Angelika Mann

& Band
 
Berlin | Neu-Helgoland | 5. November 2022
 
Ein Bericht mit Fotos von Dajana Prosser-Gehn.
Fotos vom Neu-Helgoland: Veranstalter




Konzerte sind in den letzten knapp drei Jahren rar geworden. Anfang des Jahres 2020 veränderte sich die Welt und aus "Normalem" wurde etwas Besonderes. Über das, was gestern noch selbstverständlich war, nämlich kulturelle Veranstaltungen einfach mal so besuchen, erleben und genießen zu können, freut man sich heutzutage mehr denn je. Am Samstagabend war mal wieder so ein besonderer Moment, und das aus vielerlei Hinsicht. Es verschlug mich an die Müggelspree, einen Landstrich in Berlin. Zwischen Wasser und Wald gelegen, lädt dessen Umgebung zum Spazieren und Verweilen ein. Inmitten dieser Idylle liegt das "Neu-Helgoland", seit vielen Jahrzehnten ein beliebtes Ausflugziel. Es bietet nicht nur rings umher wunderschöne Natur, sondern im Inneren auch kulturelle Veranstaltungen jeglicher Art. Es ist ein Gefühl des Ankommens, des Willkommenseins - wie ein Besuch bei und mit guten Freunden. Man ist nie alleine. Irgendjemanden kennt man immer oder lernt jemanden kennen. Die gute Seele des Hauses, Dagmar Tabbert, und ihr Team empfangen jeden Gast freundlich und geben ihm das Gefühl, ein gern gesehener Freund zu sein.


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An diesem Samstag im November stand eine Mugge mit Angelika Mann auf der Tagesordnung. Die "Lütte" gab vor einiger Zeit bekannt, dass sie in diesem Jahr letztmalig Bandkonzerte geben wird. Darum schwebte auch ein wenig Melancholie im Raum, als ich das "Neu-Helgoland" betrat, ist es doch für uns eine lieb gewordene Tradition geworden, jährlich hierher zu einem ihrer Konzerte zu pilgern und sie quer durch alle Genres singen zu hören. Bei ihren Konzerten hatte sie in all den Jahren auch immer Gäste im Gepäck, wie z. B. Dan Lucas oder Dirk Zöllner mit seinen grandiosen Musikern. Viele Fans reisten von weit an, um diese tollen Abende miterleben zu können. Jörg Stempel bezeichnete die "Lütte" mal als facettenreichste Künstlerin. Und Recht hat er. Sie kann alles singen und alles spielen, was sie in ihrem Leben schon mehrfach unter Beweis stellte. Sie setzte Musik sowie Schauspiel in Perfektion um.

Seit vielen Jahrzehnten ist die "Lütte" ein Bestandteil in unserem Leben. Egal ob auf den Brettern, die die Welt bedeuten, wie man so schön über Theaterbühnen sagt, im Fernsehen z.B. in der Rolle der Märchenhexe Ratesumbria, die wir alle sehr schmerzlich vermissen, oder eben als Sängerin beim Traumzauberbaum, in Bands oder als Solistin. Unsere "Lütte" war immer präsent. Das legendäre "Küsschenlied", das sie vor über 40 Jahren mit ihrer Stimme zum Leben erweckte, wird bis heute noch von den Kindern gesungen und geliebt. Die Eltern und die Großeltern können textsicher mitsingen und erinnern sich, wie sie damals zum ersten Mal dieses Lied hörten. Angelika Mann ist schon zu Lebzeiten zur Ikone geworden. Mit ihrer erfrischenden und bodenständigen Art war, ist und wird sie immer eine von uns von bleiben. Und nun ist die Zeit gekommen, wo sie sagt, dass es für sie vorbei ist, Konzerte mit der Band zu geben. Natürlich kann man das nach all den Jahrzehnten verstehen, und sie bleibt uns zumindest ja auch auf der Theaterbühne oder bei Lesungen erhalten, aber trotzdem macht einen der Gedanke an diesen Abschied sehr wehmütig.


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Um 18:00 Uhr öffnete das "Neu-Helgoland" seine Türen und die Fans strömten in Massen hinein. Bereits kurze Zeit später waren 80 Prozent der Plätze belegt und als das Konzert pünktlich um 20:00 Uhr begann, war der Saal bis zum letzten Stuhl voll. Ausverkauft! Dadurch war es auch extrem warm. Ich glaube, ich spreche im Namen aller Anwesenden des Konzertes, dass es eine enorme Leistung war, bei diesen Temperaturen solch ein Wahnsinnskonzert zu spielen. Im Publikum saßen nicht nur Fans, Sympathisanten und Wegbegleiter, sondern auch liebe Freunde von Angelika, wie z.B. Inka Bause, Pierre S. Bliss oder ihr "Cheffe", wie sie Dieter Hallervorden liebevoll nennt. Das Konzert startete gleich richtig rockig, und das Publikum klatschte im Takt mit als "We will rock you" erklang. Danach ging es sofort mit "Highway to hell" weiter. Was für eine Rockröhre. An diesem Abend interpretierte sie aus diesem Bereich auch noch den Song "Oh Darling" von Paul McCartney. Sie haut die Songs, die im Original von Männern gesungen werden, einfach so raus.

