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Ein Konzertbericht von Christian Reder mit Fotos von Bernhard van Riel und Adam Glagla




Es gibt Tage, da fluppt irgendwie alles. Einer dieser Tage war der 11. Januar, als Norbert Egger mit seiner Band NATURAL BLUES hier in Castrop-Rauxel gastierte. Knapp 820 Kilometer hatte der Blues-Musiker mit seiner Band und dem Gast Lydia Stone auf sich genommen, um ein Konzert außerhalb seiner "Homebase" im Berchtesgadener Land zu spielen. Außerdem wurde ordentlich Geld für Werbung in die Hand genommen, damit das Abenteuer Ruhrpott bei Egger und dem Publikum ein zweites Mal bleibende Eindrücke hinterlassen konnte. Egger war zu Ostern 2024 in einer kleineren Besetzung, nämlich im Trio mit den Kreipl-Brothers (Norbert am Bass und Stefan an den Drums), schon einmal hier in der Europastadt. Damals im wesentlich kleineren "Haus Oestreich", und schon da war das Publikum hoch entzückt über das, was ihnen aus Bayern in den Ruhrpott getragen wurde.


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Das aktuelle Album "Favorite Recording Sessions Vol. 2" - es steht der-
zeit auch zur Wahl "Veröffentlichung des Jahres 2024" (HIER klicken)



Die beiden Kreipls waren auch am Samstag wieder an Norbert Eggers (Gitarren, Gesang) Seite mit dabei. Für die Position am Saxophon waren zudem Franz Neumeier, an der zweiten Gitarrist Bernhard Galler, an der Tastatur Alois Stöckl und für die gesangliche Unterstützung Lydia Stone mit angereist. Auf der großzügigen Bühne der Aula des Adalbert-Stifter-Gymnasiums hatte das Septett massig Platz und nutzte diesen bei ihrem Vortrag auch sachgerecht aus. Kurz vor dem Anpfiff war der Saal gut gefüllt. Nur noch hinten waren Plätze frei. Blues geht also auch im Ruhrpott immer.

Doch bevor es den gab, feierten gleich zwei junge Frauen ihre Premiere. Die eine heißt Nele, ist 16 Jahre alt und übernahm an diesem Abend die Moderation. Sie wurde vom Veranstalter und Autor dieser Zeilen gebeten, diese Aufgabe zu übernehmen. Nele ist eine absolut sympathische junge Dame mit viel Charme, und wenn sie die Leute schon in ihrem Umfeld damit verzaubern kann, warum nicht auch ein größeres Publikum in der ASG-Aula? Und das klappte ausgezeichnet. Sie hatte das bis dahin noch nie gemacht, und sagte nicht nur das Vorprogramm, sondern später auch Norbert und sein Ensemble an. Super gemacht, Nele, und vielen Dank dafür! Später zeigte sie auch noch ihr Talent als bewegliche Turnerin, aber nur für ein wesentlich kleineres Publikum - und das ist auch eine ganz andere Geschichte ??

Die zweite Premiere feierte die 20-jährige Mandy Dutsch, die beim Konzert von NATURAL BLUES das Vorprogramm gestalten durfte. Eine Woche zuvor waren sie und ich noch in Sachsen beim Komponisten und Musiker Marek Arnold, in dessen Studio wir die ersten beiden Songs für ihr Debüt-Album aufgenommen haben. Eins davon ist "Wind des Lebens", dessen Text ich ihr und ihrer persönlichen Geschichte mit einer schon in Kindertagen erlittenen schweren Krankheit und einem heimtückischen Gen-Defekt, mit dem sie leben muss, auf den Leib geschrieben habe. Sie erinnert mich sehr an Reini Fißler, der sich trotz seines Schicksals auch nicht hat unterkriegen lassen und sein Leben ganz positiv und offensiv lebte. Die Musik schrieb ihr Marek und hier in Castrop bekam die Öffentlichkeit das Werk erstmals zu hören. Mandy hatte bis dahin noch nie als Solistin auf einer Bühne gestanden, geschweige denn etwas Eigenes vorgetragen. Sie hatte auch noch nie Gesangsunterricht oder Training in Sachen Choreographie oder irgendeinem anderen Mumpitz, den man heute laut Aussage irgendwelcher Casting-Fraggles haben muss, um das Publikum zu begeistern. Bei Mandy geht es um den Spaß und ihre Stimme, und nicht um Nebelkerzen und Blendgranaten.


