FÄHRMANN am 5. Dezember 2014
im Café Chokolat in Dortmund

 

Ein Konzertbericht mit Fotostrecke von Elmar Rahn



Als am vergangenen Donnerstag das Telefon klingelte, rechnete ich eigentlich mit einer weiteren nervigen Umfrage oder mit unerwünschten Angeboten irgendwelcher Krankenkassen und Versicherungen. Ich war sehr erfreut, als sich am Ende der Leitung mein Freund Christian meldete, auch wenn ich den Grund seines Anrufes noch nicht kannte. Er bat mich, ihn am nächsten Tag zu vertreten. Christian hatte eine Einladung für ein Konzert von FÄHRMANN bekommen, die er leider nicht wahrnehmen konnte. Nun ja, das kam vielleicht recht kurzfristig, aber auch zu kurzfristig, um einem guten Freund einen Gefallen zu tun? Nein! Außerdem war das Konzert, um das es ging, schon etwas Besonderes, denn den Künstler kannte ich schon. Anfang des Jahres hatte ich die Ehre einer Veranstaltung von Deutschen Mugge beizuwohnen. "Hähle liest und Fährmann spielt" hieß es da. Der Bericht von Christian darüber ist in der Rubrik "Live-Berichte" zu finden (siehe HIER). Das Zusammenspiel zwischen Andreas Hähle und FÄHRMANN hatte mir da schon außerordentlich gut gefallen, und auch wenn nur einer der beiden wieder mal den Weg in mein Einzugsgebiet gefunden hatte, sagte ich gerne zu.

Eine sehr angenehme Gesangsstimme, begleitet von Gitarre und Mundharmonika, sowie lyrische Texte würden mir ganz sicher den Abend in der hektischen Vorweihnachtszeit versüßen. Keine große Halle, sondern die gemütliche Atmosphäre eines Szene-Cafés im Dortmunder Kreuzviertel war der Ort des Geschehens, und unter diesen Voraussetzungen würde es sicherlich die Möglichkeit geben, vor oder nach der Mugge noch ein paar Worte mit dem Musiker zu wechseln. Ein Musiker, der mich stark an Reinhard May erinnert (hinter dem er sich übrigens überhaupt nicht verstecken muss), aber trotzdem doch sehr viel Eigentständigkeit und Einzigartikeit besitzt. Sänger bzw. Liedermacher - neudeutsch auch "Singer/Songwriter" genannt - sind ja wieder im Kommen. Eine neue Generation ist herangewachsen, zu der u.a. Philipp Poisel, Tim Benzko, Xavier Naidoo oder Christian Haase gehören. Allerdings fällt auch auf, dass nicht in jedem der jungen Musiker die Qualitäten eines Hannes Wader, Georg Danzer oder Waggershausen schlummern. Statt der in Lyrik und Poesie verpackten Melancholie eines Waggershausen oder spitzen und hintergründigen Texten des Österreichers Georg Danzer, trifft man heute nicht selten auf triefenden Schmalz und platte Lebensweisheiten. Die scheinen sich inzwischen wohl besser verkaufen zu lassen, warum sie bei so manchem Musikus dann auch leider im Vordergrund stehen. Das ist bei FÄHRMANN ganz anders. Ich erinnere mich noch sehr gut an eben erwähnte Konzert-Lesung im Februar, als der Musiker einige seiner Lieder vorgetragen hatte, und von denen jeder einzelne Song Tiefgang und Leben hatte. So machte ich mich neugierig auf den Weg nach Dortmund ins Kreuzviertel, gespannt auf die Lokalität und alles, was mich an diesem Abend mit FÄHRMANN erwarten würde.

