Ein Bericht mit Fotos von Thorsten Murr
55 Jahre Modern Soul Band
Wieder eines dieser Jubiläumskonzerte, die einem zu denken geben: 55 Jahre! Ich war vier Jahre, als sich die MODERN SOUL BAND gegründet hat. Von der Erstbesetzung ist noch Gerhard "Hugo" Laartz dabei - als Gründer, musikalischer Kopf, Chef vom Ganzen und sowieso Herz und Seele dieser einzigartigen Combo, in der seit Bestehen so um die 50 Musikerinnen und Musiker mitgewirkt haben dürften.
Mit MSB kam einst die Soul-Musik zu mir
Die Modern Soul Band war und ist für mich eine dieser Institutionen, die quasi immer da waren, immer auf der Liste der Bands standen, die meinen musikalischen Geschmack nicht nur beeinflusst, sondern nachhaltig und vor allem unmittelbar geprägt haben. Bei MSB ist es sogar so, dass sie, als ich so um die 15 oder 16 war, mein Ohr für Soulmusik geöffnet haben. Das wiederum hatte mit dem Freund einer meiner älteren Cousinen zu tun, der als offizieller semiprofessioneller "Schallplattenunterhalter" so ziemlich alles in seiner Sammlung hatte, was Amiga damals herausgebracht hat. So auch das erste Album "Modern Soul Band", mit dem Foto einer beeindruckenden vergleichsweise großen Band auf dem Cover, und dann, 1979, das zweite Album, "Meeting", mit den Schaufensterpuppen. Diese Musik hat mich erreicht, und ich fand es zudem äußerst spannend und auch erstaunlich, dass es "eine Band von hier" war, die mir den Soul nahegebracht hat. Klar lernte ich auch die Musik der internationalen Größen des Genres kennen, aber MSB waren für mich immer mindestens genauso aufregend und in meiner Wahrnehmung sogar reizvoller, eben weil es "welche von uns" waren und sind, die da musizieren und weil es neben der starken Musik auch deutsche Texte gab und gibt.
Dirk Lorenz
Muss man einfach live erleben!
In den letzten rund 20 Jahren habe ich die Band etwa zehn oder zwölf Mal live erlebt. Auf großen Bühnen, etwa als Headliner beim "Jazz im Park" im Bürgerpark von Berlin-Pankow, auf mittleren Bühnen und auch auf ziemlich kleinen Bühnen, was mir irgendwie am besten in Erinnerung geblieben ist. Da waren mindestens zwei Gigs, 2011 und 2012, im legendären Café Garbáty, damals schon an seinem letzten Standort in der Pankower Mühlenstraße, wo diese große Band es schaffte, sich irgendwie auf dem kleinen Podium aufzustellen und dann den jeweils proppevollen Laden in Feuer zu setzen. "Hier brennt die Luft" war damals schon meine Headline der Konzertrezension für Deutsche Mugge - und exakt dieser Gedanke verbindet mich seitdem mit dieser Band.
Wieder brennt sofort die Luft
Heute nun also brennt und dampft es im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Hinterm Schlagzeug leuchtet das vertraute Bandlogo mit dem Herz in der Mitte. Schön, man fühlt sich gleich willkommen und am richtigen Ort. Die Mitte des Saales ist bestuhlt. Ok, da kann man bequem auf den Beginn des Konzertes warten. Etwas später, als die Show läuft sitzen dann nicht mehr so viele, denn fortgeschrittenes Alter hin oder her - diese Band ist nichts für Sitzenbleiber.
Jubiläumskonzerte sind immer besonders, meist schon im Line-up, in dem sich zur eigentlichen Band Gäste und ehemaliger Mitglieder gesellen. Zunächst eröffnet die Band in ihrer aktuellen Normalbesetzung - und schon sprühen die Funken. "Sunshine on my Road", "Rolling Man", "Alles auf Start" - hier geht es los, hier geht es ab, hier geht es vorwärts. Sofort ist vergessen, welches Jubiläum heute eigentlich gefeiert wird, denn alles kommt frisch und mit der gewohnt fetten MSB-Power von der Bühne herunter.
