Polka-Treffen
POLKAHOLICS (USA) und POLKAHOLIX (GER)
am 26. August 2014 im Strassen|Feger in Berlin

 

Ein Bericht mit Fotos von Sandy Reichel

POLKAHOLICS und POLKAHOLIX - Der Verdacht eines aufgekommenen Schreibfehlers kann vorab schon ausgeschlossen werden. Es handelt sich dabei tatsächlich um die Namen zweier verschiedener Kapellen. Dabei sind nicht nur die Namen sehr ähnlich, auch das musikalische Programm und die "Mission", auf der sich beide Gruppen befinden, liegen eng beieinander. Kurz: beide pflegen die Polka-Musik, spielen sie auf ihre Art und sorgen für deren Verbreitung. Die einen drüben in den Staaten, die anderen hier in Deutschland.

a 20140828 2043798947
Die Berliner Band POLKAHOLIX ist Euch, unseren Lesern, sicher bestens bekannt. Wir haben schon so einige Male über Konzerte der Kapelle von Andreas Wieczorek, Jo Meyer & Co. berichtet. Ihre mitreißende Art des Musizierens hebt bei jeder Mugge grundsätzlich auch den größten Muffel aus dem Sitz und bietet dem Publikum eine aktionsgeladene Show - mit Polkamusik! Was der Rock-Fan eher in den Musikantenstadel und den Böhmerwald verorten würde, ist inzwischen wieder en vogue ... also angesagt. Gerade die POLKAHOLIX füllten damit in der jüngeren Vergangenheit Säle und Plätze.

Und dann sind da die POLKAHOLICS aus den USA. Chicago (Illinois) ist ihre Heimat, und von dort kommt ihr markanter Mix aus Polka und Rock'n Roll, mit dem auch sie Säle zum Kochen und Konzertbesucher außer Atem kommen lassen. Anders als ihre Kumpels aus Berlin, treten die POLKAHOLICS in einer Trio-Besetzung auf. Zur Band gehören Chris "Blitz" Linster am Bass und Gesang, "Dandy" Don Hedeker an Gitarre und Gesang, sowie Stylin’ Steve Glover an Schlagzeug und Gesang.

Am vergangenen Dienstag kam es in Berlin zum Zusammentreffen beider Polka-Formationen. Anlass des Konzerts im "Studio unterm Dach" von Black Box Music Berlin war der 20. Geburtstag vom "strassen|feger" und des Vereins mob e.V. - Obdachlose machen mobil. Der Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, auf das Problem der Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot aufmerksam machen. Hier möchte man in sozialer, kultureller und politischer Hinsicht aufklärend auf die Bevölkerung einwirken mit dem Ziel, eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Obdachlosen und Nicht-Wohnungslosen zu ermöglichen und zu unterstützen.b 20140828 1934051722 Projekte des Vereins sind u.a. das Magazin "strassen|feger" und die Show "kaffee|bankrott", und hier scheint einiges ganz anders zu sein, als man es kennt. Das fängt damit an, dass zwei Bands eingeladen wurden, wobei die Gäste aus den USA eine ziemlich weite Reise auf sich genommen haben. Jeder, der wollte, war zu diesem Doppel-Konzert herzlich eingeladen und konnte die Mugge ohne Eintritt zu bezahlen genießen. Auch der Nachsatz auf der Einladung, dass das Mitbringen von vor allem Kaltgetränken ausdrücklich erwünscht ist, war anders. Bei anderen Konzerten zahlt man eine Menge Kohle für Eintrittskarten und bekommt am Einlass obendrein auch noch seine Getränkeflaschen abgenommen. Hier ticken die Uhren anders, gängige Gepflogenheiten werden nicht übernommen und insgesamt hat diese Veranstaltung einen familiären Anstrich. Klasse!

