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Ein Bericht mit Fotos von Bodo Kubatzki




Die Musik von Dirk "Scholle" Zöllner und André "Gensi" Gensicke begleitet mich schon seit dem Zeitpunkt, als sich die beiden 1988 entschieden, der deutschen Musiklandschaft als DIE ZÖLLNER eine neue Klangfarbe hinzuzufügen. Schon mit seiner Funk-Band CHICORÉE hatte Dirk ab 1984 für viel Aufmerksamkeit in der ostdeutschen Musikszene gesorgt. Die bekannte Ballade "Käfer auf'm Blatt" wurde bereits mit dieser Formation eingespielt. Die Band fiel jedoch auseinander. Fast zur gleichen Zeit traf Scholle auf André Gensicke, dem damaligen Keyboarder der Band LAMA. Beide merkten schnell, dass sie musikalisch und gedanklich auf einer Wellenlänge lagen. So gründeten sie DIE ZÖLLNER. Seit nunmehr 35 Jahren sind sie in verschiedenen Konstellationen mit ihrem Projekt erfolgreich unterwegs, mal als Duo oder Trio, als die ZÖLLNER-Five oder eben mit großer Besetzung mit Bläsern und manchmal auch mit Background-Sängerinnen.


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Ende September dieses Jahres erschien ihr aktuelles Album "Portugal", welches sie mit einer Album Release Tour live präsentieren. Mitte November führt es die Band in den Norden, nach Greifswald, Rostock und Schwerin. Wir haben Gelegenheit, dem Konzert im Greifswalder KulturBahnhof beizuwohnen. Der langjährige Freund und Unterstützer der ZÖLLNER, Inhaber eines Herrenmode-Geschäfts, Jens Krafczyk, von Scholle liebevoll "Der Pate von Greifswald" genannt, hat keine Mühen und Kosten gescheut, dieses Konzert zu organisieren. Befürchtungen, dass an diesem Mittwochabend nicht genügend Fans den Weg nach Greifswald finden würden, bewahrheiteten sich nicht. Fünfzehn Minuten später als angekündigt betreten André und Dirk die Bühne und lassen "Käfer auf'm Blatt" erklingen, ein Song, dessen Text angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten nichts von seiner Bedeutung verloren hat. Bassist Oliver Klemp steht mit auf der Bühne und hat in dem berührenden Stück ein kurzes Solo.

Scholle begrüßt anschließend das Greifswalder Publikum und weist darauf hin, dass die Beziehung zu Gensi fast auf den Tag genau nun schon 36 Jahre andauert. Es wäre zwischen den beiden wie eine Ehe mit Höhen und Tiefen, doch das Positive würde überwiegen. DIE ZÖLLNER präsentieren an diesem Abend Songs des aktuellen Albums und viele Klassiker der Band. Gemeinsam erzählen sie musikalische Geschichten aus dem Leben und von der Liebe, Geschichten von Typen aus Berlin und anderswo. Teils sind es skurrile Episoden wie die, von dem Mann, der mit der Hundeleine spazieren geht, an der sich kein Hund befindet. Oder die Geschichte von Paul, der abends am Späti steht und meint, er hätte die DDR abgeschossen. Dann singt Scholle das Duett über "Zwei blinde Passagiere" mit sich selbst, weil seine Gesangspartnerin heute in Greifswald nicht dabei sein kann. Musikalisch bewegen wir uns bis hier zwischen rockigen Soulnummern und Balladen. Dass DIE ZÖLLNER auch Polka draufhaben, beweisen sie mit "Wenn der Himmel mir am Arsch hängt." Die Stimmung im Saal ist gut. Doch ist die räumliche Distanz zwischen Bühne und Bestuhlung einfach zu groß, um richtige Partystimmung aufkommen zu lassen. Scholle weist vorher darauf hin, dass auch getanzt werden darf. Aber wir sind hier in Norddeutschland.


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Den Song "Mama Unser" können sie heute im protestantischen Greifswald wohl problemlos spielen, meint Scholle. In Bayern würde man das Stück über die Vorstellung, dass Gott eine pechschwarze Frau sein könnte, für Blasphemie halten. Auf jeden Fall kommt diese rockige Nummer mit den fetten Bläsersätzen richtig gut an. Die Bläser dominieren auch den Klassiker "Rosarote Segel". Die Choreografie dazu ist ebenfalls gut einstudiert. Die synchronen Sprungelemente der Musiker sitzen perfekt. Den letzten Song des ersten Sets widmet Scholle seiner Freundin, mit der er nun schon über 10 Jahre glücklich liiert ist. Das hätte er noch mit keiner anderen geschafft. Allerdings sei das Stück "Mach das Licht an." nach einem der wenigen Streits entstanden. Auch im Saal wird anschließend für zwanzig Minuten das Licht angemacht. DIE ZÖLLNER gönnen sich und dem Publikum eine Pause.

