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Ein Bericht von Christian Reder mit Fotos von Eugen Zymner




Introduktion
Corona ist vorbei. Ne, falsch ausgedrückt … Der Zirkus rund um Corona ist vorbei. So muss es richtig heißen. Die Maskenpflicht ist weitestgehend gefallen, die Klubs und Konzertsäle haben wieder offen, und insgesamt zieht wieder der Alltag in unser aller Leben ein. Der war ja lange nicht mehr der, der er mal war. Sogar Stubenarrest haben wir als Erwachsene und mündige Bürger bekommen. Dabei hatten wir gar nix angestellt. Das alles zog weite Kreise, auch bei uns als Verein. Darum haben wir von Deutsche Mugge auch am 1. Dezember 2019 das letzte Konzert auf die Beine stellen können und uns dann - wie viele andere auch - verkriechen müssen. Das war damals die Mugge mit Dirk Zöllner hier in Castrop-Rauxel, dann kam der ungebetene Gast aus China und der Rattenschwanz an Verboten, Absagen, Schließungen und anderen Unannehmlichkeiten, den er nach sich zog. Das Virus ist nicht weg, aber inzwischen wohl nicht mehr so gefährlich, wie uns vor knapp zwei Jahren noch erzählt wurde. Also kommen wir von Deutsche Mugge auch wieder aus unserem Versteck und organisieren zweieinhalb Jahre später (!!!) das erste Konzert nach eingangs erwähntem "Zirkus". Ohne Masken, ohne Abstand halten zu müssen und ohne die Gefahr, dass man uns kurz vor Beginn noch sagt, wir dürfen nicht … Für das "Comeback" haben wir außerdem auch eine neue Location gefunden.


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Brauhaus Rütershoff in Castrop-Rauxel (Foto: Brauhaus)



Ein neues Zuhause
Das Brauhaus Rütershoff in Castrop-Rauxel ist nun der Tatort zukünftiger Veranstaltungen kultureller Art und war am Gründonnerstag des Jahres 2023 das Ziel interessierter Musikfreunde. Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist das Brauhaus für sein selbstgebrautes Bier, seine ausgezeichnete Küche und für das tolle Ambiente. Der hintere Saal mit seiner kleinen Bühne eröffnet uns für das, was wir vor haben, neue Möglichkeiten. Hier waren wir vor acht Jahren schon einmal. Damals mit einer Lesung von Andreas Hähle und der dazu passenden Musik vom Fährmann. Lange her, und danach ist viel passiert. Jetzt sind wir wieder da. Und wir freuten uns schon seit der Entscheidung, hierher zu gehen und Musik auf die Bühne zu bringen, darauf, dass es wieder losgeht.

Der Star des Abends
Ebenfalls über die Stadtgrenzen seines Zuhauses bekannt ist der Künstler, der hier in diesem Jahr den Anfang macht. Hans Wintoch, der allen Lesern aber wohl besser als HANS DIE GEIGE bekannt sein dürfte. In diesem Jahr feiert er sein 50-jähriges Dienstjubiläum, geht entsprechend mit dem dazu passenden Programm auf Tour und macht damit auch Station im Ruhrpott. Also bei uns. Stolze fünf Dekaden steht er inzwischen auf der Bühne. Als er karrieremäßig loslegte, waren einige der Konzertbesucher vom Gründonnerstag noch blutjung. Andere - wie der Autor dieser Zeilen - sind damals noch mit der Trommel um den Christbaum gelaufen, und wieder Andere - wie meine sympathische Tischnachbarin oder die freundliche Bedienung des Hauses - waren noch gar nicht da. Der "Geigen-Hans" selbst durchlief nach dem Start verschiedene Stationen, spielte u.a. bei der Schubert Formation, bei Reform, bei LIFT und einer Kapelle namens Kleeblatt, ehe er sich ab Mitte der 80er als Solist allein durch die Musikwelt schlug. An zig Studio-Produktionen war er bis heute beteiligt und hat selbst auch schon einige Platten in Umlauf gebracht. Die aktuellste ist eine Trilogie mit der Überschrift "50 Jahre Rockgeiger", und damit hat er etwas abgeliefert, das meines Wissens kein anderer Künstler und keine andere Band im Angebot hat. Auf drei CDs gibt er eine Kostprobe seiner eigenen Songs - alte und ganz neue - und Lieder anderer Künstler/Bands, an denen er aktiv beteiligt war, u.a. Frank Schöbel, Farfarello & Quaster oder Gruppe Magdeburg. Ein fettes Bündel das abwechslungsreicher nicht sein kann und einen Abend gut mit Spannendem füllt. Genauso wie das, was er uns in seinem Live-Programm präsentierte.


