

Ein Konzertbericht mit Fotos von Elmar Rahn
Am 20. November hatte ich einen Auftrag, der in jeder Hinsicht als "auf dem kurzen Dienstweg" zu beschreiben ist. Mein Freund Christian war an diesem und dem Tag davor für Deutsche Mugge bei den Unplugged Bluesfestivals in Schwerte und Marl, und deshalb verhindert. Darum fragte er mich am Mittwoch, ob ich für ihn am Freitag bei WINKLERS ERBEN vorbeischauen könnte. Das "Power-Trio aus dem Ruhrgebiet" hatte an diesem Tag ihren ersten gemeinsamen Auftritt unter dem Namen, und wenn es schon eine neue Band in unserer Stadt gibt, sollten wir bei der Premiere auch dabei sein. Die Gruppe würde musikalisch im Stil der 70er und 80er Jahre arbeiten, dabei jedoch nicht covern sondern das Publikum mit eigenen Stücken überzeugen wollen. Von der Ballade bis zum energiegeladenen Rocksong sollte alles dabei sein. Sofort sagte ich freudig zu, zumal es nur ein paar Straßen waren, die mich von der Location trennten. Eigentlich hätte ich sogar dahin laufen können.

Ich hatte der Band mein Kommen über die neuen Medien angekündigt und bekam prompt eine Antwort. Damit, dass WINKLERS ERBEN bei Anfragen schnell reagieren, haben sie nicht zuviel versprochen. Als ich am Freitagabend frühzeitig eintraf, bot sich mir ein heimeliges Bild. Der Eingangsbereich war ein langgezogener breiter Gang an dessen Ende ein großer Tisch mit verschiedenen Getränken und kleinen Snacks, alles zum Selbstkostenpreis, stand. Davor befand sich rechts eine Art kleine Aula an deren Kopf mittig auf einem kleinen Podest ein Schlagzeug aufgebaut war. Von mir aus links standen ein wenig Bühnentechnik und die Gitarren. Auf der gegenüberliegenden Seite war der Platz für den Bassisten vorgesehen. In der Mitte des Raumes hatten der Tontechniker und sein Pult Platz gefunden. Das Bühnenbild wurde von vorne Links gesteuert, hinter einem Mauervorsprung hatte sich die verantwortliche Dame platziert. Anfangs war es mir gar nicht aufgefallen und ich bemerkte es erst später beim Fotografieren, dass von dort die Bilder für den Bühnenhintergrund sowie die Texte gesteuert wurden. So hatte das Publikum die Songtexte während des Konzerts auch noch visuell auf dem Schirm.
Ich hatte noch nicht ganz meinen Platz gefunden, da erkannte ich auch schon Gerd Höffchen, den Gitarristen von WINKLERS ERBEN, und stellte mich kurz vor. Wir kamen gleich ins Gespräch über Facebook und auch darüber, dass es ein zwiespältiges Gefühl sei, bei so einem Konzert sozusagen unter Beobachtung zu stehen. Einerseits freudige Erwartung, andererseits ein bischen Druck und die Befürchtung bei der Premiere in der Berichterstattung doch nicht so gut wegzukommen.

Pünktlich um 19:00 Uhr betraten die Protagonisten dann gemeinsam die Bühne, als da wären: Am Schlagzeug (digital) und Gesang Bernd Höffchen, an den Gitarren und ebenfalls Gesang Gerd Höffchen (beide sind übrigens Zwillingsbrüder und am 25.2.1962 geboren), sowie am Bass und als dritter Sänger Markus Strehlau. Bei der Begrüßung bat Bernd das doch recht zahlreich erschienene Publikum etwas näher an die Bühne zu kommen. Der Altersdurchschnitt der Leute vor der Bühne dürfte bei 30 bis 40 Jahren gelegen haben, wobei sich die Altersspanne etwa zwischen 5 und 60 bewegte. Ich hatte meinen Platz am vordersten Stehtisch, von denen es einige gab. Diese waren mit Erdnüssen und Salzstangen gedeckt, damit sich das Publikum richtig wohl fühlen konnte. Gastfreundschaft wird hier ganz offensichtlich groß geschrieben. Sitzgelegenheiten bzw. Hocker gab es nur eine Hand voll. Die Setlist, die ich freundlicher Weise schon vor Beginn des Konzerts erhielt, diente mir später für Notizen zu den Songs. Immerhin waren das für uns alle im Zuschauerraum komplett unbekannte Lieder. "Dein Weg" hieß der erste gespielte Song. Er beschäftigt sich mit der Wegfindung jedes Einzelnen, kam musikalisch sehr eingängig rüber und fing den Höhrer - wie eine mir bekannte Dozentin gerne immer bemerkt - mit dem Lasso ein. Das erste was mir beim Einstieg durch den Kopf ging, war "And Then There Were Three", das erste GENESIS-Album nachdem die Band auf ein Trio zusammengeschrumpft war und Phil Collins den Vocal-Part übernommen hatte. Hier sang nämlich auch der Schlagzeuger, was allerdings der einzige gemeinsame Punkt in der Gleichung war, denn Bernds Stimme ist viel weicher als die von Phil Collins, und auch der Gesangsstil ist ein anderer. Der zweite Song, "Böser Zauberer", hat ebenfalls eine sehr eingängige Melodie und erinnerte mich ein wenig an Songs von STATUS QUO.

