Ein Konzertbericht von Dirk Sprungala mit Fotos
von Karla Kotzsch & Hans-Joachim Lingelbach
Es ist kurz vor 20.00 Uhr an einem Donnerstag im Juni. Ich warte gespannt auf das Intro zu "Abysses", dem Opener des neuen Hammer-Albums "Back To Life" von Leipzigs Prog-Metal-Institution Factory Of Art. Mit mir warten unzählige Fans und Freunde der großartigen Rocker im Publikum, das den Saal des Leipziger Metalclubs Hellraiser fast komplett füllt. Nun wird mir auch klar, warum die Jungs ihre Veröffentlichungsparty an einem Donnerstag durchziehen: ich entdecke unter den Anwesenden eine nicht geringe Zahl an Musikern. Alte Weggefährten der Band, Freunde aus dem Leipziger Musikkosmos und von weiter angereiste. Ein Großteil von ihnen hätte an einem Wochenende wohl selber auf der Bühne gestanden. Irgendwie habe ich das Gefühl, 30 Jahre in der Zeit zurückgefahren zu sein. Die Leute tragen dieselben Insignien des Metal-Kults auf ihren Kutten, haben dieselben finsteren Rockermienen aufgesetzt und werden später auch die Fäuste im Takt nach oben strecken. Ganz so, wie es damals war, als Factory Of Art DIE Hoffnung des deutschen Prog-Metals waren.
Action (Foto: Hans-Joachim Lingelbach)
Schon vor der Show, im Backstage, ist zu sehen, was die Magie dieser Band ausmacht: sie sind nicht nur Mitmusiker sondern Freunde, fast schon Familie. Liebevoll wird sich um die Musiker gekümmert, die geladenen Gäste fühlen sich sofort, als gehörten sie schon lange zum Inventar und die Professionalität, mit der die Band, aber auch ihre Helfer, arbeiten, ist überall zu spüren. Hier passen alle Puzzleteile perfekt zusammen, vom Musiker über die Techniker, bis hin zum Merchandise. Auf der Bühne taucht plötzlich eine Leipziger Ikone auf: Tonelli, legendärer Musiker und Aushängeschild des Leipziger Kult-Liveclubs mit gleichem Namen, kündigt Factory Of Art an. Und dann vernehme ich sie auch schon, die Stimme von Sänger Petri, der die Show mit dem "Abysses"-Intro einläutet. Die Gitarre von Thoralf zerschneidet die kurz entstandene Stille und dann bricht auch schon der erste Siebenminüter über die Anwesenden herein. Nichts ist zu hören davon, dass die Factorys eine rund zwanzigjährige Bandpause eingelegt hatten. Sie rocken die Bude schon mit dem ersten Stück, als wäre es der einzige Song des Abends. Alles drin, was man als Prog-Fan sucht: Power, Härte, melodiöse und laute Gitarren und Gesangslinien und natürlich Drums und Bass vom ProgStern. Der schier übermächtige Basser Ron steht an der Bühnenseite wie ein Hochhaus und groovt die Truppe ein. Thoralf spielt, dass man manchmal schaut, ob irgendwo ein zweiter Gitarrist versteckt ist, während Petri mit growligem, klarem und auch kreischendem Gesang überzeugt, so dass man meinen könnte, der erste Gesangsgast hätte die Bühne bereits betreten und einen Teil übernommen. Getrieben werden die Jungs von Ralle an den Drums, der bereits im Opener alles gibt und uns zeigt, wo der Prog die Breaks hat. Und um das alles so richtig fett zu machen, liefert Keyboarder Gunter den passenden Soundteppich. Nach einem solchen Song fragt man sich natürlich, was da noch kommen kann.
