Deutsche Mugge & Steintor Varieté

präsentieren

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Ein Bericht von Patrick Baumbach mit Fotos von Matthias & Sebastian Ziegert



Der Sonntag in Halle war eher grau und recht ungemütlich, die Temperaturen für Mitte April auch recht kühl. Und während man sich draußen an diesem farblosen Tag lieber verkriechen mochte, konnten einige Musikbegeisterte im Steintor Varieté ein buntes Programm erleben, das mit Sicherheit so manches Herz erwärmt und doch noch viel Freude in den sonst trüben Tag gebracht hat. Denn an diesem Sonntag, den 16. April 2023 feierte kein Geringerer als Henning Protzmann mit seiner Band PANTA RHEI sein 60-jähriges Bühnenjubiläum. Henning Protzmann muss man dem geneigten Musikfreund wohl kaum vorstellen, bespielte er doch in zahlreichen großen Bands den Bass, etwa PANTA RHEI, KARAT, LIFT oder in den Gruppen von Klaus Lenz und Manfred Krug.


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Nach ein paar einleitenden Worten von Amiga-Chef Jörg Stempel betrat Henning zunächst nur mit Schlagzeuger Carsten Gradmann und Pianisten Matthias Hessel die Bühne, um das Programm mit dem Instrumentaltitel "Moten Swing" zu beginnen, einem alten Jazz Standard von Bennie Moten, der - wie der Name schon andeutet - ziemlich swingt. Während des Eingangstitels betraten auch die restlichen Musiker die Bühne: die Bläsersektion, bestehend aus Lars Juling, Stefan Schätzke und Semjon Barlas, und Gitarrist Michael Lehrmann. Nach dem schmissigen zweiten Instrumental "Soulness", bei dem vor allem auch Matthias Hessel schön über die Tasten wirbeln konnte, begrüßte Henning das Publikum, gab einige Einblicke in die Bedeutung, die das Steintor Varieté in seiner Karriere hatte (denn hier war er schon häufig aufgetreten) und stellte schließlich die Band vor.

Nun betrat auch Sänger Ben Mayson die Bühne und durfte gleich mit einem Titel starten, der - wie Henning es formulierte - einem Tanz auf dem Vulkan gleicht: "Alles fließt". Der Song dürfte vielen PANTA RHEI-Fans noch gut in Erinnerung sein; er wurde hier sehr druckvoll und sehr nah am originalen Arrangement gespielt. Diesen sehr groovigen Titel live erleben zu dürfen, ist wirklich ein ganz besonderes Erlebnis! Etwas ruhiger wurde es nun mit dem "Blues", ein Titel, der vielen noch mit Veronika Fischer in Erinnerung sein dürfte. Ben Mayson brachte ihn aber mindestens genauso gefühlvoll zu Gehör. Das nun folgende, sanft dahinfließende "Aus und vorbei" gehörte dann für mich persönlich zu den absoluten Highlights des Abends.


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Nach diesem kleinen Block alter PANTA RHEI-Nummern folgte ein Titel, den Henning im Jahr 2010 auf einer sehr raren Single veröffentlicht hatte: "Sommerwind". Der Titel versprühte echtes Reggae-Feeling; ein Song, wie eine Tour mit dem Cabrio im Sommer. Das darauf folgende "Geld und schöne Welt" fußt auf dem "Blues" von KARAT aus dem Jahr 1979. In dieser Version kommt der Song aber viel swingiger daher. Zudem hat Henning eine zweite Strophe getextet, frei nach dem Motto: "es dreht sich nur ums Geld, in dieser schönen Welt". Ein weiteres absolutes Highlight folgte mit "Auf den Meeren", ein Titel mit einer sehr präsenten Basslinie, einem tollen Groove und einem tiefsinnigen Text von Kurt Demmler. Das Original von KARAT dürfte noch recht bekannt sein.

Und jetzt hieß es: Bühne frei für Maschine mit "Lebenszeit". Klar, dass bei diesem Klassiker das ganze Publikum laut mitsang. Den Gesangspart teilte sich Maschine mit Ben Mayson, was auch wunderbar passte. Ein kleiner oder auch größerer Stilbruch waren dann die "Eisbären". Klar, auch diesen Titel konnte fast jeder im Publikum mitsingen. In einer Version mit einer bläsergestützten Jazzrock-Band dürfte aber bisher kaum jemand dieses Lied gehört haben. Das war tatsächlich mal was ganz anderes und eine gelungene Überraschung, auch wenn man im Fundus von Maschine sicher viele andere passende Songs gefunden hätte. Mit "Was bleibt" wurde das Publikum in die Pause entlassen. Im Refrain heißt es hier: "Was bleibt, was uns bleibt, sind Freunde im Leben". Ich denke, diese Zeile war in diesem Fall ganz zentral gemeint, denn Maschine und Henning verbindet eine längere Freundschaft.


