Indigo Jazztrio am 21. September 2014
im Café Antik in Castrop-Rauxel

 

Ein Konzertbericht von Christian Reder mit Fotos von Elmar Rahn




Das INDIGO JAZZTRIO (auch nur INDIGO genannt) gibt es seit nunmehr 10 Jahren. Sie waren es auch, die den "Jazz-Brunch" in Castrop-Rauxel zum Leben erweckten. Das war vor etwa acht Jahren, und die Wiege dieser Veranstaltung liegt in dem heute leider nicht mehr existierenden "Café Balzac" am Castroper Markt.a 20140922 2045726388 Seit einiger Zeit ist der "Jazz-Brunch" nun schon im "Café Antik" beheimatet und die "Erfinder" traten gestern seit längerer Zeit mal wieder hier auf. Das Jazztrio reiste aus dem nahen Witten in der Besetzung

Jost Edelhoff (Gitarre)
Sven Vilhelmsson (Kontrabass) und
Carsten Steinkämper (Schlagzeug)

an. Während die Konzertgäste noch mit dem Frühstück beschäftigt waren, bauten die drei Musiker um kurz vor 11:00 Uhr ihr Equipment auf. Innerhalb weniger Minuten waren das Schlagzeug aufgebaut, der Kontrabass ausgepackt und die Gitarre eingestöpselt. Die Gitarre war das einzige Instrument, das im "Café Antik" elektrisch "verstärkt" wurde und so hielt sich der Soundcheck dann auch in überschaubaren Grenzen. Es war also angerichtet und konnte losgehen.

Die drei Musiker begannen ihr sonntägliches Konzert mit dem Titel "All Of Me", einem Jazz-Klassiker des Komponisten Gerald Marks aus dem Jahre 1931. Und schon bei diesem ersten Stück ließen Edelhoff, Vilhelmsson und Steinkämper durchblicken, was uns in den kommenden 120 Minuten erwarten würde. Noch bevor die drei Herren das Stück zu Ende gespielt hatten, gab es erstmals Szenenapplaus für die von INDIGO mitreißend arrangierte Jazz-Nummer. Im Anschluss stellte Jost Edelhoff seine Band und sich selbst kurz vor und erklärte kurz, auf was das Hauptaugenmerk des Trios am Sonntagvormittag lag: Auf Jazz-Titel mit einem gehörigen Swing-Einschlag. Und wenn man an Swing denkt, kommt einem automatisch Glenn Miller und Songs wie "Moonlight Serenade" oder "Chattanooga Choo Choo" in den Sinn. Letztgenannter Titel ist auch den Deutschrock-Freunden im Lande nicht unbekannt, hat ihn Udo Lindenberg 1982 schließlich übernommen und daraus seinen "Sonderzug nach Pankow" gemacht. Die INDIGO-Version dieses Stückes bekamen die Gäste des "Jazz-Brunch" dann auch zu hören. Kennt man Glenn Millers Original-Version mit einer großen Bläser-Abteilung, bestückt mit Klarinetten, Posaunen, Trompeten und Saxophonen, spielte das INDIGO JAZZTRIO den Titel nur mit Schlagzeug, Bass und Gitarre. Und die Gitarre stand hier auch im Vordergrund. Jost Edelhoff übernahm mit seinem Instrument die Führung und entlockte seiner halb-akustischen Jazz-Gitarre die bekannte Melodie dieses Klassikers. Seine Kollegen lieferten ihm den Rhythmus-Teppich dazu und Edelhoff übernahm den Part des kompletten Bläser-Satzes aus dem Original nur mit seiner Gitarre.b 20140922 2059180746 Das war nicht nur beeindruckend, es sorgte beim Publikum auch für Staunen und im Takt wippende Köpfe und Beine. Wer nicht schon beim ersten Song von der Magie dieses Jazztrios angesteckt wurde und in Flammen stand, tat es spätestens jetzt. Das war auch von den Gesichtern abzulesen, die Überraschung, Zustimmung und große Freude an dem vorgetragenen Programm widerspiegelten. Manchmal bekam die Band sogar schon Applaus, wenn Jost Edelhoff nur das nächste Stück anmoderierte. Die Reaktion des Publikums kam auch bei den Musikern an und so entschieden sie auf der Bühne spontan, welche Songs als nächste folgen sollten. Man wollte das soeben angezündete Feuer ja schließlich auch nicht ausgehen lassen und so arbeitete man ohne Setlist und einen Plan in der Hinterhand. Es folgten Songs wie "Let's Stay Together", 1971 von Al Green veröffentlicht und 1984 von Tina Turner auf ihrem Comeback-Album "Private Dancer" neu aufgenommen, "Hit The Road Jack", 1960 von Percy Mayfield geschrieben und inzwischen von zahlreichen Künstlern nachgespielt (die bekannteste Version dürfte die von Ray Charles sein) und den durch das Dave-Brubeck-Quartett bekannt gewordenen und 1959 von Paul Desmond komponierten Jazz-Klassiker "Take Five". Bei zuletzt genanntem Lied unternahm Schlagzeuger Carsten Steinkämper erstmals einen Ausflug in ein Drumsolo, bei dem er seine Besen flott über die Becken und Felle seines Arbeitsgeräts fliegen ließ. Das Können am eigenen Instrument konnte in dem folgenden Stück "What A Wonderful World" (im Original von Louis Armstrong) dann auch Bassist Sven Vilhelmsson zeigen. Mit dem in Überlänge präsentierten "Samba de Orfeu" aus der Feder des brasilianischen Komponisten, Sängers und Gitarristen Luiz Bonfá, in dem alle drei Protagonisten zu Soloparts kamen, verabschiedete sich das Jazztrio in eine Pause. Aber nicht, um vorher auf die Möglichkeit zum Erwerb einer CD vom INDIGO JAZZTRIO hinzuweisen, auch wenn Jost Edelhoff sich doch ziemlich sicher war, dass das Auditorium bereits im Besitz einer solchen sei. Aber er fügte an, dass der Trend ja eh zur Zweit-CD gehen würde und man sich deshalb auch nicht zurückhalten solle ...

Während der Pause wurde eine Dame im Publikum mit einer Torte überrascht. Sie hatte einen Tag zuvor Geburtstag und ihre Freunde hatten mit dem Chef des "Café Antik" im Vorfeld der Veranstaltung den Deal mit der Torte eingestielt. Auch die Band wollte sich da nicht lumpen lassen und bereitete in der Pause etwas vor.

Zu Beginn des zweiten Konzert-Blocks sah man Gitarrist Jost Edelhoff Trockenübungen an seiner Gitarre machen. Immer wieder übte er Griffe und holte sich offenbar die Spielart eines besonderen Stücks in die Erinnerung zurück, während seine beiden Kollegen schon auf den Einsatz warteten. Das Stück, das er da kurz probte, war "Happy Birthday". Das Geburtstagskind bekam es von der Band zusätzlich geschenkt. Wer jetzt als erstes denkt, "Wie einfallslos", kennt die INDIGO Kapelle noch nicht. Einfach nur "Happy Birthday" spielen kann sicher jeder ...c 20140922 1398297879 die drei Herren von INDIGO garnierten es mit weiteren Songs aus ihrem Repertoire, so dass ein mitreißendes Medley aus eben erwähntem "Happy Birthday", "When the Saints Go Marching In" und "La Cucaracha" entstand, alles sehr appetitlich in einem munterem Latino-Arrangement verpackt. Noch einmal gingen Glückwünsche an die Dame, als sie Jost Edelhoff in seiner anschließenden Moderation persönlich ansprach. "Moon River" und "Tequila", dem 1958 erschienenen Welthit der Gruppe The Champs, waren weitere Stücke der zweiten Runde. Als nächster Song wurde das Lied "I Can't Give You Anything But Love" vom Komponisten Jimmy McHugh angekündigt. Dabei überraschte Jost Edelhoff einmal mehr mit einem Gitarrensolo, bei dem er sich kurzzeitig auch in eine Improvisation verlor. Fast wie weggetreten war der Musiker tief in dem Stück versunken und pflückte die Töne nur so aus seiner Gitarre. Auch Schlagzeuger und Bassist bekamen eine weitere Gelegenheit, mit einem Solo auf sich und ihr Spiel aufmerksam zu machen. Zum folgenden Titel "Sweet Georgia Brown" erzählte Jost Edelhoff die Geschichte dieses bekannten Songs. Auch dieser Titel ist ein Jazzstandard und wurde im Jahre 1962 von den BEATLES - damals noch unter dem Namen BEAT BROTHERS aktiv - und Tony Sheridan aufgenommen, und von Bert Kaempfert produziert. Edelhoff erzählte, dass auch das INDIGO JAZZTRIO schon auf den Spuren der BEATLES wandelte, als sie auf einer offenen Bühne im Hamburger "Indra Club", in dem die BEATLES ihren ersten Auftritt hatten, einen Song live präsentierten. Die Begeisterung für dieses Stück sah man den drei Aktiven beim Vortrag nicht nur an, man konnte sie förmlich greifen. Danach war es Zeit für einen von mehreren Gästen gewünschten Song. In der Pause bekam die Band wohl mehr als nur einmal den Wunsch zu hören, dass sie doch bitte den Titel "Somewhere Over The Rainbow" spielen mögen. Der Titel aus dem Soundtrack des Films "Der Zauberer von Oz" ist vielen sicher noch in der Version von Israel Kamakawiwo'ole, dessen 1993 bereits aufgenommene Version erst lange nach seinem Tod zum Hit wurde. Das INDIGO JAZZTRIO spielte das Lied in einer ruhigen und balladesken Fassung, bei der nur die Melodie erkennbar war. Der Rest wurde in einer komplett anderen Form dargeboten, was einmal mehr zeigte, wie viel Kreativität in Sachen eigener Ideen, eingebaut in fremden Kompositionen, in den drei Musikern steckt. Davon kann man sich übrigens auch beim Hören der eben schon erwähnten CD mit dem Titel "Stay Together" (erhältlich u.a. bei Amazon) selbst überzeugen.

Mit "Half A Minute" spielte die Band dann den jüngsten Titel auf der Setlist. Er stammt aus dem Jahr 1984 und ist im Original von MATT BIANCO. Beim Arrangement des Stücks hielt sich das INDIGO JAZZTRIO nah am Original, das vom Stil her im Jazzdance-Bereich und von der Umsetzung her im Lation-Pop beheimatet ist. Hier übernahm die Gitarre von Jost Edelhoff nicht nur die Melodie-Führung, sondern ersetzte auch den Gesang im Original von MATT BIANCO-Sängerin Basia Trzetrzelewska. Wenn ich unbedingt ein paar der am Sonntag gehörten Songs benennen müsste, die mir am besten gefallen haben, würde "Half A Minute" weit oben in der Rangliste stehen. Mit diesem Song wollte sich das INDIGO JAZZTRIO dann auch von seinem Castroper Publikum verabschieden, das funktionierte allerdings nicht. Ich selbst konnte mir einen lauten "Einer geht noch"-Einwurf nicht verkneifen und aus einer anderen Ecke rief sogar jemand, "Ohne eine Zugabe kommt Ihr hier nicht raus". Es bedurfte aber keiner umständlichen und länger dauernden Überredungskunst. Jost Edelhoff schnallte sich seine Gitarre nochmals um, Sven Vilhelmsson hob noch einmal seinen Kontrabass auf und Carsten Steinkämper hatte die Besen erst gar nicht aus der Hand gelegt. Als Kirsche auf die kalorienreiche Sahnehaube setzte das Trio den Song "Georgia On My Mind" oben drauf.d 20140922 1713746897 Die Band erntete ein weiteres Mal großen und anhaltenden Applaus. Auch wenn das Publikum noch nicht satt war und dem Treiben der drei Jazz-Musiker gerne noch ein halbes bis ganzes Stündchen weiter gelauscht hätte, war das Konzert an dieser Stelle aber zu Ende.

Das Konzert am Sonntagvormittag hinterließ nur zufriedene Konzertbesucher. Das war auch nicht wirklich ein Wunder, denn was das INDIGO JAZZTRIO da zum Vortrag brachte, zog jeden einzelnen Gast mit. Überall saßen Leute unruhig auf ihren Plätzen, wippten oder schlugen den Takt mit Händen oder Füßen mit. Die beiden 45 Minuten langen Konzertteile vergingen viel zu schnell. Es gab keine Minute Langeweile, auch ohne große Bühnenshow war immer Bewegung in der Raumecke, die die Bühne darstellte, und es stellte sich schon kurz nach Beginn eine steigende Neugier ein, was wohl als nächstes kommen würde. Wie eben erwähnt, brauchen die Musiker keinen Firlefanz oder eine ausgefeilte Bühnenchoreographie, um das Publikum zu begeistern. Sie lassen ihre Instrumente und ihr Können für sich sprechen und stellen ihr Programm nach Bedarf erst während des Konzerts zusammen. Sie reagieren auf Wünsche und spielen die Lieder auf ihre ganz eigene Art und Weise. Immer wieder suchte Jost Edelhoff den Kontakt zum Publikum, band es mit ein oder unterhielt sich mit ihm. Zu jedem Song gab es eine kleine (manchmal auch eine größere) Einleitung und Erklärung dazu. Es war ein tolles Konzert, auch wenn am Nebentisch ein ziemlich unruhiger Zeitgenosse offenbar nicht lange auf dem Stuhl sitzen konnte und immer wieder umherlaufen musste. Da freut man sich als Konzertbesucher doch richtig, wenn die Moderation der Band im Wohlklang von durch lautem Stühlerücken verursachten "Tonstörungen" und nicht wirklich nötigen Ankündigungen, wo man jetzt wieder hin will, untergeht. Den Besuch eines der Konzerte vom INDIGO JAZZTRIO kann ich an dieser Stelle nur wärmstens empfehlen. Sie bieten ein Programm, das nicht nur für Freunde der Jazzmusik gedacht ist. Hier fühlen sich auch Hörer anderer Musikrichtungen gut aufgehoben. Das konnte man am Sonntag besonderes gut beobachten.



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Bitte beachtet auch:

• off. Homepage vom INDIGO JAZZTRIO: www.indigo-jazztrio.de
• Homepage mit Infos über Sven Vilhelmsson: HIER klicken
• off. Homepage vom Jost Edelhoff: www.jostedelhoff.de
• off. Homepage vom Carsten Steinkämper: www.carsten-steinkaemper.de
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