Foto: Karla Kotzsch
Na zum Beispiel ein Gast. Patrick Franken, der auch auf dem Album mit seinen Growls in "Burning Wings" rockt, betritt die Bühne. Ein Kerl wie ein Baum, neben dem Sänger Petri wie ein Vorschulkind wirkt. Und aus diesem Schrank kommen natürlich auch die bösesten Töne. Death Metal-Growls aus der Hölle! Danach wird es wuselig on stage: für "Blessing In Disguise" (die erste Singleauskopplung des Albums) und "Silent Room" entern fünf Herren in Factory Of Art-Band-Shirts die Bühne. Amarcord ist ein Gesangsensemble, das meist A-Cappella unterwegs ist und sich, vornehmlich im klassischen Musikbereich, weltweit einen Namen gemacht hat. Schon auf dem Album prägen die Fünf mit ihren mystischen Chören die beiden Titel, live macht das alles noch einmal ein wenig mehr Spaß. Zumal man den Jungs auch die ganze Zeit anmerkt, dass es ihnen diebische Freude zu machen scheint, mal in einem anderen Genre zu wildern. Und mit dem Podest in der Mitte der Bühne haben sie sowieso den erhabensten Platz des Abends spendiert bekommen. Überflüssig zu erwähnen, dass die Factory-Jungs spielen, als wäre dies bereits das einhundertste und nicht das erste Konzert mit den neuen Stücken. Und sie haben sich für die Growls in "Blessing In Disguise", für die auf dem Album Sänger Petri selbst verantwortlich zeichnet, einen weiteren Musikerkollegen eingeladen: Asis Nasseri von den Folk-Metallern Haggard strapaziert hier spontan seine Stimmbänder.
Frontmann Petri (Foto: Karla Kotzsch)
An dieser Stelle mal zwischendurch ein Lob an die Technik: auch wenn Heavy Metal-Konzerte natürlich laut sein müssen, habe ich an diesem Abend niemals Angst um mein Gehör. Der Sound ist zwar nicht mehr ganz so transparent, wie noch beim Soundcheck, aber das ist wohl dem sehr gut gefüllten Auditorium zu schulden. Die Lichtshow, zwar einfach gehalten, untermalt das Ganze mit den passenden Effekten, lediglich die Nebelmaschinen hätten sich im hinteren Bühnenbereich besser gemacht. Und dann kommt auch schon mein Lieblingsstück der aktuellen Scheibe. "Walking To The Place I Love" rollt genauso getragen heavy aus den Boxen, wie auf dem CD-Silberling und trägt einen musikalisch durch den Raum, bevor man bei "Face Behind The Mask" die Metal-Matte schwingen möchte. "Decadence" bietet wiederum ganze siebeneinhalb Minuten feinsten Prog-Metal, der durch Gastsängerin Stephanie Brill (Ex-Scarlet Rose) nicht nur optisch aufgehübscht wird. Mit viel Platz für ihre Power-Stimme, die sie schon mal zu Deutschlands "Rocksängerin des Jahres" gemacht hat, liefert sich die Brill, wie auch auf dem Album, ein stimmliches Duell mit Petri, dem es sichtlich Spaß macht, gemeinsam mit den 180 Zentimetern geballter Frauenpower auf der Bühne zu stehen. Mit dem Brecher "The Truth" und einem spontanen Auftritt von Patrick Franken an den Growls geht's weiter, bevor "Behind The Lights" und "Back To Live" den offiziellen Teil des Abends beschließen.
Amarcord (Foto: Karla Kotzsch)
Doch auch an die Fans der ersten Stunde haben Factory Of Art natürlich gedacht und für die Zugabe gleich drei ältere Stücke vorbereitet. Für "Silent Crying" kehrt noch einmal Stephanie Brill auf die Bühne zurück, die es gemeinsam mit Petri und Gunter gesanglich kulminieren lässt. Dass Sänger Petri Klargesang, Metal-Shouts und auch Growls beherrscht, hatte ich ja bereits geschrieben. Dass die Factorys in Gunter einen weiteren begnadeten Sänger in ihren Reihen haben, muss spätestens hier mal erwähnt werden. Gerade die höheren, im Prog unerlässlichen, Gesangsteile beherrscht der Keyboarder, der ansonsten auch durch das extrovertierte Mitwippen hinter seinem Instrument auffällt, auf's Beste. Stark!
Mit "Story Of Pain" präsentiert uns die Truppe noch ihren "kleinen Hit" von damals und das abschließende "Wings Of Destiny" beendet einen saustarken Abend mit einer saustarken Band in einem coolen Metalclub in der Stadt der Revolution. In dieser Form sind die Factorys in der Lage, jeden Headliner an die Wand zu spielen, wenn der Techniker es ihnen erlaubt. Muss ich erwähnen, dass die Jungs sich nach dem Gig natürlich unter die Fans begaben, Autogramme schrieben, und sich ausgiebig mit den Anwesenden unterhielten? Ich erlebte hier ein hochprofessionelles und -emotionales Konzert, dass die Auferstehung einer der besten deutschen Prog-Metal-Kapellen in allen Einzelheiten beschrieb. Saustark, vor allem, wenn man bedenkt, dass Factory Of Art das alles ohne eine zahlungskräftige Plattenfirma im Background auf die Beine gestellt haben. Frei nach dem Motto: wenn schon, dann auch richtig. Ich gratuliere und kann allen Rockfans nur empfehlen, sich die CD oder das Doppel-Vinyl zuzulegen, das man über den Bandshop erwerben kann. Und natürlich die Konzerte der Truppe zu besuchen.
