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Ein Konzertbericht von Elmar Rahn & Christian Reder mit Fotos von Elmar Rahn



Das Stadtfest
Bericht: Christian Reder

Seit den frühen 90ern findet in Castrop-Rauxel das kulinarische Stadtfest "Castrop kocht über" (abgekürzt Ckü) statt. Die ursprüngliche Idee dahinter war, dass Gastronomen aus Castrop ihre Leckereien - zum besseren Kennenlernen und zu kleinen Preisen - allen Bürgern der Stadt (und auch Gästen von außerhalb) bei einem Fest anbieten können.b 20140602 1965189912 Dies sollte im Rahmen eines Sommerfestes passieren. Weil Essen allein nicht glücklich macht, wurden von Anfang an auch musikalische Gäste eingeladen, um die Besucher von Ckü zu unterhalten. In diesem Jahr fand das Stadtfest vom 28. Mai bis 1. Juni statt. Traditionell wird es mit dem Fassanstich eröffnet, so auch in diesem Jahr. In all den Jahren haben diese Aufgabe Vertreter der Veranstalter, einzelner Sponsoren und der Politik übernommen. Es soll dabei sogar Leute geben, die genau das am besten können. Aber das ist eine andere Castroper Geschichte. Mit dem Anstich um 20:00 Uhr war die 24. Ausgabe von "Castrop kocht über" offiziell eröffnet und es konnte gegessen, gefeiert und gelauscht werden.

Dabei fand das erste Highlight schon um 18:30 Uhr - also noch vor dem Fassanstich - statt. Mit dem Auftritt der Gruppe Soñadores gab es echte kubanische Musik "Made in Castrop-Rauxel" - live und in Farbe. Über diese Band werden wir bei Gelegenheit auch noch ausführlicher berichten. Außerdem waren Bob & Dylan, die eigene Songs, aber auch Coversongs in ihrer Setlist haben, das Rock Orchester Ruhrgebeat, über das wir Euch schon im Dezember 2013 berichtet haben, die Billy Boyz, mit ihrer Mischung aus Pop, Soul & Funk und Se7en Cent mit ihrem Cover-Programm, angekündigt. Was das diesjährige Fest betrifft, haben wir uns auf zwei Bands geeinigt, über die wir ausführlich berichten möchten.


Donnerstag, 29. Mai 2014: Rock Orchester Ruhrgebeat
Bericht: Elmar Rahn

Diese erstklassige Formation namens Rock Orchester Ruhrgebeat, kurz ROR, hatte ich schon im Dezember 2013 in Recklinghausen live erleben dürfen (Bericht siehe HIER). Ich war damals so begeistert, dass ich mir vorgenommen habe, das Konzert der Gruppe vor der eigenen Haustüre auf dem Castroper Markta 20140602 1021920675 auf keinen Fall verpassen zu wollen. Dieses Mal wollte ich nur einige Schnappschüsse für meine private Sammlung machen - ganz zwanglos und ohne irgendwelche Pflichten. Just for fun eben. Dass sich dieses Vorhaben aber ganz anders entwickeln würde, ahnte ich bis Donnerstagabend nicht ...

Das Wetter spielte - zumindest was den Regen betrifft - mit. Bis zum Nachmittag hatte es noch geregnet, so dass ich die Befürchtung hatte, dass es mit Fotografieren nichts werden würde. Aber Petrus muss mit dem Wohlklang des Rock Orchester Ruhrgebeat wohl vertraut sein, denn es blieb am Abend trocken, auch wenn der Himmel nicht unbedingt blau geflaggt war. Man hat mit Konzerten inzwischen ja schon seine Erfahrungen, und so war ich in weiser Voraussicht eine Stunde vor Beginn der Mugge schon vor Ort des Geschehens in der Hoffnung, einen guten Platz in Bühnennähe zu bekommen. Als ich auf dem Markt eintraf, bot sich mir ein fast trauriges Bild: Bis auf eine Hand voll Besucher vor der Bühne befanden sich nur die Musiker und Sänger/innen, sowie ein paar Verantwortliche auf der Bühne. Gut für mich als Fotografen - schade für die Künstler, die einen vollen Platz verdient gehabt hätten.

