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Ein Konzertbericht von Madline Roselt mit Fotos von Sarah Müller




"Da erhebt die zierliche Sängerin eine Stimme, die nicht anders als grandios zu nennen ist, die mit einzigartiger Kraft und Wärme jeden umfängt und alle Winkel füllt."


... mit diesen Worten hat die Tageszeitung "Trierischer Volksfreund" einst Julia Neigels Stimme beschrieben. Ich sah Julia Neigel das erste Mal vor zwei Jahren als Gast bei Dieter "Maschine" Birrs Solo-Tour. Sie sang mit ihm das Lied "Regen". Die einzige Erinnerung an diesen Auftritt ist interessanterweise ihr extravagantes Bühnen-Outfit.a 20191017 1195106471 Im Dezember 2018 erfuhr ich dann, dass Julia Neigel neben AnNa R. als Gastsängerin mit SILLY im Herbst 2019 auf Tour gehen soll. Das war für mich als SILLY-Fan ein Grund mehr, die Frau mit der beschriebenen großartigen Stimme näher kennenzulernen. Ich stöberte ein wenig im Internet und stieß auf ihr letztes Studioalbum "Neigelneu". Dieses Album lief die Wochen zuvor auf Dauerschleife und so besuchte ich, mit vielen Ohrwürmern im Gehörgang, Julia Neigel am 12. Oktober im Kulturbahnhof in Radeburg.

Um kurz nach 20:00 Uhr betrat sie mit einem schlichten, schwarzen Outfit die Bühne. Begleitet wurde sie von ihrem Gitarristen Uwe Fischer, der ebenfalls in einem schwarzen Outfit die Bühne betrat. Ohne große Worte zu verlieren, aber mit einem breiten Strahlen, nahmen beide auf den Barhockern Platz und das Lied "Froh, dass es dich gibt" wurde angestimmt. Dieses Lied gefiel mir schon auf der CD. Live war es noch gefühlvoller und schöner. Sofort zog sie mich mit ihrer Stimme in ihren Bann und ließ mich nicht mehr los. Nach dem ersten Applaus begrüßte sie das Publikum herzlich und bedankte sich fürs Kommen. Dabei startete sie die erste Fragerunde und war mehr als erstaunt, wie weit einige gereist waren, nur um an diesem Tag bei dem Konzert anwesend zu sein. Von Castrop-Rauxel, Bremerhaven oder Ingolstadt reisten die Menschen an. Kurz darauf erwähnte sie, dass dies heute nicht nur ein Duo Konzert sei, sondern auch, dass es für dieses Jahr das letzte Konzert für sie allein sein würde, weil sie mit der wunderbaren Band SILLY auf Tour gehen werde.

Neben ihren eigenen Songs sang sie auch Lieder von Freunden, Musikern, die sie verehrt und Lieder, die sie für Musikerkollegen schrieb, wie das nächste gute Stück: "Freiheit, die ich meine" von Peter Maffay. Es erklang in einer wundervollen Julia Neigel-Version. Dabei zeigte Uwe Fischer gegen Ende des Liedes einen Einblick in seine Gitarrenkünste. Doch das sollte erst der Anfang gewesen sein. Die nächste Überraschung war das darauffolgende Lied von Tom Petty: "Into the great wide open". In Englisch klang sie ebenso kraftvoll wie in Deutsch, und besonders berührend war der Refrain, den sie zusammen mit Uwe sang. Ein Moment, an den ich mich jetzt beim Schreiben noch gerne zurückerinnere.b 20191017 1970901889 Nach dem Lied "Weil ich dich liebe" vom Album "Nur nach vorn" folgte ein unveröffentlichter Song mit dem Namen "Der Himmel lacht" vom neuen Album, welches im Frühjahr 2020 erscheinen wird. Dieses Lied brachte auf jeden Fall die Vorfreude mit sich, und wir alle dürfen auf das kommende Jahr gespannt sein. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Dass die ruhigeren Klänge ihr ebenso gut liegen wie die lauten, wurde mit dem Lied "Paradies" vom 1996 veröffentlichten Album "Sphinx" bestätigt. Dies lud sofort zum Träumen ein. Bevor es in die 20-minütige Pause ging, kam mit dem Lied "Der perfekte Tag" ein Gefühl von Sommer, Sonne und Strand auf. Dabei wurde das Publikum auserkoren die ‚besonders schwere Zeile' "Didididididi" mitzusingen. Diese Aufgabe wurde mit Bravour gemeistert und zauberte Julia und Uwe auch an dieser Stelle ein Lächeln ins Gesicht.