Gut, dass ich frühzeitig den Weg angetreten hatte, denn an der Abfahrt zum Westfalenstadion, der Heimstätte von Borussia Dortmund, staute sich der Verkehr. Die Borussia hatte eins ihrer Heimspiele und zu diesen Spielen pilgern immer über 80.000 Menschen. So fühlte sich die letzte Etappe meines Weges wie zwei Stunden "Stop and Go" an. Der letzte Kilometer zog sich wie ein Kaugummi und die Befürchtung keimte auf, dass nicht nur ich zu spät ans Ziel kommen würde. Dann zeigte sich um kurz nach 19:00 Uhr der Zielort auf dem Navi. Mir standen die Haare zu Berge, als ich die Parkplatzsituation vor Ort erkannte. Dass die Autos nicht noch gestapelt waren, war alles. Dortmund ist immer ein Abenteuer und die Stadt macht es den Autofahrern auch nicht wirklich leichter. Aber ich hatte Glück, so wurde plötzlich ein Parkplatz in Nähe des Cafés frei. Nach einigen Schritten sah ich die mir schon bekannte Kappe. Sie gehörte zu FÄHRMANN, er stand vor dem Lokal und die Begrüßung war sehr herzlich. Ich betrat also das Café, dass von der Aufteilung her auf den ersten Blick ein wenig einer Pommesbude glich. Rechts in der Ecke die Theke und auf der linken Seite Tische.b 20141208 1653208096 Für das Konzert waren extra Stühle aufgestellt worden. Das Café war schon gut gefüllt aber nicht so, dass keiner mehr Platz finden würde. Ich suchte mir ein gutes Plätzchen, um gute Fotos machen zu können und um das Geschehen auf der Bühne gut auf dem Schirm zu haben. Links von mir war ein großes Fenster mit einer Gardine, davor ein Hocker mit einem Koffer, in dem die CDs vom FÄHRMANN zum Verkauf standen. An der Wand vor mir stand ein Hocker, auf dem FÄHRMANN später sitzen würde, umgeben von seinen Instrumenten: Gitarre, Mundharmonikas (etwa 10 an der Zahl) und das Stomp-Board, mit dem er die Beats für seine Songs selbst spielt. Rechts vor dem Hocker und vor dem Mischpult befand sich ein Tischchen mit einem Kerzenleuchter. Alles war vorbereitet und wartete auf den Gast des Abends.

Der ließ auch gar nicht lange auf sich warten. Gegen etwa 19:30 Uhr war es dann soweit und FÄHRMANN nahm seinen Platz ein. Nach der Begrüßung gab es als erstes "Der Fährmann ist da", eine kleine Anekdote zum Thema Filmen mit Handys. Es ist seine Art, die Erscheinungen der Neuzeit und das Geschehen um ihn herum mit in das Programm einzubeziehen. Schon die Auswahl der Musik, die vor dem Konzert und später in der Pause vom Band lief, war gut ausgewählt und hatte eine erfreulich harmonische Bandbreite. So wie das Live-Programm letztlich auch ... Der musikalische Einstieg glich einem Roadmovie, bei dem man auf der Fahrt Springsteen im Radio hört. Im Gegensatz zu Springsteens rauem Organ verfügt FÄHRMANN über eine angenehm zarte und feine Stimme, die an manchen Stellen durchaus auch eine leicht rauchige Note hat. Oft vergleicht man eine Stimme mit einem guten Whisky - bei FÄHRMANN würde ich eher von einem herb süßen Kakao mit Sahne und edlen Schokostücken sprechen wollen. Sehr angenehm und doch immer wieder auch überraschend. Der perfekt abgestimmte Sound seiner Instrumente lud den Hörer noch zusätzlich zum Träumen ein. Die musikalische Reise durch das FÄHRMANN-Konzert bot eine Vielfalt von Facetten und Eindrücken. Zwischen den Liedern gab es immer wieder Momente des gesprochenen Worts, die wie kleine Bahnhöfe waren, und in denen kleine Zwischentexte und Gedichte, z.B. von Erich Kästner, vorgetragen wurde. Das regte das Publikum immer wieder zum Schmunzeln an und lockerte die sowieso schon entspannte Stimmung im Raum weiter auf. Auch andere Momente nutzte FÄHRMANN für den einen oder anderen kleinen Gag zwischendurch, so z.B. als er immer wieder die Gitarre stimmte und das mit den Worten verband, Hannes Wader würde dies auch so tun ... aber mit mäßigem Erfolg. Anspielungen und Seitenhiebe gab es an diesem Abend auch für König Fußball.c 20141208 1545452808 Auch ein Stück Selbstironie als er meinte, dass man sich vor der Planung eines Konzerts demnächst doch besser den Spielplan der ortsansässigen Vereine ansehen sollte. Dies bezog sich weniger auf den Publikumszuspruch auf sein Konzert als auf die Parkplatzsituation vor der Tür, die Freitag während seines Programms mehr als einmal für "Gesprächsstoff" sorgte. Ein weiteres Thema war das Älterwerden. Dabei ging es darum, wie man sich seit der Jugendzeit verändert hat. So erzählte er von einem Wiedersehen mit Jugendfreunden aus der damaligen Zeit im Osten, und darüber, dass man früher immer gesagt habe, man wolle nie so werden wie die Eltern. FÄHRMANN merkte an, dass einer seiner Freunde charaktersmäßig inzwischen sogar an seine Oma erinnert.

