000 20241021 1352469711
001 20241021 1169565783
Berlin | Max-Schmeling-Halle | 19. Oktober 2024

Ein Konzertbericht mit Fotos von Reinhard Baer. Foto oben: Jim Rakete



Wiedermal reiste ich in unsere schöne Hauptstadt, stellte mein Auto auf den Parkplatz am S-Bahnhof Treptow ab und fuhr dann mit der Bahn in die Schönhauser Alle. Ein kleiner Fußmarsch und ich stand vor der Max-Schmeling-Halle, wo schon viele Leute auf den Einlass warteten. Manch Urlaubsreise läuft entspannter ab, als eine Fahrt nach Berlin. Aber was nimmt man nicht alles in Kauf, wenn man lebende Legenden sehen und hörn darf? Ich durfte am Samstag ein Konzert von DEEP PURPLE besuchen und hatte sogar die Erlaubnis, bei den ersten drei Titeln direkt vor der Bühne zu fotografieren. Da wäre ich auch mit dem Fahrrad hin gefahren … Meine "Papiere", sprich meine Eintrittskarte und die Fotoerlaubnis - ein runder Aufkleber, den ich irgendwie sichtbar an mir anbringen sollte - bekam ich an einer der Kassen vor der Halle. Fünfzehn Minuten vor Konzertbeginn holte ein Mitarbeiter des Veranstalters uns akkreditierten Fotografen ab und führte uns durch die Gänge der Halle bis direkt vor die Bühne. Ein interessanter und auch spannender Ablauf, wenn man sonst nur als "normaler" Fan vor der Bühne steht … Auch das war den Stress der Anreise wert.


002 20241021 1196200747



Bei Bands wie DEEP PURPLE gibt es natürlich eine Vorgruppe und diese hieß an diesem Abend JEFFERSON STARSHIP. Diese Band wurde 1974 gegründet, besteht also seit fünfzig Jahren, und wurde damals eigentlich nur als "Nebenprojekt" von Mitgliedern der Gruppe JEFFERSON AIRPLANE an den Start gebracht. In den fünfzig Jahren haben viele Musiker in der Band mitgespielt und heute ist David Freiberg (git, voc) das einzige Gründungsmitglied, welches noch dazu gehört. David Freiberg (Gitarre) ist auf den Fotos der etwas ältere Mann mit den grauen Haaren und dem Pferdeschwanz. Mit ihm standen am Samstag Cathy Richardson (Gesang, Gitarre), Donny Baldwin (Schlagzeug), Jude Gold (Lead-Gitarre) und Chris Smith (Keyboards) auf der Bühne. Die Band spielte ihre Hits, die man gefühlt zwei- bis dreimal in der Woche im Radio hört, wie z.B. "Sara", "We Built This City" und "Nothing's Gonna Stop Us Now", und auch von JEFFERSON AIRPLANE befanden sich Stücke wie "Somebody To Love" und "White Rabbit", und damit Songs, die JEFFERSON AIRPLANE beim Festival in Woodstock spielten, auf der Setlist. Etwas über eine halbe Stunde war JEFFERSON STARSHIP (die sich auch mal eine Weile einfach nur STARSHIP nannten) auf der Bühne zu erleben, danach war das Vorprogramm beendet und der Umbau auf der Bühne angesagt. Dieses Vorprogramm war tatsächlich etwas Besonderes, denn JEFFERSON STARSHIP ist selbst inzwischen schon eine Legende und handwerklich ebenfalls aus dem oberen Regal!

Etwa gegen 20.45 Uhr war es dann soweit. Die Fotografen, bei denen inzwischen noch einige dazu gekommen waren, warteten darauf vor die Bühne gelassen zu werden. Ich hatte den Blick genau zum Bühnenaufgang und sah, wie Keyboarder Don Airey und Schlagzeuger Ian Paice die Treppe zur Bühne hochgingen. Sie blieben aber hinter den Lautsprechern für's Publikum unsichtbar. Ich sah die beiden in etwa 8 bis 10 Metern Entfernung und einen Moment dachte ich so, "Die sind aber auch nicht größer als ich". Warum sollten sie auch? Sie sind zwar die Stars des Abends, aber nur Menschen wie wir anderen auch. Ich hatte den Gedanken noch im Kopf, da erklang aus den Lautsprechern laute Musik - sowas wie eine Hymne mit Trompeten oder Fanfaren. Das sollte uns wohl sagen, "Passt mal auf, wer da jetzt kommt". Im Stadion nennt man sowas "Einlaufmusik". Dann setzten auch schon die Hammondorgel und der Bass ein, und die Herren von DEEP PURPLE begannen mit dem Stück "Highwaystar", dem Opener ihres 1972er Albums "Maschine Head", ihr Programm.

