Annett Loisian am 6. Mai 2014 in der Lichtburg in Essen

 

Ein Bericht mit Fotos von Elmar Rahn.

 

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Als ich die Nachricht bekam, über das Konzert von Annett Louisan in der Essener "Lichtburg" berichten zu dürfen, kam bei mir sofort Freude auf. Vor über einem Jahr, als Annett mit ihrer letzten Tour in Mülheim Station machte, wäre ich schon gern dabei gewesen, aber das hatte sich da leider zerschlagen. Umsomehr fieberte ich dem Abend entgegen.

Annett Louisan, diese etwas andere Künstlerin, hatte ich schon seit ihrem ersten Album "Bohème" und dem darauf befindlichen Hit "Das Spiel" verfolgt. Sie ist ihrem musikalischen Stil, einer Mischung aus Chanson, Pop, Balladen und Einflüssen anderer Genres, verbunden mit sehr guten, teils witzigen aber immer hintergründigen Texten, immer treu geblieben. Ganze sechs Alben und drei DVDs hat die kleine Frau mit der großen Stimme bereits mit Leben und Liedern gefüllt. Mit ihren Darbietungen - egal ob im Studio oder auf der Bühne - hob sie sich deutlich von der Masse der deutschen Künstler ab. Noch ganz frisch und ofenwarm ist das neueste Werk der Annett Louisan. "Zu viel Information" heißt das Album, das am 14. Februar 2014 das Licht der Welt erblickte, und mit dem sich die Sängerin derzeit auf Tournee befindet.

Die Anfahrt bzw. das Finden der Location gestaltete sich zumindest für das Navigationsgerät schwierig. Die "Lichtburg" befindet sich in der Essener Fußgängerzone, ist aber so bekannt, dass ich sie auch ohne Navi gefunden habe. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer kleinen aber feinen Kunstgallerie, in der auch Werke von Udo Lindenberg ausgestellt waren, erreichte ich pünktlich mein Ziel. Ich war sehr gespannt, in welcher Weise Annett Louisan am vergangenen Dienstag auftreten würde, und was für "alte Bekannte" einem neben den neuen Stücken aus dem eben erwähnten Album noch über den Weg laufen würden. Inzwischen kann Annett Lousian ja aus einem Repertoire aus 10-jährigem Schaffen schöpfen. Auf dem neuen Album wirken die Texte ernsthafter als sonst, und nicht mehr ganz so verspielt wie auf den Vorgängern. Die Wandlung tut der Klasse, mit der die ausgefeilten Texte von Annett zum Vortrag gebracht werden, allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil!

b 20140508 1925541963Der Eingangsbereich war mit Konzertbesuchern schon gut gefüllt, und auch am Stand mit der bisher größten Vielfalt an Fanartikeln, die ich je gesehen habe, herrschte bereits reger Andrang. Dann öffneten sich die Türen und gaben den Blick auf den Saal frei, der schon von außen sehr beeindruckend wirkte. Mit seinen 1.250 Plätzen ist es schon ein imposanter Raum. Vorne die großzügige Bühne, die genügend Platz für ein großes Orchester bietet, und die anfangs in blaues Licht getaucht war, Stuck an den Decken, edle Kassettenwände und die Bestuhlung - wie in einem Kino üblich natürlich Kinosessel - mit tiefrotem, plüschähnlichen Stoff bezogen. Der geschwungene Rang, von dem aus man von oben alles gut sehen konnte, ließ bei meiner Begleitung den Vergleich mit der Semperoper in Dresden aufkommen. Die Erwartungshaltung war ziemlich hoch, aber schon beim Betreten des Saals wurde schnell klar, dass man sich trotz der großen Bühne auf eine große Show mit vielen Effekten erst gar nicht einstellen musste. Das Ganze hatte eher einen stillen und unaufgeregten, ja fast schon intimen Charakter. Man würde sich also voll und ganz auf die Künstlerin und ihre Lieder konzentrieren können. Aufgesetzte Shows mit grellem Schnickschnack und vielen Effekten kann Annett Louisan auch getrost ihren Kolleginnen aus der Schlagerecke überlassen. Das braucht sie nicht! Die Beleuchtung ließ mich in Bezug auf das Fotografieren zuerst nichts Gutes ahnen, aber alle Befürchungen sollten sich später nicht bewahrheiten.

An Annett scheiden sich die Geister. Musikalisch stoße ich bei Freunden und Bekannten sowohl auf striktes Ablehnen als auch auf totale Begeisterung. Ein Mittelding scheint hier Fehlanzeige zu sein. Irgendwo im Netz habe ich auch gelesen, wie sie als schwierig und divenhaft beschrieben wurde. Von all dem kann ich aber nichts berichten. Sie bat die Fotografen vor dem Konzert lediglich darum, erst nach dem zweiten Song zu fotografieren, da das Intro zu Beginn sehr ruhig ist, und man die anderen Konzertbesucher mit dem Klacken der Kameras nicht stören solle. Das war aber vollkommen legitim und macht sie eher sympathisch, dass sie an ihr Publikum und die erschienenen Pressevertreter/Fotografen gleichermaßen denkt.c 20140508 1523274993 Nach kurzem Inspizieren der Bühne, die mit verschiedenen Instrumenten wie z.B. Gitarren, Kontrabass, Cello, Keyboard, Xylofon und einem großen und sehr edlen schwarzen Flügel bestückt war, nahm ich meinen Platz ein und nur wenig später verdunkelte sich der Raum und die Musiker betraten die Bühne. Von Annett war anfangs aber noch nichts zu sehen.

