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Ein Konzertbericht mit Fotos von Jens Lorenz





Die traurigste Erkenntnis des Abends sei vorabgestellt: Die Unerreichbarkeit und Endgültigkeit von PINK FLOYD bleibt. Daran konnten auch die Australier nichts ändern, die seit 1988 als Cover-Band die Songs von Waters, Gilmour & Co um die Welt tragen. Originalgetreu, so ihr Anspruch. Dazu gehört auch, eine möglichst exakte Lichtshow zu bieten. Wer das letzte PULSE-Konzert von PINK FLOYD live erlebt hat, kann sich ausmalen welch unerreichbare Ziele sich die Australier da gestellt haben. Doch jeder Zeitgenosse der britischen Originale wusste das natürlich schon vorab und wer mit dem Anspruch einer eins zu eins Kopie ins Tempodrom pilgerte, dem mag irgendwo die Realität verloren gegangen zu sein. Schon allein die Tatsache, dass die Bühne von PINK FLOYD nie und nimmer zur Gänze ins Tempodrom gepasst hätte, sollte Indiz genug gewesen sein.
Der Fairness halber sollte man sich auch vor Augen führen, dass alleine ein einziges Konzert der PULSE-Tour von PINK FLOYD seinerseits ca. 5.000.000 DM gekostet hat. Selbst die Briten holten sich für die Tour einen Sponsor ins Boot um diese immensen Summen stemmen zu können. Da verbietet sich ein Vergleich schon fast von selbst.

Immerhin, ganz so schlecht, wie sie teilweise in der Tagespresse gemacht werden, sind sie dann doch nicht. Und dass David Gilmour sie höchst persönlich zu seinem 50. Geburtstag (1996) eingeladen hatte und sie im Live-Act auf der Party eine Jamsession unter anderem mit Gilmour selbst, mit Roger Waters, Richard Wright und vielen anderen Größen der Musikszene spielten, kam schon fast einem Ritterschlag gleich. Dazu passt dann auch, dass THE AUSTRALIAN PINK FLOYD SHOW es mittlerweile auf über 3 Millionen verkaufte Tickets für ihre Show in 35 Ländern der Erde gebracht hat. Grund genug also, sich die im Vorfeld als beste Pink Floyd Cover Band gefeierte Truppe einmal selbst live anzuschauen.

Das Tempodrom war an jenem Montagabend nahezu ausverkauft. Komplett bestuhlt, waren es zumeist Vertreter des älteren Semesters, die mit den Australiern auf eine nostalgische Reise durch knapp drei Jahrzehnte PINK FLOYD Musik gehen wollten. Die Bühne wurde dominiert von dem runden Bildschirm, auf dem während der Show die verschiedensten Video-Sequenzen liefen und der von 16 Moving Heads eingerahmt wurde. Der letzte Gongschlag - 20:00 Uhr - die Show beginnt. "Shine On You Crazy Diamond" bildete den Opener.

Schnell wurde klar, dass die Light-Show im Vergleich zum Original um mehr als eine Stufe heruntergeschraubt war. Böse Zungen behaupten gar, es wären derer 20 Stufen. Tatsächlich ertappte ich mich dabei, die Scheinwerfer zählen zu wollen und zu überlegen, ob sie denn überhaupt die Zahl erreichten, die bei der PULSE-Tour von PINK FLOYD mit schöner Regelmäßigkeit zu Bruch gingen oder schlichtweg einfach durchbrannten. Aber das wäre wohl ungerecht. Wenn auch lange nicht auf dem quantitativen Niveau des Originals angesiedelt, war sie dennoch in ihrer Gesamtheit ausgewogen und gut auf die Musik abgestimmt. Das Hauptaugenmerk der Show lag eindeutig mehr auf dem Gesamtkonzept, denn auf den einzelnen Musikern. Einen Großteil des Abends verbrachten die Protagonisten auf der Bühne in Dunkelheit, der Fokus lag auf der Leinwand und den Videoeinspielungen. Nur bei einzelnen Passagen wechselte ein Spot zwischen den jeweiligen Hauptakteuren und holte sie aus der Dunkelheit hervor. Extravagante Kostüme, Posen oder gar Umherrennen auf der Bühne? - Fehlanzeige. Da hielten sie sich ganz nah am Original, wie auch mit ihren Ansagen. Derer gab es nämlich keine. Okay, ein "Guten Abend" vor der Pause und ein "Dankeschön" zum Schluss des Konzertes, ganz im Stile eines David Gilmour, der es in einer zweistündigen Show ja auch immerhin auf ein "Good Evening" und ein "Thank you very much" brachte.