Als diese vorbei ist, bittet Scholle darum, doch näher an die Bühne zu kommen. Veranstalter Jens macht den Anfang, und ein allgemeines Stühlerücken setzt ein. So ist die Stimmung bei "Lass mich rein" gleich viel ausgelassener. Noch ausgelassener ist sie bei dem funkigen Stück "Allein". Alles groovt und swingt, und es wird getanzt. Doch die besinnliche Ballade "Sand" lässt es wieder ganz still und andächtig werden im Saal. Bei dem Stück brilliert "Ersatzgitarrist" Norman Dassler bei einem kurzen Solo. Der Text zum Song "Sie lacht und schwingt" vom aktuellen Album stammt von Jürgen Gutsch und kommt aus Altlandsberg, den Dirk über Facebook kennengelernt hat. Das locker flockige Liebeslied endet mit einem wunderschönen Bläserarrangement. Überhaupt sind die drei Bläser, Herr Gerald Meier (Posaune), David "Skip" Reinhardt (Trompete) und Frank Fritsch (Saxofon), eine Wucht, sowohl als Bläser-Sektion, wie auch als Solisten. In dem folgenden Stück "Aus Liebe" bekommt "Herr Meier" seinen ausgedehnten Solopart. Das Publikum feuert ihn dazu gebührlich mit "Herr Meier" Rufen an. Das Manchandeltal auf Rügen ist für Scholle irgendwie eine heile und friedliche Welt. So hätte er sich den Kommunismus vorgestellt. Den wunderbaren Text zu dem gleichnamigen Song verfasste der Neubrandenburger Liedermacher und ehemalige DEFA-Schauspieler Harald Wandel. Anschließend heißt es mitzusingen. Der Text ist ganz einfach - "LaLaLa". Alle machen mit, singen und winken beim Refrain, auch wenn das Winken blöd aussieht, wie Scholle meint. Doch es gehört zum Song dazu. Ein weiteres beeindruckendes Gitarrensolo von Norman Dassler, der für den verhinderten Lars Kutschke eingesprungen ist, gehört ebenfalls zu der Live-Version dieses Stücks. Norman erntet Szenen-Applaus für sein Solo und von Scholle die Bemerkung "Endlich haben wir unseren Sub-Gitarristen gefunden." Mit dem Duett "Zwei Sonnen", das Scholle wieder allein singen muss, verabschieden sich DIE ZÖLLNER von ihrem Publikum. Dirk bedankt sich bei Jens Krafczyk für die Organisation des Konzerts sowie bei Tontechniker René Niederwieser für den guten Sound. René sitzt sonst bei STERN MEISSEN hinter dem Mischpult.


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Natürlich kommt die Band nach dem enthusiastischen Beifall nochmal für zwei Zugaben auf die Bühne. Nach der kurzen Ballade "Immer Du und Ich" vom neuen Album folgt der Klassiker "Viel zu weit". Soweit ich mich erinnern kann, lassen DIE ZÖLLNER ihre Konzerte seit jeher mit diesem Song ausklingen. Kein Wunder, denn der Song enthält alle Trademarks, die den typischen ZÖLLNER Sound ausmachen. Eine soulige Ballade mit einer wunderschönen Melodie. Den sehnsuchtsvollen Text dazu interpretiert Dirk mit seiner einzigartigen Stimme sehr eindringlich. Mittendrin setzen kraftvoll die Bläser ein, und ein unter die Haut gehendes Gitarrensolo beschließt den Song. Wir erleben an diesem Abend ein Ensemble von Musikern auf höchstem Niveau, die ihre Songs mal ganz sanft, doch meist voll elektrisierender Energie performen. Für mich ist es auch heute wieder etwas ganz Besonderes, Scholle und Gensi mit ihrer fantastischen Band erleben zu können.

Besetzung:
• Dirk "Scholle" Zöllner (Gesang)
• André Gensicke (Keyboards, Gesang)
• Stephan "Steppel" Salewski (Schlagzeug)
• Norman Dassler (Gitarre, Gesang)
• Oliver Klemp (Bass)
• David "Skip" Reinhardt (Trompete)
• Frank Fritsch (Saxofon)
• Herr (Gerald) Meier (Posaune)

 
Setlist:
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Termine:
• 01.12.2023 - Berlin - Maschinenhaus (Big Band)
• 02.12.2023 - Leipzig - Anker (Big Band)
• 15.12.2023 - Panketal - Studio7 (Scholle & Steffi Breiting)
• 16.12.2023 - Friedrichshagen - Rathaus (Scholle & Steffi Breiting)
• 23.12.2023 - Rotta - Gassmühle (Scholle & Steffi Breiting)

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos auf Scholles Homepage.











   
   
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