Die Studiotüren öffneten sich am Dienstag gegen 19:00 Uhr. Vor der Bühne waren einige Stühle aufgestellt. Links neben der Bühne gab es eine Sitzecke, und seitlich neben dem Eingang war ein Stand aufgebaut, an dem man sich mit Getränken, aber auch mit den CDs, T-Shirts, Aufklebern oder Pins aus den Merchandise-Koffern der beiden Bands versorgen konnte. Für die eben erwähnte Sitzecke wurde ein Stadtpark als Kulisse gewählt. Neben einer Bank, einer Laterne und einer Litfaßsäule hatte man auch eine "Schwalbe" geparkt. Diese Ecke diente später den Bands als Refugium, wenn die jeweils andere Kapelle ihren Teil des Konzerts spielte. Guido Fahrenholz vom Verein mob e.V., der sich auch um die Show "kaffee|bankrott" kümmert, in dessen Rahmen das Konzert am Dienstag lief, richtete gegen 20:00 Uhr ein paar einleitende Worte an das Publikum. Dabei versorgte er die Besucher mit einer mit Augenzwinkern versehenen "Gebrauchsanweisung", wie man sich im Notfall zu verhalten habe. Danach hieß uns Guido zum Konzert und der TV-Aufzeichnung willkommen, stellte uns kurz die Arbeit des Vereins mob e.V. vor und machte uns auf die später am Ausgang befindliche Spendensäule aufmerksam, in die man nach dem Konzerts etwas Geld für den Verein spenden konnte. Dies war auch die einzige Einnahmequelle der Macher, denn wie schon erwähnt musste man für das Konzert kein Eintrittsgeld entrichten. Dabei sei auch noch erwähnt, dass alle aktiv beteiligten Personen - Techniker, Organisatoren und Künstler - unentgeltlich und ohne Gage arbeiteten. Auch das beim Konzert entstandene Filmmaterial wird den Künstlern nach Ausstrahlung zur Verfügung gestellt. Das ist schon bemerkenswert!

Das Publikum wartete nun auf insgesamt 10 Polka-Musiker und zwei Bands, die zusammen mit den Konzertgästen das 20-jährige Bestehen von mob e.V. und "strassen|feger" musikalisch feiern würden. Guido bat als erstes die POLKAHOLIX auf die Bühne. Die kamen auch, machten es sich aber in der Sitzecke bequem - nur Andreas Wieczorek kam direkt auf die Bühne.c 20140828 1873202160 Guido und er sprachen etwas über das Schicksal Obdachloser und darüber, wie und warum manch einer in so eine Situation kommt. Andreas hatte außerdem die Botschaft im Gepäck, dass er es als gutes Zeichen sehe, dass man sich nicht immer gleich streiten muss, wenn man den gleiche Namen oder die gleiche Marke besitzt. Er meinte damit natürlich die Ähnlichkeit der Namen beider Bands und die Möglichkeit, eines Gerichtsprozesses und langjähriger Rechtsstreitigkeiten um den Namen. Andy meinte ferner, es sei genügend Platz auf der Welt, sowohl für die POLKAHOLIX mit "x" als auch für die POLKAHOLICS mit "cs" am Ende. Dies war wohl auch das Stickwort, denn die Gäste aus Chicago betraten nun unter Applaus die Bühne.

Sogleich legten die amerikanischen Vertreter der Polka-Musik los, und zogen das Publikum mit ihrer Mischung aus Rock und Polka in ihren Bann. Innerhalb von Sekunden hatten sie es geschafft, dass ein Jeder im Saal den Takt mit dem Fuß mitwippte, mitklatschte oder sogar tanzte. Immer wieder verließ Don die "offizielle" Bühne und ging weiter Gitarre spielend und singend durch das Konzertpublikum. Die POLKAHOLICS rockten die Bühne und es war ihnen anzusehen, dass ihnen das Spielen ihrer Musik großen Spaß machte. Schmunzelnd stellte ich fest, dass Chris' Bass anstatt mit einem Lederriemen mit einem dicken Gummiband befestigt war, das es ihm ermöglichte, recht flexibel zu sein und manch ein ausgefallenes Kunststück zu zeigen. Den in der Sitzecke platzgenommenen POLKAHOLIX war es indes nicht langweilig. Sie unterstützten die Chicagoer Musiker während ihres Auftritts mit unübersehbarem Spaß und anerkennendem Beifall. Sie machten schlicht "Party"!

