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Ein Bericht von Frank Kinzig. Redaktionelle
Mitarbeit: Christian Reder. Fotos: Pixabay




RAMMSTEIN, Deutschlands erfolgreichste Band und Exportschlager in Sachen Rockmusik, hat mal eben ganz locker und flockig vier Konzerte am gleichen Ort ausverkauft. Nicht etwa in einem Club, sondern in einem Stadion. Das ist bislang noch keiner anderen Kapelle aus unserem Land gelungen. Zwischen Mittwoch, dem 7. Juni, und Sonntag, dem 11. Juni, spielten die Männer von RAMMSTEIN in der ehemaligen Heimstatt des FC Bayern München ihr aktuelles Programm - überschattet von Vorwürfen eines irischen Fans (weiblich), die in Richtung Frontmann Till Lindemann gehen, und einer "Influencerin", die zwar selbst nix gesehen hat, aber ellenlang darüber in YouTube-Videos fabulieren muss. Auf dem Weg ins Olympiastadion zu München triffst Du dementsprechend auch Massen von Menschen, die alle auf dem Weg zum Konzert der Gruppe sind. Alle? Nein! Ein kleiner Club von offenbar chronisch Empörten steht am Rande und demonstriert gegen Band und Konzertveranstalter. Kann ja wohl gar nicht sein, dass noch jemand RAMMSTEIN sehen und hören will, wenn man hört, was der böse Till da alles gemacht haben soll. Nix ist bewiesen, es liegt (zu dem Zeitpunkt) keine Anzeige vor, aber schon muss sich eine Meinung gebildet, ein Trupp Demonstranten zusammengetrommelt und andere darüber belehrt werden, dass schon ein Vorwurf das Verbot von Band und Tourneen zur Folge haben muss. Freunde, Euch geht es doch nicht mehr um die Sache. Ihr taucht doch wie an einem Pawlowschen Reflex leidend immer dann auf, wenn ihr glaubt, allein die Weisheit zu haben und alle Hintergründe zu kennen, noch bevor sie der Staatsanwalt auf dem Tisch hat. Und auch nur, um Stunk zu machen, seid ehrlich!? Ich habe die Vermutung, dass hier vielmehr eine Bande Miesmacher ihren Hass gegen alles auskotzt, das ihnen entweder nicht gefällt, oder das sie nicht verstehen. Wie auch immer … Wir sind jedenfalls gekommen um Musik zu hören.


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Und davon gab es reichlich! Mit geilem Sound und zu tollen Licht-Choreographien sowie passenden Feuer- und Pyro-Effekten spielte sich das Sextett aus Berlin zwei Stunden lang durch ihr inzwischen beachtliches Repertoire aus acht Studio-Alben. Nach einem Intro und dem mit einem Fahrstuhl von oben herab steigenden Till Lindemann begann die Show mit dem Song "Rammlied". Die Leute vor der imposanten Bühne waren schon vorher aus dem Häuschen … jetzt noch mehr.

Es folgte eine dramaturgisch ansprechend zusammengestellte Reihe von Songs, in der kein Klassiker fehlte, aber die neueren Titel trotzdem in der Überzahl waren. Das hämmernde "Giftig", in der besungen wird, dass die Geliebte, im Bett neben einem liegend, wesentlich gefährlicher sein kann, als ein toxisches Sekret spritzendes Tier in freier Wildbahn, eröffnete den Reigen der Stücke neueren Datums. Direkt im Anschluss folgte der aus dem Jahre 1997 stammende Song "Sehnsucht" vom gleichnamigen Album, das mit zum Schlagzeug-Gewitter passenden Feuerwerk-Salven auch was fürs Auge bot. In dieser Richtung, bei der für den Zuschauer und Zuhörer kaum Zeit zum Luftholen blieb, ging es dann weiter.

