Ein Bericht mit Fotos von Petra Meißner
Standesgemäßer ging es nicht. An der berühmten Eingangstür zum Tivoli in Freiberg prangte ein Zettel: "Eingang zur Veranstaltung mit Andreas Freiberg über den Bühneneingang". So gelang es mir, mal die heiligen Hallen von hinten zu sehen, einschließlich des berühmten roten Sofas in der Garderobe. Das ist genau der Blickwinkel, der das Berufsleben von Andreas Freiberg ausgemacht hat.
Ich erzähle heute von einer musikalischen Lesung im Chillout des Tivoli. Es gibt viele Ostrocker, die ihr Leben zwischen zwei Buchdeckel gezwängt haben und dem geneigten Fans so ungeahnte Einblicke gewähren. Aber ich glaube Andreas Freiberg ist der erste Techniker einer Rockband, der von hinter der Bühne erzählt. Die erzwungene Corona-Pause nutzte er um seine Erinnerungen zu Papier zu bringen. Im Gepäck hatte er reichlich Bücher mit dem Titel "Freibergs Freiheit" und im Schlepptau zwei Musiker von Bands, die mal seine Arbeitgeber waren.
Damit ließ er die Bands SIMPLE SONG und ZWEI WEGE wieder auferstehen. Das alles ist über 40 Jahre her und besagte Bands spielen ansonsten längst nicht mehr. Diese Wiedervereinigung auf der Bühne hatte etwas Magisches. Der Spaß, den die alten Barden hatten, übertrug sich sofort auf das Publikum. Erschienen waren in Freiberg H.C. Schmidt und Tommy Lehmann, beide waren früher bei SIMPLE SONG und ZWEI WEGE. Ersteren hatte ich schon einige Male gesehen und noch die Titel von ZWEI WEGE im Ohr, die er ab und zu solistisch oder mit Bands wie den CRAZY BIRDS gespielt hat. Hans Christian - so sein vollständiger Vorname - hat verschiedene Soloprogramme, mit denen er noch unterwegs ist. Er zieht mich immer wieder in seinen Bann, Stimme und Ausdruck sind etwas ganz Besonders. Tommy Lehmann hatte ich wegen einer ganz anderen Sache auf dem Schirm. Er hat auch ein Buch geschrieben, was ich mir als Faltbootfahrerin schon lange mal besorgen wollte. Im Tivoli ergab sich die Gelegenheit, "Allein auf der Elbe" zu erstehen, und deshalb habe ich jetzt eigentlich gar keine Zeit, was von gestern aufzuschreiben. Sein Abenteuer über 1.000 km auf der Elbe mit dem Faltboot lockt.
Der Autor Andreas Freiberg wollte immer etwas mit Musik machen, was daran scheiterte, dass er kein Instrument spielt und seinen Musiklehrer gern zu Weißglut gebracht hat. Er ist im Erzgebirge in Wolkenstein aufgewachsen und hat dort den Beruf des Elektrotechnikers gelernt. In "Freibergs Freiheit" erzählt er spannend von einem längst verblichenen Land und der verronnenen Zeit. Wenn man diese Epoche miterlebt hat, auch aus einem ganz andern Blickwinkel, sind seine unaufgeregten, nüchtern berichteten Erinnerungen ein Schatz. Freiberg schreibt über das, was alle Ostrockfans gern lesen wollen. Die große Zeit auf den Dorfgasthofsälen und den Klubhäusern ist vielen noch so gegenwärtig, als sei es gestern erst gewesen. Es wurden Legenden gestrickt und diese werden fleißig weitergesponnen. Die Geschichten von der Trasse, Tricks und Kniffe zur Beschaffung von begehrter Westtechnik für die Bühne, Katz-und-Maus-Spiel mit den DDR-Behörden, das alles haben schon viele Akteure von damals aufgeschrieben. Bei Andreas Freiberg klingt es besonders authentisch, er erzählt sein Leben wie an einem Faden ohne Luft zu holen. Diesem Tempo folgt der Leser, ich stellte jedenfalls nach anderthalb Tagen fest: Mist, schon ausgelesen. Wie kann man sich so viele Orte und Personen merken? Das Geheimnis von Andreas Freiberg ist, er hat alle alten Terminkalender aufgehoben.