Auf der Bühne herrschte bereits ein reges Treiben und es war - wie in einem Bienenschwarm - alles in Bewegung. Es wurde der Sound gecheckt und die Protagonisten standen zur Absprache des Ablaufes zusammen. Wegen der kleinen Bühne auf dem Castroper Markt war das ROR nur in kleiner Besetzung angereist, unter den Musikern aber viele mir vertraute Gesichter. Neben der Bühne war der gut sortierte Fanartikel-Stand aufgebaut. Musiker und Sänger/innen, die gerade keine Aufgabe in Sachen Soundcheck oder Aufbau zu erledigen hatten,c 20140602 2073399944 standen dort auch für Gespräche und Fotowünsche bereit. So z.B. auch eine der Sängerinnen, Susan Kent, die man übrigens auch mit einem sehr guten Solo-Programm live erleben kann. Susan beherrscht die Kunst, in ihrem Programm in verschiedene Rollen (z.B. Trude Herr, Shirley Bassey, Janis Joplin, Madonna oder Tina Turner) zu schlüpfen und diesen dann auch die richtige Stimme zu geben. Sie singt dabei alles live und das unbeschreiblich gut! Zurück zum Donnerstagabend: Es gab also ausreichend Zeit für Smalltalk - wo gibt's das heute noch bei Konzerten? Ein Orchester zum Anfassen. Familiär, fanfreundlich und publikumsnah.

Um ca 18:30 Uhr versammelten sich die Mitglieder des ROR auf der Bühne und die Einstellungen für die Mikrophone wurden vorgenommen. Beim finalen Soundcheck spielte das Orchester dann das gesamte Queen-Medley durch. Schon hier wurde der Unterschied zwischen wirklich gut gemachter Tribut-Musik und einfacher Covermusik hör- aber auch sichtbar. Es war ein Festmahl für Auge und Ohren - das, obwohl es nur ein Soundcheck war und die Künstler noch nicht ihr Bühnenoutfit trugen. Wer mich kennt weiß, dass ich als Queen-Fan der ersten Stunde sehr kritisch bin, was das Nachspielen der Musik der britischen Kultband betrifft. Am Donnerstag ertappte ich mich aber dabei, wie ich schon vor Beginn des eigentlichen Konzerts mitwippte und anfing, mitzusingen.

Kurz vor 19:00 Uhr verließen die Künstler die Bühne, um sich noch ein "Lungenbrötchen" zu gönnen oder sich vor dem Auftritt zu sammeln. Bevor es richtig losgehen konnte, betrat zuerst Moderator Charly Plücker die Bühne,e 20140602 1953041939 um das Stadtfest anzupreisen und natürlich auch Werbung für die Stände der einzelnen Gastronomen zu machen. Auch die Entwicklung des Stadtfestes wurde gefühlte 30 Minuten beschrieben, und so langsam scharrte ich mit den Hufen. Die einleitende Rede war viel zu lang und eher was für das Jubiläum im nächsten Jahr! Das Publikum war schließlich wegen des ROR gekommen und nicht, um sich minutenlange Werbung reinzuziehen. Dann war es endlich soweit und das Orchester wurde auf die Bühne gebeten. Nun kam der für mich eigentlich als Entspannung geplante Teil. Doch dazu später mehr ...