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Moderatorin Nele Bittner                          & Sängerin Mandy Dutsch



Da die junge Sängerin derzeit noch keine Band hat, kam die Musik am Samstag noch vom Band, aber ihr Gesang war live. Sie präsentierte zuerst das Lied "American Night", das im Original von ihrer Lieblingssängerin ANASTASIA stammt, und anschließend "Defying Gravity", ein Stück aus dem Soundtrack zum Film "Wicked". Und dann war die Zeit für ihren eigenen Titel gekommen. Anfangs noch etwas schüchtern, fand Mandy schon in der zweiten Strophe ihre Sicherheit und legte einen tollen ersten Auftritt hin. Nach jedem Lied erhielt sie lautstarken Applaus, und nach der Premiere von "Wind des Lebens" schallte sogar mehrfach die Forderung nach "Zugaben" durch die Aula. Gut, ich bin natürlich befangen und kann als direkt Beteiligter kein neutrales Urteil abgeben, aber die Leute im Saal konnten dies und taten es auch. Mandy bekam viel Lob und manch ein Konzertgast, der selbst als Musiker aktiv ist, war von diesem "Rohdiamanten" hin und weg, und ließ das Mädchen auch wissen, wie gut sie bei ihnen ankam. Nach ihrem Auftritt war ich glücklich zu sehen, dass sie Spaß hatte und ein zufriedenes Lächeln trug. Übrigens gehörte sie später auch zur gleichen Turnerriege wie Nele - aber das ist noch immer eine ganz andere Geschichte ?? Und ihr, die hier aufmerksam gelesen habt und jetzt neugierig seid, hört demnächst noch mehr von ihr. Versprochen!

Nachdem Nele ein weiteres Mal die Moderation übernahm, kam jetzt der Künstler mit seiner Band an die Reihe, für den manch ein Konzertbesucher sogar eine weite Anreise auf sich nahm. Warum auch nicht? Norbert und sein Ensemble taten dies ja auch, nicht wahr? ?? Mit im Gepäck hatten Norbert & Co. das aktuelle Album "Favorite Recording Sessions Volume 2", das im September auf CD und im Dezember auf Schallplatte erschienen ist, und von dem wir bei seiner Mugge im Pott auch eine kleine Auswahl zu hören bekamen. Egger bedient sich bei seiner Musik klassischen Blues-Einflüssen der 20er, 30er und 40er Jahre, nicht aber ohne ihnen eine eigene Handschrift zu verpassen. Auch Spielarten anderer Dekaden finden sich in seinen Werken wieder, und er kleidet seine eigenen Inhalte in diese Musik. Auf Ausflüge in neumodische Trends wird dabei aber gepflegt verzichtet, was ihn z.B. von Joe Bonamassa unterscheidet. Die einen sagen, das lockt kein junges Publikum mehr an, die anderen schätzen diese Traditionen hingegen sehr. Die Leute am Samstag, die in die Aula gekommen waren, tun dies auf jeden Fall. Politisch wirft er dann bei den Songinhalten gern mal einen Blick über den großen Teich und darauf, was ein gewisser Herr Trump so macht ("Mr. President", "More Shame") oder wie es so mit der Polizeigewalt in den Staaten so ausschaut ("I Can't Breathe"). Aber auch hierzulande hat er Probleme ausgemacht, auf die er dann - übrigens einmalig in seinem Repertoire - selbstverständlich auch in Landessprache aufmerksam macht ("Gemeinsam gegen Rechts").