Die Band von Annett Louisan besteht aus dem Bandleader und Gitarristen Hardy Kayser, Mirko Michalzik an der Gitarre, dem Percussionisten Christoph Buhse, Olaf Casimir am E- und Kontrabass, Jürgen Kumlehn an der Gitarre und Friedrich Paravicini, der wahlweise Akkordeon, Wurlitzer, Cello oder auch Mundharmonika spielt. Auf ein Schlagzeug wurde am Dienstagabend verzichtet. Die Band begann den Konzertabend mit dem Intro, zu dem auf der Leinwand ein Film lief, der Aufnahmen mit Annett Louisan zeigte. Als diese dann im kleinen Schwarzen die Bühne betrat und das Publikum herzlich begrüßte, wurde sie mit freundlichem Applaus empfangen.

Der erste Titel des Sets war "Herrenabend", ein Lied aus ihrem neuen Album, ließ vom Text her gleich die Klasse der Lieder von Annett Louisan erkennen. Darin schaut sie ihren Mitmenschen auf die Finger, und mit Ironie und Wortwitz garniert werden die Gewohnheiten dieser sowohl in Text als auch in Musik brilliant umgesetzt. Auf das "Nichtgesagte" folgte dann einer der Songs, bei denen es - wie die Künstlerin anmerkte - was "auf die Mütze" gibt.d 20140508 1225219347 Sexuelle Anspielungen bietet der Song einige, wie auch ihre Kommentare, z.B. den, dass die Österreicher die Mundharmonika "Fotzenhobel" nennen. Die Bayern übrigens auch! Egal, ob im Lied oder in einer ihrer Moderationen, gehen die Anspielungen und Kommentare aber nie unter die Gürtellinie. Oftmals setzt sie dabei auch ihren mädchenhaften Charme ein, der auch in Liedern wie "Das Spiel" so wunderbar funktioniert.

Auf das Lied "Dann sag ich ihrs halt" folgte ihre aktuelle Single "Besonders", die ich persönlich sehr gefühlvoll und anrührend finde. Mit "Eve" folgte dann eine dieser "alten Bekannten" bzw. ein Klassiker. Dieses Lied ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie gut die Sängerin mit der Sprache spielen kann. Die Worte "Na, Eve" klingen nicht unabsichtlich wie "naiv". In Konzerten, aber auch beim Hören ihrer CDs, ist es sehr wichtig, gut zuzuhören, damit man diese Wortspiele, aber auch andere Botschaften - versteckt oder öffentlich - nicht verpasst. Zwischendurch bezieht Annett ihr Publikum auch immer wieder mit ein. So z.B. beim Song "Katze", als sie sich auf die Bühnentreppe setzte und dem Publikum während des Stücks immer wieder ein "Miau" entlockte. Bei dem Song "Pärchenallergie", ihrer Single aus dem 2011er Album "In meiner Mitte", giggelte sie an verschiedenen Stellen des Songs, was ganz wunderbar zu dem Text des Stücks passte.

Zum Lied "Bei aller Freundschaft" erklärte sie, dass dieses Lied nichts mit der gleichnamigen Fernsehreihe zu tun habe. Dabei lief sie einmal quer durch den Mittelgang bis fast zur letzten Reihe. Dieser Song ist - im Gegensatz zu vielen anderen heute üblichen und im Radio gespielten Liedern - mitten aus dem Leben gegriffen und handelt davon, dass aus Freundschaft über die Zeit ganz leise und still auch Liebe werden kann - Etwas für's Herz, aber mit Anspruch und ohne Schmalz. Am Ende bemerkte sie dann augenzwinkernd, dass sie von ihrer Band - mit der sie keinen Sex habe, wie sie an anderer Stelle des Konzerts versicherte - ja zur Freundschaft gezwungen würde.e 20140508 1652124574 Nach "Ausgesprochen unausgesprochen" von ihrem 2006 erschienenen Album "Unausgesprochen", folgte vor der Pause noch das Stück "Prosecco", bei dem sie erneut die ganze Breite der Bühne mit ihrem Bewegungsdrang ausnutzte. An ihrer Bühnenpräsenz kann sich so manch ein Sternchen ein Beispiel nehmen. Danach gab es für die Musiker Zeit, Luft zu holen und Kraft für den zweiten Teil zu tanken. Auch das Publikum nutzte die Pause für ein kühles Getränk, eine Zigarette oder einen Plausch, um das bisher Erlebte auszuwerten.