Besonders beeindruckend war das Zusammenspiel von Band und Publikum, z.B. vor dem Song "Angst", als die Hände von zig Tausend Menschen in die Höhe gingen und im Takt klatschten, bevor die Nummer mit brettharten Gitarren loshämmerte. Das ging genauso ans Fell, wie kurz zuvor schon der Moment nach dem Stück "Mein Herz brennt", als kurzzeitig Ruhe einkehrte, plötzlich Christoph Schneider hinter seiner Schießbude stand und er von den Leuten mit spontanem Applaus bedacht wurde. Schneider bedankte sich mit einer Verbeugung und war umgehend wieder startklar für den nächsten Titel. Das war "Puppe", für deren Vortrag ein überdimensionaler Kinderwagen auf die Bühne kam und in dessen Refrain Lindemann bekannte: "Es geht mir nicht gut". Auch hier waren wieder alle Hände in der Luft, es wurde lautstark mitgesungen und das Ganze dann mit einem heftigen Konfettiregen gekrönt. Ein wirklich unbeschreiblicher Moment. Es besteht eine direkte Verbindung zwischen Band und ihrem Publikum, ein unsichtbares, alle verbindendes Band.


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Etwas später kam dann der Augenblick, als das eingangs bereits angesprochene Problem wieder ins Gedächtnis zurück kehrte. Im Zuge der Vorwürfe gegen Lindemann wurde nämlich berichtet, dass es in dem Moment zwischen den Liedern "Zeit" und "Deutschland", wenn er für einen Augenblick in den unteren Bereich der Bühne verschwindet, zu sexuellen Handlungen zwischen ihm und Groupies gekommen sein soll. Genauer gesagt zum "Oralverkehr auf die Schnelle" und das, während seine Kollegen oben musizieren. Tatsächlich ist der Musiker für einen Moment weg von der Bildfläche, nämlich während des Intros zum Song "Deutschland". Allerdings nur für wenige Minuten und wenn man bedenkt, dass er mit einem anderen Outfit ausgestattet - also komplett umgezogen - wieder zurück auf die Bühne kommt muss man sich wirklich fragen, wie das in der kurzen Zeit passieren soll, dann auch noch Verkehr zu haben - auf welchem Weg auch immer. Dass ich an dieser Stelle solche Gedanken haben musste, fand ich total scheiße. Der ganze Zirkus um den angeblichen Missbrauch zieht sich also selbst bis ins Konzert hinein und als Fan hat man nun diese Bilder vor Augen, die man vorher nicht hatte und auch nicht haben will. Hoffentlich klärt sich die Sache schnell auf und hoffentlich gibt es da nichts, was gegen das Strafgesetz verstößt!

Aber zurück zu den angenehmen Erinnerungen an den Abend. Neben Lindemann als Sänger und Kopf der Gruppe, spielten in der vergangenen Woche (und auch sonst) noch Richard Kruspe (E-Gitarre, Hintergrundgesang), Paul Landers (Rhythmusgitarre, Hintergrundgesang), Oliver Riedel (Bass), Christian "Flake" Lorenz (Keyboard, Synthesizer, Klavier) und Christoph Schneider (Schlagzeug, Perkussion) bei RAMMSTEIN mit, allesamt erstklassige Instrumentalisten und sehr gut aufeinander eingestellt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Band von Anfang an in unveränderter Besetzung spielt. Wieder etwas, das nicht allzu viele Gruppen aus dem Genre von sich sagen können.

Ich schrieb vorhin schon von "besonderen Momenten". Einer mehr war der vor, während und nach der akustischen Version von "Engel". Vorher konnte man überall im Stadion Lichter sehen. Feuerzeuge, Handy-Displays … alles was Licht machte, wurde in die Höhe gehalten. Ein leuchtendes Meer! Dann betrat die Gruppe nebst zweier Pianistinnen die kleine Bühne im Mittelbereich des Stadions und performte den Hit des Jahres 1997: "Engel". Akustik-Version ist wohl das falsche Wort, denn die beiden Frauen spielten Klavier und die Männer trugen das Stück vor. Den Weg zurück auf die Hauptbühne unternahm das Sextett per Boot (ohne die Mädels, denn die spielten die Melodie von "Engel" weiter). Und zwar per Schlauchboot, getragen von den Fans. Ein toller Anblick und auf diese Art reisend war das passend zum folgenden Stück - wir erinnern uns an das Video dazu. Sie landeten schließlich wieder an ihrem Arbeitsplatz, entstiegen den Booten und "Ausländer" erklang. Mit vollem Druck und wieder geil laut. Im letzten Teil des Sets gab es - inkl. Zugaben - dann noch ein paar Klassiker wie "Du riechst so gut" und "Ich will", und den absolut letzten (Live-)Ton des Tages ließen Lindemann und Kollegen beim Titel "Adieu" erklingen, der nochmals aus vielen Tausend Kehlen lauthals mitgesungen wurde. Es gab so viele Wow- und Aha-Momente an diesem Abend, dass ich sie alle gar nicht einfangen konnte und hier wiedergeben kann. Über zwei Stunden die volle Ladung Rock und ohne Ende Bilder im Kopf, die man von dort mitnimmt.