Das Programm des ROR am vergangenen Donnerstag hatte sich im Vergleich zum Recklinghäuser Hallenkonzert im Dezember so verändert, dass ich für meinen neuen Bericht nicht auf den Ablauf von damals zurückgreifen konnte. Neben den mir schon von damals bekannten Medleys von Queen und den Beach Boys, hatten andere Songs im Programm Platz gefunden. Einige Lieder, die ich noch in Erinnerung hatte, fehlten, wie z.B. "Music" von John Miles oder das Rocky Horror Picture Show-Medley. Dafür befanden sich Stücke wie "Unchain My Heart", im Original von Joe Cocker, oder "You're Still The One", im Orginal von Shania Twain, bei dem sich Julie Kott selbst an der Akustik-Gitarre begleitete, in der Setlist. Der Song "Eloise" von Barry Ryan war auch einer von den Liedern, die in der Interpretation des Orchesters für mich neu waren, und mich vom imaginären Hocker rissen. Die Musiker spielten Lieder, die man heute von den Original-Interpreten nicht mehr hören kann, und darum gab es das eine oder andere ungeahnte Wiedersehen. Die Leute, die den Weg auf den Castroper Markt gefunden hatten, hatten richtig Spaß mit dem ROR. Es war eine tolle Stimmung vor der Bühne. Vielleicht lag es ja am Dauerregen der letzten Tage, dass auch zu später Stunde am Donnerstagabend - für meine Begriffe - nur wenige Leute zum Konzert des ROR gekommen waren. Die, die aber da waren, erlebten ein Konzert, das im wahrsten Sinne des Wortes verzauberte. Wie großartig das alles arrangiert war und wie stilistisch abwechslungsreich das war, wurde mir dann zwei Tage später erst so richtig bewusst, als ich bei Se7en Cent fotografierte. Allein die Version von Van Halens "Jump", die sowohl das ROR als auch Se7en Cent in ihrem Set hatten, offenbarte hier Klassenunterschiede in Darbietung, Umsetzung und Gesang. Aber dazu erfahrt Ihr mehr in dem Bericht meines Freundes und Kollegen Christian, der nach meinem Bericht folgt.

f 20140602 1021887717Mit "Hold The Line" bewies das Orchester eindrucksvoll, warum sich der Sänger der Gruppe TOTO, Bobby Kimball, das Orchester vor einiger Zeit als Begleitband ausgesucht hat. Lieder wie "River Deep Mountain High" und "Proud Mary" wurden stimmlich und choreografisch ebenso perfekt präsentiert, wie "Highway To Hell" (AC/DC), das nicht durch einfachen und ohrenbetäubenden Lärm niedergeknüppelt wurde, wie man es nur zwei Tage später an gleicher Stelle erleben musste. Das ROR schaffte es mit ihrer Version, sogar Leute in den Bann zu ziehen, die sonst nicht unbedingt Metal- oder Hardrock-Musik hören. Ebenso beeindruckend und tief in die Seele gehend wurde Udo Lindenbergs "Cello" vom ROR in einer eigenen Version gespielt.

Die Instrumentalisten des ROR bekamen immer wieder Platz für eigene Momente, und um sich und ihr Können am jeweiligen Instrument zu zeigen, so z.B. der Violinist, dessen Einlagen allein schon das Erscheinen wert waren und die einem so das Ohr streichelten, dass es Gänsehaut erzeugte. Großartig!

Am Rande möchte ich noch erwähnen, dass selbst die Pause, die sich die Musiker etwa in der Mitte des Konzerts durch unermüdlichen Körpereinsatz redlich verdient hatten, zwar auch für kurze Erfrischungen oder den Ausgleich des Nikotinhaushalts genutzt wurde, dies aber nicht ausschließlich im abgeteilten VIP-Bereich passierte, sondern teilweise auch vor der Bühne. Hier standen die Musiker und Sänger/innen den Konzertbesuchern wieder für Smalltalk und Fotowünsche zur Verfügung. Man war wirklich "mittendrin statt nur dabei"!

Nach ihrem eigenen Song, "Hier brennt ein Feuer", ging das Konzert gezwungenermaßen zu Ende, da um 22:00 Uhr der Strom für die Verstärker abgedreht werden musste. Ein Fazit für diesen Abend zu ziehen, fällt leicht: Das Rock Orchester Ruhrgebeat bot dem Castroper Publikum eine Show der Extraklasse. Die Vorlagen großer Musiker wie Joe Cocker,g 20140602 1651458181 Queen, AC/DC, Van Halen oder Tears For Fears wurden hergenommen und mit viel Fingerspitzengefühl zu eigenen Versionen gemacht. Selbst die "kleine Besetzung" des ROR hat es geschafft, das Publikum schon nach den ersten Tönen in ihren Bann zu ziehen. Ich fühlte mich auf jeden Fall bestens unterhalten und zehre auch jetzt noch von dem Erlebten. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber für meinen Geschmack war der Auftritt des ROR der mit Abstand beste beim Stadtfest "Castrop kocht über 2014" und ich freue mich darauf, die Crew spätestens im Dezember im Zelt des Castroper Weihnachtsmarktes wieder erleben zu können.