Action (Foto: Hans-Joachim Lingelbach)
Schon vor der Show, im Backstage, ist zu sehen, was die Magie dieser Band ausmacht: sie sind nicht nur Mitmusiker sondern Freunde, fast schon Familie. Liebevoll wird sich um die Musiker gekümmert, die geladenen Gäste fühlen sich sofort, als gehörten sie schon lange zum Inventar und die Professionalität, mit der die Band, aber auch ihre Helfer, arbeiten, ist überall zu spüren. Hier passen alle Puzzleteile perfekt zusammen, vom Musiker über die Techniker, bis hin zum Merchandise. Auf der Bühne taucht plötzlich eine Leipziger Ikone auf: Tonelli, legendärer Musiker und Aushängeschild des Leipziger Kult-Liveclubs mit gleichem Namen, kündigt Factory Of Art an. Und dann vernehme ich sie auch schon, die Stimme von Sänger Petri, der die Show mit dem "Abysses"-Intro einläutet. Die Gitarre von Thoralf zerschneidet die kurz entstandene Stille und dann bricht auch schon der erste Siebenminüter über die Anwesenden herein. Nichts ist zu hören davon, dass die Factorys eine rund zwanzigjährige Bandpause eingelegt hatten. Sie rocken die Bude schon mit dem ersten Stück, als wäre es der einzige Song des Abends. Alles drin, was man als Prog-Fan sucht: Power, Härte, melodiöse und laute Gitarren und Gesangslinien und natürlich Drums und Bass vom ProgStern. Der schier übermächtige Basser Ron steht an der Bühnenseite wie ein Hochhaus und groovt die Truppe ein. Thoralf spielt, dass man manchmal schaut, ob irgendwo ein zweiter Gitarrist versteckt ist, während Petri mit growligem, klarem und auch kreischendem Gesang überzeugt, so dass man meinen könnte, der erste Gesangsgast hätte die Bühne bereits betreten und einen Teil übernommen. Getrieben werden die Jungs von Ralle an den Drums, der bereits im Opener alles gibt und uns zeigt, wo der Prog die Breaks hat. Und um das alles so richtig fett zu machen, liefert Keyboarder Gunter den passenden Soundteppich. Nach einem solchen Song fragt man sich natürlich, was da noch kommen kann.
Foto: Karla Kotzsch
Na zum Beispiel ein Gast. Patrick Franken, der auch auf dem Album mit seinen Growls in "Burning Wings" rockt, betritt die Bühne. Ein Kerl wie ein Baum, neben dem Sänger Petri wie ein Vorschulkind wirkt. Und aus diesem Schrank kommen natürlich auch die bösesten Töne. Death Metal-Growls aus der Hölle! Danach wird es wuselig on stage: für "Blessing In Disguise" (die erste Singleauskopplung des Albums) und "Silent Room" entern fünf Herren in Factory Of Art-Band-Shirts die Bühne. Amarcord ist ein Gesangsensemble, das meist A-Cappella unterwegs ist und sich, vornehmlich im klassischen Musikbereich, weltweit einen Namen gemacht hat. Schon auf dem Album prägen die Fünf mit ihren mystischen Chören die beiden Titel, live macht das alles noch einmal ein wenig mehr Spaß. Zumal man den Jungs auch die ganze Zeit anmerkt, dass es ihnen diebische Freude zu machen scheint, mal in einem anderen Genre zu wildern. Und mit dem Podest in der Mitte der Bühne haben sie sowieso den erhabensten Platz des Abends spendiert bekommen. Überflüssig zu erwähnen, dass die Factory-Jungs spielen, als wäre dies bereits das einhundertste und nicht das erste Konzert mit den neuen Stücken. Und sie haben sich für die Growls in "Blessing In Disguise", für die auf dem Album Sänger Petri selbst verantwortlich zeichnet, einen weiteren Musikerkollegen eingeladen: Asis Nasseri von den Folk-Metallern Haggard strapaziert hier spontan seine Stimmbänder.
Frontmann Petri (Foto: Karla Kotzsch)
An dieser Stelle mal zwischendurch ein Lob an die Technik: auch wenn Heavy Metal-Konzerte natürlich laut sein müssen, habe ich an diesem Abend niemals Angst um mein Gehör. Der Sound ist zwar nicht mehr ganz so transparent, wie noch beim Soundcheck, aber das ist wohl dem sehr gut gefüllten Auditorium zu schulden. Die Lichtshow, zwar einfach gehalten, untermalt das Ganze mit den passenden Effekten, lediglich die Nebelmaschinen hätten sich im hinteren Bühnenbereich besser gemacht. Und dann kommt auch schon mein Lieblingsstück der aktuellen Scheibe. "Walking To The Place I Love" rollt genauso getragen heavy aus den Boxen, wie auf dem CD-Silberling und trägt einen musikalisch durch den Raum, bevor man bei "Face Behind The Mask" die Metal-Matte schwingen möchte. "Decadence" bietet wiederum ganze siebeneinhalb Minuten feinsten Prog-Metal, der durch Gastsängerin Stephanie Brill (Ex-Scarlet Rose) nicht nur optisch aufgehübscht wird. Mit viel Platz für ihre Power-Stimme, die sie schon mal zu Deutschlands "Rocksängerin des Jahres" gemacht hat, liefert sich die Brill, wie auch auf dem Album, ein stimmliches Duell mit Petri, dem es sichtlich Spaß macht, gemeinsam mit den 180 Zentimetern geballter Frauenpower auf der Bühne zu stehen. Mit dem Brecher "The Truth" und einem spontanen Auftritt von Patrick Franken an den Growls geht's weiter, bevor "Behind The Lights" und "Back To Live" den offiziellen Teil des Abends beschließen.
Amarcord (Foto: Karla Kotzsch)
Doch auch an die Fans der ersten Stunde haben Factory Of Art natürlich gedacht und für die Zugabe gleich drei ältere Stücke vorbereitet. Für "Silent Crying" kehrt noch einmal Stephanie Brill auf die Bühne zurück, die es gemeinsam mit Petri und Gunter gesanglich kulminieren lässt. Dass Sänger Petri Klargesang, Metal-Shouts und auch Growls beherrscht, hatte ich ja bereits geschrieben. Dass die Factorys in Gunter einen weiteren begnadeten Sänger in ihren Reihen haben, muss spätestens hier mal erwähnt werden. Gerade die höheren, im Prog unerlässlichen, Gesangsteile beherrscht der Keyboarder, der ansonsten auch durch das extrovertierte Mitwippen hinter seinem Instrument auffällt, auf's Beste. Stark!
Mit "Story Of Pain" präsentiert uns die Truppe noch ihren "kleinen Hit" von damals und das abschließende "Wings Of Destiny" beendet einen saustarken Abend mit einer saustarken Band in einem coolen Metalclub in der Stadt der Revolution. In dieser Form sind die Factorys in der Lage, jeden Headliner an die Wand zu spielen, wenn der Techniker es ihnen erlaubt. Muss ich erwähnen, dass die Jungs sich nach dem Gig natürlich unter die Fans begaben, Autogramme schrieben, und sich ausgiebig mit den Anwesenden unterhielten? Ich erlebte hier ein hochprofessionelles und -emotionales Konzert, dass die Auferstehung einer der besten deutschen Prog-Metal-Kapellen in allen Einzelheiten beschrieb. Saustark, vor allem, wenn man bedenkt, dass Factory Of Art das alles ohne eine zahlungskräftige Plattenfirma im Background auf die Beine gestellt haben. Frei nach dem Motto: wenn schon, dann auch richtig. Ich gratuliere und kann allen Rockfans nur empfehlen, sich die CD oder das Doppel-Vinyl zuzulegen, das man über den Bandshop erwerben kann. Und natürlich die Konzerte der Truppe zu besuchen.
Termine:
• 15.06.2024 - Gera - Rock am Teich
• 17.08.2024 - Leipzig - Anker (30 Jahre Joe's Company)
Alle Angaben ohne Gewähr! Nähere Infos auf der Homepage von Factory of Art.
• 15.06.2024 - Gera - Rock am Teich
• 17.08.2024 - Leipzig - Anker (30 Jahre Joe's Company)
Alle Angaben ohne Gewähr! Nähere Infos auf der Homepage von Factory of Art.
Fotostrecke:
Fotos von Hans-Joachim Lingelbach
Fotos von Hans-Joachim Lingelbach