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Das Septett auf der Bühne wirkt bei seinem Live-Vortrag wie eine über Jahre gewachsene Einheit. Was der Neukunde aber nicht wissen kann ist, dass einige der Herrschaften noch gar nicht so lange dabei sind. Und trotzdem greift hier ein Rädchen ins andere und der Vortrag aller hinterlässt beim Hörer einen Hauch von Perfektion. Diese geht eindeutig vom Bandchef Egger aus, der unübersehbar den Taktstock in Händen hält, und auch wenn manch einer der Musiker dort zu einem Solo ausschert, ist dies Teil eines großen Plans, der vom Meister erdacht ist und vom Team auch anstandslos akzeptiert wird. Dass da jeder Einzelne Bock hat und eine ordentliche Portion Spielfreude mitbringt, ist unüberseh- und unüberhörbar. Egger legt viel Wert auf Qualität, was auch an der Wahl seiner Mitmusikanten abzulesen ist. Das sind alles Könner, und besonders viel Spaß hatte ich persönlich an dem Treiben des zweiten Gitarristen, Bernhard Galler, der viele bunte Klekse in ein sowieso schon farbenfrohes Bild setzen konnte. Nicht weniger angenehm war der Dienst der Rhythmus-Abteilung. Die Kreipl-Brothers unterstrichen mit ihrem Vortrag nochmals den ausgesprochen guten Eindruck, den sie vor einem Jahr hier schon hinterlassen hatten, und bewarben sich sehr nachdrücklich um die Auszeichnung "Mitarbeiter des Monats". Auch für die Hinzunahme des Bläsers und des Tastenakrobaten in die Besetzung kann man Egger nur beglückwünschen. Das gibt dem Klang dieser Arbeitsgemeinschaft richtig viel Tiefe und Wärme. Die versprüht auch die Sängerin Lydia Stone, die für meinen Geschmack aber leider viel zu kurz kam. Sie braucht ein paar Momente mehr, in denen sie sich in den Vordergrund singen kann, denn ihre Stimme ist genauso auffällig wie ihre für Samstag ausgewählte Bühnengarderobe. Blicke und Ohren waren gleichermaßen auf sie gerichtet - zurecht!

Am Ende des Tages kredenzte uns dieses wunderbare Tanzorchester 25 Blues-Songs aus über 40-jähriger Arbeit Eggers und überwiegend aus hauseigener Manufaktur, darunter neben den weiter oben bereits genannten amerikakritischen Songs so Klopper wie "What My Boss Wants", "T'Ain't Nobody's Bizness If I Do" (vom aktuellen Album), "Messin'", "Let's Have A Party Tonight", "End All These Horrible Things", "Wrong Doing - Rattlesnake Blues", "Muddy Waters", oder als Zugabe "I Got My Mojo". Das alles sorgte in der Castroper Aula für eine ausgelassene Stimmung und ein mit heißer Musik in Brand gesetztes Publikum, das noch lautstark ein Dessert einforderte. Die fortgeschrittene Zeit verhinderte aber ein weiteres sich Ausbreiten des hier in über zwei Stunden Spielzeit (ohne Pause) angerichteten Flächenbrands, so dass es "nur" zwei Nachschläge gab bevor dann der letzte Ton gespielt wurde. Im Anschluss feierten Musiker und Publikum noch längere Zeit gemeinsam ein rundum gelungenes Konzerterlebnis.

Dass es ein solches werden konnte, hatte außer der Leistung der Künstler auf der Bühne noch weitere Gründe. Aktiv beteiligt waren daran nämlich auch viele fleißige Hände, die der Konzertgast so gar nicht wahrnehmen konnte. Dazu gehörten die beiden Lichttechniker Andreas Knieper und Martin Trottenberg, die im wahrsten Sinne des Wortes jeden Musikanten ins rechte Licht rückten. Ebenso unser Sound-Zauberer Eddy, der schon bei den Muggen von CRYSTAL PALACE und Pascal von Wroblewsky erstklassige Arbeit lieferte. Seine "Mischung" ist so gut, dass Du den Mitschnitt der Mugge hinterher rein theoretisch auf Platte oder CD veröffentlichen könntest. Ohne diese drei wäre eine Veranstaltung wie die am Samstag gar nicht möglich gewesen, darum kann man ihren Beitrag und ihre Bereitschaft, einfach mal mit anzupacken, gar nicht hoch genug hängen und auch gar nicht laut genug sagen, was sie da eigentlich unbemerkt und geräuschlos beigetragen haben. Das tue ich an dieser Stelle mal und sage auch in Namen all derer, die einen tollen Abend hatten, ganz laut DANKE!!!


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Und damit schließt sich der Kreis und ich komme nochmal auf meine ersten Worte dieses Berichts zurück als ich schrieb, dass am Samstag irgendwie alles fluppte. Wie bei der Band auf der Bühne, so auch beim Team, das hier alles organisierte und realisierte, griff ein Rädchen ins andere. Ich bin dankbar und froh, Leute wie Eddy, Andreas, Martin, Dietmar, Jana, Nicola und Nele zu kennen, die ihre Zeit und Nerven opfern, damit andere einen schönen Abend haben können. Ohne so gute Seelen wie sie funktioniert die Kultur nicht mehr und Muggen wie die am Samstag gäbe es aus finanziellen Gründen nur noch heimatnah beim jeweiligen Künstler, aber nicht 800 Kilometer entfernt im "Ausland".


Setlist:
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Fotostrecke:


Vorprogramm: Mandy Dutsch
 
 
 
 





   
   
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