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Ja, der Schatten der Ereignisse lag über dem Konzert und über dem Tag. Keine Frage. Natürlich war das auch bei den Fans Thema. Der Band war jedenfalls in keiner Minute anzumerken, dass es sie in irgendeiner Form belastet oder dermaßen nah gehen würde, dass es ihre Leistung auf der Bühne beeinträchtigt. Sie konnten das wohl gut verbergen, denn anfassen wird sie das ganz sicher. Wen würde sowas kalt lassen? Das zeigte sich auch daran, dass am Ende Christoph Schneider beim Verbeugen ein paar Tränen vergossen haben soll. Ich hab es selbst nicht sehen können, es sprach sich aber schnell herum. Wer kann es ihm nicht nachfühlen, wenn eine Medienlandschaft es einfach nicht lernen will, dass man mit schweren Vorwürfen erstmal behutsam umzugehen und keine Vorverurteilungen zu schüren hat? Die Männer dort haben fast alle Frauen und Kinder. Für eine reißerische Überschrift und ein paar verkaufte Zeitungen bzw. Prozent Einschaltquoten mehr werden dann aber trotzdem gerne mal Tabus gebrochen. Also tut man genau das, was man der Band in den Jahren stets zum Vorwurf machte. Pfui! Es gibt eine Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz, die alles zensiert, was schädlich für die geistige und soziale Entwicklung ist. Warum schreitet nicht eine ähnliche Behörde mal bei diesen Boulevard-Medien in TV und am Zeitungsstand ein? Was ist schädlicher, als den Leuten vorzuleben, dass man allein mit einem Verdacht schon ganze Leben und Karrieren zerstören darf, in dem man einseitig berichtet und vorverurteilt?

Wir Fans haben jedenfalls einen tollen Abend erlebt. Ich hoffe, die Musiker auch und für ein paar Stunden den Kopf frei vom Alltag. In Sachen Musik und Texte ist die Band über jeden Zweifel erhaben. Was die Qualität und das internationale Format betrifft muss ich hier wohl keine Werbung mehr machen, da sprechen sie für sich alleine. Den Vertretern der Presse kann ich nur empfehlen, sich beim Thema RAMMSTEIN zuerst ernsthaft mit der Kunst dieser Band zu beschäftigen und nicht damit, nach privaten Dingen der Protagonisten zu kramen, um abseits von Musik und Songinhalten sinnfreie Beiträge auf Hochglanz in die Welt zu setzen. Und damit meine ich nicht nur zum Thema RAMMSTEIN, sondern auch was andere Künstler und Bands betrifft, denn die machen ja allesamt irgendwann mal die traurige Erfahrung, dass weniger über ihre Arbeit, und mehr über das berichtet wird, was eigentlich keinen Dritten zu interessieren hat.

Musik ist und bleibt Geschmackssache. Mir gefällt RAMMSTEIN. Ihre Musik, ihre Show, ihr Auftreten. Darum war ich da, darum kaufe ich ihre Platten. Ich habe den Abend in München genossen. Die Show war jeden Cent wert, den das Ticket gekostet hat. Ich komme wieder - vorausgesetzt, Till Lindemann ist wirklich unschuldig und die Vorwürfe, er habe gegen den Willen einer Frau mit ihr Sex gehabt, werden entkräftet. Das hoffe ich und glaube auch daran!






Fotostrecke:

Um eine Fotoakkreditierung hatten wir uns nicht beworben.
Darum verzichten wir hier auf die Veröffentlichung von Bildern.






   
   
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