Die Fotografen waren längst vor der Bühne und die Kameras klickten. Die Zeit "im Graben" musste genutzt werden, damit man eine möglichst große Auswahl an schönen Fotos schießen konnte, denn nach dem dritten Song, "Into The Fire" vom 1970er Album "Deep Purple in Rock", mussten wir den Platz vor der Bühne wieder räumen - so war es abgemacht. Während die anderen Fotografen aus der Halle geleitet wurden, begab ich mich in den Publikumsbereich, denn mein "Dienst" war noch nicht beendet. Da ich Euch ja nicht nur in Bildern berichten wollte, hatte ich auch noch eine Akkreditierung als Schreiber, und nahm nun meinen Platz im Saal ein. Von dort hatte ich beste Sicht auf's Geschehen und was ich sah (und hörte) war exzellent …


003 20241021 1127061486
Das aktuelle Album von DEEP PURPLE, "=1"



DEEP PURPLE haben seit Juli ein neues Album auf dem Markt. Es trägt den schlichten Titel "=1" (ausgesprochen Equal One). Ein weißes Album, wie es auch schon THE BEATLES und THE ROLLING STONES veröffentlicht haben. Das Video zum darauf befindlichen Titel "Lazy Sod" kann man z. B. auf Youtube sehen und hören, und auch in der Max-Schmeling-Halle war das an diesem Abend über die Videoleinwand möglich. Viele schienen den Song auch schon zu kennen, denn es wurde ordentlich mitgefeiert und gesungen. Originell war auch die Performance zum Titel "Lazy". Keyboarder Don Airley spielte und improvisierte die Einleitung auf seinen Keyboards, hörte dann auf zu spielen, aber die Keyboards spielten trotzdem ohne sein Zutun weiter. Es kam ein Kellner mit einem Tablett, darauf eine Flasche Wein, und schenkte Don davon ein Glas ein. Don nahm das Glas, trank davon, und spielte dann einfach weiter. Später klimperte er noch eine ganze Weile alles Mögliche auf seinen Tasten - auch die Melodie zu "Berliner Luft" war dabei. Passend zum Veranstaltungsort. Im Saal war eine prima Stimmung, die von den eben beschriebenen Spielchen und anderen gezielt gesetzten Effekten noch zusätzlich angeheizt wurden. Mit Hits wie "Space Trackin'", "Anya" vom Album "The Battle Rages On" oder der Single-Rückseite "When A Blind Man Cries" spielten sich die Musiker von DEEP PURPLE dem Ende ihres Konzerts entgegen.

Sänger Ian Gillan ist noch immer gut bei Stimme, doch Stücke wie "Child In Time" wird man von ihm sicherlich nicht mehr hören. Der Frontmann beging kürzlich seinen 79. Geburtstag. Noch nicht ganz 79 Jahre alt ist der Bassist Roger Glover. Er spielt noch immer souverän seinen Bass, gräbt sich mit seinen Grooves gekonnt in die Magengrube seiner Zuhörer und macht dazu stets ein freundliches Gesicht. Schlagzeuger Ian Paice ist seit der Gründung von DEEP PURPLE 1968 durchgehend dabei und hat auch bei der Produktion aller Tonträger der Band am Schlagzeug gesessen. Er ist noch "relativ" jung, denn erst 1948 geboren. Gleichen Jahrgangs ist Keyboarder Don Airey. Das Durchschnittsalter in der Band ist vor zwei Jahren erheblich gesunken, denn für den langjährigen Gitarristen Steve Morse, der wegen der schweren Erkrankung seiner Ehefrau aus der Band ausstieg, kam Simon McBride als neuer Gitarrist dazu. Simon erblickte erst 1979 in Belfast/Nordirland das Licht der Welt und das zu einer Zeit, als DEEP PURPLE schon diverse Höhenflüge hinter sich hatte. Mit seinem Spiel auf der Gitarre steht er seinen Vorgängern in nichts nach, davon konnte man sich am letzten Samstag überzeugen und begeistern lassen. Mit dem Riff zu "Smoke On The Water" deutete er dann auch in Berlin an, dass er ein Gewinn für die Band ist, allerdings auch, dass das Konzert damit zu Ende ging. Der Titel wurde gespielt und die fünf Musiker verabschiedeten sich von der Bühne. Sie kamen nach einsetzendem, lautem Beifall aber für eine Extrarunde sofort wieder zurück nach vorn. Drei Titel gab es noch obendrauf, u. a. vom allerersten Album von DEEP PURPLE aus dem Jahre 1968 den Song "Hush". Das Album hatte damals mehrere Coverversionen, so von THE BEATLES "Help" und von Jimi Hendrix "Hey Joe". "Hush" hatte ein amerikanischer Liedermacher namens Joe South geschrieben, gesungen wurde er im Original von einem gewissen BILLIE JOE ROYAL. Nach "Hush" kam noch "Black Night", ein Anfang der 70er Jahre (da war ich gerade bei der Fahne, wo man sowas nicht hören durfte - ich kannte es aber trotzdem) als Single herausgebrachter Titel. Im Anschluss ging in der Max-Schmeling-Halle das Licht an und es dauerte eine Weile bis alle draußen waren. Viele waren noch in Gesprächen vertieft und das eben Erlebte bereits auswertend.


004 20241021 1476965473



Das war für mich das dritte Mal, dass ich ein DEEP PURPLE-Konzert besucht habe. Es hat sich wieder einmal gelohnt nach Berlin zu fahren, denn ich konnte am Samstag noch einmal die lebende Legende DEEP PURPLE erleben. Das inzwischen fortgeschrittene Alter merkt man den in Ehren ergrauten Herren nicht an und man kann sich echt freuen, dass man sie noch immer live erleben darf. Bei einer solchen Mugge darf gern auch mal das jüngere Publikum vorstellig werden um sich mal von fachkundiger Stelle zeigen zu lassen, wie richtiger Rock'n Roll geht ;-) ich war zu später Stunde dann aber trotzdem froh, als ich die Großstadt wieder hinter mir lassen durfte, denn die Anreise zu Muggen in der Hauptstadt wird immer mühseliger. Aber "auf'm platten Land" wird man Größen wie DEEP PURPLE wohl eher nicht antreffen …

 


 


   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2025)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.