Gerhard "Hugo" Laartz
Jubilar Hugo Laartz
Vom Publikum aus links auf der Bühne, hinter seinen Tastenbrettern, thront der Chef, Gerhard "Hugo" Laartz. Als Bandgründer und Bandleader ist er der eigentliche Jubilar, aber als Hauptperson nimmt man ihn kaum wahr. Umso schöner ist es, dass er immer, wenn ich ihn mit der Kamera anvisiere, lächelt. Ich mag es sehr, wie er Keyboard spielt - das klingt für mich immer nach großer, weiter Welt. Vor einigen Jahren hatte ich im Zusammenhang mit einigen Konzerten mit ihm auch persönlich zu tun und ihn dabei als äußerst angenehmen und umgänglichen Menschen kennengelernt. So, wie man ihn auf der Bühne sieht, so ist er auch abseits der Show. Ein feiner Mensch.
Dynamisch und machtvoll - eine starke Band
Das große Spektakel überlässt Hugo seinen Mitspielern, allen voran der sehr agile und entertainige Leadsänger Dirk Lorenz, der wiederum flankiert wird vom Gitarristen Wolfgang "Nick" Nicklisch auf der einen Seite und auf der anderen Seite von Carsten Muttschall am Bass und der Bläsergruppe, bestehend aus Ferry Grott an der Trompete, Frank "Fratsch" Fritsch am Altsaxophon und Stephan Bohm an der Posaune. Hinten massiert Mathias "Matze" Fuhrmann gefühlvoll aber kräftig die Felle und liefert damit, nach meinem Empfinden, seinen gewohnt wesentlichen Beitrag zum klanglichen Gesamtauftritt dieser Band. Es rockt, es grooved, es brennt. Diese Band - etliche Musiker des aktuellen Line-ups waren ja schon in früheren Jahren mal dabei -, ist ein gleichermaßen dynamischer und machtvoller Klangkörper - voller Energie und auch voller Spiel- und Lebensfreude, was ich angesichts dieses stolzen Jubiläums mal gesondert anmerken darf.
Illustre Gäste - ein fröhliches Miteinander
Nach der großartigen Blues-Soul-Ballade "Himmel und Hölle" steigt zu "Nur im Traum" der erste Jubiläumsgast ins Geschehen ein: Tobias Unterberg am Cello, der auch im weiteren Verlauf des Abends bei vielen Stücken mitspielt und den ohnehin schon ziemlich lückenlosen Sound noch verdichtet und veredelt. Gleich darauf wird es musikalisch international, als Jazz-Sängerin Jaqueline Boulanger ans Mikrofon tritt und mit vollendeter Soulstimme die Quincy-Jones-Nummer "Miss Celie's Blues" sowie "Son Of A Preacher Man" von Dusty Springfield interpretiert. Ordentlich Schwung bringt der Song "Chicago" ins Spiel, der in sich einige bekannte Passagen der Musik der weltberühmten gleichnamigen Jazzrock-Formation enthält.
Legenden- und Expertentreff
Mit dem Posaunisten Conny Bauer wird eine Legende des deutschen Jazz auf der Bühne begrüßt - und damit gleichzeitig der langjährigste musikalische Mitstreiter von Hugo, wie dieser mir später verrät. Conny Bauer, von 1969 bis 1973 bei MSB, jetzt würde- und effektvoll in der Mitte der Akteure platziert, heizt mit seiner Posaune ordentlich ein, wobei die Stimmung auf der Bühne ohnehin schon ganz oben ist. Bluesrockig, richtig wild und kochend wird es dann noch, als ein weiterer Gastmusiker, Sören Birke, mit seiner Mundharmonika hinzustößt und über die Bühne fegt. Ja, das geht ab! Hier brennt die … - sorry, ich wiederhole mich.
Tobias Unterberg
Bald darauf gesellt sich die zweite weibliche Jazz-Stimme des Abends hinzu: Na klar, Uschi Brüning. Uschi Brüning zähle ich, mit einem kleinen Augenzwinkern, zu den personellen Konstanten von Jubiläumskonzerten im Blues-, Soul- und Jazz-Sektor. Zuletzt hatte ich sie im April beim "45 + 3"-Konzert von Engerling, auch hier im Kesselhaus, auf der Bühne erlebt. Es ist ja auch völlig nachvollziehbar, dass diese außergewöhnliche Sängerin immer wieder die erste Wahl ist, wenn es darum geht, das Programm der im normalen Betriebsmodus ausschließlich aus Männern bestehenden Combos mit besonderen Highlights zu versehen. Uschi Brüning, wie immer bescheiden im Auftritt, überzeugend in der Performance, präsentiert unter anderem ihren "Blues für L.", ein Song, der ihrem im Juli dieses Jahres verstorbenen Ehemann Ernst-Ludwig Petrowksy gewidmet ist.
