

Ein Konzertbericht von Frank Uwe Thofern
Fotos: Pressematerial (Four Music), Pixabay
Auch das Zusatzkonzert von Paula Hartmann war - wie überhaupt die ganze Tour - ausverkauft. Man hatte deutlich größer gebucht als 2023, aber die exzessive Suche nach Tickets zeigte überdeutlich, dass die riesige Nachfrage nicht befriedigt werden konnte. Das Album war noch nicht einmal erschienen, da dürften ungefähr 90% der Kontingente bereits vergriffen gewesen sein. Und dann erscheint auch noch so ein Album, steigt auf Platz 2 der Album Charts ein, und erhält ein überwältigendes Feedback bei den Kritikern. Ich kann mich tatsächlich an keine einzige Besprechung erinnern, und ich habe wirklich einige gelesen, wo der Autor nicht grundsätzlich von dieser Platte beeindruckt war.
Als kompletter Neueinsteiger, der allerdings ebenfalls vom Album überwältigt war, konnte ich mir noch ein Ticket für den zweiten Hannover-Abend sichern, fragte mich aber sogleich, wie man so etwas auf eine Bühne bekommt. Diese ungemein melancholische nächtliche Berlinreise mit all ihren grandios gesetzten Details kann man doch niemals in einem überfüllten Live Club mit enthusiastischem Publikum reproduzieren. Noch dazu mit Musik, die vom Band kommt. Und was zu dem Zeitpunkt auch noch niemand wissen konnte war, dass die Künstlerin sich ab dem Kölner Konzert eine Atemwegserkrankung einfangen würde, die mit Antibiotikum behandelt werden musste, obwohl der ärztliche Rat ein gründliches Auskurieren vorzugeben versuchte. Natürlich war Paula Hartmann klar, dass die Songs auf Tour anders klingen würden, sie hatte ja bereits während der Promotion sehr anschaulich erzählt, wie die Vocals im Studio aufgenommen wurden. Wie man die besondere Stimmung, die Zerbrechlichkeit, das Feingefühl dort eingefangen hatte. Wie viel Zeit überhaupt für das Experimentieren aufgewendet wurde, um dann aus einer Fülle von Aufnahmen auszuwählen. Das kann man so auf der Bühne natürlich nicht machen. In der krassesten Form hätte das bedeutet, sich mit einem Kissen zum Kopfauflegen auf den Bühnenboden zu legen.

Das aktuelle Album "Kleine Feuer" (2024, Four Music)
Da sich hier also Einschränkungen ergeben würden, war natürlich die visuelle Umsetzung umso wichtiger. Und die war wirklich toll. Da gab es eine regelrechte aufgebaute kleine Stadt, mehrere Ebenen zum Verweilen, und eine Bogenbrücke zum über dem Publikum thronen. Dahinter eine Videowand mit ausgefeilten Projektionen, und natürlich eine, wenn auch nicht besonders bunte, so doch sehr wirkungsvolle Lichtanlage. Auch das Bühnenbild der vorherigen Tour sorgte stellenweise für eine gewisse Vertrautheit, vorzugsweise bei den Songs vom ersten Album. Das alles erzeugte für 90 Minuten eine sehr kurzweilige und wirkungsvolle Untermalung der Show, je nach Bedarf von anrührend bis dramatisch. Wie ich übrigens zuvor befürchtet hatte, nachdem ich bereits Ausschnitte aus Köln sehen konnte, musste man den Aufbau in Hannover wegen der Beschaffenheit der Bühne etwas einschränken. Ich fühle mich im Capitol annähernd zu Hause, habe dort sicherlich mehr als 50 Konzerte besucht, weiß deshalb aber natürlich auch was man dort alles nicht machen kann.