Nach der Pause ging es mit dem italienischen Lied "Il Volo" von Zucchero weiter. Ich kannte dieses Lied nicht und hörte es an diesem Abend zum ersten Mal. Vom ersten Ton an war ich in einer anderen Welt und war beeindruckt, welchen stimmlichen Umfang diese Frau abdeckt. Von tief bis hoch. All dies zeigte sie in diesem Lied. Ich war einfach nur sprachlos und völlig hin und weg. Mein persönliches Highlight war "Gib die Liebe nicht auf". Ein weiteres Lied von Peter Maffay, das sie geschrieben hat. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich dieses Lied das erste Mal gehört habe, mochte es aber schon von Anfang an. Nach der Version an diesem Abend und dem Wissen, dass sie den Text geschrieben hat, nahm ich es noch einmal mit ganz anderen Augen (bzw. Ohren) wahr. Mit welcher Leidenschaft und Energie sie dieses Lied sang, sah man spätestens daran, dass sie fast auf dem Barhocker stand!c 20191017 2057341901 Doch auch da hielt es sie kaum, so dass Julia den Hocker verließ und am Bühnenrand mit Tanzen und zu klatschen anfing. Natürlich gab es noch ein passendes Gitarrensolo von Uwe Fischer dazu, und die beiden haben mich zum wiederholten Male an diesem Abend einfach nur umgehauen.

Doch das sollte nicht der letzte Moment sein, der mich an diesem Abend beeindruckte. Mit "Lilli Marleen" und "Für mich soll's rote Rosen regnen" wurden zwei Songs gespielt, die ich nicht erwartet hätte. Meinem Gesicht sah man eventuell an wie überrascht ich war, aber eher deswegen, weil sie diese Lieder unfassbar gut interpretierte und ich anfangs überhaupt nicht damit gerechnet habe, wie gut dies mit ihrer Stimme klingt.

Es folgte ein weiterer Song aus ihrem letzten Album: "Uns gehört die größte Macht der Welt. Wir sind frei." Genauso frei fühlte sie sich nicht nur bei diesem Lied ("Wir sind frei" von "Neigelneu"), sondern schon den ganzen Abend und das steckte an. Doch sie war nicht nur frei, sondern hatte auch noch jede Menge Spaß, besonders als sie das Lied mit ein paar Fans sang, die sehr textsicher schienen. Den Part "Wir sind frei, wir sind frei" gab sie daher gerne ab und die Freude stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. Überhaupt war ihr die Interaktion mit dem Publikum sehr wichtig. Sie fragte nicht nur nach der Herkunft der Konzertbesucher, sondern auch, ob es ihr erstes Julia Neigel-Konzert sei und animierte zum Aufstehen, Mitklatschen und Mitsingen. Das Publikum war sichtlich begeistert, was Julia noch mehr zu beflügeln schien.

