Ein Bericht mit Fotos von Dajana Prosser-Gehn
Der Herbst hat Einzug erhalten. Zeit um sich mit einem guten Buch einzukuscheln. Da trifft es sich gut, dass Wolfgang Martin gerade sein neuestes Werk "Schluss mit dem YEAH, YEAH, YEAH! Die Beatles und die DDR" veröffentlichte. Was für eine einzigartige Anziehungskraft es haben kann, ein neues Buch in die Hand zu nehmen, darin zu blättern, den Duft des Drucks wahrzunehmen, um sich kurze Zeit später total darin zu verlieren. Wolfgang Martin schafft es, eine Magie der Worte und Momente für die Ewigkeit zu erschaffen. Er wusste bereits in jungen Jahren wohin ihn sein beruflicher Weg führen sollte. Wahrscheinlich kann man eher von einer Berufung sprechen. Er schrieb mit Anfang 20 Musikkolumnen im Magazin "neues leben" und führte Interviews mit internationalen Künstlern. Ab Mitte der 70er Jahre ging es Richtung Radio. Zunächst als Redakteur und Moderator in der Jugendmusik-Redaktion (Stimme der DDR). Nur ein Jahrzehnt später war er Leiter in der Musikredaktion von DT64 (DeutschlandTreffen 1964). DT64 war DAS Jugendprogramm der DDR. Gegründet 1964, aber erst ab 1986 ein eigenständiger Sender. Nach dem Mauerfall und vielem Hin und Her war ab Mai 1993 Schluss mit DT64. Bis heute bleiben uns u.a. die Programme "Morgenrock" oder "Hit-Globus" im Gedächtnis. Niemand konnte sich vorstellen, dass es eines Tages DT64 nicht mehr geben könnte. Hat er doch den Musikgeschmack mehrerer Generationen geprägt.
Wolfgang Martin ging zum Ostdeutschen Rundfunk und war von Mai 2003 bis zu seinem letzten Arbeitstag Musikchef bei Antenne Brandenburg. Natürlich hätte man jetzt seinen wohlverdienten Ruhestand genießen können. Aber Wolfgang Martin entschied sich für einen anderen Weg. Er setzte sich hin und schrieb über seine Begegnungen, Erfahrungen und Eindrücke aus einer sehr aufregenden Zeit. 2019 erschien "Sagte mal ein Dichter. Holger Biege. Die Biografie.". Nur ein Jahr später veröffentlichte er das nächste Buch "Wie die Westmusik ins Ostradio kam. Radiogeschichten von DT64 bis Beatkiste". Eigentlich hätte er sich nun ausruhen können. Aber nein, er verfasste schließlich noch eine Hommage an Tamara Danz "Paradiesvögel fängt man nicht ein" (2021) und in diesem Jahr erblickte sein neuestes Buch, das gerade erwähnte "Schluss mit dem YEAH, YEAH, YEAH! Die Beatles und die DDR".
Am 23. Oktober 2023 fand im Kesselhaus in der Kulturbrauerei die Premieren-Lesung mit Wolfgang statt. Bei seinen bisherigen Lesungen wurde Wolfgang Martin von Manuel Schmid begleitet. Er ist seit nun mehr als einem Jahrzehnt Sänger der bekannten DDR Band STERN MEISSEN und ein wahres Multitalent - Gesang, Klavier, Schlagzeug, Produzent, Texter sowie Tontechnik. Wahrscheinlich habe ich bei meiner Aufzählung noch was vergessen. Live erlebt man Manuel sehr oft mit seinem ebenfalls begnadeten Musikerkollegen Marek Arnold. Aber heute war alles anders. Die Bühne war wie zu einem Rockkonzert aufgerüstet … mit Schlagzeug, Gitarren, Keyboard, Bass. Alles da. Und wo man hinschaute erblickte man Musiker, Wegbegleiter und zwei ältere Herren, zu denen ich später ein wenig ausführlicher berichten möchte. Egal ob die SILLY-Jungs, Frank Schöbel, Angelika Mann oder Hugo Laartz, Maschine, Gerd Christian oder Jörg Stempel, Petra Zieger, Gala und Gogow … viele bekannte Menschen waren erschienen. Was würde uns erwarten? Zwischen all den Instrumenten stand fast unscheinbar ein Tisch für zwei Personen. Der Abend schien spannend zu werden.