Aber etwas anderes wirkte auf mich sonderbarer und auch ein wenig störend. Soundtechnische Abstriche hatte ich erwartet, aber das Verhalten der Fans hatte ich unterschätzt. Die wollten vor allem Party, was natürlich völlig legitim ist, aber für meinen Geschmack mitunter über das Ziel hinaus schoss. Dass selbst bei einem Song wie "Zwischen 2 und 5" die halbe Halle lauthals mitsang, um nicht zu sagen mitgröhlte, ließ eine so zerbrechliche und empfindsame Nummer schon ein bisschen unfreiwillig komisch wirken. Dass sich das beim Splash nicht vermeiden lässt, versteht sich ja von selbst, aber hier waren ja nun Leute gekommen die ausschließlich wegen Paula Hartmann dort waren. Da rechnet man nicht unbedingt damit, dass diese dann eine Art Nina Chuba Stimmung veranstalten, wo ja auch das Durchschnittsalter deutlich jünger ist. Ich habe auch sicher nichts dagegen, vorzugsweise die hymnenhaften Songs abzufeiern. Z.b bei "Atlantis" oder "Babyblau" hat man dazu ja reichlich Gelegenheit. Aber es gibt eben auch Songs, die sich dafür nicht so gut eignen. Nun, bei "Sag was" war es etwas reduzierter, bei "Nimm mit" war glücklicherweise die Textsicherheit der Leute noch gering, bei "Snoopy", dem Abschluss des regulären Sets, hielt sich die Masse glücklicherweise auch zurück. Aber sonst ging gesangsmäßig schon ziemlich die Post ab. Ganz unrecht wird es Paula auch nicht gewesen sein, denn einerseits merkt man einem textsicheren Publikum den Enthusiasmus an, und andererseits kam die Unterstützung auch wegen der angeschlagenen Stimme nicht ganz ungelegen.
Ein Traum übrigens die Piano-Solo-Version von "Nie verliebt", die spätestens seit einem Donauinsel-Auftritt im TV, ich verweise auf YouTube, zu einem Running Gag mit ganz viel Sympathiepunkten für die Künstlerin wurde, die sich seinerzeit in dem komplizierten Schlussteil verhakte, und daraus eine superschöne Interaktion mit dem Publikum entstand. Seitdem wartet das Publikum regelrecht auf einen kleinen Verspieler, bekommt ihn aber nicht. Hartmann ist auch im Musikgeschäft Vollprofi, diszipliniert und top vorbereitet, die ist aber kombiniert mit einer sehr angenehmen Natürlichkeit. Da kommen keine auswendig gelernten Sprüche, wo lediglich der Name der Stadt ausgetauscht wird. Da ist immer auch Raum für Improvisation. Also zwischen den Songs.
Zum Set ist übrigens zu sagen, dass ich nur einen einzigen Song vermisst habe, nämlich "Gespenst", den Opener des zweiten Albums. Ansonsten wurden beide Alben komplett durchgespielt, zuzüglich "Uludag und Sorgen" wie auch "Nimm mit", welche ja zunächst nur auf der Vinyl versteckt waren, dazu das wunderschöne "3 Sekunden" und einen kurzen Anriss von "Gekreuzte Finger" vom Trettmann Album. "Kleine Feuer" gab es als kurzes Intro, und dann später noch mal ganz. Eine Reihe von Songs haben andere Arrangements bekommen, mitunter etwas wuchtiger, und teils auch mit einer veritablen Verlängerung hinten dran. Vermutlich umgearbeitet im Biztram Studio, wo sie ja auch geboren wurden. Besonders das "Truman Show Boat" hat auf einen 5-minüter zugelegt, und wurde um einen ganz schön schwierigen Gesangspart ergänzt.

Das Debüt-Album "Nie verliebt" (2022, Four Music)
Grundsätzlich bin ich ja längere Konzerte gewöhnt, aber da es ja auch einen Support gab, war an der Länge des Abends nichts auszusetzen, zumal dreistündige Konzerte in diesem Genre generell nicht üblich sind. In dem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass die Ticketpreise günstig bis angemessen angesetzt waren, wobei die Künstlerin großen Wert darauf legt, ihre Konzerte für möglichst jedermann erlebbar zu machen. Hätte man den Preis 10 € höher angesetzt, wäre die Tour wahrscheinlich ebenso ausverkauft gewesen. Beim Verlassen des Capitols konnte man eigentlich nur in glückliche Gesichter schauen, die für das Gebotene ausgesprochen dankbar waren. Ebenso wie auch die Künstlerin stolz auf ihre Leistung und glücklich über diese Resonanz sein durfte, als sie sich von der Bühne in den Künstlerbereich arbeiten musste, der im Capitol durch einen kahles Treppenhaus in das dritte Stockwerk führt, und nicht besonders komfortabel ist. Wenn es eine nächste Tournee gibt, man sollte bei Paula Hartmann immer gefasst darauf sein, dass sie nach vielen Jahren Schauspielerei und Jurastudium auch diese Karriere gegen etwas komplett Neues eintauscht, dann wird man wohl die Swiss Life Hall am Stadion buchen. Und füllen.
