BAYON am 14. November 2014 im Uniklinikum in Dresden

Ein Konzertbericht von Hartmut Helms mit Fotos
von Marion 'Mary' Dudel & Hartmut Helms
Es gibt sie noch, die Musik, die sich einfach allen gängigen Kategorien, Schubladen und Nähkästchen der Pop-Industrie entzieht - elegant und leise. Tatsächlich gibt es noch Musik, die sich diesen Zwängen verweigert und dennoch, des guten Geschmacks und der Bildung wegen, eigentlich viel populärer sein sollte, weil sie Emotionen in die Tiefen der Seele führen kann, als nur in flache seichte Gewässer.

Die Musik von BAYON gehört zu meinen ersten Erfahrungen deutscher Rockmusik. Sie hat mich früh geprägt, mich verleitet, anders hören zu lernen. Vielleicht hat der alte Goethe ein wenig nachgeholfen, denn auch der war ja in Weimar, wo BAYON 1971 gegründet wurde, zu Hause. Wenn Goethes Erben auf die Gesandten von Prinz Sihanouk treffen, kann nur etwas Unerhörtes und bis dahin Ungehörtes herauskommen. Für mich persönlich repräsentiert BAYON eben nicht nur die in Musik verschmolzenen unterschiedlichen Kulturen, für mich lebt BAYON auch das normale und schöpferische Miteinander des scheinbar Unterschiedlichen vor und sie spielen eine Musik, die das spiegelt. Sie zu hören, ist für mich ein Eintauchen in und ein Teilhaben an diesem Mikrokosmos von CHRISTOPH THEUSNER (Gitarre) und SONNY THET (Cello). Deshalb nutze ich gern jede Möglichkeit, die sich mir bietet, die beiden Ausnahmemusiker gemeinsam zu hören. Wenn dann noch der Sohn des verstorbenen Ringo W. Stilke, DENIS STILKE, am Schlagzeug Platz nimmt und JUSTO GABRIEL PEREZ die Flöte zum Mund führt, die Bongos klingen lässt, dann steht einem der seltenen Konzerte von BAYON nichts mehr im Wege.
Mit der Musik von BAYON gelingt es einerseits, eine beeindruckende Performance am Tagebauloch bei Gut Geisendorf für tausende begeisterte Zuschauer zu feiern und andererseits im intimsten Ambiente fassbare Nähe, wie im eigenen Wohnzimmer, zuzulassen. Gleich wie, stets ging ich im Hochgefühl des Erlebten, um danach doch wieder hungrig auf ein weiteres Mal zu sein. Diesmal fahre ich bis Dresden und es ist so ziemlich alles anders, als noch vor kurzem. Bis auf das steife Umfeld eines Hörsaales mit seinen sich nach oben hin stapelnden Reihen von Klappstühlen. Es ist sogar der gleiche Platz, auf dem ich im März 2009 dem Spiel von FERMATA aus Bratislava lauschte - zwei völlig verschiedene Bands am selben Platz, aber der gleiche hohe Anspruch an die wortlosen Inhalte. Parallelen gibt's!

Nach einer kleinen Pause bekommen wir mit "El Camino" eines der ganz frühen Stücke aus dem Jahre 1972 zu hören. BAYON hatte das Stück als Auftragswerk für die X. Weltfestspiele geschrieben, doch den Kulturoberen war es wohl zu unkonkret, nicht fassbar, zumal ohne Text. Eine andere Band aus Berlin erhielt den Zuschlag, aber das flockige Flötenmotiv von "El Camino" überdauerte als Ohrwurm die Jahrzehnte und begeistert mit seinen Samba-Rhythmen immer wieder neu.

Mit "Capriccio", "Rundgang" und "Cha Facil" folgen drei kürzere Stücke, wobei uns CHRISTOPH zum "Rundgang" (durch die kleine DDR) wieder eine besondere Geschichte zur Entstehung präsentiert, die uns alle wieder einmal schmunzeln lässt. Zurück in jene Zeit führt uns auch die Musik zum Film "Tiefer blauer Schnee" (1981). Der Streifen entstand nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Horst Beseler und BAYON spielte die beiden Stücke "Herbst" und "Winter" dafür ein. Beide hören wir live gespielt und wieder sind es zwei synchron gespielte Gitarren, die mich begeistert lauschen lassen. Das Konzert endet mit "La Taberna" (Die Kneipe), einem Stück von THEUSNER, zu dem ihn das Studium des Spiels der Spanischen Gitarre inspirierte. Als er da vor mir sitzt und spielt, kann ich direkt seine Zupftechnik bestaunen und erleben, wie im stummen Zwiegespräch mit SONNY THET die Einsätze "abgesprochen" und kleine Raffinessen "verabredet" werden. Da sitzen zwei Meister ihres Faches, die sichtlich Freude am Spiel haben und es genießen, mit ihren Partnern am Bass, ROBERT BODDIN, Perkussion und Flöte gemeinsam zu musizieren. Sie zelebrieren über 45 gemeinsame Bandjahre ohne laut und aufdringlich in den Ring zu steigen. Es sind die intimen und leiseren Töne, die länger klingen und auch so wirken.

Ginge es nach rein marktorientierten Parametern, dürfte es BAYON als Band schon längst nicht mehr geben und wir wären um einen wertvollen Diamanten in der Kunst ärmer. Zum Glück sind die Musiker der Band alle einzigartige Könner und BAYON "nur" ihre gemeinsame Leidenschaft, die wir Liebhaber ab und an irgendwo im Lande genießen können. Wer eine solche Chance hat, sollte sie nutzen, denn jedes der Konzerte ist ein einzigartiges Erlebnis und Kraftquell für unsere Seelen gleichermaßen. Für Momente der inneren Einkehr kann man die Hast außen vor lassen, sich dem Genuss einmalig schöner und kraftvoller Musik hingeben, um dann wieder selbst erstarkt, das Leben meistern zu können - das und noch einiges mehr ist für mich BAYON-Musik, und nunmehr schon seit 45 Jahren. Es hätte, nach so vielen erfolgreichen Jahren, ein Jubiläumskonzert werden oder sein können. Eines zum Jubeln ist es allemal geworden.
Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von BAYON: www.bayonmusic.de
• Portrait über BAYON bei Deutsche Mugge: HIER
• Off. Homepage von BAYON: www.bayonmusic.de
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