbleiben, bis zuletzt!
Ja, ich bin seit 1983 glühender Fan dieser Band und jedes Konzert ist für mich mehr als nur ein Konzert. Wenn ich bei Pankow bin, bin ich irgendwie bei mir selbst. Vielleicht ist es nicht gesund, so leidenschaftlich dabei zu sein, aber so ist das eben. Einerseits weiß ich, dass die Zeit abläuft, andererseits aber auch, dass ich bis zum 13. Juli noch einige Gigs erleben werde: Torgau, Neuruppin, Berlin und im Sommer schließlich in Dresden … noch ein bisschen "Wieder auf der Straße" sein - bis zuletzt.

 
Termine:
07.02.2025 - Freiberg/Sa. - Tivoli
08.02.2025 - Torgau - Kulturbastion
14.02.2025 - Neuruppin - Kulturhaus Stadtgarten
15.02.2025 - Berlin - Kesselhaus
21.02.2025 - Zwickau - Alter Gasometer
22.02.2025 - Singwitz - Kesselhauslager
28.02.2025 - Leipzig - Anker
01.03.2025 - Hoyerswerda - Kulturfabrik

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos auf der Pankow-Homepage









   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2025)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.