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Hans Wintoch (Foto: Eugen Zymner)



Das Konzert (Vorbereitungen)
Der Arbeitstag des Geigen-Hans begann schon früh. Kurz nach dem Mittag wurde sein Equipment ins Brauhaus getragen. Aufbau, Soundcheck, abschließendes Begutachten der Umgebung … erst dann konnte sich der zum Perfektionismus neigende Künstler entspannen. Das muss alles erst stehen, sonst hat er keine Ruhe. Zwei Stunden vor dem Startschuss traf das Team vom Fernsehen ein und richtete sich im Saal ein. Der Abend sollte mit- und für die Ausstrahlung im Lokalfernsehen zusammengeschnitten werden. Der Rundfunk und die Lokalpresse hatten ja bereits vorab von des Hans' Erscheinen im Pott berichtet. Die Kollegen vom Fernsehen tun dies demnächst mit einer Nachschau, die wir hier dann auch anbieten werden. Für diesen Beitrag wurde kurz vor dem Einlass noch ein Interview mit Hans geführt, und dann konnte es endlich losgehen. Eine halbe Stunde vor dem angekündigten Beginn plauderte der Geigen-Hans noch entspannt mit Konzertbesuchern und pünktlich um 20:00 Uhr erklangen die ersten Töne seines Intros …

Das Konzert (1. Halbzeit)
Eins wird sofort deutlich. Der Mann mit der Geige da vorn hat gute Laune. Er hat Bock. Es braucht kein Riesenensemble, um einen geilen Sound von der Bühnenkante in Richtung Publikum zu wuppen, denn die Begleitmusik hat Hans höchst appetitlich selbst eingespielt und lässt sie vom Band laufen. Und daran, dass man auch nach 50 Jahren Arbeitsleben noch hungrig und heiß sein kann, und keinesfalls satt und routiniert sein muss, lässt er von Minute 1 an auch keine Zweifel aufkommen. Routine hat er aber doch, nämlich mit seinem Bogen und den vier Saiten, die er damit bearbeitet. Das klingt sauber, was er da spielt, das klingt nach "Spaß am Beruf" und es klingt frisch. Frischer als man erwarten würde, bedenkt man, dass die Geige ja eigentlich ein klassisches Instrument ist und beim Rock doch eher die Stromgitarre im Vordergrund steht. Egal, hier ist die Stromgitarre eine verstärkte Geige, und die rockt auch ordentlich.


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Außer als Musikant zeigt sich Hans Wintoch zudem auch als guter Entertainer und Erzähler. Zu jedem seiner Lieder hat er eine Geschichte parat. Gleich an dritter Stelle im Set steht mit "Neu geboren" ein eigener Song, der biographisch ist und mit dem er sich dem Publikum musikalisch näher vorstellt. Als dieser gespielt ist, tut er dies auch mit einer Ansage zum nächsten Titel. HANS DIE GEIGE erzählt da nämlich, dass die Gruppe KANSAS mit dafür verantwortlich ist, dass er von der Klassik zur Rockmusik wechselte, und dann lässt er umgehend deren größten Hit "Dust in the wind" folgen. Etwas später erinnert er an seinen Freund und Kollegen Klaus Scharfschwerdt, der vor kurzem gestorben ist. Mit ihm zusammen hatte er die Gruppe NEULAND, die er nun allein weiterführen möchte. Aus dem Repertoire dieser Formation folgte "Flieg mit mir", und mit dem Wissen im Hinterkopf, dass Klaus und er bis zuletzt an neuer Musik, insbesondere an diesem gerade näher beschriebenen Album zum Jubiläum, gearbeitet haben und sie außerdem eine tiefe Freundschaft verband, wächst einem eine Gänsehaut unter dem dicken Pelz. Als wolle er dies noch unterstreichen, lässt er das Thema aus dem Film "Forest Gump" folgen. Hans erzählt über den Moment, als er das Stück zum ersten Mal hörte, und wie es ihn vom eigentlichen Film komplett ablenkte. Die zerbrechlich wirkende und sehr emotional gespielte Melodie flutet den Raum und es ist still … Vom Publikum ist kein Mucks zu hören.

