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Ein Konzertbericht von Mario Lengtat und Fotos von Cordelia Lengtat




Bereits zum dritten Mal waren wir zu Gast bei Micks jüngstem Live-Projekt. Höchste Zeit, das Erlebte mal in Worte zu fassen. Wie üblich, vorweg ein paar Worte zur Location. Die Gaststätte selbst ist schon längere Zeit geschlossen. Seither bemüht sich der Verein Siedler Schlegelsberg e.V. rührig darum, den Ort inklusive Saal als Versammlungsraum und kulturelles und gesellschaftliches Zentrum der Siedlung mit eigenen Mitteln und Kräften zu erhalten. So fand dieses Konzert auch bereits wiederholt an exakt der gleichen Stelle statt. Und, wie zuletzt schon, war das Konzert auch diesmal wieder ausverkauft.


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Mick (Gesang, Gitarre) dürfte über den Bereich von Ost-Thüringen hinaus musikalisch kein Unbekannter sein. Wir (Cordelia & ich) haben ihn vor ca. 13 Jahren als Sänger von SALON WINTER kennengelernt. Außerdem ist er viele Jahre solo bzw. als Duo ACKI & MICK (mit Robert Ackermann am Saxophon) und als Gitarrist der Rolling-Stones-Tribute-Band TUMBLING DICE sowie Kopf von EXILE und des BBC (Blues Brothers Club) auf Achse. Die selbsternannte Selbsthilfegruppe BBC (Blues Brothers Club) ist schon seit einigen Jahren eine eingeschworene Truppe aus Freunden und ehemaligen Gitarrenschülern, bestehend aus René Gumpert (Gitarre, Cajon), Mr. Skepper (Gitarre, Harp), Dr. Thomas Böhmer (Keyboard) und Aurelius Kernbach (Drums). Für den guten Ton sorgte Axel Lorenz, für Musikfreunde auch kein unbekanntes Gesicht. Er kümmert sich z.B. regelmäßig um den Klang z.B. bei den 3Highligen und deren Solokünstlern André Herzberg, Dirk Michaelis und Dirk Zöllner sowie Hans-Werner Olm. Aktuell tourt er mit Jeanette Biedermann.

Der Abend stand unter dem Motto: "Blues & Rock'n'Roll auf dem Schlegelsberg". Es lag also - auch bei den sonstigen musikalischen Projekten - nahe, den Abend mit einem Song einer der größten Blues & Rock'n'Roll-Bands aller Zeiten zu beginnen: "Dead Flowers" von den ROLLING STONES. Danach gab es für die Gäste, die musikalisch in den Achtzigern aufgewachsen sind, schon eine kleine Überraschung: Der größte Hit der New-Wave und Gothic-Rock-Band JOY DIVISION namens "Love Will Tear Us Apart" wurde in einer gitarrenlastig bluesigen Version präsentiert. Und weiter ging es blues-rockig-soulig mit "Miss You" , wiederum von den ROLLING STONES. Ich denke, man konnte der Band schon zu diesem Zeitpunkt gut anmerken, dass sie sich auf ihrem Terrain bewegten. Dafür, dass die Truppe relativ selten öffentlich auftritt, strahlte sie eine ziemliche Gelassenheit aus, vorneweg neben Mick als Frontmann der sanfte Motor am Schlagzeug.

Was mich immer wieder besonders freut - vor Allem wenn man die Musiker auch ein bisschen persönlich kennt - dass auch eigenes Material präsentiert wird. In den vor allem für Künstler finstersten Corona-Zeiten ist mit "Unbekannt verzogen" eine eigene CD von Mick entstanden, die bemerkenswerte Besonderheiten aufweist: Zum Einen enthält die Scheibe neben zwei Coverversionen insgesamt acht eigene Songs, die der düsteren Situation mit ausschließlich positiven Gedanken trotzen. Außerdem finde ich es extrem spannend, dass die Texte nicht nur von Mick selbst geschrieben wurden, sondern jedes Bandmitglied und gute Freunde jeweils Material für einen Song beigesteuert haben. Wer sich etwas mehr für das Album interessiert, kann bei www.deutsche-mugge.de meine Rezension hierzu finden. (Rezension siehe HIER)