Nach einer guten Stunde kamen dann auch die POLKAHOLIX an die Reihe. Auf der Bühne wurde es nun sichtlich eng, und die Raumtemeratur hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt auch um ein Vielfaches aufgeheizt. Es war ein fließender Übergang, denn zunächst gab es ein Zusammenspiel von allen 10 Polka-Missionaren. Diesen Moment musste man einfach in sich aufsaugen, denn wer weiß, ob es in dieser Besetzung nochmal einen Auftritt geben wird. Die Stimmung ebbte auch dann nicht ab, als die POLKAHOLICS die Bühne verließen und es sich ihrerseits in der Sitzecke bequem machten. Es wurde beim Auftritt der POLKAHOLIX ebenfalls viel getanzt, mitgesungen und Beifall gespendet. Auf der Bühne ging wirklich der Punk, die Polka und andere Spielarten ab und es war ein buntes Treiben, was dort ablief. Die Stimmung im Saal darf man wohl ruhig als ausgelassen bezeichnen und würde damit trotzdem noch untertreiben. Ich bin mir nicht sicher, ob alle Titel der beiden Setlisten gespielt wurden, die in der Fotostrecke zu sehen sind, oder ob wegen der doch extrem schweißtreibenden Temperatur ein paar Titel ausgelassen wurden. Die Temperatur wurde mit zunehmender Dauer immer heißer, so dass Andy Wieczorek während des Konzerts sogar von einem Kollegen der POLKAHOLICS den Schweiß von der Stirn getupft bekam - wohlgemerkt mitten im Konzert! Ob da nun aber Songs fehlten oder nicht, das fiel überhaupt nicht auf, denn bei den im raschen Zweivierteltakt gespielten Polka-Rock-Songs und der eben beschriebenen Stimmung im Saal konnte man nicht mitzählen.d 20140828 1382677747 Man war vielmehr mit Mittanzen und Mitfeiern beschäftigt. Was aber auffiel war, dass auch beim Auftritt der POLKAHOLIX die Musik alle Beteiligten verband und zusammen brachte. Wie schon beim ersten Teil des Konzerts, unterstützte die pausierende Band die Kollegen auf der Bühne durch munteres Mitsingen und Applaudieren. Die POLKAHOLICS machten also ebenfalls "Party". Eine Besonderheit der POLKAHOLIX-Mugge war das Solo, das uns Ferry Grott kredenzte. Er spielte es abseits der Bühne und publikumsnah. Auch sein Polka-Rap, bei dem er von Jo Meyer an der Mundharfe begleitet wurde, konnte sich sehen und hören lassen. Gegen 22:15 Uhr musizierten beide Bands noch ein weiteres Mal zusammen. Wieder standen alle 10 Musiker auf der kleinen Bühne und zelebrierten ihre Musik. So bog das Doppel-Konzert langsam auf die Zielgeraden ein und das Ende war leider in Sicht- bzw. Hörweite.

Als der letzte Ton verklungen war, kam noch einmal Guido Fahrenholz auf die Bühne. Dieses Mal hatte er eine mit bereits diversen Unterschriften versehene Gitarre in der Hand. Um es vorweg zu nehmen: Er wollte sie nicht selbst spielen! Diese Gitarre bekam Guido von der Firma "höfner" gesponsert und auf ihr sammelt er die Unterschriften aller Künstler, die beim "kaffee|bankrott" aufgetreten sind. Stellvertretend für die jeweilige Band ließ er die Gitarre am Dienstag von Andreas und Don signieren. Natürlich nahmen sich alle Musiker nach dem Konzert noch ausreichend Zeit für das anwesende Publikum. Es wurden noch CDs signiert, Fotos geschossen und Gespräche geführt. Wie schon erwähnt: ein familiärer Rahmen eben ...

Ich kann sagen, dass dieser Polka-Abend nicht nur mir sehr gut gefallen hat. Als ich mich für gute Fotomotive hin und wieder durchs Publikum schlängelte, sah ich viele Gäste, die ihre Begeisterung für das Konzert zum Ausdruck brachten. Die Leute konnten nicht stillstehen und tanzten begeistert mit. Manche sangen sogar. Wieder andere taten beides. "Rock'n Roll - Ska - Punk - Dance - Reggae - Heavy Metal: Lasst Euch nicht verarschen! In Wahrheit ist das alles nix anderes als POLKA", so das Motto des Abends. Und da ist was dran, denn von allem boten die 10 Musiker etwas, und dabei blieb kein Bein still und kein Stuhl lange besetzt!


Über diesen Bericht könnt ihr in unserem Forum diskutieren.


 


Termine:

Polkaholics (USA) in Deutschland:
• 29.08.2014 - Finsterwalde – Sängerfest
• 30.08.2014 - Fürstenwalde - Polka OpenAir

Polkaholix (GER):
• 29.08.2014 - Finsterwalde - Sängerfest
• 30.08.2014 - Fürstenwalde - Polka OpenAir
• 20.09.2014 - Ludwigsburg - ohne Angabe der Location
• 27.09.2014 - Heidelberg - ohne Angabe der Location
• 25.10.2014 - Ringsted (DK) - Plast Fabrikken
• 28.11.2014 - Berlin - Geocatcherkongress

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos und weitere Termine auf den jeweiligen Homepages der Bands



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von Polkaholics (USA): www.chicagopolkaholics.com
• Off. Homepage von Polkaholix (GER): www.polkaholix.de
• Portrait über die Polkaholix (GER): HIER klicken


 



Fotostrecke:

 
 



 

 


   
   
© Deutsche Mugge (2007 - 2023)

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.