Deutsche Mugge live wird präsentiert von:
Rhodos Grill | Haus Callenberg | Hotel Selle | Provinzial Versicherungsbüro Mette |
Bettenwelt Schülken | Rechtsanwaltskanzlei Dr. Wengeler | Fotostudio Keep Smile



000 20171016 1364425266





uesc1017 20171016 1266158451
Ein Bericht von Christian Reder mit
Fotos von Adam Zegarmistrz Glagla



Kann man nix machen
"Wenn fünf Leute zufrieden und von dem Erlebten begeistert nach Hause gehen, dann haben wir alles richtig gemacht." Das war meine Devise, als wir vor knapp vier Jahren hier angefangen haben, Konzerte zu veranstalten. Ok, heute waren es ein paar mehr als nur fünf zufriedene Konzertbesucher, die nach der ersten Castrop-Rauxeler "Jazz Matinée" begeistert nach Hause gingen, aber da war noch reichlich Luft nach oben. Etwas mehr Zuspruch hätte man sich gerade für das Trio gewünscht, das bei der Premiere für erstklassige Unterhaltung gesorgt hat. Aber die Konkurrenz war groß ... Zum einen war verkaufsoffener Sonntag in der Castrop-Rauxeler Innenstadt.a 20171016 1702741241 Dafür muss man natürlich Verständnis aufbringen, denn unter der Woche sind die Läden hier scheinbar alle geschlossen, weshalb man in Scharen am Sonntag der Einkaufslust frönen muss. Und 'ne lecker Bratwurscht gibt's da ja außerdem auch noch. Damit war ein Teil des potentiellen Publikums schon mal an die Konkurrenzveranstaltung verloren. Kann man nix machen. Dann fand an diesem Wochenende in der Dortmunder Westfalenhalle die Messe "Hund und Pferd" statt. Wenn man parallel dazu auf einem Reiterhof ein Konzert veranstaltet, darf man sich nicht wundern, wenn die Zielgruppe nicht erscheint und eher dorthin geht, wo man seinem Hobby nachgehen und sich über Neuerungen dazu erkundigen kann. Kann man auch nix machen. Tja, und wo der Rest der nicht erschienenen Bürgerschaft seinen Sonntagmittag verbracht hat, ist hier nicht näher bekannt. Vielleicht daheim auf dem Sofa und sich überlegend, wie man seinen Frust darüber, dass einem in der eigenen Stadt kulturell ja so überhaupt nichts geboten wird, morgen in sozialen Netzwerken in die passenden Worte kleiden kann. Da kann man erst recht nix machen. Fakt ist aber, dass alle Konzertgäste am Sonntag einen tollen Tag mit großartiger Musik und ausgesprochen gutem Essen des Chefkochs Jupp Knickenberg (Nö, keine Bratwurscht) genossen haben. Es ging jedenfalls niemand weg, der von SWING 42 nicht ordentlich in Stimmung gebracht wurde.

Die Band
SWING 42 kennt man hier in Castrop-Rauxel eigentlich, auch wenn der Name der Band ganz neu ist. Sie haben als MIROWI ENSEMBLE bereits mehrfach im "Café Antik" und im "Parkbad Süd" gespielt und die Menschen begeistert. Nun hat man sich dazu entschlossen, den alten Namen abzulegen und sich eben einen Neuen zuzulegen. Dieser neue Name macht auch wesentlich deutlicher, um was es da eigentlich geht. Der alte trug ja mit Mi(chael), Ro(elof) und Wi(lfried) schließlich nur die Anfangssilben der Namen seiner Mitglieder in sich, was dem interessierten Musikfreund ja nichts über das verriet, was die Herren außer hübschen Vornamen zu bieten hatten. SWING spricht da eine deutliche Sprache und macht sofort klar, dass man bei SWING 42 ganz sicher keinen Schlager-Moove oder Akustikrock zu erwarten hat. Das Ensemble selbst ist das Alte geblieben. Dr. Wilfried Schewik-Descher am Klavier, der Niederländer Roelof Posthumus an Klarinette und Saxophon, sowie Michael Ledig am Kontrabass. Die drei bilden eine kleine Delegation des großen R.P. Swing Orchesters, einer mehrköpfig und international besetzten Big Band, bei dem das "R.P." im Namen für den Bandchef Roelof Posthumus steht und das im kommenden Jahr auf eine große Theater-Tournee gehen wird.b 20171016 1536828336 Euch, unseren Lesern, die Ihr Euch insbesondere für die Musik aus der ehemaligen DDR interessiert, könnte der Name Michael Ledig noch etwas sagen. Er war Anfang der 80er Bassist der Gruppe LIFT und hat mit ihr das Album "Spiegelbild" im Studio mit eingespielt. Die Gruppe SWING 42 hat jedenfalls das Beste in den neuen Abschnitt ihrer Bandgeschichte rüber gerettet, nämlich die fantastischen Arrangements der Jazz-Nummern, die sie mit viel Liebe schon seit Jahren spielen und mit denen sie schon an so vielen Orten die Menschen begeistern und von sich überzeugen konnten.