Zum Lied "Komm setz dich ans Fenster" erzählte FÄHRMANN, dass er es vor langer Zeit auf dem Weg nach Dortmund ins Kreuzviertel schrob. Er nutzte dabei auch die Gelegenheit zu erklären, wo grammatikalisch der Unterschied zwischen "schrob" und "schrieb" läge. Auch den Song "Denk an mich" spielte er. Hier erinnerte mich FÄHRMANNs Vortrag ein wenig an Hannes Waders herben Charme, wobei Fährmanns Stimme im Gegensatz zu der von Wader wesentlich weicher und angenehmer klingt. Ein weihnachtliches Gedicht, das eingeflochten wurde, machte FÄHRMANN durch wenige Veränderungen zu "seinem". Als nach dem Lied "Ich steh noch immer hier" eine Dame im Publikum gähnte, fragte FÄHRMANN schelmisch: "Bleibt ihr noch?" - Natürlich blieben alle da und wir alle wissen inzwischen ja, dass Gähnen eher durch Sauerstoffmangel als durch Müdigkeit hervorgerufen wird. Der Gag bot sich aber trotzdem an. Danach regelte er die Gitarre lauter - für ein leises Stück. Die Parksituation vor dem Café nahm er zwischenzeitlich immer wieder zum Anlass den einen oder anderen Satz loszulassen. So wurde aus dem Versuch eines Autofahrers, sein Gefährt in einer Parkbucht zu platzieren, ein regelrechtes Event und ein spontan mit ins Programm aufgenommener Teil.

Auch einen Song der Gruppe SILLY hatte FÄHRMANN im Gepäck. Das Lied "Instandbesetzt" vom letzten Album mit Tamara Danz machte FÄHRMANN zu seinem Song. Ganz im Gegensatz zum leicht rauen Original, klang seine Version samtig weich. Es war einfach ein Gänsehautmoment mit einem Musikstück, das in dieser Form am Lagerfeuer sicher für die perfekte Atmosphäre sorgen dürfte. Es folgte ein von einem Gedicht begleiteter Plektrumwechsel, und weiter ging es auf dem Weg durch das FÄHRMANN-Land, nun mit dem Song "Soweit die Füße tragen" und durch die staubige Prärie. Prärie deshalb, weil dem Song für meinen Geschmack die totale Westernromantik inne wohnt. Ich musste unwillkürlich an Gary Cooper als Sheriff in einem Western und an "Jonny B" von den HOOTERS denken. Das Stomp Board ließ den Gedanken an die Trommeln der Indianer in einer Vollmondnacht aufkeimen. Es fehlte nur noch das Heulen der Kojoten. Während inzwischen der Hut durch die Reihen des Publikums ging, begeisterte FÄHRMANN durch ein fulminantes Mundharmonika-Solo, das das Publikum zuerst mit einem Klatschmarsch begleitete und in einem tosenden Applaus enden ließ.

