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Ein Bericht von Mario Lengtat mit Fotos von Thomas Leonhard




Mein Weg zu Dirk Zöllner war durchaus eher schwierig, wofür er natürlich nichts konnte. Nein, seine musikalische Laufbahn begann zu einer Zeit, als ich mit dieser Art Musik aus ostdeutschen Landen nicht viel anfangen konnte (wahrscheinlich weil sie so ganz anders war, als die bis dahin gewohnte Ostmugge). Eine erste Begegnung gabs dann also erst vor ca. zehn Jahren anlässlich der Lesung seines ersten Buches. Grund für die Teilnahme war allerdings nicht wirklich er, sondern der ihn damals begleitende Gitarrist, den wir mal wieder treffen wollten und natürlich die Location (Schliwas Weinhandlung Chemnitz), damals eine urige Begegnungsstätte. Und dann kam mir der Meister kurz vor Veranstaltungsbeginn auf dem Weg zur Toilette entgegen, freundlich grüßend wie ein alter Bekannter. Ein erster kleiner Kulturschock. Und mit der eher minimalistisch Art der Instrumentierung (im Wesentlichen zwei Akustik-Gitarren) hatte er mich musikalisch sofort gefangen.

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Seither bin ich Fan von jeglicher Form von Veranstaltung in kleinerer Besetzung bis hin zu den 3Highligen und ZöllnerFive. Lediglich ein Konzert in voller Bandbesetzung hat sich bislang nicht ergeben, steht aber auf der Liste. Das Schöne und Besondere an diesen Veranstaltungen im kleineren Kreis ist: man kann nicht nur seinen musikalischen Göttern (und ich finde es immer wieder schön, wenn man mehrere davon haben darf) lauschen, sondern durchaus auch den Menschen im Künstler etwas kennenlernen. Dirk Zöllner gewährt dabei eine Nähe, die ich so wenig erlebt habe. In verschiedenen Diskussionen wirft man ihm manchmal vor, etwas naiv zu agieren oder keine eindeutige Haltung zu beziehen, wenn er sich auch andere Meinungen als die Vorherrschende anhört oder diese auch mal in Frage stellt. Ich persönlich bin sehr dankbar für dieses Abweichen vom immer häufiger auftretenden Schwarz-Weiß-Diskutieren. Und ich bewundere seine Geduld im Umgang mit den Diskussions-Hardlinern.

Genug der Vorrede. Es stand eine weitere Lesung zum aktuellen Werk des Künstlers an. Das Wasserschloss Klaffenbach ist dafür eine sehr geeignete Location. Für mich einer der romantischsten Flecken in unserer näheren Umgebung, wenn man die vormalige Nutzung außer Betracht lässt. Außerdem war es eine Rückkehr an den Ort unserer Eheschließung. Also ging es die Stufen hinauf bis unters Dach. Die Holzkonstruktion war nicht nur ein Augenschmaus, sondern dürfte auch Anteil an einem guten Klang gehabt haben. Zur Einstimmung noch ein Tröpfchen Rotwein geordert und dann konnte es losgehen.

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Man mag darüber streiten, ob der Begriff "Lesung" treffend ist. Mein Freund meinte z.B., dass "Moderiertes Konzert" passender sei. Mag schon sein, dass "Lesung" für jüngere Ohren vielleicht etwas altbacken und trocken klingt. Das Hauptaugenmerk lag aber durchaus auf den Texten, untermalt von begleitender Musik. Daher passt "Musikalische Lesung" schon ganz gut.

Einleitend gab es einige Worte zur aktuellen Situation in typischer Zöllner-Manier, d.h. verbunden mit dem Wunsch nach mehr Verständnis und weniger Hass auf das jeweilige Gegenüber und vor allem der Suche nach deeskalierenden und friedvollen Lösungen. Im Mittelpunkt stand sodann vorrangig - ganz vereinfacht gesagt - die Rolle des Herzens für den menschlichen Köper, für unser Denken und Handeln und das konkret am Beispiel des Protagonisten. Dirk Zöllner stand dabei im Zwiegespräch mit seinem Herzen für den Kopf oder manchmal auch andere Körperteile. Die Rolle des Herzens verkörperte sein kongenialer Partner Andre Drechsler.

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Ich mag gar nicht zu viel Inhaltliches verraten. Das Herz hatte einigen Grund zur Beschwerde, z.B. wird "… der Rotwein auch eher verkappt als verkostet". Dabei dürfte wohl so Manches nicht nur auf die Künstler, sondern auf viele von uns zutreffen. Jedenfalls wurden die Texte sehr persönlich und authentisch dargeboten. Dazu jeweils thematisch passende Musikstücke (z.B. "Bleifrei", "Zwei Sonnen", "Viel zu weit") aus dem jüngeren und nicht ganz so jüngeren Schaffen des Künstlers. Auch hier wurde zum Gesang fast ausschließlich auf den Klang zweier akustischer Gitarren vertraut. Sehr passend und wohltuend für den Rahmen der Veranstaltung, aber auch um Dirks Stimme - mal ganz sanft, dann rauchig oder auch mal lauter - den nötigen Raum zu geben. Neu für mich war, dass nicht nur eigene Songs, sondern auch nationale und internationale Hits (besser: Evergreens) verwendet wurden. Kurzum: es gab Anlass für viele Schmunzler, manchen Lacher und auch Einiges zum Nachdenken. Die rundum gelungene Veranstaltung wurde abgerundet durch die Zugabe mit einigen Zöllner-Best-Ofs bzw. Wunschtiteln (u.a."Idylle im Krieg", "Käfer auf dem Blatt").

Und nicht zu vergessen: was wäre ein Zöllner-Konzert ohne das anschließende persönliche Gespräch mit den Künstlern; auch das ist eine Besonderheit. Dirk Zöllner und natürlich auch André Drechsler nahmen sich anschließend viel Zeit, um die zahlreichen Wünsche nach Fotos, signierten CDs & Büchern sowie Widmungen zu erfüllen. Ein weiterer Beweis für ein außergewöhnliches Zulassen von Nähe.

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Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, das jeweils aktuelle Werk (hier das Buch "Herzkasper") zu erwerben. Das hat gegenüber dem Kauf im Handel gleich mehrere Vorteile: man kennt den Inhalt vorher nicht und kann sich überraschen lassen; es ist handsigniert; man kann beim Lesen die Konzerteindrücke nochmal nachempfinden. Vielen Dank allen Beteiligten für diesen wunderschönen Abend. Wir sehen uns definitiv wieder.



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Die Zöllner: www.die-zoellner.de






   
   
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