Der Soundtrack zum Buch, gespielt von Tommy und Hans Christian, lässt die alten Zeiten wieder lebendig werden. Die Arbeitsteilung auf der Bühne geht so: Tommy Lehman als ehemaliger Musiker und Theatermann übernimmt gekonnt die Moderation. Er versteht es, Andreas die richtigen Stichwörter zu geben. Anfangs merkte man dem Autor die Aufregung an, die sich schnell legte, als er feststellte, dass das Publikum gespannt zuhörte. Er las locker vom Hocker und flocht auch lustige Anekdoten ein. H.C. Schmidt glänzte mit seinem Charisma und spielte mit Tommy Lehmann viele alte Songs. Er ist auch ein begnadeter Geschichtenerzähler. Gewartet hatte ich auf "Halt mich fest" und "So komm", und wurde nicht enttäuscht. Übrigens, wenn ein ehemaliger Ton- und Licht-Mann selbst auf der Bühne steht, gibt es einen entscheidenden Vorteil. Die Musikanlage läuft lupenrein und das Licht ist so, dass selbst völlig unbegabte Menschen wie ich halbwegs brauchbare Bilder hinbekommen.
Nach der Wende stand Andreas vor den gleichen Problemen, wie fast alle Bühnenakteure unseres ehemaligen Landes. "Was tun?", war die Frage. Er schaffte es, wieder auf die Füße zu fallen, wie man landläufig sagt. Hat er früher Licht gemacht, steht er heute mit einer eigenen Firma im Rampenlicht. Er promotet Künstler und ist dann außerdem noch für die Hamburger Plattenfirma Edel Musik tätig. Aus diesem Job der Neuzeit stammt seine Beziehung zum Überraschungsgast des Abends. Kein geringerer als Quaster von den PUHDYS war an seiner alten Wirkungsstätte erschienen. Vor über einem halben Jahrhundert begann für Dieter Hertrampf hier seine erfolgreiche Musikerkarriere. Er hat immer noch eine ganz besondere Beziehung zum Tivoli und am gestrigen Abend ist er einfach mal so vorbeigekommen.
Hoch anrechnen muss man ihm, dass er zum Ende der Veranstaltung auf die Bühne kletterte und mit den Musikern und dem Publikum das Volkslied vom alten Baum sang. Hatte da stark mit den Wellen zu kämpfen, so viele Bilder und Erinnerungen kamen an geschichtsträchtiger Stätte hoch. Wenn jetzt Andreas Freiberg einer wäre, der gern auf den Putz haut, würde er sofort sein Buch ergänzen mit er Einlassung, "Ich habe auch schon mit den Puhdys gespielt." Aber so ist er nicht! Gestern Abend lernte ich ihn als einen sehr angenehmen Zeitgenossen kennen, der auf dem Teppich geblieben ist und dessen Herz für die Musik von hier schlägt.
Ich erzähle heute von einer musikalischen Lesung im Chillout des Tivoli. Es gibt viele Ostrocker, die ihr Leben zwischen zwei Buchdeckel gezwängt haben und dem geneigten Fans so ungeahnte Einblicke gewähren. Aber ich glaube Andreas Freiberg ist der erste Techniker einer Rockband, der von hinter der Bühne erzählt. Die erzwungene Corona-Pause nutzte er um seine Erinnerungen zu Papier zu bringen. Im Gepäck hatte er reichlich Bücher mit dem Titel "Freibergs Freiheit" und im Schlepptau zwei Musiker von Bands, die mal seine Arbeitgeber waren.
Damit ließ er die Bands SIMPLE SONG und ZWEI WEGE wieder auferstehen. Das alles ist über 40 Jahre her und besagte Bands spielen ansonsten längst nicht mehr. Diese Wiedervereinigung auf der Bühne hatte etwas Magisches. Der Spaß, den die alten Barden hatten, übertrug sich sofort auf das Publikum. Erschienen waren in Freiberg H.C. Schmidt und Tommy Lehmann, beide waren früher bei SIMPLE SONG und ZWEI WEGE. Ersteren hatte ich schon einige Male gesehen und noch die Titel von ZWEI WEGE im Ohr, die er ab und zu solistisch oder mit Bands wie den CRAZY BIRDS gespielt hat. Hans Christian - so sein vollständiger Vorname - hat verschiedene Soloprogramme, mit denen er noch unterwegs ist. Er zieht mich immer wieder in seinen Bann, Stimme und Ausdruck sind etwas ganz Besonders. Tommy Lehmann hatte ich wegen einer ganz anderen Sache auf dem Schirm. Er hat auch ein Buch geschrieben, was ich mir als Faltbootfahrerin schon lange mal besorgen wollte. Im Tivoli ergab sich die Gelegenheit, "Allein auf der Elbe" zu erstehen, und deshalb habe ich jetzt eigentlich gar keine Zeit, was von gestern aufzuschreiben. Sein Abenteuer über 1.000 km auf der Elbe mit dem Faltboot lockt.
