
Ein Bericht mit Fotos von Reinhard Baer
plus Fotos von Pixabay (Textillustration)
Eigentlich sollte das als "Hörbar Blues" bekannte Fest in Milow am Ufer der Havel im vergangenen Jahr zum letzten Mal stattfindet. Grund dafür ist, dass der Erfinder und Veranstalter, Carsten Fröhlich, Ende des letzten Jahres seine Gaststätte "Zur Scheune" in Milow geschlossen hat und damit auch mit dem Hörbar Blues Festival Schluss sein sollte. Aber so ganz wollten die Milower diese inzwischen schon zur Tradition gewordene Veranstaltung nicht aufgeben und so fanden sich schließlich ein paar neue Leute, die "Hörbar Nr. 15" organisierten und auf die Beine stellten. So wurden für den letzten Freitag also doch wieder die kleine Bühne - wie gehabt - auf dem Gelände am Havelufer aufgebaut, und zahlreiche helfende Hände hatten Bänke, Biertisch-Garnituren und Zelte aufgestellt. Außerdem war alles für eine gastronomische Versorgung der Besucher in die Wege geleitet.

Wie schon in den Vorjahren, waren wieder drei tolle Live-Acts angekündigt und irgendwann vor Beginn des Festivals piepte mein Smartphone. Es kündigte eine Nachricht in einem sozialen Netzwerk an. Dort wurde ein Foto eingestellt, auf dem ein Transporter mit spanischem Kennzeichen zu sehen war und darunter die Notiz, dass der zweite Programmpunkt, die Band aus Spanien, nun eingetroffen sei. Der Transporter stand auf dem Gelände und die vier Musiker brachten schon mal ihr Equipment in Stellung. Auf der Havel schipperten derweil zahlreiche Boote vorbei und einige Gäste nutzten das schöne Wetter für ein Bad im Fluss. Es duftete nach gebratenem Grillgut, welches nahe der Bühne zubereitet wurde. Alles war sozusagen für einen gemütlichen Abend mit guter Musik "angerichtet".
Gegen 19:00 Uhr wurde das Festival dann mit einem großen Dankeschön an alle, die diesen Abend vorbereitet haben, eröffnet. Den ersten Programmpunkt bildeten zwei Musiker, die nicht das erste Mal in Milow auf der Bühne standen. BLUESRUDI & HENRY HEGGEN sind zwei Größen in der Bluesszene des Landes, die sowohl zusammen im Duo oder wahlweise auch jeder schon mit anderen Musikern auf vielen Bühnen standen. BLUESRUDI singt in dieser Zweierbesetzung, spielt dazu Gitarre und gleichzeitig bedient er mit den Füssen Bassdrums und Hi Hat. Henry ist ein Meister auf der Blues-Harp und außerdem singt er auch. Seine Wiege stand in Florida (USA), aber seit vielen Jahren lebt er in Deutschland und spricht natürlich auch perfekt Deutsch. Beide Musiker begeisterten das Publikum etwa 90 Minuten mit Bluesstandards der 50er, 60er und 70er Jahre, das Ganze äußerst humorvoll und natürlich meisterhaft vorgetragen. Dafür ernteten sie viel Beifall und kamen ohne eine Zugabe auch nicht weg. Bei der auf der Gitarre gespielten Tonfolge am Anfang der Zugabe wusste man sofort, dass es sich um "On The Road Again" von CANNED HEAT handelte. Danach räumten die beiden Musiker ihre Gerätschaften von der Bühne und die nächste Band baute ihr Equipment auf.

Der nächste Act war die bereits erwähnte Band aus dem sonnigen Spanien. Von dort war sie hierher nach Milow angereist. Genauer gesagt handelte es sich dabei um die GONZALO PORTUGAL BAND, die aus vier jungen Musikern besteht, und die in der klassischen Besetzung einer Rockband mit Gitarre, Bass, Drums und Keyboard auftritt. Der Kopf der Band ist der Gitarrist und Sänger Gonzalo Portugal aus Bilbao. Er steht am Mikrofon und singt mit einer harten rockigen Stimme, die trotzdem sehr angenehm klingt. Irgendwie hörte ich da so ein wenig John Lennon heraus, wenn er da am Mikro stand und sang. Dazu kommt ein virtuoses Spiel auf der E-Gitarre. Gesungen wurde auf Englisch, und auch die Ansagen machte der Band-Chef in dieser Sprache. Begleitet haben Gonzalo drei Musiker, welche ihr Handwerk alle bestens beherrschen. Der Schlagzeuger deutete auch mal ein kleines Solo an, ein längeres hätte hier auch den Rahmen gesprengt. Auch beim Bassisten und dem Keyboarder handelt es sich um gute Musiker. Die Band hat in Spanien bereits mehrere Tonträger veröffentlicht und im Angebot, und die Titelauswahl war am Freitag ein Querschnitt ihres Schaffens. "She Came In Trough The Bathroom Window" von THE BEATLES in einer eigenen Bearbeitung, und auch "Crossroads" von ROBERT JOHNSON bzw. THE CREAM spielte die Band hier in jeweils eigenen Versionen. Auch ihr Auftritt dauerte mit Zugabe etwa 90 Minuten.
Nach einem nochmaligen Umbau auf der Bühne, der wie immer sehr schnell ging, kam nun die dritte Band zum Zuge. Bei der ANDREAS DIEHLMANN BAND handelt es sich - wie nicht so oft in der Blues- und Rockszene - um eine Dreier-Formation mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Dass auch Bands in dieser Besetzung sehr erfolgreich sein können beweisen Namen wie CREAM, JIMI HENDRIX EXPIRIANS, ZZ-TOP, THE POLICE oder auch JÜRGEN KERTH. Der Gitarrist und Sänger Andreas Diehlmann hat mit Jörg Sebald am Bass und Tom Bonn am Schlagzeug seine Band, mit der er - wie aus dem Terminkalender hervorgeht - ein volles Programm abzuarbeiten hat. Die Band hat sich im Jahre 2022 mit dem Gewinn des "German Blues Award" in der Kategorie Bands einen Spitzenplatz in der deutschen Bluesszene erkämpft und ist damit eine gefragte Band. Mehrere Tonträger hat das Trio im Angebot und das aktuelle Album heißt "Long Way To Go". Die Scheibe war an diesem Abend neben Tonträgern der GONZALO PORTUGAL BAND auch am Merchandising-Stand zu haben. Auch Andreas Diehlmann spielte ca. 90 Minuten und zeigte, was er so auf der Gitarre und gesanglich zu bieten hat. Neben eigenen Titeln bediente sich die Formation auch bei Kollegen wie ZZ-TOP oder PRINCE, und lieh sich den einen oder anderen Titel aus. Etwa gegen 0:30 Uhr verstummten dann die Lautsprecher und der Abend war zu Ende.

Direkt nach dem letzten Ton begann man hier in Milow schon mit dem Aufräumen, und ich gönnte mir noch ein Bier. Das konnte ich mir nach getaner Arbeit auch gönnen, da ich nicht mehr fahren musste. Ich hatte lediglich den kurzen Weg in meine nur einen Steinwurf entfernt gelegene Unterkunft. Entspannter eine Mugge zu besuchen geht kaum noch … Der Freitag und das 15. Hörbar Blues Festival war ein großer Erfolg. Alles passte, alles lief glatt. Auch das Wetter hatte die Veranstalter nicht in Stich gelassen und mir bleibt nur zu hoffen, dass Hörbar Blues auch im nächsten Jahr wieder stattfinden wird.