Ein Bericht von Matthias Ziegert mit Fotos von Matthias &
Sebastian Ziegert (Live-Pix), sowie Detlev Schneider (Pressefoto)
Am Abend des 12. Dezember 2024 verwandelte sich das Gewandhaus Leipzig in einen Ort musikalischer Perfektion. Rund 500 Besucher, überwiegend Ü50 und teils langjährige Fans der Band aus den Tagen von Tamara Danz, fanden sich ein, um SILLY in einer ihrer besten Besetzungen zu erleben.
SILLY mit Julia Neigel und Toni Krahl (Foto: Detlev Schneider)
Die Atmosphäre im fast voll besetzten Saal war von Beginn an ausgelassen. Die Band zeigte sich in Höchstform. Jeder Musiker trug mit seinem Können zu einem außergewöhnlichen Konzerterlebnis bei, wie man es von SILLY eben gewohnt ist. Ein besonderes Highlight war die Harmonie zwischen Julia Neigel und Toni Krahl, die souverän durch das Programm führten und mit ihren Interpretationen beeindruckten. Besonders spürbar - fast schon unübersehbar - war Toni Krahls Freude über sein Comeback aus dem Vorruhestand, was das Publikum zusätzlich mitriss. Der Mann hat eben auch mit 75 noch Bock auf Rock'n Roll. Die ausgewählten Songs passten hervorragend zu den beiden Stimmen und sorgten für eine runde, abwechslungsreiche Show. Doch dazu gleich mehr …
Die Plätze auf der Bühne waren fest zugewiesen, und daran änderte sich auch lange Zeit nichts. Zentral vorne in der Mitte standen (bzw. saßen) die Sängerin Julia Neigel und Sänger Toni Krahl. Links außen war Uwe Hassbecker (Gitarre, Geige) positioniert, dahinter sein Sohn Daniel (Cello, Akkordeon, Keyboard). Neben ihnen spielte Schlagzeuger Ronny Dehn, direkt daneben befanden sich Bassist Jacki Reznicek und ganz rechts außen der Keyboarder Ritchie Barton. Jeder Musiker hatte seinen festen Platz, den er fast während des gesamten Auftritts beibehielt, und auf dem er sich auf seinen Part konzentrierte. Während des Konzerts kam und ging lediglich das Personal am Mikrophon auf oder von der Bühne - je nachdem wer gerade an der Reihe war. Den Großteil der Zeit verbrachten sie aber gemeinsam im Zentrum des Geschehens. Richtig Bewegung in die Sache kam dann allerdings kurz vor Schluss beim Song "S.O.S.", als Julia Neigel und Toni Krahl die Musiker der Band vorstellten. Dabei verließ dann auch Jacki Reznicek endlich mal sein Podest und wagte einen Ausflug quer über die Bühne. Das war auch gut so, denn was wäre ein SILLY-Konzert ohne eins dieser grandiosen Ausflüge des Bassprofessors an die Bühnenkante? Genau. Unvollständig! Jäcki kredenzte uns dann auch ein lecker Solo auf seinem vier-seitigen Arbeitsgerät und wieder Mal blieb festzustellen, dass an ihm auch ein guter Skispringer verloren gegangen zu sein scheint. Kein anderer Bassist setzt so ausgezeichnete Telemarks auf die Bretter. Ein Jens Weißflog dürfte neidisch werden …
Das Programm war wieder einmal etwas Besonderes, denn die Band präsentierte Auszüge ihres Œuvres in akustischer Form. Weniger Strom - mehr unplugged-Sound. Dabei fiel die Auswahl der vorgetragenen Lieder besonders ins Auge, bzw. Ohr. So eröffnete man den Abend z.B. mit einer von mir schon sehr lange nicht mehr gehörten Nummer aus der Wendezeit, nämlich "Traumpaar". In dem noch von Tamara Danz getexteten Lied geht es um die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990. Mit geschickten Worten und einer ausgesprochen gut erzählten Geschichte wird dieses bedeutende Thema hier aufgegriffen - 35 Jahre nach dem Fall der Mauer kann man das ja auch mal wieder machen. Ich kann mich jedoch nicht mehr erinnern, wann ich das Lied zuletzt live gehört habe - und in dieser Form war das auf jeden Fall eine Premiere. Wie viele andere Titel an dem Abend auch.