Mit einem musikalisch untermalten Film auf der Leinwand, mit Annett in der Rolle des Charly Chaplin, eröffneten Band und Sängerin den zweiten Teil ihres Live-Programms. Passend dazu erschien sie mit dem Song "Stars" auf der Bühne. Danach stellte sie die Frage, ob jeder immer alles wissen muss, und dabei wurde das Publikum kurzerhand zum Chor, als der Song "Zuviel Information" von ihrer aktuellen CD live zum Vortrag gebracht wurde. Beim folgenden "Ey, na du" verriet uns die Sängerin, dass sie sich wie ein Dackel fühlt, wenn sie dieses singt. Auf der Bühne ging es auch im zweiten Teil munter weiter. Annett Louisan und ihre Musiker führten ihr Publikum durch ihre musikalische Welt. Eines der schönsten Songs an diesem Abend war "Papillon", der nicht nur einen sehr melancholischen Text hat, sondern der auch vom Cello, das hier als Soloinstrument glänzen durfte, getragen wird. Mit "Das Rezept" (aus dem Album "Zu viel Information") und "Fettnäpfchen Wetthüpfen" (aus "Unausgesprochen") wechselten sich neue und ältere Songs ab, und dann wurde es Zeit für einen Coversong. Annett Louisan hat Chris Isaaks "Wicked Game" aus dem Jahre 1989 entstaubt und daraus ein für sie typisches, eigenes Lied gemacht. Hier sorgte neben Annetts elfenhafter Stimme, ihrem verträumten Blick und der hinreißenden musikalischen Begleitung, noch eine im Hintergrund befindliche animierte Weltkugel für einen fantastischen optischen Eindruck.

Mit "Drück die 1" aus dem Album "Teilzeithippie" (2008) folgte wieder ein temporeiches arrangiertes Lied über die Telekommunikation in der heutigen Zeit. Das Lied "Auf Dich hab ich gewartet" aus dem gleichen Album sollte dann der Abschluss eines fantastischen Konzerts sein.f 20140508 1219927334 Es folgten - völlig zu Recht - Standing Ovations, unter denen Annett und ihre Musiker die Bühne verließen. Anhaltender Applaus und "Zugabe"-Rufe lockten die Protagonisten aber nochmals zurück an ihren Arbeitsplatz. "Die Dinge" und das männliche Gegenstück zum Song "Eve", "T. Schmidt", wurde dem Publikum als Nachtisch gereicht und riss es ein weiteres Mal von den Sitzen. Das Licht ging anschließend zwar noch nicht an, aber die ersten Konzertbesucher wollten schon gehen. Mit noch einer Zugabe hatten sie wohl nicht gerechnet, aber die Künstler kamen wegen der Begeisterung der Leute noch einmal zurück. Immerhin fehlte ja auch noch ein Lied, auf das sicher nicht nur ich gewartet habe und das auf einem Konzert der Annett Louisan nicht fehlen darf: "Das Spiel". Dabei kam dann auch der "Fotzenhobel" wieder zum Einsatz. Melancholisch und stimmungsvoll zugleich war dann der letzte Song "Zigeuner". Zwischen Tanzen und Träumen konnten alle noch einmal die Musik genießen. Danach war dann tatsächlich Schluss ...

Das Konzert am Dienstagabend war zwei Stunden purer Hörgenuss, verbunden mit vielen optischen Leckerbissen. Die Zeit verging wie im Fluge, und trotz zweier Zugaben mit insgesamt vier weiteren Songs hätte ich der kleinen großen Sängerin gern noch weiter zugehört. Vielleicht hat nun der eine oder andere Leser über diesen Bericht Lust bekommen, ein Konzert mit Annett Louisan zu besuchen. Gelegenheit dazu gibt es in diesem Jahr noch genügend (siehe Terminübersicht unten). Ich kann nur sagen: Es lohnt sich!

Setlist:
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Termine:

• 09.05.2014 - Dresden - Alter Schlachthof
• 11.05.2014 - Chemnitz - Stadthalle
• 12.05.2014 - Leipzig - Gewandhaus
• 13.05.2014 - Halle/Saale - Georg-Friedrich-Händel-Halle
• 14.05.2014 - Osnabrück - Osnabrückhalle
• 29.05.2014 - Kassel - Staatstheater
• 13.06.2014 - Bensheim - Sterndom
• 14.06.2014 - Köln - Kölner Philharmonie
• 10.07.2014 - Edesheim - Schloss Edesheim
• 12.07.2014 - Salzgitter - Kultursommer/Schloss Salder
• 17.07.2014 - Dresden - Weißer Hirsch
• 25.07.2014 - Nürnberg - Stadttheater
• 26.07.2014 - Görlitz - Landskron Brauerei
• 27.07.2014 - Freiburg - Zeltmusikfestival

Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Termine und nähere Infos auf Annetts Homepage.



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von Annett Louisan: www.annettlouisan.de
• Homepage der Lichtburg in Essen: www.lichtburg-essen.de




Fotostrecke:


   
   
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