Wolfgang Martin und Ulf Drechsel
Gegen 19.30 Uhr betrat Manuel Schmid die Bühne, setzte sich an sein Keyboard und eröffnete den Abend mit dem Beatles Hit "All you need is love", welches am 30. Juni 1967 veröffentlicht wurde. Der Song war eine "Auftragsarbeit" vom BBC für ihre Sendung "Our World". "Our World" war die erste Fernsehproduktion, die weltweit live ausgestrahlt wurde: in 31 Ländern. Einmalig zu dieser Zeit. Ganz reduziert auf sein Keyboard schmetterte uns Manuel das Lied um die Ohren. Das Publikum sang gleich begeistert und vom Beatles Virus sofort infiziert mit. Im Hintergrund zeigte uns eine Leinwand verschiedene Cover der AMIGA Alben von The Beatles, John Lennon oder auch Paul McCartney. Das letzte Foto zeigte Wolfgang Martin auf dem legendären Zebrastreifen der Abbey Road in London. Alles lachte. Ein wirklich passender Einstieg, um den Autor des Abends auf die Bühne zu holen. Er wurde mit tosendem Applaus von uns allen empfangen.
Begleitet wurde Wolfgang Martin von Ulf Drechsel. Genauso wie Wolfgang arbeitete er beim "Jugendradio DT 64" und später bei "Radio Brandenburg". Ulf Drechsel ist vor allem im Jazz sowie Blues zu Hause und moderierte schon diverse namenhafte Veranstaltungen. Beide Radiolegenden schätzen einander und so wurde gleich locker los geplaudert. Wir sind ja unter uns. Ulf Drechsel fragte Wolfgang Martin, warum er gerade jetzt dieses Buch schrieb. Wölfi, wie er liebevoll von seinen Freunden genannt wird, erzählte von seiner Jugend, wo er mit 13 Jahren die berühmte grüne LP von The Beatles geschenkt bekam. Klar kannte er sie schon ein zwei Jahre vorher, aber dieses "Urknall Erlebnis" kam durch die LP. Die Beatles haben ihn sein ganzes Leben lang begleitet und nicht mehr los gelassen. Diese Lizenz Schallplatten waren wie Goldstaub und wurden wie Heiligtümer behandelt. In den 60er Jahren hat man einfach Musik gehört. Einfach genossen. Einfach geträumt. Hat sich von den Beatles infizieren lassen. Und dann kam 1965 von Walter Ulbricht diese unselige Aussage: "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nur kopieren müssen?" In dieser Zeit wurden 70 Gitarren-/Beatbands verboten. In den kommenden Jahren wurden bei AMIGA gerade mal vier LPs mit Beatmusik veröffentlicht. Die Jugend ließ sich das aber nicht gefallen und ging 1965 auf die Straße. Am 31. Oktober fand eine Beatdemonstration in Leipzig statt. Gewaltsam wurde die Demo von der Polizei beendet. Trotzdem blieb die Beatlemania ungebrochen.
Für sein Buch interviewte Wolfgang Martin viele Künstler der damaligen DDR. Einige konnten nicht vor Ort sein. Thomas Natschinski weilt momentan in Japan. Ließ es sich aber nicht nehmen eine Videobotschaft zu senden. Für ihn hatten die Beatles eine fundamentale Bedeutung für die Beatentwicklung in der DDR. Besonders hatte es ihm die Harmonika angetan. Er war super glücklich als seine Oma ihn eine Blues Mundharmonika schenkte. Zum Abschluss seiner Botschaft spielte er am Klavier "Hey Jude". Ein Lied mit einer emotionalen Geschichte. Paul McCartney schrieb es für Julian Lennon. Dessen Eltern trennten sich gerade und er sah seinen Vater John Lennon kaum noch.