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Als erstes eigenes Stück wurde der Titelsong "Unbekannt verzogen" gespielt. Gewidmet ist der Song dem leider viel zu früh verstorbenen Mit-Inhaber eines Musikclubs. Der Song geht ordentlich nach vorn und beschreibt den Abschied mit schönen Erinnerungsfetzen: "unbekannt verzogen, abgehoben, weggeflogen". Als nächstes wurde ein gutes Beispiel für das Teamwork der Band präsentiert: "Maggie" ist ebenfalls ein eigener Song. Hier stammt nicht nur die Textidee von Mr. Skepper. Er spielte auch das markante Bluesriff im Stile von SEASICK STEVE auf einer Dobro und übernahm wesentliche Teile des Gesangsparts. Und schon ging es schön stampf-bluesig weiter, für meine Ohren diesmal durchaus überraschend. Ich bilde mir ja schon ein, von den Helden meiner musikalischen Vorlieben ziemlich viel zu kennen. Ich finde es dennoch erfreulich, wenn man ab und an doch noch Unbekanntes entdecken darf. So geschehen mit dem Song "Mothers Of The Disappeared" von U2. Das mir bislang unbekannte Original ist ein eher ruhiger Song, hier wurde es mit einer schicken stampfenden Bluesnote versehen. Im nächsten rockigen Song "I Don't Want A Lover" von TEXAS zeigte sich für mich auch klar die musikalische Weiterentwicklung der Band. Leitwolf Mick beschränkte sich rein auf den Gesangspart und das Harp-Solo; ansonsten durften sich die Jungs austoben. Mit dem nächsten eigenen Song "Im Garten" (Text aus der Feder von Karsten Dobrick) verabschiedete sich die Band etwas sanfter im 6/8-Takt in die Pause. Auch hier lohnt es sich, auf den Text zu hören; eine meiner Lieblingszeilen lautet: "Ich glaube, ich muss mich beim Leben bedanken".

Nach der Pause gings zurück in die 80er Jahre: IDEALs NDW-Hit "Blaue Augen" wurde in einer dem Motto des Abends entsprechenden angebluesten Fassung präsentiert mit der abschließenden Feststellung, dass zum Glück keiner von uns normal ist, weil es schließlich nichts Langweiligeres als Normal gibt. Dann durfte das Schlagzeug wieder losrocken bei "Der Felsen", ein weiterer eigener Song, diesmal geschrieben eben vom Schlagzeuger Aurelius. Die Sprache ist von Dankbarkeit an einen menschlichen "Felsen" geprägt, den man Jedem nur wünschen kann: "denn diese Hand, die tut mir gut". Dabei konnte auch René als regelmäßiger Rhythmusgitarrist seine zusätzlichen Fähigkeiten an der Harp in einem Solo präsentieren. Musikalisch erinnert mich der Song immer wieder stark an den typischen SELIG-Sound.


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Anschließend war Thomas' Textbeitrag "Im Chor" an der Reihe. Der einzige Song des Abends, bei dem eine Bassgitarre, gespielt von Mick, zum Einsatz kam. Im Übrigen wird der Basspart - was ich so auch nicht wirklich kannte - regelmäßig von Thomas' linker Hand am Keyboard übernommen. Der Titel ist ein schön sanft dahinswingendes Stück. Die Grundstimmung erinnert ein wenig an CHRIS REAs "Fool (If You Think It's Over)". Dann war mit BOB DYLANs Hit "It's All Over Now, Baby Blue" wieder ein Klassiker dran, natürlich im Stile des VAN-MORRISON-Covers, klingt ja auch bissel wie die STONES.