Swing-Jazz zu ungewöhnlicher Zeit
Nachdem die Band bereits am Vormittag ihr Instrumentarium im Saal aufgebaut und die Konzertbesucher ab 12:00 Uhr zuerst gemütlich zu Mittag essen konnten, legte das Trio pünktlich um 13:00 Uhr, zu einer Stunde, wo manch ein Zeitgenosse am Tag des Herrn erst das Bett verlässt, mit dem Titel "A Smooth One" los. Ziemlich relaxed stieg das Trio mit dieser Benny Goodman-Nummer in den Nachmittag ein. Während "A Smooth One" im Original von einem Sextett gespielt wurde und mit einem Xylophon-Part aufwartete, übernahm Dr. Wilfried Schewig-Descher aus Ermangelung des Instruments und weiterer Musiker bei SWING 42 diesen Part mit seinem Klavier. Dies eröffnete der Nummer natürlich völlig neue Wirkungsmöglichkeiten und dem Musiker an den Tasten eine erste Gelegenheit, mit Improvisationen zu überraschen. Sein holländischer Kollege Roelof Posthumus griff hier zur Klarinette, wechselte während des Konzerts aber immer wieder zwischen diesem Instrument und dem Saxophon hin und her. Außerdem zeigte sich der Holländer als sympathischer Wortführer der Band, der mit der einen oder anderen humorvollen Ansage das Publikum zum Lachen brachte. U.a. erfuhren wir, dass er seinen Kollegen Schewik bei der Bandvorstellung nicht mehr als Doktor vorstellen darf. Dies sei ihm inzwischen untersagt worden. Mit einem Augenzwinkern fügte er an, dass er dies früher stets mit dem ergänzenden Hinweis versehen habe, Schewik sei Frauenarzt, was zur Folge gehabt habe, dass der Doktor noch lange nach einem Konzert, und als seine Bandkollegen schon längst auf dem Heimweg waren, vom weiblichen Teil des Auditoriums belagert worden sei, weil sie ihn deshalb wegen verschiedenster "Anliegen" konsultiert hätten. "Er musste dann bis spät in die Nacht Termine machen", ergänzte Posthumus schelmisch grinsend. Zu den gespielten Stücken wusste Posthumus auch immer eine Geschichte zu erzählen, was das Konzert nicht nur auflockerte, sondern womit er quasi auch noch einen Lehrauftrag erfüllte, weil er dies stets mit geschichtlichem Hintergrund tat.

c 20171016 1358922325Das Konzert unterteilte das Trio in drei Blöcke mit jeweils vier Jazz-Songs. Dabei bediente sich die Gruppe an Kompositionen aus dem zeitlichen Bereich zwischen den 20er, 30er und 40er Jahren des letzten Jahrtausends. Im ersten Set ging es noch mit dem aus dem Jahre 1931 stammenden Song "As Time Goes By", "Rose Room" und dem 1930 von Samuel Howard Stept geschriebenen und vor Jahren u.a. auch schon von Willie Nelson gecoverten Stück "Please Don't Talk About Me When I'm Gone" weiter. Der mittlere und letzte Konzertteil waren ebenso abwechslungsreich mit Songs bestückt wie der erste, und es kamen dort u.a. Klassiker wie das 1939 von Billy Strayhorn komponierte und später von Duke Ellington als Erkennungsmelodie verwendete "Take The A-Train", der Jazz-Standard "Blue Monk" von Thelonious Monk, das stilübergreifend schon längst auch in anderen Musikrichtungen zum Evergreen avancierte "Sweet Georgia Brown", oder das ursprünglich von Duke Ellington geschriebene und in den 30ern sowohl von Benny Goodman als auch von Glenn Miller auf Platte veröffentlichte "In A Sentimental Mood". All diese bekannten - und auch die weniger bekannten - Nummern im Set wurden in einer für die Gruppe SWING 42 wohl typischen Art und Weise vorgetragen, so dass man hier eine eigene Handschrift deutlich herauslesen konnte. Dabei wurde keines der Stücke in radiotauglichen Fassungen vorgetragen, sondern teilweise über die 10-Minuten-Zeitgrenze hinaus ausgedehnt. Etwas für Genießer ...