Jaqueline Boulanger gesellt sich hinzu, und Tobias Unterberg ist auch wieder dabei - überhaupt wechseln die Besetzungen so rasant, dass man kaum noch hinterherkommt - es funkelt und sprüht.
Namhafter Besuch aus der Rock-Fraktion
Nach den zwei Leadsängerinnen tritt nun gleich ein äußerst charismatischer Leadsänger auf: Nach einem Intro von "Casablanca" dem bekannten City-Hit, den Modern Soul seit Jahren als reizvolles Instrumental, mit Tompeten-Solostimme und sehr unterhaltsamen Rap-Einlagen von Ferry Grott sowie einem Saxophon-Solo von Frank "Fratsch" Fritsch im Programm haben, erleben wir nun den Originalinterpreten Toni Krahl. Und da City Ende vergangenen Jahres ihre "letzte Runde" gedreht hatten und Toni jetzt als Gast mit Silly auf Tour ist, hat er auch gleich den Silly-Gitarristen Uwe Hassbecker mitgebracht sowie den letzten Tour-Drummer von City, Roger Heinrich - der wiederum ein Ex-MSB-Mitglied ist und, wie mir Hugo erzählt hat, exklusiv für Tonis Gastauftritt beim heutigen Konzert aus Zypern angereist ist. So schließt sich heute mal wieder so mancher Kreis und es findet zusammen, was sowieso zusammengehört.
As Times go by?
Zusammen mit Toni Krahl, Uwe Hassbecker und Roger Heinrich spielt die Band erneut "Casablanca" und auf besonderen Wunsch von Hugo, wie Toni, erzählt, das Bettina-Wegner-Lied "Sind so kleine Hände", das City einst gecovert hatte. Dann, beim freilich unvermeidlichen "Am Fenster", fidelt Uwe Hassbecker auf der Geige, der Saal tobt und alle sind aus dem Häuschen. Als sei das Konzert im Ganzen nicht schon Highlight genug, gibt es also dieses Highlight noch on top.
Gäste: Uwe Hassbecker, Conny Bauer und Toni Krahl
Nach einigen weiteren feinen und vertrauten Soul-Nummern, dargeboten von MSB ohne Gäste, gibt's dann noch das, wofür Toni Krahl in seinen jungen Rocksänger-Jahren, bevor er zu City kam, bereits lokale Berühmtheit erlangt hatte: "Get Up (I Feel Like Being A) Sex Machine" von James Brown. Und schließlich den Aretha-Franklin-Klassiker "(You Make Me Feel Like A) Natural Woman", vorgetragen von Uschi Brüning und Jaqueline Boulanger. Ein starkes Finale, etwas leiser als ich gedacht hatte, aber passend.
Bis bald!
In der Zugabe hören wir "Zeit vergeht", gesungen von Uschi Brüning, begleitet von einer minimalen Besetzung aus Hugo Laartz, Ferry Grott, Matthias Fuhrmann und Tobias Unterberg. Was für eine feurige Show haben wir heute erlebt, und wie besinnlich geht sie schließlich zu Ende. Ich könnte jetzt, nach diesem Song, natürlich andächtig innehalten, still an Abschied denken oder etwas in dieser Art - aber solche Gefühle kommen gerade gar nicht auf. Stattdessen bin ich beeindruckt, dankbar und voller Freude. Was vom heutigen Abend bleibt, ist die Lust darauf, einfach immer weiter zu den Konzerten dieser Band zu gehen, um das Leben zu feiern - so leidenschaftlich und so laut es nur geht.
PS: Das hier beschriebene Konzert war bereits Ende September. Es tut mir sehr leid, dass ich es erst jetzt geschafft habe, meine Gedanken zu notieren und Fotos auszuwählen.