Der Autor Andreas Freiberg wollte immer etwas mit Musik machen, was daran scheiterte, dass er kein Instrument spielt und seinen Musiklehrer gern zu Weißglut gebracht hat. Er ist im Erzgebirge in Wolkenstein aufgewachsen und hat dort den Beruf des Elektrotechnikers gelernt. In "Freibergs Freiheit" erzählt er spannend von einem längst verblichenen Land und der verronnenen Zeit. Wenn man diese Epoche miterlebt hat, auch aus einem ganz andern Blickwinkel, sind seine unaufgeregten, nüchtern berichteten Erinnerungen ein Schatz. Freiberg schreibt über das, was alle Ostrockfans gern lesen wollen. Die große Zeit auf den Dorfgasthofsälen und den Klubhäusern ist vielen noch so gegenwärtig, als sei es gestern erst gewesen. Es wurden Legenden gestrickt und diese werden fleißig weitergesponnen. Die Geschichten von der Trasse, Tricks und Kniffe zur Beschaffung von begehrter Westtechnik für die Bühne, Katz-und-Maus-Spiel mit den DDR-Behörden, das alles haben schon viele Akteure von damals aufgeschrieben. Bei Andreas Freiberg klingt es besonders authentisch, er erzählt sein Leben wie an einem Faden ohne Luft zu holen. Diesem Tempo folgt der Leser, ich stellte jedenfalls nach anderthalb Tagen fest: Mist, schon ausgelesen. Wie kann man sich so viele Orte und Personen merken? Das Geheimnis von Andreas Freiberg ist, er hat alle alten Terminkalender aufgehoben.
Der Soundtrack zum Buch, gespielt von Tommy und Hans Christian, lässt die alten Zeiten wieder lebendig werden. Die Arbeitsteilung auf der Bühne geht so: Tommy Lehman als ehemaliger Musiker und Theatermann übernimmt gekonnt die Moderation. Er versteht es, Andreas die richtigen Stichwörter zu geben. Anfangs merkte man dem Autor die Aufregung an, die sich schnell legte, als er feststellte, dass das Publikum gespannt zuhörte. Er las locker vom Hocker und flocht auch lustige Anekdoten ein. H.C. Schmidt glänzte mit seinem Charisma und spielte mit Tommy Lehmann viele alte Songs. Er ist auch ein begnadeter Geschichtenerzähler. Gewartet hatte ich auf "Halt mich fest" und "So komm", und wurde nicht enttäuscht. Übrigens, wenn ein ehemaliger Ton- und Licht-Mann selbst auf der Bühne steht, gibt es einen entscheidenden Vorteil. Die Musikanlage läuft lupenrein und das Licht ist so, dass selbst völlig unbegabte Menschen wie ich halbwegs brauchbare Bilder hinbekommen.
Nach der Wende stand Andreas vor den gleichen Problemen, wie fast alle Bühnenakteure unseres ehemaligen Landes. "Was tun?", war die Frage. Er schaffte es, wieder auf die Füße zu fallen, wie man landläufig sagt. Hat er früher Licht gemacht, steht er heute mit einer eigenen Firma im Rampenlicht. Er promotet Künstler und ist dann außerdem noch für die Hamburger Plattenfirma Edel Musik tätig. Aus diesem Job der Neuzeit stammt seine Beziehung zum Überraschungsgast des Abends. Kein geringerer als Quaster von den PUHDYS war an seiner alten Wirkungsstätte erschienen. Vor über einem halben Jahrhundert begann für Dieter Hertrampf hier seine erfolgreiche Musikerkarriere. Er hat immer noch eine ganz besondere Beziehung zum Tivoli und am gestrigen Abend ist er einfach mal so vorbeigekommen.
Hoch anrechnen muss man ihm, dass er zum Ende der Veranstaltung auf die Bühne kletterte und mit den Musikern und dem Publikum das Volkslied vom alten Baum sang. Hatte da stark mit den Wellen zu kämpfen, so viele Bilder und Erinnerungen kamen an geschichtsträchtiger Stätte hoch. Wenn jetzt Andreas Freiberg einer wäre, der gern auf den Putz haut, würde er sofort sein Buch ergänzen mit er Einlassung, "Ich habe auch schon mit den Puhdys gespielt." Aber so ist er nicht! Gestern Abend lernte ich ihn als einen sehr angenehmen Zeitgenossen kennen, der auf dem Teppich geblieben ist und dessen Herz für die Musik von hier schlägt.