Aufhorchen lässt er uns dann einmal mehr, als er von einem Trip in die Staaten nach San Francisco und einem Videodreh zum Song "Sky" erzählt. Der Clip sei zwar nie auf MTV gelaufen, die Herstellung habe ihm aber trotzdem viel Spaß gemacht. Dass die Nummer am Donnerstag im Set war, hat vielleicht auch damit zu tun, dass sich eine einzelne Dame diesen gewünscht hatte. Aber so großartig wie er ist, sollte er zum unaustauschbaren Fixpunkt auf Hans' Setlists gehören. Kurz vor Neune lässt der Musiker noch das Stück "Für W" erklingen, das er für seinen Kumpel und ehemaligen Mitstreiter bei der Gruppe MAGDEBURG, Peter Werneburg, schrieb. Auch die Geschichte weiß er spannend zu erzählen und schickt uns im Anschluss mit dem Hinweis in die "Brause Pause", dass man während der nächsten Minuten auch schon mal kurz am Fanartikelstand vorbei schauen könne. Dort lägen allerlei interessante Souvenirs, deren Anschaffung sich lohnen, wird uns mitgeteilt. Von diesem Angebot wird dann auch seitens der Zuhörer massiv Gebrauch gemacht …

Finden weiterer neuer Freunde in der Pause
Wieder geht der Hans nicht etwa raus und versteckt sich in einer Garderobe, sondern steht mitten unter den Leuten und plaudert. Sogar auf dem Weg zu den Sanitären Anlagen lernt Hans neue Leute kennen. Da der Ruhrpottler von Natur aus recht unkompliziert und spontan ist, interessieren sich die beiden neuen Bekannten von Hans für Mensch und Musik, folgen ihm und sitzen plötzlich mit im Saal, um ihm im zweiten Teil zuzuhören.


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Hans Wintoch (:Foto Eugen Zymner)



Das Konzert (2. Halbzeit)
Dieser wird mit "Klassik II" eingeläutet, über das Hans augenzwinkernd sagt, es sei bei Bach gemopst aber in E-Dur arrangiert worden. Aus dem gleichen Bereich kommt das wenig später gespielte "Ave Maria", im Original von Franz Schubert, zu dem der Musiker die Anekdote vom Biker-Treffen zum Besten gibt. Dort habe er die Nummer mal vor 1.500 Bikes und 2.000 Leuten gespielt. Ein ungewöhnlicher Ort für dieses Stück? Aber nicht, wenn er es dort so gespielt hat wie hier, denn dann dürfte auch der härteste Stein weich geworden sein. Weiter geht die wilde Fahrt mit "Das alles bin ich", dem Stück, das der aktuellen Tour seinen Namen gibt und das er mit Dirk "Scholle" Zöllner unlängst neu eingespielt hat, und einer "politischen" Nummer namens "Guten Morgen Deutschland". Hier zuppelt dem Auditorium ein straffer Beat am Bein, so dass man eigentlich tanzen möchte. Aber vielmehr hört man der Botschaft zu, die in dem Lied steckt. Hans zeigt damit Haltung, äußert seine Meinung zur Lage der Nation und bekennt Farbe. Ist es nicht genau das, was man immer von unseren Künstlern verlangt? Da habt Ihr einen!

Nach so viel Tagesaktualität ist dann wieder Zeit für klassisches Liedgut. Aber nicht von ganz alten Meistern, sondern von mittelalten. Queen ziehen im Brauhaus ein. Zumindest ihr Lied "Bohemian Rhapsody", denn der Geigen-Hans hat davon eine eigene Version im Gepäck. Die Leute im Saal sind schon seit der ersten Hälfte extrem angetan von ihm und seinem Spiel, und sind es jetzt noch mehr. Einen Brandbeschleuniger kippt der Hans anschließend noch mit dem Joe-Cocker-Klassiker "Up Where We Belong" nach. Die CD-Version mag ich eigentlich nicht. Da ist beim Mischen etwas schief gegangen. Aber in der Live-Version holt er mich damit voll ab. Und ich bin nicht alleine, was man deutlich am Applaus danach ablesen kann. Am Ende verteilt HANS DIE GEIGE an jeden im Saal für sein Kommen noch eine Rose. Allerdings mit "The Rose" in Liedform und ohne Dornen. Dann ist Feierabend. Die böse Uhr hat extrem viel Zeit gefressen. Der wohlverdiente Feierabend ist für den Künstler jetzt in greifbare Nähe gerückt.