Ich hatte vorher bereits zwei Konzerte der Gruppe erlebt, als sie noch unter dem alten Namen MIROWI ENSEMBLE aufgetreten ist. Einiges von dem, was ich vor ein paar Jahren schon gesehen und gehört habe, konnte man auch am Sonntagnachmittag im Programm wiederfinden. So ist die besondere Art und Weise, wie Michael Ledig seine Daphne, wie er seinen großen schwarzen Kontrabass getauft hat, spielt und wie er teils schon komödiantisch seine Soli in die Nummern einbaut, ganz offenbar noch weiterentwickelt worden. Sie war bei den Konzerten im "Café Antik" schon eine besondere Zutat im gesamten Menü. Auch im "Haus Callenberg" zog er immer wieder die Blicke des Publikums auf sich, wenn er sich zu einem neuen Solo aufschwang. Seinem körperlichen und spielerisch äußerst kreativen Einsatz zollte sein Bandkollege Posthumus u.a. damit Respekt, dass er ihm während eines seiner Soli sogar den Schweiß mit einem weißen Tuch von der Stirn tupfte. Zwar nur als Gag gemeint, aber durchaus auch ein ganzes Stück Hochachtung vor der Leistung des Kollegen, der immer wieder Szenenapplaus vom Publikum und auch von seinen Kollegen bekam. Von wegen, Jazz ist furztrocken und nur für humorlose alte Herren. SWING 42 macht daraus die pure Lebensfreude. Überhaupt hatten alle drei Musiker reichlich Gelegenheiten, mit ihren Fähigkeiten an den Instrumenten große Momente zu kreieren. Neben Michael Ledig - wie eben beschrieben - am Bass natürlich auch Wilfried Schewig-Descher an den Tasten und Roelof Posthumus gleich an zwei Instrumenten.d 20171016 1674422095 Spannend zu beobachten und bei genauem Hinhören zu entdecken, dass sich z.B. beim Saxophon-Teil im Song "In A Sentimental Mood" sogar die Silhouette des Klassikers "Summertime" hinein schlich. Egal, wer von den Dreien gerade einen eigenen Moment hatte ... sie waren so gut, dass man improvisierte oder einstudierte Teile nicht auseinanderhalten konnte. Das war schon das ganz hohe "C", was uns die Herren geboten haben.

Ponyhof
Am Nachmittag, pünktlich zur Kaffeezeit um kurz nach 15:00 Uhr, war die erste "Jazz Matinée" in Castrop-Rauxel beendet und SWING 42 konnte nach einer vom Publikum mit Nachdruck eingeforderten Zugabe den Feierabend einläuten. Bei der Zugabe wurde einmal mehr der Song "Please Don't Talk About Me When I'm Gone" zum Vortrag gebracht, dieses Mal allerdings gesungen von Roelof Posthumus, der von Michael Ledig mit "Schubidubabab"-Chorgesang unterstützt wurde. Wie eingangs schon erwähnt, hinterließen der Doktor und seine Mitmusikanten ein begeistertes Publikum und es wurde von beiden Seiten - sowohl von der Band als auch vom Publikum - eine Wiederholung des gerade Erlebten an gleichem Ort gewünscht. Dazu werden wir uns demnächst mit der Band zusammensetzen und überlegen, wann und in welchem Rahmen wir diesen Wunsch in Erfüllung gehen lassen können. Wir von Deutsche Mugge sind jedenfalls für jede Schandtat bereit. Bis dahin hat sich vielleicht auch bei noch mehr Leuten herumgesprochen, dass es jetzt "Kultur auf dem Reiterhof" gibt, und dass das Leben manchmal tatsächlich ein Pony-Hof sein kann, wenn man sowas wie dem Konzert von SWING 42 beiwohnen kann.




Setlist:
Zum Vergrößern bitte anklicken

set1017


Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Swing 42: www.swing42.net
• Homepage des "Haus Callenberg" in Castrop-Rauxel: www.haus-callenberg-castrop-rauxel.de




 
 
 
 
 
 
 




   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.