Wieder eines dieser Jubiläumskonzerte, die einem zu denken geben: 55 Jahre! Ich war vier Jahre, als sich die MODERN SOUL BAND gegründet hat. Von der Erstbesetzung ist noch Gerhard "Hugo" Laartz dabei - als Gründer, musikalischer Kopf, Chef vom Ganzen und sowieso Herz und Seele dieser einzigartigen Combo, in der seit Bestehen so um die 50 Musikerinnen und Musiker mitgewirkt haben dürften.
Mit MSB kam einst die Soul-Musik zu mir
Die Modern Soul Band war und ist für mich eine dieser Institutionen, die quasi immer da waren, immer auf der Liste der Bands standen, die meinen musikalischen Geschmack nicht nur beeinflusst, sondern nachhaltig und vor allem unmittelbar geprägt haben. Bei MSB ist es sogar so, dass sie, als ich so um die 15 oder 16 war, mein Ohr für Soulmusik geöffnet haben. Das wiederum hatte mit dem Freund einer meiner älteren Cousinen zu tun, der als offizieller semiprofessioneller "Schallplattenunterhalter" so ziemlich alles in seiner Sammlung hatte, was Amiga damals herausgebracht hat. So auch das erste Album "Modern Soul Band", mit dem Foto einer beeindruckenden vergleichsweise großen Band auf dem Cover, und dann, 1979, das zweite Album, "Meeting", mit den Schaufensterpuppen. Diese Musik hat mich erreicht, und ich fand es zudem äußerst spannend und auch erstaunlich, dass es "eine Band von hier" war, die mir den Soul nahegebracht hat. Klar lernte ich auch die Musik der internationalen Größen des Genres kennen, aber MSB waren für mich immer mindestens genauso aufregend und in meiner Wahrnehmung sogar reizvoller, eben weil es "welche von uns" waren und sind, die da musizieren und weil es neben der starken Musik auch deutsche Texte gab und gibt.
Dirk Lorenz
Muss man einfach live erleben!
In den letzten rund 20 Jahren habe ich die Band etwa zehn oder zwölf Mal live erlebt. Auf großen Bühnen, etwa als Headliner beim "Jazz im Park" im Bürgerpark von Berlin-Pankow, auf mittleren Bühnen und auch auf ziemlich kleinen Bühnen, was mir irgendwie am besten in Erinnerung geblieben ist. Da waren mindestens zwei Gigs, 2011 und 2012, im legendären Café Garbáty, damals schon an seinem letzten Standort in der Pankower Mühlenstraße, wo diese große Band es schaffte, sich irgendwie auf dem kleinen Podium aufzustellen und dann den jeweils proppevollen Laden in Feuer zu setzen. "Hier brennt die Luft" war damals schon meine Headline der Konzertrezension für Deutsche Mugge - und exakt dieser Gedanke verbindet mich seitdem mit dieser Band.
Wieder brennt sofort die Luft
Heute nun also brennt und dampft es im Kesselhaus der Kulturbrauerei. Hinterm Schlagzeug leuchtet das vertraute Bandlogo mit dem Herz in der Mitte. Schön, man fühlt sich gleich willkommen und am richtigen Ort. Die Mitte des Saales ist bestuhlt. Ok, da kann man bequem auf den Beginn des Konzertes warten. Etwas später, als die Show läuft sitzen dann nicht mehr so viele, denn fortgeschrittenes Alter hin oder her - diese Band ist nichts für Sitzenbleiber.
Jubiläumskonzerte sind immer besonders, meist schon im Line-up, in dem sich zur eigentlichen Band Gäste und ehemaliger Mitglieder gesellen. Zunächst eröffnet die Band in ihrer aktuellen Normalbesetzung - und schon sprühen die Funken. "Sunshine on my Road", "Rolling Man", "Alles auf Start" - hier geht es los, hier geht es ab, hier geht es vorwärts. Sofort ist vergessen, welches Jubiläum heute eigentlich gefeiert wird, denn alles kommt frisch und mit der gewohnt fetten MSB-Power von der Bühne herunter.