Als letzter eigener Song wurde mit "Teil meiner Liebe" Renès Textmitarbeit präsentiert, ein musikalisch etwas düstereres Stück darüber, dass zur Liebe manchmal auch weniger schöne Momente gehören und dennoch "Ich bin ein Teil von dir. Du bist ein Teil von mir". Und dann war es Zeit für einen absoluten Meilenstein der Musikgeschichte - das Hammerstück der THE DOORS: "Riders On The Storm". An so ein Teil muss man sich erstmal heranwagen. Und das nicht nur, weil es musikalisch ziemlich anspruchsvoll ist, sondern auch, weil es für das Empfinden jüngerer Ohren ziemlich ungewohnt daher kommt. Vor Allem Thomas' Tastenspiel ließ das Publikum in die psychedelische Welt der 60er Jahre eintauchen und das gefühlt mindestens zehn Minuten lang. Großes Kino!

Anschließend wurde es nochmal etwas nachdenklicher. Mr. Skepper widmete in der Ansage den folgenden Song seinem kürzlich erlittenen Verlust. Es handelte sich dabei um "Weißes Schiff", ein eher weniger bekanntes Lied von NENA. Sowohl vom Gesang als auch vom Spiel der Band her hatte ich ab und an das Gefühl, TONI KRAHL mit den Jungs von CITY zu hören. Nun begrüßte die Band mit Uwe Kühn einen der renommiertesten Gitarrenlehrer von Jena und langjährigen Musiker als Gast. Wir hatten ihn schon mit seinem Projekt STRINGWOOD live erleben dürfen. Darüber hinaus ist er seit vielen Jahren z.B. mit der FOX TOWER BLUEGRASS BAND, der ROCK-COMPANY oder auch AD LIBITUM im In- und Ausland erfolgreich. Uwe übernahm bei den folgenden Stücken im Wechsel mit Mick die Leadgitarre und die dazugehörigen Soli.


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Bevor es weiterging, dankte Mick dem Techniker Axel, ohne den natürlich gar nichts gegangen wäre. Außerdem sei Axel dafür verantwortlich, dass das nächste Stück überhaupt gespielt werden konnte. Mick erklärte, dass er vor ca. 10 Jahren geäußert hatte, den Song gern mal zu spielen, aber zu viel Respekt sowohl vor dem Lied als auch vor dem Künstler als einem seiner absoluten Helden zu haben. Die einzig richtige Antwort von Axel damals: "Mach es einfach!". Gut so. Daher gab es als nächstes "Heroes" von DAVID BOWIE. Und - sorry an alle Künstler inklusive der Namhafteren, die sich an dem Song versucht haben, und den Meister himself - die von Mick gesungene Version ist für mich immer wieder die mit Abstand Beste, die ich je gehört habe. Zum Abschluss des Abends folgten noch zwei Nummern der ROLLING STONES. Einerseits die "Wild Horses", für meinen Geschmack angelehnt an die herrlich ungeschminkte Aufnahme des "Stripped"-Albums. Und dann natürlich zur Krönung mit Widmung an Micks Mutti, die wie meistens persönlich anwesend war, "Honky Tonk Woman". Neben den Gitarren fiel hier Mr. Skepper an der Cowbell auf. Damit ging ein zwar naturgemäß durchaus STONES-lastiger, aber aufgrund der eigenen Titel und der sonstigen Musikauswahl insgesamt doch sehr abwechslungsreicher Abend seinem Ende entgegen. Als Zugabe gabs nochmal eine musikalische Überraschung: den Schlusssong bildete ALPHAVILLEs Hymne "Forever Young", aber eben wieder in einer gitarrigen Fassung und damit natürlich auch ungewohnt bluesig.

Das Publikum war hochzufrieden und quittierte dies auch mit dem Kauf der bereit gehaltenen CD. Diese kann im Übrigen bei Medicom Music (siehe HIER) erworben und bei allen gängigen Streamingdiensten geladen werden. Live wird man die Band wohl erst im nächsten Jahr wieder erleben können, wenn meine Infos stimmen. Fürs Erste: Danke Jungs für den herrlichen Abend und Capeau!

 
Setlist:
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