Einige Stücke stammten aus den Alben, die noch Anna Loos eingesungen hatte, z.B. gleich der zweite Song im Set, nämlich "Ich sag nicht ja" oder die später noch folgenden Titel "Verkehrte Welt", "Nackter als Du", "Mein Kapitän", "Die Welt wird hell sein", "Vaterland" und natürlich ihr "Comeback-Klopper" aus dem Jahre 2010, "Alles rot". Anna-Loos-Fans mögen es mir verzeihen, aber so ist nun mal mein Geschmack. Die Lieder, die sie einst gesungen hat, wurden hier in Leipzig sowohl von Julia Neigel als auch von Toni Krahl auf eine ganz besondere Art und Weise vorgetragen, die mir besser gefiel als bei den Studioversionen. Aber das ist ja nur eine Geschmacksfrage … Zwischen den Titeln jüngeren Datums waren geschickt die großen Nummern aus der Zeit mit der schon erwähnten Tamara Danz als Sängerin gesetzt. "S.O.S." und der Opener "Traumpaar" hatte ich ja schon genannt, aber auch die Lieder, die einfach nicht fehlen dürfen, wie z.B. "Mont Klamott", "Bataillon d'amour", "Die wilde Mathilde", "So ´ne kleine Frau" und "Asyl im Paradies" gab es in stromloser Qualität zu hören. Mit Zugaben waren es insgesamt 23 Lieder, die uns SILLY in knapp zwei Stunden schenkten.
Auch technisch wusste das Konzert zu überzeugen: Die Lichtshow war spektakulär und zeigte, wieviel mit moderner Technik für's Auge möglich ist. Wenn ein Musikant einen besonderen Moment am Abend hatte, wurde er mit einem Spot ins rechte Licht gerückt, während die anderen lichttechnisch etwas in den Hintergrund traten. So geht es ja auch, wenn viel Bewegung wegen der veränderten Dramaturgie im Vergleich zu einem Rockkonzert nicht möglich ist … Der Aufwand war beeindruckend und setzte die Musiker stimmungsvoll in Szene. Doch das absolute Highlight war der perfekte Sound. Dank der hervorragenden Akustik des Gewandhauses erlebten die Besucher jeden Ton kristallklar - ein Genuss, der selbst anspruchsvolle Hörer begeisterte. Einmal mehr möchte ich in diesem Zusammenhang die hervorragende Leistung der beiden Stimmen hervorheben - das war wirklich großartig! All die Lieder, die vorgetragen wurden, sind ja ursprünglich von bzw. für andere Sängerinnen geschrieben worden. In Leipzig wurde man aber nie den Eindruck los, als seien sie Juilia Neigel und Toni Krahl auf den Leib geschrieben worden. Es passte einfach perfekt, wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Julia Nigels Stimme ist einfach zum Niederknien gut, und auch Toni Krahl verleiht den von ihm gesungenen Nummern von SILLY eine besondere Würze, die das Ganze nochmal auf ein anderes Level hebt. Das macht richtig Spaß, das sorgt für gute Laune! Schade nur, dass Toni nach dieser Tour sehr wahrscheinlich wieder bei SILLY aussteigen und dann der älteste Newcomer der Republik mit eigener Kapelle werden wird. Naja, wer in dem Alter jetzt zu Weihnachten sein Schauspiel-Debüt geben kann ("In aller Freundschaft"), der darf ruhig auch endlich mal eine Solo-Karriere starten ??
Die Stimmung im Saal spiegelte das perfekte Zusammenspiel von Band und Publikum wider. Es wurde gefeiert, gesungen und genossen, was den Abend zu einem unvergesslichen Erlebnis machte. Auch der Fanclub trug seinen Teil dazu bei, dass dem so war. Einziger Wermutstropfen war die fehlende Autogrammstunde, die sich viele Fans gewünscht hätten, um diesen besonderen Abend noch persönlicher abzurunden. Aber Hey … wenn die Herrschaften von Deutsche Mugge nichts zum Meckern finden würden, wäre das ja kein Konzertbericht von Deutsche Mugge, nicht wahr? Insgesamt präsentierte sich SILLY in Höchstform und bewies einmal mehr, dass sie auch nach all den Jahren nichts von ihrer Magie verloren haben. Völlig egal, ob sie sich unter Strom setzen oder Lagerfeuerromantik versprühen wollen. Haut einfach hin! Leipzig (und sicher auch die anderen Muggen der Tour) war ein Konzert, das Maßstäbe setzte und die Herzen der Fans höher schlagen ließ. Danke an Band und Management, die es uns ermöglichten, über dieses Konzert zu berichten.
Setlist:
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Termine:
• 27.12.2024 - Hannover - Theater am Aegi
• 28.12.2024 - Magdeburg - AMO
• 29.12.2024 - Erfurt - Alte Oper
Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos auf der bandeigenen Homepage