Gerhard "Hugo" Laartz
Jubilar Hugo Laartz
Vom Publikum aus links auf der Bühne, hinter seinen Tastenbrettern, thront der Chef, Gerhard "Hugo" Laartz. Als Bandgründer und Bandleader ist er der eigentliche Jubilar, aber als Hauptperson nimmt man ihn kaum wahr. Umso schöner ist es, dass er immer, wenn ich ihn mit der Kamera anvisiere, lächelt. Ich mag es sehr, wie er Keyboard spielt - das klingt für mich immer nach großer, weiter Welt. Vor einigen Jahren hatte ich im Zusammenhang mit einigen Konzerten mit ihm auch persönlich zu tun und ihn dabei als äußerst angenehmen und umgänglichen Menschen kennengelernt. So, wie man ihn auf der Bühne sieht, so ist er auch abseits der Show. Ein feiner Mensch.
Dynamisch und machtvoll - eine starke Band
Das große Spektakel überlässt Hugo seinen Mitspielern, allen voran der sehr agile und entertainige Leadsänger Dirk Lorenz, der wiederum flankiert wird vom Gitarristen Wolfgang "Nick" Nicklisch auf der einen Seite und auf der anderen Seite von Carsten Muttschall am Bass und der Bläsergruppe, bestehend aus Ferry Grott an der Trompete, Frank "Fratsch" Fritsch am Altsaxophon und Stephan Bohm an der Posaune. Hinten massiert Mathias "Matze" Fuhrmann gefühlvoll aber kräftig die Felle und liefert damit, nach meinem Empfinden, seinen gewohnt wesentlichen Beitrag zum klanglichen Gesamtauftritt dieser Band. Es rockt, es grooved, es brennt. Diese Band - etliche Musiker des aktuellen Line-ups waren ja schon in früheren Jahren mal dabei -, ist ein gleichermaßen dynamischer und machtvoller Klangkörper - voller Energie und auch voller Spiel- und Lebensfreude, was ich angesichts dieses stolzen Jubiläums mal gesondert anmerken darf.
Illustre Gäste - ein fröhliches Miteinander
Nach der großartigen Blues-Soul-Ballade "Himmel und Hölle" steigt zu "Nur im Traum" der erste Jubiläumsgast ins Geschehen ein: Tobias Unterberg am Cello, der auch im weiteren Verlauf des Abends bei vielen Stücken mitspielt und den ohnehin schon ziemlich lückenlosen Sound noch verdichtet und veredelt. Gleich darauf wird es musikalisch international, als Jazz-Sängerin Jaqueline Boulanger ans Mikrofon tritt und mit vollendeter Soulstimme die Quincy-Jones-Nummer "Miss Celie's Blues" sowie "Son Of A Preacher Man" von Dusty Springfield interpretiert. Ordentlich Schwung bringt der Song "Chicago" ins Spiel, der in sich einige bekannte Passagen der Musik der weltberühmten gleichnamigen Jazzrock-Formation enthält.
Legenden- und Expertentreff
Mit dem Posaunisten Conny Bauer wird eine Legende des deutschen Jazz auf der Bühne begrüßt - und damit gleichzeitig der langjährigste musikalische Mitstreiter von Hugo, wie dieser mir später verrät. Conny Bauer, von 1969 bis 1973 bei MSB, jetzt würde- und effektvoll in der Mitte der Akteure platziert, heizt mit seiner Posaune ordentlich ein, wobei die Stimmung auf der Bühne ohnehin schon ganz oben ist. Bluesrockig, richtig wild und kochend wird es dann noch, als ein weiterer Gastmusiker, Sören Birke, mit seiner Mundharmonika hinzustößt und über die Bühne fegt. Ja, das geht ab! Hier brennt die … - sorry, ich wiederhole mich.
Tobias Unterberg
Bald darauf gesellt sich die zweite weibliche Jazz-Stimme des Abends hinzu: Na klar, Uschi Brüning. Uschi Brüning zähle ich, mit einem kleinen Augenzwinkern, zu den personellen Konstanten von Jubiläumskonzerten im Blues-, Soul- und Jazz-Sektor. Zuletzt hatte ich sie im April beim "45 + 3"-Konzert von Engerling, auch hier im Kesselhaus, auf der Bühne erlebt. Es ist ja auch völlig nachvollziehbar, dass diese außergewöhnliche Sängerin immer wieder die erste Wahl ist, wenn es darum geht, das Programm der im normalen Betriebsmodus ausschließlich aus Männern bestehenden Combos mit besonderen Highlights zu versehen. Uschi Brüning, wie immer bescheiden im Auftritt, überzeugend in der Performance, präsentiert unter anderem ihren "Blues für L.", ein Song, der ihrem im Juli dieses Jahres verstorbenen Ehemann Ernst-Ludwig Petrowksy gewidmet ist.
