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Ein Bericht mit Fotos von Thorsten Murr



Der Saal ist gut gefüllt, pünktlich geht's los, am Samstagabend im Waschhaus, der zweiten Station der 2019er Pankow-Tour. "Es gibt keine besseren Zeiten" ist der Opener - ein flottes Stück vom letzten Studioalbum, das nun auch schon wieder sieben Jahre alt ist. "Geh raus!" ist die Botschaft dieses Frühlingsliedes mitten im Herbst. Das passt, denn frisch und frohgelaunt wirkt die Band. Die Band sind Sänger André Herzberg, Jürgen Ehle, Gitarre und Gesang, Kulle Dziuk am Keyboard, Stefan Dohanetz am Schlagzeug und André Drechsler am Bass.

a 20191104 1256939278André Herzberg in Bestform
Was zuerst auffällt, ist ein äußerst vitaler und präsenter André Herzberg. Oh ja, da blitzt in den munteren Augen wieder das Rebellische, das Ungestüme des Rock and Roll auf. "Herzberg is back!", denke ich erfreut, denn was dieser charismatische Sänger über den gesamten Abend abliefert, kommt mit einer solch ehrlichen Hingabe herüber, wie schon lange nicht mehr. Danke André!

Das Publikum ist von Anfang an begeistert und feiert fröhlich mit. Der Sound ist dicht und fett. Richtig geiler Gitarren-Rock, mit den für Pankow typischen Grundtönen. Selbst ein jüngerer Bekannter, der vor drei Tagen noch nicht wusste, wer Pankow ist, ist beeindruckt von der kompakten Klangpackung, in der nichts fehlt und nichts zu viel wirkt.

Setlist mit etlichen Live-Raritäten
Zurück in die Wendezeit geht es mit "Ich bin ich" - "Vater ist ein Polizist, geht gern gerade Wege …" - immer noch so genial das Stück, als wären keine 30 Jahre vergangen! Gleich darauf das 2011 erschienene "Ich mach 'ne Liste … von dem, was ich nicht haben will" - die Setlist kann damit nicht gemeint sein, denn die hat so ziemlich genau das in sich, was ich haben will. Zwischen den wohlbekannten "Pflichtstücken" enthält sie ausgewählte Songs von den verschiedenen Alben, die man seit Jahren allenfalls daheim von Platte gehört hatte, aber nie oder nur sehr selten im Konzert. "Ich bin ein Stern" ist so ein rockiges Schmuckstück, 1997 veröffentlicht auf "Am Rande vom Wahnsinn". Bei allem frechen Spaß, der vielen Pankow-Songs vor allem aus den frühen Jahren eigen ist, offenbart dieses, nicht unbedingt mitsingfreundliche, Stück auf besondere Weise sowohl die musikalische Essenz dieser Band wie auch ihre musikalische Exzellenz. Und vielleicht ist dieses Album, so denke ich, während mich dieser pure Rock and Roll wegrafft, neben "Keine Stars", sogar eines meiner liebsten von Pankow. Weil es nicht die ganz großen Hits enthält, dafür aber tiefe Einblicke in die künstlerische Substanz der Mitwirkenden gewährt.

Erinnerung an Wende und Mauerfall
Mit dem schwer bluesigen Kunert-Pannach-Cover "Was willst du mehr" wird an die Zeit vor der Maueröffnung erinnert. Eine andere, sehr persönliche Perspektive auf die Wendezeit bringt "Ich bin bei dir" - ein Liebeslied für die, die noch da waren, während Tausende schon in den Westen gingen. Lange nicht gehört, aber umso intensiver wirken die Worte heute, da dieser Tage wohl fast jeder, der damals alt genug war, um Pankow zu kennen, diese Zeit dank allgegenwärtiger Jubelfeierei noch einmal an sich vorbeiziehen lässt.