Wie ich bereits erwähnte waren viele bekannte Gesichter im Publikum. Wolfgang Martin und Ulf Drechsel nahmen das zum Anlass, um genau von ihnen kleine Anekdoten aus dem Buch vorzutragen. Zum Beispiel von Jäcki Reznicek, der unbedingt wie Paul McCartney werden wollte und dadurch zum Bassisten wurde. Oder Gerd Christian, der gemeinsam mit seinem Bruder Holger Biege die Musik der Beatles als Initialzündung sah. Wie eine Art Erweckung. Oder Hugo Laartz, der die Beatles als musikalische Revolution ansah. Angelika Weisz sagte: "Ja, wir haben böse Beatmusik gespielt." Gemeinsam betrat sie mit Manuel Schmid und Tobias Unterberg die Bühne. In einer ganz anderen Version brachten sie uns "Let it be" zu Gehör. "When I find myself in times of trouble, Mother Mary comes to me, Speaking words of wisdom, let it be." Wer kennt nicht diese Worte? Gibt es auf der Welt überhaupt noch einen Menschen, der bei dem Lied nicht unverzüglich mitsingen kann? Für uns ein wunderschöner Song. Für Paul McCartney ein Song mit einer tieferen Bedeutung. Zwischen den Bandmitgliedern lief es nicht mehr so gut. Es fühlte sich nicht mehr leicht an. Jeder schlug seinen eigenen Lebensweg ein. Er wollte dagegen nicht ankämpfen, sondern es einfach geschehen lassen. Letztendlich verkündete Paul McCartney dann am 10. April 1970 das Ende der Beatles.
Kurzfristig kam das Thema "The Beatles Revival Band" auf. Irgendwie faszinierend, aber irgendwie auch ein Unikum, merkte Ulf Drechsel an. Aber es wurde ja alles förmlich eingesogen, was im Ansatz nur so ähnlich klang wie die Beatles. Im Hintergrund erschien ein Plattencover von Paul McCartney mit russischer Schrift. Er veröffentlichte 1981 ein Album extra in der damaligen Sowjetunion für seine russischen Fans, die es oft nicht so leicht hatten an ein Album von ihm zu kommen. Diese vielen kleinen Geschichten - wie am Rande erzählt - machten den Abend so interessant und bewegend. Sie ließen noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel zu. Natürlich durfte bei all den Geschichten DIE eine Geschichte nicht fehlen: Der 5. Beatles.
Arnold "Murmel" Fritzsch
Die Rede ist natürlich vom früheren Produzent der Beatles George Martin. ABER wir hatten selbstverständlich in der DDR auch einen 5. Beatles: Arnold "Murmel" Fritzsch. Wolfgang Martin sagte, dass das eine der bewegendsten Begegnungen für die Entstehung seines neuen Buches war. Wer kennt nicht unseren Murmel? Schon seit Kindheitstagen steht er auf der Bühne und die Musik scheint durch seine Adern zu fließen. 1978 veröffentlichte er sein Lied "Ich war der 5. Beatle". Kaum betrat er die Bühne, hörte ich die Frauen in meiner unmittelbaren Reihen sagen: Oh mein Gott, in den war ich damals so verliebt. Er ist ja so toll." Ja, und das ist er auch heute noch. Er setzte sich ans Keyboard und "Ich war der 5. Beatle" erklang. Selbstredend musste er noch eine Zugabe spielen. "Penny Lane". Das Publikum war restlos begeistert und zeigte ihm mit nicht enden wollendem Applaus ihre Bewunderung.
Auf einmal ging von der Bühne eine Frage ins Publikum: Wie hieß die erste Band von John Lennon? Was???? Bis auf wenige Menschen, war es ruhig. Es erklang ein Name, den konnte ich gar nicht aufschreiben, weil ich ihn nicht richtig verstand. Egal wie oft er noch genannt wurde. Ich musste ihn mir ergoogeln: The Quarrymen. 1956 gegründet. Und nun komme ich auf die zwei älteren Herren vom Anfang zu sprechen. Es gibt The Quarrymen bis heute. Sie kamen extra aus England angereist, um heute im Kesselhaus aufzutreten. Colin Hanton am Schlagzeug sowie Rod Davis an der Gitarre/Gesang sind noch Gründungsmitglieder. Was für ein Gänsehautmoment. Das war so ein bewegender Moment. Diese älteren Herren kamen auf die Bühne und rockten einfach mal drei Lieder für uns mit einer Leichtigkeit, die kaum zu glauben war. Nun kam natürlich die Frage auf, woher wussten sie vom heutigen Abend? In der DDR gab es Beatles Fanclubs. Und diese gibt es bis heute. Wolfgang Martin widmete ihnen in seinem Buch viele Seiten, um das Phänomen von allen Seiten zu beleuchten. Auch bei der heutigen Premiere waren viele vor Ort. The Quarrymen haben über einen der Fanclubs von der Entstehung dieses Buches erfahren und wollten unbedingt dabei sein. Gott sei Dank hatte das alles geklappt. Es war einfach großartig. Rod Davis plauderte ein wenig. John Lennon wollte Rock `n´ Roll machen und die anderen lieber weiter eine Skiffleband bleiben. Paul McCartney und George Harrison kamen später noch hinzu. So lernten sich Paul und John über The Quarrymen kennen. Wo das alles noch hinführen sollte, ist Geschichte. Ein Teil blieb The Quarrymen und der Rest gründete eine neue Band namens The Beatles.
