Ein Konzertbericht von Petra Meißner mit Fotos von Tina Müller
und Petra Meißner und einem Videoclip von Petra Meißner

So ist das im Leben: immer wenn das Wort "Abschied" im Spiel ist, erreicht man die Menschen. Die Gruppe electra besuchte Barby zu ihrer "Letzter Walzer Tour" und die Gruppe TRANSIT war mit von der Partie. Mir wäre es lieber, gute Musik würde auch ohne diese Ankündigungen die Säle füllen. Aber na gut, dann wäre ich wohl eher auch nicht bis Barby an der Elbe gefahren, denn weite Wege auf der Autobahn versuche ich gern zu vermeiden. Aber TRANSIT und electra zusammen in einem Konzert ... sowas konnte ich nicht verpassen.

Für moderate 25,00 Euro gab es beide Gruppen im "Rautenkranz" in Barby zu erleben. In Sachsen Anhalt ist der "Rautenkranz" wohl schon über Jahrzehnte eine Institution. Cäsar hat auch dort gespielt, und viele andere Ostrocker ebenso. Gut, dass es noch Wirte gibt, die ein Herz für die Musik von hier haben. Die Zielgruppe waren die über 50, und sie waren zahlreich erschienen. Da passte doch das Sprüchlein, was Stephan Trepte zum Besten gab: "Leb im Frühling deines Lebens, leb im Sommer nicht vergebens, denn schon bald da naht der Herbste, wenn es Winter wird, dann ..." - Aus dem Publikum erscholl im Chor, "... dann sterbste!" Man hatte sich also verstanden.

electra startete das Konzert und mit dem Programmteil mit Gisbert Koreng. Immer wenn ich ihn sehe, muss ich daran denken, wie er zu einem Klassik Open Air in Magdeburg Stephan Trepte vertrat, der Verletzungen von einem Bühnenunfall auskurieren musste. Die Fans waren skeptisch, und der Musiker bekam wegen seiner kurzen Haar den Namen "Oberlehrer" verpasst. Aber seine Interpretationen der electra-Titel kamen an. Dass er immer noch dabei ist, freut mich sehr, und das mit den Haaren ist Geschichte.

Neu im Programm hat electra einen ganz alten Titel namens "Scheidungstag", den Gisbert singt. Auch der Klassiker "Vier Milliarden in einem Boot" durfte nicht fehlen. electra und die Britische Gruppe Jethro Tull sind eine ganz spezielle Geschichte. Die Dresdener Band war mal im Vorprogramm bei den Weltstars und Bernd Aust veranstaltete Jethro Tull mit seiner Agentur in Deutschland. Da ich ab und zu auf ein Jethro Tull-Konzert gehe, machte mir der Tull-Block von electra ganz besondere Freude. Ich glaube, sie spielten fast 25 Minuten diese Klassiker. Neu im electra-Programm ist "Thick as a Brick" in einer hörenswerten Version, gesungen von Gisbert Koreng - was "tull" zu seiner Stimme passt.

Der absolute Knaller in Barby war Stephan Trepte. Er war richtig cool drauf! Große Freude beim Publikum und regelrechte "Wiedersehensfreude" bei Liedern wie "Wenn die Blätter fallen" und besonders bei "Hey Schwester, küss mich". Ein Konzert ohne die Klassiker "Nie zuvor" und der "Sixtinischen Madonna" ist sowieso nicht denkbar. Ganz zum Schluss gab es "Seh' in die Kerzen", und damit verabschiedete sich electra für immer von Barby. Aber nicht von mir, denn ehe diese Gruppe ins Nirwana entschwindet, werde ich bestimmt noch ab und zu bei einem ihrer Konzerte dabei sein. Es wird uns in Sachen Ostrock was fehlen, wenn sie die Bühne endgültig verlassen haben.

electra gab ihrem Affen über zwei Stunden Zucker, und es war dann schon 23:00 Uhr, ehe TRANSIT nach der Umbaupause die Bühne enterte. Es war ein Freitag, die Besucher waren geschafft von der Arbeitswoche. Für eine ländliche Gegend war das keine gute Anfangszeit. Aber TRANSIT schaffte es, die Leute zu begeistern, auch wenn sich nach electra schon einige auf den Heimweg gemacht hatten. Die haben allerdings echt was verpasst, denn TRANSIT war gut drauf!

Für mich neu war der Bassist. Ich glaube, es ist Nummer vier seit dem Neustart. Er heißt Peter Kipp und Hans-Jürgen Beier hat ihn aus seiner Bluesband mitgebracht. Kipp ist bereits seit August 2013 dabei und kann auch singen. Die Männer von TRANSIT spielten natürlich ihre Klassiker, wie z.B. "Ich fahr an die Küste", "Ein Mädchen wie du" und viele Titel von der 2011er CD "Übers Meer", die bei mir zu Hause auch sehr oft läuft.

Als ich einige der gespielten Titel nicht erkannte, wurde ich langsam stutzig und stellte fest, die aktuelle CD "Durchs Leben" verpasst zu haben. Diese Bildungslücke wurde umgehend geschlossen, und die CD dreht jetzt auch bei mir im Player diverse Ehrenrunden. Songs wie z.B. "Burnout" oder "Mein Dörfchen" sind wirklich aus dem Leben gegriffen. Wie ich hörte, gibt es schon wieder viele neue Titel, die auf eine Veröffentlichung warten.

TRANSIT ist der Spezialist für die maritimen Sagen und Mythen. Genau diese Titel liebe ich ganz besonders. Die "Bernsteinhexe" mochte ich schon immer. Es hat mich auf YouTube geärgert, dass junge Mittelalterbands mit diesem Titel über 100.000 Aufrufe zählen können und so tun, als hätten sie dieses Lied erfunden. Covern heißt für mich "Erhalten", aber der Respekt gebietet es zu sagen, wer die Komponisten und Original-Interpreten sind.

Ein Titel zum Träumen ist für mich die "Blaue Lagune", ein Werk aus der neueren TRANSIT-Zeit. Kein Wunder, dass sich der Fanclub der Band genau diesen Titel als Namen gewählt hat. Die Damen und Herren sind sehr rührig, betreiben eine eigene Homepage (Adresse siehe unten) und sind immer dabei, wenn ihre Band spielt. Genau solche Fans sind von Nöten, wenn es darum geht, die Bands aus unserer Jungendzeit zu unterstützen.

Gegen 0:40 Uhr ging das Konzert mit viel Beifall zu Ende. Schade, dass es nicht mit "Heinrich der Kneiper" war, der Wirt des "Rautenkranzes" hätte sich dies wirklich verdient. Wenn wieder mal eine tolle Band dort spielt, nehme ich den weiten Weg dorthin abermals gern auf mich.