Von 1966 bis 1999 fand im Bulgarien das "Goldene Orpheus Festival" statt. Angelika Mann und Reinhard Lakomy nahmen mit dem Song "Behalt mich lieb, wenn du nun gehst" daran teil. Sie hatte das kleine Schwarze an und Frau Lakomy schnitt ihr vorher die Haare sehr kurz. Was Angelika bis dahin nicht wusste, dass ein schwarzes Kleid mit weißen Kragen die Schulkleidung in Bulgarien war. Wie das alles ausging, bekamen die "Lütte" und Reinhard nicht mehr mit. Sie verließen vorsichtig das Festival mit einer Flasche Rosenthaler Kadarka und tranken diese am Strand aus. Nach einigen Jahren der Zusammenarbeit wollte Lakomy sich zurückziehen und sich nur noch dem Komponieren von Filmmusik widmen. Eines Nachts rief er bei Angelika an und meinte, sie müsse unbedingt schnell kommen, er habe eine neue Band für sie. Und ehe sie sich versehen konnte war sie in der Gruppe OBELISK von Andreas Bicking. Und auch in diesem Jahr gab es bei Angelika Manns Konzert im "Neu-Helgoland" wieder eine Überraschung, denn wir erlebten eine kleine Auferstehung eben dieser Band OBELISK, in der sie in den frühen 80er Jahren die Sängerin war. Und so gehörten Gründungsmitglied Andreas Bicking ebenso zu den diesjährigen Gästen auf der Bühne, wie Udo Weidemüller. Ein wahrer Gänsehautmoment als sie gemeinsam "Will mit dir zusammensein" auf der Bühne performten. Die Lieder "Nun lieb ich dich" und "Auf einmal" dieser Formation erklangen ebenso. Auf der Bühne herrschte solch eine liebevolle Harmonie, dass man nicht erahnen konnte, dass sie etliche Jahren nicht mehr gemeinsam aufgetreten waren.

Dann nutzte Angelika Mann den Augenblick, ihrer Band die Bühne zu überlassen. Denn - wie sie richtig bemerkte - was ist ein Künstler ohne seine Band? Eine Liebeserklärung an ihre Musikanten Uwe Matschke am Klavier, Stephan "Steppel" Salewski am Schlagzeug, Richi Müller am Bass, Udo Weidemüller an der Gitarre sowie Andreas Bicking am Keyboard und Saxophon. Beim nächsten Stück konnten sie alle zeigen, was sie an ihren Instrumenten so drauf haben. Es war jazzig, rockig, leise, laut. Ein Rundum-sorglos-Paket mit allen Instrumenten in einem Stück. Plötzlich verließen fast alle die Bühne. Angelika sang nur begleitet von Uwe, und die beiden sind ein wahnsinnig gut eingespieltes Team. Die Chansontitel, die es in der kleinen Besetzung zu hören gab, waren grandios. Hammer was Angelika stimmlich und technisch aus sich herausholt. Die Texte waren lustig und immer aktuell. Man findet sich wieder. Egal ob sie singt, dass der Bauch bleiben muss. oder aus der Rolle der Maria Stuart, die sie so gerne spielen würde.


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Es folge ein weiteres Highlight. Ihre Tochter Ulrike Weidemüller war nicht nur ihre Backgroundsängerin, sondern sie sang das Stück "Nachtigall" mit glockenklarer Stimme selbst. Im Publikum konnte man das Erstaunen darüber geradezu mit den Händen fassen. Damit nicht genug: die nächste Überraschung war das folgende Duett zwischen Andreas Bicking und Ulrike. Sie sangen das Lied "Schnee und Erde", das 1985 für die Gruppe STERN MEISSEN entstand und damals von deren Sänger IC gesungen wurde. Gänsehaut pur. Das Publikum hielt es kaum noch auf den Stühlen. Standing Ovations, keiner wollte sich mehr hinsetzen. Aber irgendwann ist jeder schöne Abend mal zu Ende und dieser hier wurde grandios abgerundet durch den Janis Joplin-Hit "Mercedes-Benz", den nach dem Tod der amerikanischen Künstlerin keine andere Sängerin so großartig in Szene setzen konnte, wie die "Lütte".

Liebe Angelika Mann, liebe "Lütte", es war uns eine Ehre diesen phänomenalen Abend gemeinsam mit Dir und Deiner grandiosen Band zu verbringen. Wir werden uns auf oder vor der einen oder anderen Bühne wiedersehen, ganz bestimmt. Ein Feuerwerk wie das, was Du am Samstag an der Müggelspree in den nächtlichen Himmel hast aufsteigen lassen, werden wir aber wohl so leider nie wieder miterleben dürfen. Und das macht uns traurig. Den "Feierabend" gönnen wir Dir aber alle von Herzen!






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