Als kompletter Neueinsteiger, der allerdings ebenfalls vom Album überwältigt war, konnte ich mir noch ein Ticket für den zweiten Hannover-Abend sichern, fragte mich aber sogleich, wie man so etwas auf eine Bühne bekommt. Diese ungemein melancholische nächtliche Berlinreise mit all ihren grandios gesetzten Details kann man doch niemals in einem überfüllten Live Club mit enthusiastischem Publikum reproduzieren. Noch dazu mit Musik, die vom Band kommt. Und was zu dem Zeitpunkt auch noch niemand wissen konnte war, dass die Künstlerin sich ab dem Kölner Konzert eine Atemwegserkrankung einfangen würde, die mit Antibiotikum behandelt werden musste, obwohl der ärztliche Rat ein gründliches Auskurieren vorzugeben versuchte. Natürlich war Paula Hartmann klar, dass die Songs auf Tour anders klingen würden, sie hatte ja bereits während der Promotion sehr anschaulich erzählt, wie die Vocals im Studio aufgenommen wurden. Wie man die besondere Stimmung, die Zerbrechlichkeit, das Feingefühl dort eingefangen hatte. Wie viel Zeit überhaupt für das Experimentieren aufgewendet wurde, um dann aus einer Fülle von Aufnahmen auszuwählen. Das kann man so auf der Bühne natürlich nicht machen. In der krassesten Form hätte das bedeutet, sich mit einem Kissen zum Kopfauflegen auf den Bühnenboden zu legen.

Das aktuelle Album "Kleine Feuer" (2024, Four Music)
Da sich hier also Einschränkungen ergeben würden, war natürlich die visuelle Umsetzung umso wichtiger. Und die war wirklich toll. Da gab es eine regelrechte aufgebaute kleine Stadt, mehrere Ebenen zum Verweilen, und eine Bogenbrücke zum über dem Publikum thronen. Dahinter eine Videowand mit ausgefeilten Projektionen, und natürlich eine, wenn auch nicht besonders bunte, so doch sehr wirkungsvolle Lichtanlage. Auch das Bühnenbild der vorherigen Tour sorgte stellenweise für eine gewisse Vertrautheit, vorzugsweise bei den Songs vom ersten Album. Das alles erzeugte für 90 Minuten eine sehr kurzweilige und wirkungsvolle Untermalung der Show, je nach Bedarf von anrührend bis dramatisch. Wie ich übrigens zuvor befürchtet hatte, nachdem ich bereits Ausschnitte aus Köln sehen konnte, musste man den Aufbau in Hannover wegen der Beschaffenheit der Bühne etwas einschränken. Ich fühle mich im Capitol annähernd zu Hause, habe dort sicherlich mehr als 50 Konzerte besucht, weiß deshalb aber natürlich auch was man dort alles nicht machen kann.
Aber etwas anderes wirkte auf mich sonderbarer und auch ein wenig störend. Soundtechnische Abstriche hatte ich erwartet, aber das Verhalten der Fans hatte ich unterschätzt. Die wollten vor allem Party, was natürlich völlig legitim ist, aber für meinen Geschmack mitunter über das Ziel hinaus schoss. Dass selbst bei einem Song wie "Zwischen 2 und 5" die halbe Halle lauthals mitsang, um nicht zu sagen mitgröhlte, ließ eine so zerbrechliche und empfindsame Nummer schon ein bisschen unfreiwillig komisch wirken. Dass sich das beim Splash nicht vermeiden lässt, versteht sich ja von selbst, aber hier waren ja nun Leute gekommen die ausschließlich wegen Paula Hartmann dort waren. Da rechnet man nicht unbedingt damit, dass diese dann eine Art Nina Chuba Stimmung veranstalten, wo ja auch das Durchschnittsalter deutlich jünger ist. Ich habe auch sicher nichts dagegen, vorzugsweise die hymnenhaften Songs abzufeiern. Z.b bei "Atlantis" oder "Babyblau" hat man dazu ja reichlich Gelegenheit. Aber es gibt eben auch Songs, die sich dafür nicht so gut eignen. Nun, bei "Sag was" war es etwas reduzierter, bei "Nimm mit" war glücklicherweise die Textsicherheit der Leute noch gering, bei "Snoopy", dem Abschluss des regulären Sets, hielt sich die Masse glücklicherweise auch zurück. Aber sonst ging gesangsmäßig schon ziemlich die Post ab. Ganz unrecht wird es Paula auch nicht gewesen sein, denn einerseits merkt man einem textsicheren Publikum den Enthusiasmus an, und andererseits kam die Unterstützung auch wegen der angeschlagenen Stimme nicht ganz ungelegen.