The Quarrymen
> Zehn Jahre nach dem Ende der Beatles wurde John Lennon erschossen. Ein Schrei ging um die Welt. Das konnte nicht wahr sein. Medienpolitisch wurde John Lennon nach seinen Tod zum Helden/Märtyrer. Für viele Menschen war er das bereits vorher schon. Wie sollte man damit umgehen? Es gab keinen John Lennon mehr, der auch solistisch so viel bewegt hat. Etliche Künstler verarbeiteten diese Gefühle in Songs. So auch die Puhdys, die gerade im Studio saßen, als die Nachricht vom Tod John Lennons kam. Vollkommen geschockt und gelähmt klimperte Maschine auf dem Klavier vor sich hin. "Hey John" entstand. Burkhard Lasch schrieb den Text drauf und 1981 wurde das Lied veröffentlicht. Auf der Videoleinwand erschien der damalige Liveauftritt. Es wurde ganz ruhig im Kesselhaus. Noch immer ist es sehr ergreifend.
Bis heute die Magie zu spüren, die die Beatles vor über 63 Jahren in die Welt trugen. Ihre Musik ist unvergessen. Zeitlos. Immer noch inspirieren sie Künstler. Manuel Schmid und Tobias Unterberg kamen zurück auf die Bühne: "Yesterday". Ein Song, der auf einer Autofahrt entstand. Und wieder aus der Feder von Paul McCartney. Als Zugabe kamen alle Künstler des Abends auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Publikum "Hello Goodbye".
Selten hat mich ein Abend so emotional berührt. Es war so ergreifend. Wolfgang Martin wird gemeinsam mit Manuel Schmid auf Lesetour gehen. Und ich weiß jetzt schon, dass die beiden ein wunderbares Konzept erstellen und so auch wieder einen faszinierenden Abend erschaffen werden.
Wolfgang Martin ging zum Ostdeutschen Rundfunk und war von Mai 2003 bis zu seinem letzten Arbeitstag Musikchef bei Antenne Brandenburg. Natürlich hätte man jetzt seinen wohlverdienten Ruhestand genießen können. Aber Wolfgang Martin entschied sich für einen anderen Weg. Er setzte sich hin und schrieb über seine Begegnungen, Erfahrungen und Eindrücke aus einer sehr aufregenden Zeit. 2019 erschien "Sagte mal ein Dichter. Holger Biege. Die Biografie.". Nur ein Jahr später veröffentlichte er das nächste Buch "Wie die Westmusik ins Ostradio kam. Radiogeschichten von DT64 bis Beatkiste". Eigentlich hätte er sich nun ausruhen können. Aber nein, er verfasste schließlich noch eine Hommage an Tamara Danz "Paradiesvögel fängt man nicht ein" (2021) und in diesem Jahr erblickte sein neuestes Buch, das gerade erwähnte "Schluss mit dem YEAH, YEAH, YEAH! Die Beatles und die DDR".
Am 23. Oktober 2023 fand im Kesselhaus in der Kulturbrauerei die Premieren-Lesung mit Wolfgang statt. Bei seinen bisherigen Lesungen wurde Wolfgang Martin von Manuel Schmid begleitet. Er ist seit nun mehr als einem Jahrzehnt Sänger der bekannten DDR Band STERN MEISSEN und ein wahres Multitalent - Gesang, Klavier, Schlagzeug, Produzent, Texter sowie Tontechnik. Wahrscheinlich habe ich bei meiner Aufzählung noch was vergessen. Live erlebt man Manuel sehr oft mit seinem ebenfalls begnadeten Musikerkollegen Marek Arnold. Aber heute war alles anders. Die Bühne war wie zu einem Rockkonzert aufgerüstet … mit Schlagzeug, Gitarren, Keyboard, Bass. Alles da. Und wo man hinschaute erblickte man Musiker, Wegbegleiter und zwei ältere Herren, zu denen ich später ein wenig ausführlicher berichten möchte. Egal ob die SILLY-Jungs, Frank Schöbel, Angelika Mann oder Hugo Laartz, Maschine, Gerd Christian oder Jörg Stempel, Petra Zieger, Gala und Gogow … viele bekannte Menschen waren erschienen. Was würde uns erwarten? Zwischen all den Instrumenten stand fast unscheinbar ein Tisch für zwei Personen. Der Abend schien spannend zu werden.
Wolfgang Martin und Ulf Drechsel
Gegen 19.30 Uhr betrat Manuel Schmid die Bühne, setzte sich an sein Keyboard und eröffnete den Abend mit dem Beatles Hit "All you need is love", welches am 30. Juni 1967 veröffentlicht wurde. Der Song war eine "Auftragsarbeit" vom BBC für ihre Sendung "Our World". "Our World" war die erste Fernsehproduktion, die weltweit live ausgestrahlt wurde: in 31 Ländern. Einmalig zu dieser Zeit. Ganz reduziert auf sein Keyboard schmetterte uns Manuel das Lied um die Ohren. Das Publikum sang gleich begeistert und vom Beatles Virus sofort infiziert mit. Im Hintergrund zeigte uns eine Leinwand verschiedene Cover der AMIGA Alben von The Beatles, John Lennon oder auch Paul McCartney. Das letzte Foto zeigte Wolfgang Martin auf dem legendären Zebrastreifen der Abbey Road in London. Alles lachte. Ein wirklich passender Einstieg, um den Autor des Abends auf die Bühne zu holen. Er wurde mit tosendem Applaus von uns allen empfangen.
"Die Beatles waren das Grundgerüst
für alle Musiker und Komponisten."
(Dieter "Maschine" Birr)
(Dieter "Maschine" Birr)
Begleitet wurde Wolfgang Martin von Ulf Drechsel. Genauso wie Wolfgang arbeitete er beim "Jugendradio DT 64" und später bei "Radio Brandenburg". Ulf Drechsel ist vor allem im Jazz sowie Blues zu Hause und moderierte schon diverse namenhafte Veranstaltungen. Beide Radiolegenden schätzen einander und so wurde gleich locker los geplaudert. Wir sind ja unter uns. Ulf Drechsel fragte Wolfgang Martin, warum er gerade jetzt dieses Buch schrieb. Wölfi, wie er liebevoll von seinen Freunden genannt wird, erzählte von seiner Jugend, wo er mit 13 Jahren die berühmte grüne LP von The Beatles geschenkt bekam. Klar kannte er sie schon ein zwei Jahre vorher, aber dieses "Urknall Erlebnis" kam durch die LP. Die Beatles haben ihn sein ganzes Leben lang begleitet und nicht mehr los gelassen. Diese Lizenz Schallplatten waren wie Goldstaub und wurden wie Heiligtümer behandelt. In den 60er Jahren hat man einfach Musik gehört. Einfach genossen. Einfach geträumt. Hat sich von den Beatles infizieren lassen. Und dann kam 1965 von Walter Ulbricht diese unselige Aussage: "Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nur kopieren müssen?" In dieser Zeit wurden 70 Gitarren-/Beatbands verboten. In den kommenden Jahren wurden bei AMIGA gerade mal vier LPs mit Beatmusik veröffentlicht. Die Jugend ließ sich das aber nicht gefallen und ging 1965 auf die Straße. Am 31. Oktober fand eine Beatdemonstration in Leipzig statt. Gewaltsam wurde die Demo von der Polizei beendet. Trotzdem blieb die Beatlemania ungebrochen.
"An den Beatles kam niemand vorbei, das konnte
nicht einmal die DDR-Führung verhindern."