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Nach der Pause läutete ein donnerndes E-Piano die zweite Runde ein. Der Titel "What I Say" eröffnete einen kleinen Block, der Ray Charles gewidmet war, dem "Hohepriester des Soul". Nahtlos folgten die Klassiker "Let The Good Times Roll" und "Halleluja, I Love Her So". Jörg Stempel kündigte danach "einen kleinen Bildungsteil" an und bat Gerald Marleux auf die Bühne, einen renommierten Bassgitarrenbauer aus Clausthal-Zellerfeld. Marleux erzählte ein bisschen von seiner Arbeit und davon, was einen guten E-Bass ausmacht. Als ganz besonderes Präsent zum Bühnenjubiläum bekam Henning dann einen eigens gefertigten Signature-Bass überreicht, hergestellt ausschließlich aus heimischen Hölzern. Fraglos ein ganz besonders edles Instrument, das Henning dann auch sogleich mit einem kleinen, aber absolut fantastischen Solo vorstellte. Wer noch das Bass-Solo vom Karat-Livealbum "Auf dem Weg zu euch" im Ohr hat, kann sich das einigermaßen vorstellen, wobei Henning hier auch ein paar seiner "Signature-Licks" (etwa Phrasen aus dem PANTA RHEI-Titel "Kinder dieser Welt") einbaute.

Dem kleinen E-Bass-Exkurs folgte der Instrumentaltitel "Walk Tall", der schließlich nahtlos in "Mercy, Mercy, Mercy" überging. Beide Titel stammen von Joe Zawinul und obwohl hier in eher lässigem Tempo gespielt, kann man sie getreu eines Zitats von Zawinul selbst gut zusammenfassen: "Für mich steht der Groove an erster Stelle. Ohne ihn spiele ich gar nicht erst." Mit "Cold Duck Time" spielte die Band einen von Hennings Lieblingstiteln, der vor allem in der Version von Al Jarreau bekannt wurde.
 
 
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Nun betrat der nächste Spezialgast die Bühne: Werther Lohse. Bekanntlich hatte Henning ja auch etliche Jahre bei LIFT die dicken Saiten gezupft. Lohse, noch immer sehr gut bei Stimme, sang mit der Band die beiden LIFT-Klassiker "Jeden Abend" und "Wasser und Wein", die beim Publikum ausgesprochen gut ankamen und vielfach mitgesungen wurden. In einer ganz besonderen Version folgte "Teach Me Tonight", ein bekannter Jazz-Standard. Henning hatte für diese Nummer extra einen deutschen Text verfasst, denn man kann sich beim englischen Original natürlich schon fragen, was man des Nachts denn noch lernen solle … In Hennings deutscher Version heißt es dann unter anderem: "Lass mich bitte nicht im Regen steh'n, Regen bringt zwar Segen, doch es wär schön, hättest du für mich heut Abend Zeit - teach me tonight". Charmant gelöst!

Fats Dominos "I'm Walking" und "Blue Berry Hill" sowie der Traditional "When The Saints" bildeten medley-artig zusammengefasst eine äußerst schmissige Gute-Laune-Einlage. Ray Charles' Riesenhit "Hit The Road Jack" gab dem Publikum noch einmal die Möglichkeit mitzusingen; hierzu leitete Ben Mayson das Publikum zu fast halsbrecherischen Call-And-Response-Gesängen an. Und damit war das Konzert auch fast vorbei. Aber natürlich gab es noch eine Zugabe. Zur Reprise von "Was bleibt" kamen alle an diesem so schönen Bühnenabend Beteiligten noch einmal auf die Bühne - und das Publikum hielt es nicht mehr auf den Sitzen. Gefühlvoll endete der Abend mit einer wirklich exzellent dargebotenen Version des gefühlvollen "You Are So Beautiful" von Billy Preston.


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Es war kurz gesagt wirklich ein wunderbarer Konzertabend mit einem total bunten und abwechslungsreichen Programm. Die Moderationen von Jörg Stempel und Henning Protzmann waren sehr sympathisch und spontan und zeugten von einem großartigen Humor. Die Musiker konnten ihr Können unter Beweis stellen, wobei alle gleichermaßen ihren Anteil am musikalischen Endergebnis hatten. Ich werde Henning Protzmanns PANTA RHEI, wenn es mir möglich ist, definitiv wieder besuchen. Und ich denke, das wird der Großteil des Publikums an diesem Abend auch gedacht haben, denn die Stimmung war einfach super, auch wenn das Konzert etwas besser hätte besucht werden können. Am Ende einfach noch einmal Danke an alle Beteiligten für diesen schönen Abend!











   
   
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