Ein Traum übrigens die Piano-Solo-Version von "Nie verliebt", die spätestens seit einem Donauinsel-Auftritt im TV, ich verweise auf YouTube, zu einem Running Gag mit ganz viel Sympathiepunkten für die Künstlerin wurde, die sich seinerzeit in dem komplizierten Schlussteil verhakte, und daraus eine superschöne Interaktion mit dem Publikum entstand. Seitdem wartet das Publikum regelrecht auf einen kleinen Verspieler, bekommt ihn aber nicht. Hartmann ist auch im Musikgeschäft Vollprofi, diszipliniert und top vorbereitet, die ist aber kombiniert mit einer sehr angenehmen Natürlichkeit. Da kommen keine auswendig gelernten Sprüche, wo lediglich der Name der Stadt ausgetauscht wird. Da ist immer auch Raum für Improvisation. Also zwischen den Songs.
Zum Set ist übrigens zu sagen, dass ich nur einen einzigen Song vermisst habe, nämlich "Gespenst", den Opener des zweiten Albums. Ansonsten wurden beide Alben komplett durchgespielt, zuzüglich "Uludag und Sorgen" wie auch "Nimm mit", welche ja zunächst nur auf der Vinyl versteckt waren, dazu das wunderschöne "3 Sekunden" und einen kurzen Anriss von "Gekreuzte Finger" vom Trettmann Album. "Kleine Feuer" gab es als kurzes Intro, und dann später noch mal ganz. Eine Reihe von Songs haben andere Arrangements bekommen, mitunter etwas wuchtiger, und teils auch mit einer veritablen Verlängerung hinten dran. Vermutlich umgearbeitet im Biztram Studio, wo sie ja auch geboren wurden. Besonders das "Truman Show Boat" hat auf einen 5-minüter zugelegt, und wurde um einen ganz schön schwierigen Gesangspart ergänzt.

Das Debüt-Album "Nie verliebt" (2022, Four Music)
Grundsätzlich bin ich ja längere Konzerte gewöhnt, aber da es ja auch einen Support gab, war an der Länge des Abends nichts auszusetzen, zumal dreistündige Konzerte in diesem Genre generell nicht üblich sind. In dem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass die Ticketpreise günstig bis angemessen angesetzt waren, wobei die Künstlerin großen Wert darauf legt, ihre Konzerte für möglichst jedermann erlebbar zu machen. Hätte man den Preis 10 € höher angesetzt, wäre die Tour wahrscheinlich ebenso ausverkauft gewesen. Beim Verlassen des Capitols konnte man eigentlich nur in glückliche Gesichter schauen, die für das Gebotene ausgesprochen dankbar waren. Ebenso wie auch die Künstlerin stolz auf ihre Leistung und glücklich über diese Resonanz sein durfte, als sie sich von der Bühne in den Künstlerbereich arbeiten musste, der im Capitol durch einen kahles Treppenhaus in das dritte Stockwerk führt, und nicht besonders komfortabel ist. Wenn es eine nächste Tournee gibt, man sollte bei Paula Hartmann immer gefasst darauf sein, dass sie nach vielen Jahren Schauspielerei und Jurastudium auch diese Karriere gegen etwas komplett Neues eintauscht, dann wird man wohl die Swiss Life Hall am Stadion buchen. Und füllen.
Seh- und Hör-Bar: