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Ein Konzertbericht von Torsten Meyer mit Fotos von Sandy Reichel





Chronologie einer Rockband

1974 Gründung von TRANSIT
1982 AMIGA-LP "Bernsteinhexe"
1989 Auflösung der Band
2008 Interview von Egon Linde mit Deutsche Mugge (einen kompletten Neustart kann er sich zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen)
2009 Comeback mit einem Konzert in Berlin-Biesdorf
2011 neues Album "Über's Meer"
2014 40.Jahrestag der Bandgründung

Man kann das Ganze natürlich auch in ganze Sätze packen und feststellen: Wieder einmal steht ein Jubiläum an. Ein Jubiläum der ganz besonderen Art: 40 Jahre TRANSIT. Mal ehrlich, wer hätte daran noch vor kurzem geglaubt? Ziemlich genau zwei Jahrzehnte lang gab es die Band nämlich nicht mehr. Die Geschichte dahinter ist hinlänglich bekannt und lässt sich auf den Deutsche Mugge-Seiten jederzeit nachlesen (siehe HIER). Erst 2009 entschloss sich Egon Linde zu einem Neustart mit TRANSIT und traf damit den Nerv vieler Fans (meinen übrigens auch). Seither ist richtig was passiert, viele neue Songs und zwei taufrische Alben sind entstanden, so dass man - ohne dabei rot zu werden - behaupten kann: TRANSIT lebt! In den beiden letzten Jahren wurde es um die Jungs zwar etwas ruhiger, was die Anzahl der Konzerte betrifft, doch das hielt natürlich weder die Musiker noch ihren Fanclub davon ab, sich auf dieses in der Musikbranche nicht so häufig vorkommende Jubiläum zu freuen und vorzubereiten. 40 Jahre sind schließlich eine stolze Zahl, da darf man schon mal feiern. Deshalb auch an dieser Stelle herzliche Glückwünsche von mir persönlich und von unserem Deutsche Mugge-Magazin!

Ab in den Busch
Man entschied sich dazu, die Feierlichkeiten im Busch vorzunehmen. Und zwar im "Kaulsdorfer Busch", einem Restaurant innerhalb gleichnamiger Kleingartenanlage. Wer auch immer die Idee dazu hatte, der sagte sich wahrscheinlich: "Wer dabei sein will, muss schon etwas dafür tun". Und so irrt ein Großteil der zahlreichen Besucher zunächst ziellos durch die Dunkelheit der Gartenanlage, denn die Navigationsgeräte kennen die Hausnummer 52 nicht, und von wegweisenden Schildern ist auch nicht wirklich was zu sehen. Selbst das eine oder andere zur Anreise genutzte Taxi reiht sich ein in die Reihe der Suchenden, was schon sehr amüsant wirkt. Aber irgendwie gelingt es dann doch, das Ziel zu finden, wenn auch eher zufällig. Dort angelangt, wird man am Eingang durch Mitglieder des Fanclubs mit einem Gläschen Sekt begrüßt. Eine nette Geste. Sandy und ich trudeln etwa 30 Minuten vor dem geplanten Beginn ein, der Saal ist schon gut gefüllt. Einige bekannte Gesichter sind selbstverständlich dabei, so z.B. unser mittlerweile schon fast Kultstatus genießender Freund Krischan, der natürlich auch diesmal wieder von der ersten bis zur letzten Minute durchtanzt. Aber auch "Uns Uwe" aus Hamburg hat sich wieder einmal auf den weiten Weg gen Osten gemacht, um sich an die Musik seiner Jugendtage zu erinnern. Die Stimmung ist merklich entspannt, der Saal weist durch liebevolle Dekorationen unmissverständlich auf den Anlass des Abends hin, die gastronomische Versorgung funktioniert prächtig, und so ist eigentlich alles angerichtet für eine ausgelassene Geburtstagsparty.

b 20141116 1461751092Maritimer Rock
Ziemlich unspektakulär schleichen sich kurz nach 20:00 Uhr dann fast unbemerkt

Egon Linde (Gitarre, Gesang)
Eghard Schumann (Keyboards)
Hans-Jürgen Beier (Schlagzeug)
Peter Kipp (Bass)

durch den Gastraum auf die ebenerdige Bühne. Nachdem endlich unter lautem Applaus von ihrem Erscheinen Notiz genommen wird, erzählt Egon Linde, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass man nach zwanzig Jahren Pause die Band doch wieder zum Leben erweckte, wie dadurch auch der Spaß an der Musik wiederentdeckt wurde und man somit hier und heute im trauten Kreise der Familie auf 40 Jahre TRANSIT anstoßen kann. Von der 2009er Comeback-Besetzung mit Egon Linde, Siggi Scholz, Lutz Krüger und Manne Hecht ist zwar heute nur noch Egon übrig, aber es wird im Laufe des Abends noch zu etlichen Wiedersehen mit einstigen Kollegen kommen.

"Back Again" vom Album "Übers Meer" (2011) symbolisiert hervorragend den TRANSIT-Neubeginn, also beginnt man auch damit einen Abend, der erst knapp drei Stunden später sein musikalisches Ende finden wird. Zunächst wandelt man auf den TRANSIT-typischen Pfaden der maritim angehauchten Rocknummern. Dem Kenner fällt sofort auf, dass anfangs bis auf die "Sturmflut" ausschließlich Songs der aktuellen TRANSIT-Ära auf der Setlist stehen. Da spricht auch überhaupt nichts dagegen, charakterisieren diese neuen Nummern doch in wunderbarer Art und Weise die Weiterentwicklung der Band, ohne dass dabei der Wiedererkennungswert und die Wurzeln des so typischen TRANSIT-Sounds verlorengehen. Es klingt höchstens alles deutlich rockiger und frischer als früher einmal, was scheinbar nicht nur bei mir auf sehr viel Gegenliebe stößt. Es wundert mich jedoch, dass mitten in dieses gebündelte Paket Seemannsromantik plötzlich mit "Schulzeit" ein Klassiker aus den 80ern eingeschoben wird, den ich zwar sehr mag, der aber an dieser Stelle irgendwie deplatziert wirkt. Mit der "Meeressehnsucht" (toll hier die Keyboardsequenzen!) kehrt man dann aber gleich wieder zurück in die Fahrrinne.

Zeit für Gäste
Die TRANSIT-Männer gönnen sich ein kleines Päuschen, und der Fanclub "Blaue Lagune", der übrigens auch gerade seinen dritten Jahrestag feiert, übernimmt die Regie. Lange machte man sich dort Gedanken, was man der Band Sinnvolles zum Jubiläum schenken kann.c 20141116 1642711057 Der schon erwähnte Krischan hatte dann die zündende Idee: Musikern gratuliert man am besten mit Musik. Dazu muss man wissen, Krischan schreibt seit langem selber Songs, die er in seinem kleinen hauseigenen Studio aufnimmt. Und so lag es nahe, auch die TRANSIT-Männer mit einem solchen eigenen Werk zu beglücken. Mit Gitarre und Mundharmonika bewaffnet, gab er seinen bislang noch namenslosen Song zum Besten und verdiente sich den Applaus wahrhaftig. Und weil zu einer Geburtstagsparty auch gerne mal Überraschungsgäste erscheinen, treten nun der derzeitige BERLUC-Shouter Ronnie Pilgrim und sein Kumpel Udo Krause ins Rampenlicht. Die beiden spielen ansonsten in Ronnies eigener Band PILGRIM, von wo sie auch das WHITESNAKE-Cover "Here I go again" mitbringen, um anschließend eine Akustikrockversion von "Ein Mädchen wie du" zu schmettern und TRANSIT auf diese Art ihre Glückwünsche zu übermitteln.

TRANSIT BIG BAND
Als Egon Linde im August 2012 während eines Interviews für Deutsche Mugge (siehe HIER) auf Pläne zum bevorstehenden 40. Jahrestag der Bandgründung angesprochen wurde, antwortete er: "Was ich vielleicht mal machen möchte, wäre ein Wiedersehen mit allen Musikern, die jemals bei TRANSIT gespielt haben." Genau das passiert jetzt. Na gut, nicht wirklich alle, aber doch sehr viele Ehemalige bilden vor der Bühne ein imposantes Bild. Insgesamt zähle ich elf Musiker, die irgendwann mal bei TRANSIT ihr Geld verdienten oder dies immer noch tun. Einer von ihnen, der einstige Drummer und jetzige Manager Lutz Krüger, darf als erster von den Genannten für zwei Songs wieder ein TRANSITler sein. Mit Frank Schönfeld, der zwar ohne sein Saxophon kommt, dafür aber die Querflöte mit dabei hat, Uwe Karsten und Tom Müller dürfen nach und nach drei weitere Herren aus früheren Zeiten mitspielen und dem Sound ihren Stempel aufdrücken. "Der Junge sitzt am Ufer" mit Unterstützung der Querflöte, ja, das hat was. Bei Tom Müllers Einsatz würde ich allerdings nie und nimmer vermuten, dass er das letzte Mal vor 28 Jahren hinter einem Schlagzeug gesessen hat, denn der spielt mit einer Power und Wucht, dass man Angst hat, er könnte die Felle zertrümmern.