"Wenn ich du wär'" vom "Wahnsinn"-Album ist ein weiteres, seltenes aber schlichtweg geniales Stück. Kaum jemand im überwiegend reifen Publikum, der nicht in der Lage wäre, die gesanglose Passage des Songs mit eigenen Gedanken und Worten zu füllen. Pankow waren und sind nicht die großen Verkünder, die Durch- und Überblicker, die versuchen, anderen Menschen mit Pathos die Welt zu erklären. Immer gelingt es ihnen, den Zuhörer zum Freund ihrer Protagonisten zu machen und ihn hineinzuziehen, in die kleinen Episoden, die jeder so oder so ähnlich schon erlebt hat. Ob man einst mit "Gabi" zur Disco ging oder bei "Inge Pawelcik" bis zum Frühstück blieb, in der 2006er Version von "Stille" sonntagmorgens mit kleinem Glücksgefühl über die Stadt schaute oder ein paar Jahre später zwischen Erinnerungen und Gegenwart durch einen "Neuen Tag in Pankow" schlenderte.c 20191104 1182045257 Diese Gemeinsamkeiten und der Genuss des Momentes sind heute auf beiden Seiten zu spüren - auf der Bühne und vor der Bühne. Das Potsdamer Publikum, ein paar Berliner sind natürlich auch darunter, feiert die Band förmlich ab - und die scheint kaum zu bremsen zu sein. Mit voller Energie ziehen sie ihr Programm durch, nach den eingestreuten etwas ruhigeren Nummern geht es immer gleich mit Volldampf weiter.

Pankow fetzt, das Waschhaus kocht
Vom 1993er Album "Vierer Pack" stammt der Knaller "Keiner liebt dich so wie ich". André Herzberg, der damals auf Solopfaden außerhalb von Pankow unterwegs war, überlässt Jürgen Ehle den Gesang. Jürgen haut mächtig rein, wieder purer Rock and Roll, temporeich und schnörkellos! Diese Abwechslung im Line-up hat ein bisschen etwas von dem bekannten Stones-Ritual, wonach in jedem Konzert Keith Richards zwei seiner Songs singt und Jagger die Bühne verlässt. Wie auch immer, die Setlist lässt keine "Langeweile" aufkommen, auch wenn die gleichnamige Wende-Hymne das letzte Drittel des Vortrages einläutet, in dessen Finale dann "Rock and Roll im Stadtpark", das punkige "Keine Stars"-Stück "Trübsal", "Wetten du willst" und "Gib mir ein Zeichen" hingefetzt werden.

Zum vorläufigen Schluss können alle "Komm, Karlineken, komm" gemeinschaftlich mitsingen, um zum rasenden Refrain "Kille, kille, Pankow …" dann noch einmal so richtig abzugehen. Im Waschhaus kocht es. Das Publikum fordert einstimmig Zugaben. Nach diesem Feuerwerk und "Kille, kille, hopsasa" gibt es zum Abschied noch etwas Besinnliches auf den Weg: "Wunderbar".d 20191104 1821796475 Etwas traurig die Geschichte, auch weil das Konzert jetzt vorbei ist, aber schließlich voller Hoffnung, denn: "Guck doch, wie die Erde sich dreht!" Bis Ende November jedenfalls, an manchem Abend, wenn im Saal das Licht ausgeht, dreht sich die Erde noch etwas schneller. Hingehen, denn es wird wunderschön! Danke, Pankow!



Termine:
• 06.11.2019 - Cottbus - Bebel
• 07.11.2019 - Berlin - Alexanderplatz
• 08.11.2019 - Bernau - Ofenhaus
• 09.11.2019 - TV-Auftritt Bln., Potsdamer Platz
• 15.11.2019 - Magdeburg - Feuerwache
• 16.11.2019 - Neuenhagen - Bürgerhaus
• 22.11.2019 - Greifswald - St. Spiritus
• 23.11.2019 - Dresden - Schlachthof
• 29.11.2019 - Leipzig - Täubchenthal
• 30.11.2019 - Berlin - Kesselhaus Kulturbrauerei

Alle Angaben ohne Gewähr! Weitere Infos auf der Pankow-Homepage.



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Pankow: www.electrocadero.de/pankow









   
   
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