Passend zur Weihnachtszeit gab es nun auch ein Weihnachtslied. Bei allen anderen Songs betonte FÄHRMANN immer, dass das nächste Lied "ein schönes Lied" sei. An dieser Stelle war die Ansage aber eine andere: "Schönes gibt es anderswo". Sein Lied "Morgen Kinder wird's nichts geben" hatte wirklich einen bitterbösen Einschlag. Das folgende von Gordon Lightfood im Original als "In The Early Morning Rain" gesungene Lied, erinnerte mich an das bekannte Stück "Über den Wolken", und als hätte FÄHRMANN meine Gedanken gelesen,d 20141208 1873618491 folgte anschließend tatsächlich der Reinhard May-Klassiker, bei dem das Publikum mit einbezogen wurde. Anschließend erwähnte er in einer weiteren Zwischenmoderation einen Konzertgast namens Lukas, mit dem er vor dem Konzert über RAP und Clueso gefachsimpelt hatte, und machte ihn so zu einer kleinen Berühmtheit. Dann ging es etwas rockiger zur Sache, und man hörte sogar ein leichtes Kratzen in der sonst so klaren und reinen Stimme des FÄHRMANN.

Als das letzte Lied verklungen war, betraten drei weitere Gäste den Raum. Leider viel zu spät, so dass sie nur noch in den Genuss der Zugaben kamen. Da habt Ihr aber richtig was verpasst, Freunde! Eine der Zugaben war ein zum Teil in Schwedisch gesungenes Lied, nämlich "Tanz auf meinem Grab". FÄHRMANN sang hier zum ersten Mal den Schwedischen Part selbst. Der Song ist im Original nämlich von einer Schwedischen Band, und er hat es mit in sein Programm genommen. Die nächste Zugabe war ein wunderschönes Liebeslied, bei dem es um den verbleibenden Duft im Zimmer, dem Leuchten und der ewigen Erinnerung ging. Leider blieb nur noch Zeit für eine dritte Zugabe, und zwar "Heute hier morgen dort", das das Konzert wegen der Sperrstunde schon um 22:00 Uhr beschloss. Ich fand es sehr schade, denn ich hätte gerne noch die Rückfahrkarte gebucht um weiterhin auf der Reise durch das FÄHRMANN-Land dahinzugleiten. Der Frage vom FÄHRMANN, ob ich denn über diesen Abend einen 1A-Bericht verfassen würde konnte ich nur entgegnen, dass dem in Anbetracht dieses Doppel-A-Konzerts wohl nicht anders sein könne.

Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich im Hinblick auf andere hier bereits veröffentlichte Beiträge auf manches in meinem Bericht verzichtet habe. Ich wollte mich da zum einen nicht wiederholen und zum anderen möchte ich dem nun neugierig gewordenen Leser nicht die Spannung nehmen, die sich bei einem selbst besuchten FÄHRMANN-Konzerte einstellen wird. Ich teile jedoch die Begeisterung derer, die schon das FÄHRMANN-Programm gesehen und lobend erwähnt haben. Eigentlich sollte am Schluss meines Beitrags noch der Wunsch stehen, den FÄHRMANN auch mal in meiner Heimatstadt Castrop-Rauxel erleben zu dürfen. Aber dieser Wunsch wird schon bald in Erfüllung gehen, denn schon Mitte Februar hat er sich für eine Mugge im hiesigen "Café Antik" angesagt. Keine Frage, dass ich dann dort vor Ort sein werde und wie ich heute gehört habe, mein Freund Christian auch!



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Termine:

• 28.12.14 - Südbrookmerland - "Festival zwischen den Jahren"
• 02.01.15 - Münster - "Café Arte"
• 23.01.15 - Stockstadt a.M. - "Alte Knabenschule"
• 24.01.15 - Beckum - Caféhaus "Roestkultur"
• 04.02.15 - Witten - "Maschinchen Buntes"
• 14.02.15 - Wuppertal - CVJM Wuppertal-Langerfeld
• 15.02.15 - Castrop Rauxel - Café Antik

Alle Termine ohne Gewähr. Weitere Infos auf Fährmanns Homepage!



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von Fährmann: www.faehrmann-lieder.de
• Portrait über Fährmann bei Deutsche Mugge: HIER




Fotostrecke:

 
 
 




   
   
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