000 20211102 1741852133Dresden | Straßenbahn | 23. Oktober 2021

Ein Bericht von Petra Meissner

 

 

 

 

Willi und das Wilde Lottchen


Dieses Konzert von Whysker alias Willi Papperitz war eine abgefahrene Idee, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich gebe es zu, ich habe ein Faible für ungewöhnliche Konzertorte. Mit dieser Macke ist man bei Willi goldrichtig. Neue Wege gehen, etwas ausprobieren, das scheint eines der vielen Hobbys des Künstlers zu sein. Erst vor einem Jahr habe ich durch Musikfreunde den Willi für mich entdeckt. Was ich bisher bei ihm erlebt habe, verdient wirklich das Prädikat „abgefahren“. Aber beinahe hätte ich diesen Zug verpasst. Der Künstlername klang mir wie aus dem angelsächsichen Sprachraum, für mich leider nix, da ich gute Texte in unserer Muttersprache bevorzuge. Inzwischen weiß ich, Whysker ist nur die „eingeenglischte“ Version von Weisker, dem Familiennamen seiner Großeltern. Mit den Themen, die er besingt, kann ich sehr wohl was anfangen, mit größtem Vergnügen lausche ich der Sprachakrobatik von Willi.

Dazu hatten wir Ende Oktober in Dresden ausreichend Zeit und Muße. Willi hat eine treue und nette Fantruppe, die sich gern als Versuchskaninchen für ausgefallene Ideen zur Verfügung stellt. Im Sommer waren wir schon mal mit diesen Leuten unterwegs mit einem Floß auf der Elbe. Willi spielte auf dem Wasser und es hatte schon was, die historische Kulisse von DD an sich vorbeiziehen zu lassen und von Willi musikalisch auf hohe See entführt zu werden. Er ging dort ganz in seiner Glanzrolle als Seeräuber auf. Auch das Konzert am vorigen Sonnabend war ein Highlight. Wieder hatte man sich ein tolles Rahmenprogramm ausgedacht. Das Vorglühen für eine besondere Straßenbahnfahrt fand in einem verwunschenen privaten Garten in Dresden statt. Etwa 26 Leute hatten ein Ticket für eine musikalische Straßenbahnfahrt mit Willi gelöst. Die Fahrkarten mussten nicht kontrolliert werden, man kennt sich.

Im Garten gab es erst mal Lieder am Lagerfeuer. Whysker spielte Stücke von seiner neuen CD „Leuchtturm“. Die lockere Atmosphäre, ausreichend Getränke und ein sagenhaftes kaltes Buffet ließen von der ersten Minute an tolle Stimmung aufkommen. Willi begann mit seiner „Wollmaus“, ein Lied, das sehr schön erzählt, was passiert, wenn man Männer alleine zu Haus lässt. Profane Alltagssituationen werden bei Willi Papperitz zu Events. Genau beobachten und witzig erzählen sind seine Stärken. Musikalisch lässt er sich von vielen Einflüssen inspirieren. Die Songs sind sofort eingängig. Ich lasse mir gern von Künstlern musikalische Geschichten erzählen, darin ist Willi echt Meister.

So etwas auf die Beine zu stellen, dazu bedarf es vieler Helfer. Eine alte Weisheit im Geschäft mit Liedern und Emotionen ist: Man hat die Fans, die man sich pflegt. In Sachen Fanpflege ist Willi sehr fleißig. Facebook nutzt er um zu informieren, zu diskutieren und Ideen der Fans aufzugreifen. Deshalb hat er Anhänger, die nicht einfach nur erscheinen und darauf warten, amüsiert zu werden. Es sind viele kreative Leute dabei, so auch der Gartenbesitzer. Die Organisation übernahm in bewährter Art und Weise Jens Joseph. Wie kann es anders sein, man konnte seinen Tatendrang gerade in der MDR Sendung „Mach dich ran“ bewundern. Der hat nicht etwa Langeweile, durch sein Handwerkergeschäft ist er bestimmt sehr gefordert. Als Fan und Freund es Hauses Papperitz brütet er ständig neue Ideen aus. Das nennt man treffend Macher.

Nach dem Konzert im Garten ging es zur Straßenbahnhaltestelle. Wir warteten auf das „Lottchen“, so heißt die Kinderstraßenbahn von Dresden. Der Tatra Zug ruckelt seit 1991 auf Dresdens Schienennetz. Man kann diese Bahn mieten. Fans von Whysker kamen auf diese Idee. Aber was nützt eine Bahn ohne Straßenbahnfahrer? Auch dafür hatten sie eine Lösung parat. Ihr Sohn Kevin konnte die Bahn fahren. Man muss nur die richtigen Leute kennen. Der Sonderzug durch Dresden hatte tatsächlich einen Fahrplan mit ausgewiesenen Haltestellen. An allen Haltestellen winkten die Leute und viele wären bestimmt gerne in diese musikalische Bahn mit eingestiegen. Willi spielte sich die Seele aus dem Leib, für Musiker nicht einfach, zu dem Geratter zu spielen. Die Fahrgäste machten aber fleißig mit und übertönten die Bahn. Viele maritime Lieder von Whysker taugen als Stimmungsmacher. „Splitterfasernacktes Wasser“ und „Ein Dorf im Kampf“ oder „Ich setz die Segel“ wurden performt. Aber es gab auch ein Lied aus seinem Kinderprogramm. Der „Badewannenkapitän“ belustigte auch die Erwachsenen, die sich noch ein Stück Kind sein bewahrt haben. Der Künstler ist sehr vielseitig, spielt für alle Altersgruppen, tritt als Moderator auf, dreht Filme und produziert Hörspiele. Das neuste Projekt wird wird sagenhaft. Es ist ein Hörspiel zum Thema Rotkopf Görg mit und für Kinder. Es soll im Dezember Premiere haben. Eine abgefahrene Location dafür ist auch schon in Sicht. Man spielt in der Weißeritztalbahn, einem historischen Dampfzug in der Nähe von Dresden.

 

 

 


   
   
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