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Ein Bericht mit Fotos von Petra Meißner




Am Ostermontag habe ich einen riesigen, bunten Elefanten gesehen. Ehe jemand fragt: eingeworfen habe ich nichts! Ist das nun bedenklich? Wohl eher nicht. Das Tier befand sich auf der Bühne des Sax 11*Studio auf der Talstraße in Meißen. Diese wiederum ist im Keller einer Wohnanlage für Senioren und Familien. Bedenklich ist eher, diese wunderschöne Kleinkunstbühne haben wir erst jetzt entdeckt. Gemütliche Sofas, eine Bar und eben dieser eindrucksvolle bunte Elefant auf der Bühne. Man merkte, die Macher dort stecken viel Herzblut in dieses Projekt.

b 20220422 1089576948Wegen einer Zirkusverführung waren wir dort aber nicht erschienen. Mein Mann und ich sind bekennende Pakosch-Fans. Wo uns Pákos (sein Künstlername) das erste Mal über den Weg gelaufen ist, kann ich gar nicht sagen. Aber schon einige Jährchen verfolgen wir sein musikalisches Schaffen. Sein Metier sind die Lieder, selbst bezeichnet er sich gern als Liederschmied. Eine treffende Bezeichnung in deutscher Sprache, besser kann man sein künstlerisches Betätigungsfeld nicht in ein Wort fassen. Passt auch deswegen, er ist gelernter Stahlwerker und studierter Sänger. Bernd hat viele Eisen im Feuer. Dem Blasebalg war durch die Pandemie ein bissel die Luft ausgegangen. Aber mit Optimismus und Würde segelte er durch diese Zeiten. Ich muss das einfach mal erwähnen und sagen: Respekt. Die Gegenwart hat den Künstlern viel abverlangt.

Die Wogen haben sich hoffentlich geglättet und neue Projekte stehen an. Mit dem Purpurroten Segel verfolgt Bernd Pakosch aber ein ganz altes Projekt, was jetzt wieder ausgekramt wurde und erstmals in Meißen Premiere feierte. Seit 2006 spielt Bernd diese musikalische Lesung. Der Auftrittsort war jahrzehntelang die Yenidze in Dresden. Nun beglückte er seine Heimatstadt Meißen damit. Auf der Bühne stand er mit seinem langjährigen Pianisten Christian Mögel aus Dresden. Er ist ein treuer Begleiter und bei vielen Projekten dabei. Die Rollenverteilung ist so: Christian ist der Steuermann und Bernd der Kapitän.

Das Purpursegel von Alexander Grin ist ein Literatur Klassiker. Bekannt wurde es hierzulande durch den sowjetischen Fantasyfilm "Das purpurrote Segel" aus dem Jahre 1961 und der Stoff hat bei uns Generationen von Leserinnen und Lesern verzaubert. Es ist eine wunderbare Geschichte über die Macht des Wünschens, ein Märchen aus tausendundeiner Hoffnung. Leider ist es im Leben nicht immer so, aber diese Geschichte geht gut aus. Gerade deshalb passt sie so in diese Zeit, wo man das Hoffen und Wünschen erst wieder lernen muss. Aber warum ist diese Lesung so besonders? Die Lieder, die musikalisch zitiert werden, stammen fast alle aus den frühen Jahren des Ostrocks, einer Zeit, wo Texte noch von echten Poeten und begnadeten Songtextern wie Demmler, Karma und Panach gemacht wurden. Gleichnisse, Metaphern und Andeutungen bestimmen diese Zeilen. Es ist nicht das plumpe hinrotzen der Jetztzeit. Eben deshalb passten diese Lieder so perfekt zu dem poetischen Stoff vom Purpurroten Segel.

Mit Karats Märchenzeit geleitet Bernd Pakosch die Zuschauer in längst vergangene Zeiten. Die Songs werden oft nicht ausgespielt, sondern strophenweise zitiert. Die Lieder passen perfekt zwischen die Zeilen des Buches. Wunderbar, als das Mädchen Assol und der Kapitän Arthur sich finden und es erklingt:

a 20220422 1105001369"Wenn ich an dich denk'
füll'n sich Segel
Wenn ich an dich denk'
Kling ich so
So als wär ich eine Oboe
dir am Munde irgendwo
Wenn ich an dich denk'
Wünsch ich Kinder
Wenn ich an dich denk'
dir und mir!"


Für den Zuschauer, der die Lieder aus einem längst vergangenen Land und einer verflossenen Zeit liebt, ist die Lesung wie lustiges Liederraten. Den gerade zitierten Liedtext konnte ich leider nicht sofort einem Nina-Hagen-Song zuordnen, da hatte ich einen Aussetzer. Aber viele Sachen haben wir schon erkannt, wenn Christian Mögel zu klimpern anfing. Dabei war "Das kommt, weil deine Seele brennt" von Elektra und der "Drachentöter" von Refom. Lifts "Meeresfahrt" passte perfekt in die Handlung. Renfts "Ermutigung" gab Assol Orientierung und "Die Ferne" von Silly erschien wie für den Stoff geschrieben.

Pákos leiht sich nur diese Verse, er schiebt sie zwischen die Zeilen von Alexander Grin. Musikalisch sollte man keine Covernummern erwarten. Pakosch interpretiert die Lieder sehr eigenwillig und gekonnt und oft ganz anders im Tempo und Genre als das Original. Eben dies macht die Spannung und den Reiz des Projekts aus. Ab und zu gereift Bernd zur Gitarre, bei anderen Titeln lässt er den Pianisten machen.

Pákos hat noch ein weiteres Programm in der Art zu "Tim Thaler". Dort sind Lieder von Holger Biege, Veronika Fischer und anderen Ostkünstlern verwendet worden. Vielleicht wird auch das irgendwann mal wieder ausgekramt. Diese Lesung eignet sich perfekt für Bibliotheken oder solche hübschen kleinen Spielstätten wie das Sax 11, von denen ja doch viele die schwierigen Zeiten überlebt haben und wieder wachgeküsst werden müssen. Sie ist für Menschen, die noch zuhören können. Bin echt gespannt, wo Käpt`n Pakosch und Steuermann Mögel als nächstes anheuern werden.



Bitte beachtet auch:
• Homepage von Bernd Pakosch: www.pakosch-lieder.de




 
 
 



   
   
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