Mit dem Titel "Herzblut" setzte sich dieses Gefühl fort, wobei das folgende "Kohlenkinder" sehr viel Lokalkolorit in sich hat. Hiermit wurden am Freitagabend wirklich heimatliche Gefühle geweckt, anders als bei einer anderen Castroper Band, die tumb alle Stadtteile aufzählt und damit nicht gerade das Publikum fordert. Beim Song von WINKLERS ERBEN wird das Lebensgefühl, das hier auch trotz damals harter Arbeit gelebt wurde und heute noch gelebt wird, in den Mittelpunkt gestellt. Es folgte mit "Wenn du lächelst" eine wunderschöne und humorvolle Liebeserklärung mit einem leichten Reggae-Einschlag. Die Nummer brachte völlig neue Erkenntnisse, denn wer findet denn z.B. Schnarchen schon erotisch? Der im Anschluss gespielte "Becher Kaffee" war für Bernd eine Gelegenheit, seine Sturm- und Drangzeit musikalisch aufzuarbeiten. Es fiel an diesem Punkt des Konzerts bereits auf, dass die Texte der Songs inhaltlich sehr stark an die von Klaus Lage, Heinz Rudolf Kunze oder den PUHDYS erinnern. Sie sind stets mit Inhalt und Tiefe versehen, trotzdem eingängig und ohne übermäßigen Pathos. Das nun folgende Lied "Stark" war hingegen ein netter Popsong, der ganz dicht am Mainstream angesiedelt ist.
Mit "Diese Liebe", einem weiteren von Gerd gesungenen Stück, folgte ein für die vor 12 Jahren verstorbene Mutter von Bernd und Gerd geschriebenes Lied, in das neben der Geschichte auch sehr viele andere Komponenten, wie z.B. sehr schöne Gitarrenriffs und ein kurzes Solo, mit einflossen, und die den Song zusätzlich zu einem der Highlights des Abends machten. "Du bist da" ging inhaltlich dann wieder in Richtung Glaube und Bekenntnis, was ich den drei Herren von WINKLERS ERBEN aber auch vollumfänglich abnehme. Anders als bei den aufgesetzten und inzwischen eher unglaubwürdig wirkenden Botschaften von Musikern wie Der Graf & Co, die mit sowas eher auf die Geldbörsen ihrer Fans zielen,

Nach dem Konzert mischten sich die Protagonisten noch unter das Publikum, von dem ausnahmslos positive Rückmeldungen kamen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Abend allen Besuchern positiv in Erinnerung bleiben wird. Diejenigen, die gerne die Nacht zum Tag machen, konnten sich durch den frühen Beginn des Konzerts noch anderem Freizeitangeboten zuwenden, z.B. dem Besuch eines Pubs oder Diskothek. Ich selbst ging mit einem guten Gefühl nach Hause und für mich ist klar: Wenn ich noch einmal die Möglichkeit bekomme, ein Konzert der ERBEN zu besuchen, werde ich sie gerne nutzen. Wer Spaß an handgemachter Musik mit guten, nachvollziehbaren Texten und einer Bühnenshow ohne ablenkendem Schnickschnack hat, ist bei WINKLERS ERBEN gut aufgehoben. Das Programm ist weit weg von einer Mitklatschveranstaltung, weil die Texte doch ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit fordern. Das große Plus der ERBEN ist, dass sie trotz Parallelen zu anderen Musikern und Bands bewusst keinem Vorbild nachhinken oder beliebte Hits aus der Rock- und Popwelt covern, um beim Publikum mit fremder Leute Arbeit nach Sympathien zu fischen. Das Premierenkonzert der Band kann ohne Wenn und Aber als absolut gelungen bewertet werden. Herzlichen Glückwunsch, die Herren. Mehr davon!
Setlist:
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Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Winklers Erben: www.winklers-erben.de
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