Zeit für ein paar Klassiker
In diesem zweiten Block kommen nun endlich auch die Fans der TRANSIT-Klassiker auf ihre Kosten. Sowohl der "Sagen, Mythen & Legenden"-Abteilung wird mit dem "Schimmelreiter", "Jona", und der "Bernsteinhexe" gedacht, als auch den rockigen Nummern aus den 70er und 80er Jahren. Immer wieder ein Genuss ist für mich der allererste Song, den TRANSIT für den Rundfunk aufnahm:
Setlist:

• Back Again
• Vorbei an Dänemark
• Das Meer ist ganz anders
• Sturmflut
• Vineta
• Geisterschiff
• Schulzeit
• Burnout
• Meeressehnsucht
• Blaue Lagune
• Jona (dr: Lutz Krüger)
• Ein Mädchen wie du (dr: Lutz Krüger)
• Ein Musiker (dr: Tom Müller)
• Ich fahr an die Küste (dr: Tom Müller)
• Der Junge sitzt am Ufer (Querflöte: Frank Schönfeld)
• Schimmelreiter
• Bernsteinhexe (Querflöte: Frank Schönfeld)
• Mein Dörfchen
• Unser Leben (dr: Lutz Krüger, b: Uwe Karsten)
• Der Wind weht über alles hinweg
--- Zugaben ---
• Winter an der See
• Der Weg
• Rock'n'Roll Zigeuner
• Unendlich
• Fliegender Fisch
"Ich fahr' an die Küste" (1975). Nicht nur, weil ich auch ein gebürtiger Fischkopp bin, sondern weil in diesem einen Lied all das steckt, was die TRANSIT-Musik auszeichnet. Ihre erste Single "Ein Musiker" (1978) fehlt natürlich auch nicht. In der 2014er Version gerät die Nummer zu einem wunderbaren Rock'n'Roll, nicht zuletzt dank Eges spritziger Piano-Einlage.

Sie spielen und spielen
Längst sind mehr als zwei Stunden vergangen, und es scheint kein Ende in Sicht. Das Publikum hat seinen Spaß an der musikalischen Zeitreise, die Musiker ebenfalls. Aber natürlich ist dann doch mal der Punkt erreicht, an dem Egon Linde das Finale einläutet. Dummerweise wird dazu mit "Der Wind weht über alles hinweg" noch mal ordentlich abgerockt, weshalb anschließend die Fans viel zu aufgeheizt sind, um einfach so "Tschüss!" zu sagen. Ganz im Gegenteil, sie geben nicht eher Ruhe, bis nach insgesamt fünf Zugaben die Musiker an den Grenzen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit angekommen sind. Der Abend ist damit natürlich noch lange nicht zu Ende, sondern Musiker und Fans vermischen sich und feiern noch bis ... Keine Ahnung, wie lange noch, denn irgendwann packt auch das diensthabende Deutsche Mugge-Team seinen Kram zusammen und verschwindet in die Nacht.

Wie war's?
Ich ziehe am Ende eines Konzertberichtes gerne ein abschließendes Fazit. Heute fällt mir das etwas schwer. Warum? Nun, ich freue mich natürlich riesig für TRANSIT, dass es immer noch weitergeht mit der Band. Sie werden vermutlich nicht mehr in der O2-World auftreten, und auch keinen Top Ten-Hit mehr schreiben (so sehr sich Egon das auch wünschen mag). Aber sie haben eine treue Fangemeinde, einen lebhaften und aktiven Fanclub, und sie stecken nach wie vor voller Ideen, wovon die vielen neuen Songs zeugen, die wunderbar rein passen in das TRANSIT-Universum. Die Jubiläumsparty zum 40. Jahrestag der Bandgründung war deshalb eine goldrichtige Entscheidung und kam super an bei allen, die dabei waren. Wenn hier immer von Party die Rede ist, dürfte auch klar sein, man kann diesen Abend nicht mit einem normalen Konzert gleichsetzen. Deshalb stelle ich jetzt auch nicht die Frage, warum man für einen solch bedeutenden Anlass ein Gartenlokal als Location wählt, wo es doch in Berlin unzählige kleine Clubs gibt. Ich werde jetzt auch nicht am wenig tollen Sound rummäkeln, der beispielsweise Egons Gitarre oftmals regelrecht verschluckt hat und stattdessen die Drums viel zu dominant erscheinen ließ. Und ich verkneife mir auch zu sagen, dass ich zwar die neuen Titel ausnahmslos mag, aber mir an diesem Abend doch noch den einen oder anderen hauseigenen Oldie gewünscht hätte. Nein, hier und heute geht es darum, dass eine Band ihren 40. Geburtstag gemeinsam mit ihren Fans feiern will. Und das ist gelungen, ohne Wenn und Aber.



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Termine:

• 22.11.2014 - Berlin - Privatkonzert
• 13.12.2014 - Kläden - Alter Schafstall
• 17.01.2015 - Berlin - Kiste

Alle Angaben ohne Gewähr! Nähere Infos auf der Homapage von TRANSIT



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von TRANSIT: www.gruppe-transit.de
• Portrait über TRANSIT bei Deutsche Mugge: HIER
• Homepage vom TRANSIT-Fanclub: www.transitfanclub-home.de




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