Etwas Leckeres zum Nachtisch?
Echt? Schon Schluss? Natürlich nicht. Auch HANS DIE GEIGE kann ein Konzert nicht ohne Zugaben beenden. Dafür hat er "Irish Eyes" ausgewählt, das er den Leuten aus dem Ruhrpott quasi als Dessert servieren möchte. Noch einmal fasst er den Leuten damit ans Tanzbein, denn die Taktzahl geht dabei ebenso nach oben wie die "Kilometer", die der Musikant bei dieser Nummer mit dem Bogen auf seinen Saiten zurücklegt. Und wieder erntet HdG lauten Beifall und den Wunsch von irgendwo im Saal, doch noch ein weiteres Stück zu spielen. Und für die letzte Zugabe bemüht er dann die Kollegen aus Ungarn von OMEGA. Er erzählt, dass er sich die folgende Nummer extra für ganz zum Schluss und einer evtl. weiteren Zugabe aufgehoben habe. Einst stand er mit OMEGA in Budapest vor 120.000 Zuschauern auf der Bühne und das Lied erinnere ihn an diesen besonderen Moment. 120.000 sind es hier in CAS zwar nicht geworden … aber auch im kleinen Kreise scheint Hans Wintoch eine Menge Spaß und vielleicht den einen oder anderen Gänsehautmoment gehabt zu haben. Ersteres war ihm - wie schon gesagt - anzusehen, Letzteres wünsche ich mir für ihn.


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Hans Wintoch (Foto: Eugen Zymner)



Total geile "Band" und Road-Crew
Diesen Absatz hier muss ich jetzt der "Band" und Road-Crew von Hans widmen, denn er ist seit ein paar Jahren nie allein unterwegs. An seiner Seite wirkt Dani Wintoch - Ehefrau, Managerin, Technikerin für Ton und Licht, und Alleinunterhalterin in Sachen Auf- und Abbau. Sie überlässt nichts dem Zufall, weder das, was man am Ende hören, noch das, was man sehen kann. Das Bühnenbild, der Klang im Saal, die Licht-Show als Verstärkung dafür, dass die von Hans gespielten Lieder noch tiefer in die Seele der Hörer tauchen können, dass der Musiker vor, während und nach der Show rundum zufrieden ist, dass der Konzertbesucher in der Pause und hinterher mit "Musik für Daheim" und gedruckten Erzeugnissen gut versorgt ist … das alles ist ihr Werk. All das findet leise im Hintergrund, ohne viel Tamtam und für den, der das Auge nur in Richtung Bühne gerichtet hat, kaum wahrnehmbar statt. Beide bilden ein eingespieltes Team und das Ergebnis spricht für sich. Hans, da haste ein Goldstück!

Fazit:
Am Ende ist zu konstatieren, dass die Castroper, die den Weg ins Brauhaus gefunden haben, einen vergnüglichen und energiegeladenen Abend erlebt haben. Es war den Leuten an den Gesichtern abzulesen, wie viel Spaß sie hatten. Hinterher saß man noch zusammen, Hans wieder mittendrin, und plauderte über alles Mögliche. Über seine Berufung tut er dies übrigens immer mit voller Leidenschaft. Zeig mir mal einen, der das nach 50 Jahren Berufsleben noch so macht … Beim Plaudern entstand auch die Idee, dass dieser Abend im kommenden Jahr an gleicher Stelle eine Wiederholung haben soll. Hans kommt also wieder. Wir freuen uns drauf!



Setlist:
Zum Vergrößern bitte anklicken

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Die nächsten Termine von Deutsche Mugge:
• 14.04.2023 - Zofia Charchan - Halberstadt - Halberstädter Hof
• 16.04.2023 - Henning Protzmann - Halle/S. - Steintor Varieté
• 25.05.2023 - Christian Haase - Castrop-Rauxel - Brauhaus
• 31.08.2023 - Manuel Schmid/Marek Arnold - Castrop-Rauxel - Brauhaus
• 28.09.2023 - Trio Farfarello - Castrop-Rauxel - Brauhaus
• 26.10.2023 - Whysker - Castrop-Rauxel - Brauhaus

Alle Angaben ohne Gewähr!



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Hans die Geige: www.rockgeiger.de




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