Am Ende des Abends war das eigentliche Vorhaben, nur Fotos zu schießen und anschließend die Füße hoch zu legen, schon bedenklich am Wackeln. Richtig umgestürzt wurde es am nächsten Morgen, als ein kurzer Anruf mit der Frage, ob wir einen Bericht über Ckü 2014 anfertigen sollen, alle Planungen über den Haufen warf. Logisch, wollte ich nach dem Konzert etwas über den Auftritt des ROR schreiben. Die Bitte, auch Fotos vom Samstagabend zu machen, konnte ich auch nicht ablehnen, auch wenn ich den Abend ursprünglich beim Mittelalter Gaudium, das gleichzeitig in Dortmund-Mengede stattfand, verbringen wollte. Also auf zum Castroper Markt am vierten Tag des Spektakels und zum Auftritt der Gruppe Se7en Cent ...


Samstag, 31. Mai 2014: Se7en Cent
Bericht: Christian Reder

Am Samstag zur besten Sendezeit standen die Castroper Lokalmatadore auf der Bühne: Die Gruppe Se7en Cent (Seven Cent) sollte von 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr den Marktplatz rocken. Se7en Cent sind Marc Stahlberg (Gesang), Marcus Vierhaus (Gitarre), Christian Striedler (Lead-Gitarre), Markus Selle (Bass),h 20140602 1569176586 Jörn Westhoff (Keyboards) und Michael Hartmann (Schlagzeug). Ihre Booking-Agentur beschreibt das zu erwartende Ereignis vollmundig so: "Die Songs und Interpretationen von Se7en Cent sind explosiv und 100% live! Die Show ist mitreißend und jeden Cent wert." Diese Ankündigung galt es nun zu beweisen ...

Bemerkenswert an dem Auftritt des Sextetts war, dass sie es offenbar spielend leicht verstanden, das Publikum zu begeistern. Geschickt gewählt war dann auch der erste Song im Set: "Juwel im Revier". Es ist ein selbst geschriebenes Stück der Band über Castrop-Rauxel, der einstigen "Industriestadt im Grünen", die heute mehr grün als Industriestadt ist. Die Bühne war noch von einem schwarzen Vorhang verdeckt, da stürmte Frontmann Marc Stahlberg, bekleidet in einem Bademantel im Leoparden-Look, nach einem Intro die Bühne und sang die ersten Zeilen der Nummer. Pünktlich zum Refrain fiel dann auch der Vorhang und die Band kam zum Vorschein. Munter werden in "Juwel im Revier" die Stadtteile von Castrop nach und nach aufgezählt, und spätestens nach einer Minute sollte sich dann doch auch der letzte Besucher mit Lebensmittelpunkt in Castrop-Rauxel angesprochen fühlen. Vor der Bühne klappte das mit der guten Stimmung jedenfalls ganz gut. Allerdings jubelte das Publikum bereits, als die Band noch gar nicht zu sehen war und noch keinen Ton gespielt hatte. Im Anschluss bekamen wir "Narcotic" von LIQUIDO auf die Ohren, und das Auditorium vor der Bühne wiegte sich bereits ausgelassen im Takt und die Hände teilweise schon gen Himmel gereckt. Und so musizieren sich die sechs Castroper Musiker munter durch die Charts von gestern und heute. "Juwel im Revier" sollte dabei der einzige Beweis eigener "Kreativität" bleiben. Alles was dem Opener folgte waren Coverversionen.