Jaqueline Boulanger gesellt sich hinzu, und Tobias Unterberg ist auch wieder dabei - überhaupt wechseln die Besetzungen so rasant, dass man kaum noch hinterherkommt - es funkelt und sprüht.
Namhafter Besuch aus der Rock-Fraktion
Nach den zwei Leadsängerinnen tritt nun gleich ein äußerst charismatischer Leadsänger auf: Nach einem Intro von "Casablanca" dem bekannten City-Hit, den Modern Soul seit Jahren als reizvolles Instrumental, mit Tompeten-Solostimme und sehr unterhaltsamen Rap-Einlagen von Ferry Grott sowie einem Saxophon-Solo von Frank "Fratsch" Fritsch im Programm haben, erleben wir nun den Originalinterpreten Toni Krahl. Und da City Ende vergangenen Jahres ihre "letzte Runde" gedreht hatten und Toni jetzt als Gast mit Silly auf Tour ist, hat er auch gleich den Silly-Gitarristen Uwe Hassbecker mitgebracht sowie den letzten Tour-Drummer von City, Roger Heinrich - der wiederum ein Ex-MSB-Mitglied ist und, wie mir Hugo erzählt hat, exklusiv für Tonis Gastauftritt beim heutigen Konzert aus Zypern angereist ist. So schließt sich heute mal wieder so mancher Kreis und es findet zusammen, was sowieso zusammengehört.
As Times go by?
Zusammen mit Toni Krahl, Uwe Hassbecker und Roger Heinrich spielt die Band erneut "Casablanca" und auf besonderen Wunsch von Hugo, wie Toni, erzählt, das Bettina-Wegner-Lied "Sind so kleine Hände", das City einst gecovert hatte. Dann, beim freilich unvermeidlichen "Am Fenster", fidelt Uwe Hassbecker auf der Geige, der Saal tobt und alle sind aus dem Häuschen. Als sei das Konzert im Ganzen nicht schon Highlight genug, gibt es also dieses Highlight noch on top.
Gäste: Uwe Hassbecker, Conny Bauer und Toni Krahl
Nach einigen weiteren feinen und vertrauten Soul-Nummern, dargeboten von MSB ohne Gäste, gibt's dann noch das, wofür Toni Krahl in seinen jungen Rocksänger-Jahren, bevor er zu City kam, bereits lokale Berühmtheit erlangt hatte: "Get Up (I Feel Like Being A) Sex Machine" von James Brown. Und schließlich den Aretha-Franklin-Klassiker "(You Make Me Feel Like A) Natural Woman", vorgetragen von Uschi Brüning und Jaqueline Boulanger. Ein starkes Finale, etwas leiser als ich gedacht hatte, aber passend.
Bis bald!
In der Zugabe hören wir "Zeit vergeht", gesungen von Uschi Brüning, begleitet von einer minimalen Besetzung aus Hugo Laartz, Ferry Grott, Matthias Fuhrmann und Tobias Unterberg. Was für eine feurige Show haben wir heute erlebt, und wie besinnlich geht sie schließlich zu Ende. Ich könnte jetzt, nach diesem Song, natürlich andächtig innehalten, still an Abschied denken oder etwas in dieser Art - aber solche Gefühle kommen gerade gar nicht auf. Stattdessen bin ich beeindruckt, dankbar und voller Freude. Was vom heutigen Abend bleibt, ist die Lust darauf, einfach immer weiter zu den Konzerten dieser Band zu gehen, um das Leben zu feiern - so leidenschaftlich und so laut es nur geht.
PS: Das hier beschriebene Konzert war bereits Ende September. Es tut mir sehr leid, dass ich es erst jetzt geschafft habe, meine Gedanken zu notieren und Fotos auszuwählen.