(Veronika Fischer)
(Veronika Fischer)
Für sein Buch interviewte Wolfgang Martin viele Künstler der damaligen DDR. Einige konnten nicht vor Ort sein. Thomas Natschinski weilt momentan in Japan. Ließ es sich aber nicht nehmen eine Videobotschaft zu senden. Für ihn hatten die Beatles eine fundamentale Bedeutung für die Beatentwicklung in der DDR. Besonders hatte es ihm die Harmonika angetan. Er war super glücklich als seine Oma ihn eine Blues Mundharmonika schenkte. Zum Abschluss seiner Botschaft spielte er am Klavier "Hey Jude". Ein Lied mit einer emotionalen Geschichte. Paul McCartney schrieb es für Julian Lennon. Dessen Eltern trennten sich gerade und er sah seinen Vater John Lennon kaum noch.
"Von da an wollte ich so werden wie er, wollte so
gut Bass spielen können, so gute Songs schreiben ... so
berühmt werden wie er, so viele Frauen haben wie er ..."
(Jäcki Reznicek)
(Jäcki Reznicek)
Wie ich bereits erwähnte waren viele bekannte Gesichter im Publikum. Wolfgang Martin und Ulf Drechsel nahmen das zum Anlass, um genau von ihnen kleine Anekdoten aus dem Buch vorzutragen. Zum Beispiel von Jäcki Reznicek, der unbedingt wie Paul McCartney werden wollte und dadurch zum Bassisten wurde. Oder Gerd Christian, der gemeinsam mit seinem Bruder Holger Biege die Musik der Beatles als Initialzündung sah. Wie eine Art Erweckung. Oder Hugo Laartz, der die Beatles als musikalische Revolution ansah. Angelika Weisz sagte: "Ja, wir haben böse Beatmusik gespielt." Gemeinsam betrat sie mit Manuel Schmid und Tobias Unterberg die Bühne. In einer ganz anderen Version brachten sie uns "Let it be" zu Gehör. "When I find myself in times of trouble, Mother Mary comes to me, Speaking words of wisdom, let it be." Wer kennt nicht diese Worte? Gibt es auf der Welt überhaupt noch einen Menschen, der bei dem Lied nicht unverzüglich mitsingen kann? Für uns ein wunderschöner Song. Für Paul McCartney ein Song mit einer tieferen Bedeutung. Zwischen den Bandmitgliedern lief es nicht mehr so gut. Es fühlte sich nicht mehr leicht an. Jeder schlug seinen eigenen Lebensweg ein. Er wollte dagegen nicht ankämpfen, sondern es einfach geschehen lassen. Letztendlich verkündete Paul McCartney dann am 10. April 1970 das Ende der Beatles.
"Das war für mich eine Zeitenwende der Unterhaltungsmusik
damals ... die haben eine neue Welt erschaffen .."
(Uschi Brüning)
(Uschi Brüning)
Kurzfristig kam das Thema "The Beatles Revival Band" auf. Irgendwie faszinierend, aber irgendwie auch ein Unikum, merkte Ulf Drechsel an. Aber es wurde ja alles förmlich eingesogen, was im Ansatz nur so ähnlich klang wie die Beatles. Im Hintergrund erschien ein Plattencover von Paul McCartney mit russischer Schrift. Er veröffentlichte 1981 ein Album extra in der damaligen Sowjetunion für seine russischen Fans, die es oft nicht so leicht hatten an ein Album von ihm zu kommen. Diese vielen kleinen Geschichten - wie am Rande erzählt - machten den Abend so interessant und bewegend. Sie ließen noch einmal einen ganz anderen Blickwinkel zu. Natürlich durfte bei all den Geschichten DIE eine Geschichte nicht fehlen: Der 5. Beatles.
Arnold "Murmel" Fritzsch
Die Rede ist natürlich vom früheren Produzent der Beatles George Martin. ABER wir hatten selbstverständlich in der DDR auch einen 5. Beatles: Arnold "Murmel" Fritzsch. Wolfgang Martin sagte, dass das eine der bewegendsten Begegnungen für die Entstehung seines neuen Buches war. Wer kennt nicht unseren Murmel? Schon seit Kindheitstagen steht er auf der Bühne und die Musik scheint durch seine Adern zu fließen. 1978 veröffentlichte er sein Lied "Ich war der 5. Beatle". Kaum betrat er die Bühne, hörte ich die Frauen in meiner unmittelbaren Reihen sagen: Oh mein Gott, in den war ich damals so verliebt. Er ist ja so toll." Ja, und das ist er auch heute noch. Er setzte sich ans Keyboard und "Ich war der 5. Beatle" erklang. Selbstredend musste er noch eine Zugabe spielen. "Penny Lane". Das Publikum war restlos begeistert und zeigte ihm mit nicht enden wollendem Applaus ihre Bewunderung.