Irgendwann nach einer Stunde kündigt Sänger Marc an, dass er eine gute und eine schlechte Nachricht für das Publikum hätte und fragte es, welche es zuerst hören wolle. Die gute Nachricht sei, dass man heute ohne Pause spielen wolle. Die Schlechte, dass um 22:00 Uhr - wegen Auflagen vom Ordnungsamt - Schluss sein müsse.i 20140602 1094658398 Man hatte also noch gut zwei Stunden Live-Musik aus dem Hause Se7en Cent vor sich und das Castroper Publikum dankte es den Musikern mit einer ausgelassenen und guten Stimmung. Die jubelnde und feiernde Menge vor der Bühne hatte sichtlich und unüberhörbar Spaß an dem, was ihnen die Kapelle kredenzte. Die Songauswahl von Se7en Cent war abwechslungsreich und ein dickes Plus dieser Vorstellung. Zu Songs aus der Abteilung "Gute Laune Garantie" wie z.B. "Hier kommt Alex" von den Toten Hosen oder "Highway To Hell" von AC/DC war man gefühlt sehr nah am "Ballermann" und weniger am Original. Dabei schien es egal zu sein, wie die Band spielte, denn auf Feinheiten der gecoverten Songs wurde seitens der Musiker konsequent verzichtet. Dies wurde z.B. bei der Version von "An Tagen wie diesen" der Toten Hosen sehr deutlich, wo die filigran gespielte Gitarre, die beim Hosen-Original stark an das Spiel von The Edge (U2) erinnert, einfach mal ersatzlos gestrichen wurde. Stattdessen schrammelte sich die Band einen zurecht, während Sänger Marc Stahlberg versuchte, den Entertainer zu geben. Dabei stieß der Mann leider allzu oft an seine Grenzen, denn als Moderator seiner eigenen Show machte Herr Stahlberg leider keine gute Figur. Als er das Publikum bereits nach dem zweiten Song (!) mit Wasser bespritzte, begründete er dies damit, dass es ja ein heißer Tag gewesen sei und eine Abkühlung sicher gut käme. Ich weiß nicht, wo er den Tag verbracht hat, aber heiß war es in Castrop nun wirklich nicht. Das war sicher auch für die Fotografen vor der Bühne ein wunderbares Erlebnis.

Unermüdlich war Stahlberg von Anfang an auf der Bühne unterwegs. Vermaß diese mit schnellen Schritten mal von links nach rechts, dann wieder von vorn nach hinten. Dies geht natürlich an die Kondition und ist auch nicht gerade förderlich, wenn man singen muss. War die Puste mal weg (und das war schon beim dritten Song unübersehbar der Fall), hielt der Sänger kurzerhand das Mikro in die Menge und ließ das Publikum selbst singen.j 20140602 2005373922 Peinlich nur, wenn dies nicht bei jedem Song so gut funktioniert. Dafür funktionierte aber etwas anderes sehr gut: Für all diejenigen, die möglicherweise eine plötzliche Orientierungslosigkeit ereilte, hatte Sänger Marc Hilfe parat, denn er rief gefühlte 10 Mal pro Lied (und auch dazwischen) immer wieder "Danke, Castrop", "Ihr seid toll, Castrop", "Hey, Castrop", "Castrop wo seid Ihr?" oder andere Grußformeln, die die Ortsbezeichnung in sich trugen, in die Menge. Toller Service ...

Ich gebe zu, dass ich inzwischen ein anderes Hörverhalten habe, wenn ich einer Band beim Livespielen zuhöre. Mich kann man ziemlich leicht abholen, wenn die Musiker einer Kapelle in den Vordergrund treten und ihre Künste an ihren Instrumenten mit Soli unter Beweis stellen. Gitarrensoli sind mir da ebenso lieb, wie ein geiles Basssolo oder - falls man einen guten Tastenmann hat - auch ein Keyboard-Solo. Im Idealfall fängt einer der Musiker an zu improvisieren um dem Song noch eine ganz andere und einzigartige Note mit auf den Weg zu geben. Dies fehlte mir am Samstagabend gänzlich. Mal abgesehen von der Showeinlage bei AC/DCs "Highway To Hell", als einer der Gitarristen in Jimi Hendrix-Manier die Gitarre hinter den Kopf hob und sein Instrument von dort spielte, herrschte in Bezug auf "eigene Ideen" und Experimentierfreude bis kurz vor 21:00 Uhr (dann bin ich gegangen) gähnende Langeweile. Aber das ist nur mein persönliches Empfinden. Wozu die große Kunst auspacken, wenn's bei Stadtfesten auch mit einfachen Mitteln geht?!

Se7en Cent trafen für ihre Show bei "Castrop kocht über" eine ausgezeichnet gute und sehr abwechslungsreiche Liedauswahl und damit den Geschmack des größten Teils der Leute voll auf den Punkt.k 20140602 1101245347 Neuere Charthits fanden sich ebenso im Set, wie Rock-Klassiker von Status Quo, Midnight Oil oder den Simple Minds. Songs, die jeder kennt und bei denen jeder Mitsingen kann. Bei der Umsetzung der Lieder muss ich leider auch wieder das eine oder andere Haar aus der Suppe fischen. "Don't You" von den Simple Minds wurde in Überlänge präsentiert. Allein der Part, in dem Marc Stahlberg das Mikro immer wieder in die Menge hielt, um das Publium "Hey, Hey, Hey, Hey" singen zu lassen, dauerte gefühlte 10 Minuten. Dabei gehört "Don't You" zum Soundtrack meiner Jugend, ebenso wie "Sweet Dreams" von Eurythmics und "Forever Young" von Alphaville. Dass diese drei Songs mal wie aus einem Guss (und zwar schlecht!) klingen würden, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Se7en Cent verstanden es, alle drei Songs wie von AC/DC klingen zu lassen. Nur nicht so gut, wie es AC/DC möglicherweise gemacht hätten. "Sweet Dreams" wirkte auf mich eher unfreiwillig komisch. Keyboard-Sequenzen des Originals wurden von den Gitarren übernommen, was dem Lied komplett die Seele nahm. Und wie man eine Syhnthie-Pop-Ballade wie "Forever Young" aus seinem ruhigen Fahrwasser reißen und in einen Wildbach setzen kann, ist mir völlig schleierhaft. Gerade diese von Se7en Cent katastrophierte Umsetzung erfüllte für meinen Geschmack den Straftatbestand der Körperverletzung. Links und rechts von mir vernahm ich ähnliches Unverständnis (und Gruseln), aber vor der Bühne ging der Punk ab. Ok, so soll es bei einem Stadtfest auch sein. Aber nicht nur dabei wurde in Brachial-Manier operiert. Auch das Lied "Wake Me Up" von Avicii wurde Opfer einer Se7en Cent-Bearbeitung. Immer standen ein hektisches Schlagzeugspiel und überlaute Gitarren im Vordergrund ihrer Performance. Ich für meinen Teil habe fast zwei Stunden (von dreien) tapfer durchgehalten, dann aber entnervt aufgegeben und mich vom Marktplatz in ein Restaurant begeben, um das eben Erlebte erstmal sacken zu lassen.

l 20140602 1571801901Als Fazit kann man wohl sagen, dass die Band ein für ein Stadtfest geeignetes Konzert abgeliefert hat, das aber meinen Geschmack überhaupt nicht traf. Sie hat es geschafft, das Publikum in Stimmung zu bringen (obwohl es das bereits vor dem Auftritt der Band schon war) und sie auch größtenteils zu begeistern. Nicht mehr und nicht weniger wird von einer Coverband erwartet, die ein Stadtfest beschallen soll. Mission erfüllt. Was das "Wie" betrifft, darf man durchaus geteilter Meinung sein. Marc Stahlberg ist für meinen Geschmack kein guter Entertainer. Sein ständiges zum Mitmachen animieren des Publikums (schon beim zweiten Song!!!) nervte ungemein. Ebenso das mehrmalige Bewerben einer Show im Herbst, für die es schon Karten gibt. Das kann man gern am Ende mal erwähnen, aber immer wieder mitten in einem Konzert? Und wenn die Stimmung mal abflaute, wurde schnell eine große Castrop-Fahne hervorgekramt und geschwenkt. Bringt das Lied nicht den gewünschten Effekt, versucht man es dann eben so. Ich habe bei dem Auftritt von Se7en Cent für mich gelernt, dass es mehr als nur eine Art des Musikkonsums gibt. Die einen (und zu denen zähle ich mich) möchten die Kreativität der Musiker auf der Bühne erkennen können und sich auch an deren Songs reiben oder sie für sich entdecken. Das alles konnte mir Se7en Cent nicht bieten. Die anderen Konzertgänger mögen bei einer Party oder einem Stadtfest einfach nur unterhalten werden und ihre Lieder hören - egal, wer sie gerade spielt. Diese Aufgabe haben Se7en Cent mit Bravour gemeistert. Hier ging es um die Party, ums Feiern und man wollte unter freiem Himmel und bei schönem Wetter ausgelassen sein. Dazu gehören die richtigen Lieder, und die haben die sechs Jungs von Se7en Cent geliefert. Bands, die einen gewissen Anspruch mitbringen, hätten es hier sicher schwer gehabt. Zu solchen Anlässen versucht man keine Botschaften zu transportieren. Und auf gewissen Feinheiten im Spiel der Instrumente wird dort offenbar auch kein großer Wert gelegt.

Unterm Strich ...
von Christian Reder

Die Bewertung des diesjährigen "Castrop kocht über" fällt insgesamt positiv aus. Es ist und bleibt DAS Stadtfest für die Castroper. Es gibt hier nichts Vergleichbares, das auch nur annähernd an Ckü heran kommt - auch nicht das Zelt im Winter!d 20140602 1780359229 Unglaublich, wieviele Menschen gerade am Samstagabend den Weg zum Marktplatz gefunden haben. So voll dürfte der Marktplatz bisher noch nicht gewesen sein - auch nicht, als der WDR hier war und zur Stadtwette aufrief. Das Schöne an Ckü ist auch, dass man Leute wiedertrifft, die man schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat. Man freut sich über das eine oder andere Wiedersehen, auch wenn man nicht mit jedem/jeder für längere Gespräche einfach stehen bleiben kann, denn dafür ist es einfach zu voll. Dazu gibt es kulinarische Angebote der ausrichtenden Gastronomie-Betriebe. Chinesisches Essen hier, Pizza dort oder andere nationale wie internationale Speisen an den vielen anderen Ständen. Für das leibliche Wohl ist immer und an jeder Stelle des Marktplatzes gesorgt. Als etwas schade empfand ich, dass die einzige Castroper Brauerei in diesem Jahr nicht ihr Bier ausgeschenkt hat, ist das Braugut doch inzwischen eigentlich zu einem Wahrzeichen unserer Stadt geworden. Das lag möglicherweise daran, dass die Veranstalter mit einer bekannten deutschen Biermarke einen Werbe-Deal eingetütet hatte, die sich im Gegenzug wohl Exklusivität auf dem Fest "erbeten" oder vielleicht sogar vertraglich haben zusichern lassen. Also musste man sich mit Hopfenblütentee zufrieden geben, den man sonst auch den Rest des Jahres überall haben kann. Das Castroper Bier aus dem Brauhaus Rütershoff hat der Veranstaltung bisher immer noch einen Extrapunkt eingebracht, zumal Braumeister Christoph Kirchhelle immer etwas Besonderes für diese Events vorbereitet hatte. Sei es wie es sei, vielleicht ändert man dieses Konzept in den nächsten Jahren ja wieder. Im kommenden Jahr wird es ein kleines Jubiläum geben. Dann findet Ckü zum 25. Mal statt und man kann sich schon jetzt darauf freuen. Ich wünsche mir dann aber etwas mehr Mut beim Programm. Nicht nur Covermusik, gern auch mal etwas Namhaftes. Und damit ist nicht der Sohn von Wolfgang Petry oder ein Helene Fischer-Double gemeint. Und weil Samstag der beste Tag des Festes zu sein schein, was den Publikumsandrang betrifft, sollte dann auch bitte etwas mehr Qualität auf der Bühne stehen!



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Termine:

Rock Orchester Ruhrgebeat:
• 28.06.2014 - Bielefeld - "NRW Tag"
• 02.08.2014 - Gelsenkirchen - Amphitheater am Nordsternpark (Open Air)
• 23.08.2014 - Marl - "Haldenglühen" / Festwiese "Auf dem Berge" (Open Air)
• 05.09.2014 - Borken - Stadtfest (Open Air)
• 27.09.2014 - Gelsenkirchen - Musiktheater im Revier (ROR light)


Se7en Cent:
• 07.08.2014 - Herne - Cranger Kirmes (Steinmeister)
• 23.08.2014 - Herne - Stadtfest (Cityring)
• 13.09.2014 - Waltrop - MRSC Bikerparty
• 20.09.2014 - Herne - Stadtmarketing
• 31.10.2014 - Castrop-Rauxel - Europahalle

Alle Angaben ohne Gewähr. Nähere Infos und weitere Termine auf der jeweiligen Band-Homepage.



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage des Rock Orchester Ruhrgebeat: www.rorlive.de
• Off. Homepage von Se7en Cent: www.se7encent.de
• Homepage von "Castrop kocht über": www.castrop-kocht-ueber.de




Fotostrecke:

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Se7en Cent:
 
 
 
 




   
   
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