Der "Mann aus der Toskana", wie sie einen Künstler beschrieb, den sie schon seit Jahren sehr schätzt und bei dem auch sie in der ersten Reihe zu finden sei, verlieh dem Abend noch einen weiteren Song. Die Rede ist von Zucchero und seinem Hit "Madre dolcissima".d 20191017 1021126584 Dieses Lied schrieb er für seine Mutter und weil Julia ihre Mama auch über alles liebt, fand es einen Platz an diesem Abend. Dabei fiel mir noch einmal - wie schon bei "Il Volo" - auf, wie wunderschön ihre Stimme auch bei italienischen Liedern klingt. Hier holte sie noch einmal alles aus ihrer Stimme heraus. Dabei "schrie" sie förmlich mit all ihren Gefühlen "Mama" ins Mikro, welches mir eine Gänsehaut bescherte. Das muss man einfach einmal erlebt haben. Dieses Gefühl ist kaum zu beschreiben. Auch Uwe konnte noch einmal zeigen, wie gefühl- und gleichzeitig kraftvoll er auf seiner Gitarre spielen kann. Dabei stellte er als Zweitstimme sein Können ebenfalls zur Schau oder besser gesagt zum Hören. Auch das Publikum wurde zum Mitsingen animiert und gab einen wundervollen Gospelchor zum Besten.

Die beiden wurden mit anhaltendem Applaus förmlich überschüttet und auch die Zugabe-Rufe ließen nicht lange auf sich warten, denn ein Hit wurde wahrscheinlich von vielen Neigel-Fans vermisst - genau: "Schatten an der Wand". Dazu gab es noch eine kleine Anekdote von ihr, nämlich die, dass sie mitten in der Nacht vor der mündlichen Mathematikprüfung einfach dieses Lied in einer halben Stunde runterschrieb (Randinfo: Sie hat die Prüfung bestanden). Viele im Saal waren sehr textsicher - ich muss zugeben, ich nicht. Bis auf den Refrain konnte ich nichts mitsingen. Aber daran sieht man einmal wieder, es muss nicht unbedingt der eine Hit sein,e 20191017 1250421151 um Fans zu gewinnen. Wie universell einsetzbar ihre Stimme ist, zeigte sie dem Publikum noch einmal. Von jetzt auf gleich sang sie mit ihrer Stimme einfach den Bass. Nicht nur Uwe Fischer hatte seinen Spaß dabei, auch das Publikum war überrascht.

Nach dieser Nummer erreichten weitere Zugabe-Rufe und lauter Applaus die Bühne. Die beiden kamen dem sehr gerne nach. Uwe stimmte zum Abschluss sehr ruhige Töne an. Ein gefühlvoller Abschluss eines wunderbaren Abends. Das Lied hieß "Frei für ewig" und lud noch einmal zum Träumen ein. Bei einigen ließen sich ein paar Tränen auch nicht verbergen. Die beiden Musiker wurden mit einem langanhaltenden Applaus von der Bühne verabschiedet und Julia bedankte sich noch einmal für diesen wunderschönen und einzigartigen Abend. Und das war er auf alle Fälle: EINZIGARTIG!

Ich für meinen Teil kann dem Anfangszitat nichts hinzufügen, außer, dass Julia Neigel zurecht in einigen Zeitungen als "The Voice" bezeichnet wird. Wer denkt: "die übertreiben doch alle nur", möge selbst auf ein Konzert von ihr gehen und sich davon überzeugen, dass es so ist. Vielleicht bei einem SILLY-Konzert in diesem Herbst oder nächstes Jahr, wenn Julia ihr nächstes Soloalbum veröffentlicht. Ich habe noch nie so eine einzigartige, kraftvolle und ebenso gefühlvolle Stimme gehört, wie Julia Neigel sie besitzt. Ich kann jedem Musikliebhaber, der auf außergewöhnliche Stimmen steht und sich verzaubern lassen möchte, ein Konzert von ihr ans Herz legen. Ich bin auf jeden Fall mit einem beflügelten Gefühl und einer gewissen, im positiven Sinne, Sprachlosigkeit nach Hause gegangen.



Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Julia Neigel: www.julianeigel.com
• Homepage des Kulturbahnhofs in Radeburg: www.bahnhof-radeburg.de









   
   
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