Auf einmal ging von der Bühne eine Frage ins Publikum: Wie hieß die erste Band von John Lennon? Was???? Bis auf wenige Menschen, war es ruhig. Es erklang ein Name, den konnte ich gar nicht aufschreiben, weil ich ihn nicht richtig verstand. Egal wie oft er noch genannt wurde. Ich musste ihn mir ergoogeln: The Quarrymen. 1956 gegründet. Und nun komme ich auf die zwei älteren Herren vom Anfang zu sprechen. Es gibt The Quarrymen bis heute. Sie kamen extra aus England angereist, um heute im Kesselhaus aufzutreten. Colin Hanton am Schlagzeug sowie Rod Davis an der Gitarre/Gesang sind noch Gründungsmitglieder. Was für ein Gänsehautmoment. Das war so ein bewegender Moment. Diese älteren Herren kamen auf die Bühne und rockten einfach mal drei Lieder für uns mit einer Leichtigkeit, die kaum zu glauben war. Nun kam natürlich die Frage auf, woher wussten sie vom heutigen Abend? In der DDR gab es Beatles Fanclubs. Und diese gibt es bis heute. Wolfgang Martin widmete ihnen in seinem Buch viele Seiten, um das Phänomen von allen Seiten zu beleuchten. Auch bei der heutigen Premiere waren viele vor Ort. The Quarrymen haben über einen der Fanclubs von der Entstehung dieses Buches erfahren und wollten unbedingt dabei sein. Gott sei Dank hatte das alles geklappt. Es war einfach großartig. Rod Davis plauderte ein wenig. John Lennon wollte Rock `n´ Roll machen und die anderen lieber weiter eine Skiffleband bleiben. Paul McCartney und George Harrison kamen später noch hinzu. So lernten sich Paul und John über The Quarrymen kennen. Wo das alles noch hinführen sollte, ist Geschichte. Ein Teil blieb The Quarrymen und der Rest gründete eine neue Band namens The Beatles.
The Quarrymen
> Zehn Jahre nach dem Ende der Beatles wurde John Lennon erschossen. Ein Schrei ging um die Welt. Das konnte nicht wahr sein. Medienpolitisch wurde John Lennon nach seinen Tod zum Helden/Märtyrer. Für viele Menschen war er das bereits vorher schon. Wie sollte man damit umgehen? Es gab keinen John Lennon mehr, der auch solistisch so viel bewegt hat. Etliche Künstler verarbeiteten diese Gefühle in Songs. So auch die Puhdys, die gerade im Studio saßen, als die Nachricht vom Tod John Lennons kam. Vollkommen geschockt und gelähmt klimperte Maschine auf dem Klavier vor sich hin. "Hey John" entstand. Burkhard Lasch schrieb den Text drauf und 1981 wurde das Lied veröffentlicht. Auf der Videoleinwand erschien der damalige Liveauftritt. Es wurde ganz ruhig im Kesselhaus. Noch immer ist es sehr ergreifend.
Bis heute die Magie zu spüren, die die Beatles vor über 63 Jahren in die Welt trugen. Ihre Musik ist unvergessen. Zeitlos. Immer noch inspirieren sie Künstler. Manuel Schmid und Tobias Unterberg kamen zurück auf die Bühne: "Yesterday". Ein Song, der auf einer Autofahrt entstand. Und wieder aus der Feder von Paul McCartney. Als Zugabe kamen alle Künstler des Abends auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Publikum "Hello Goodbye".
Selten hat mich ein Abend so emotional berührt. Es war so ergreifend. Wolfgang Martin wird gemeinsam mit Manuel Schmid auf Lesetour gehen. Und ich weiß jetzt schon, dass die beiden ein wunderbares Konzept erstellen und so auch wieder einen faszinierenden Abend erschaffen werden.