Die Songauswahl beinhaltete viele Klassiker und dürfte so für jeden etwas bereitgehalten haben. Mir persönlich fehlte natürlich "Echoes". Da hatten wir Berliner wohl ein wenig Pech, denn in anderen Shows geben AUSTRALIAN PINK FLOYD diesen Song aus der "programmatischen Phase" durchaus zum Besten. Dafür kamen wir in den seltenen Genuss, "Set The Controls For The Hearts Of The Sun" zu hören, ein in der psychedelischen Phase entstandenes Werk, welches gerade bei den Älteren für Euphorie sorgte.

Der Sound kam insgesamt recht ordentlich daher, wobei ich den Eindruck hatte, dass zum Beispiel der übermäßig verstärkte Herzschlag, visualisiert von einer zuckenden Linie auf der Großbildleinwand, wesentlich monumentaler klang, als die Musik selbst. Licht, Laser, wabernder Sound fluteten den Saal. Schlagzeug, Bass, Keyboards, Gitarren - wiederholter Akkordwechsel von E-Moll zu A-Dur. "Speak to Me/Breathe", 1973 auf "The Dark Side Of he Moon" erschienen. Auch die anderen eingespielten Sequenzen, wie etwa das Knattern der Hubschrauberrotoren, das Schlagen der Turmglocken und das Weckerrasseln, welches "Time" einläutete, manifestierte sich in einem vollen Raumklang, hinter dem die eigentliche Musik ein wenig abfiel. Solide blieb es trotzdem, auch wenn beispielsweise die Gitarren zwar notengetreu und ordentlich gespielt, nie den individuellen Ton und Ausdruck eines David Gilmour erreichten. Aber wer vermag das schon?

Einziges Manko: Die Doublebass-Drums und Hängetoms waren teilweise zu dominant und "drückten" bei einigen Songs die Gitarren förmlich zu. Bei Songs wie "One Of These Days" oder gerade bei "Run Like Hell" hatte das durchaus seinen Reiz, aber bei "Shine On You Grazy Diamond" zum Beispiel, war es des Guten einfach zu viel.

d 20140415 1858808755Nach jedem Titel gab es euphorischen Applaus vom Publikum, was zeigte, dass zumindest das Publikum mit der Show rundum zufrieden war. Ein wenig gewöhnungsbedürftig fand ich allerdings den dritten Teil der Soloeinlage der Backgroundsängerinnen bei "The Great Gig In The Sky". Auch wenn der Background-Gesang insgesamt recht ordentlich war, dieser letzte Teil ließ doch einiges an Wünschen offen. Durchweg überzeugt hat mich dagegen der Drummer, losgelöst von der oben bereits erwähnten Tatsache, dass die Drums zu dominant waren.

Höhepunkt vor der Pause war - wie könnte es auch anders sein - "Another Brick In The Wall". Die Videosequenzen orientierten sich an den alten Sequenzen von PINK FLOYD, waren aber zum größten Teil neu gedreht worden. Und auch die überdimensionale aufblasbare Puppe, die den Lehrer des Songs verkörperte, kam zum Einsatz. Diese war mir dann aber doch ein wenig zu "niedlich" gestaltet, wenn man die eigentliche Aussage des Songtextes zu Grunde legt. Hier hätte ein wenig mehr Bosheit beileibe nicht geschadet.

Laser hingegen kamen während der Show nur sehr sparsam zum Einsatz. Natürlich wieder bei "Time", wo sie in Metronommanier das Schlagzeug effektvoll untermalten. Dagegen hatte THE AUSTRALIAN PINK FLOYD SHOW noch einiges an Anderem aus der Kreativabteilung in Petto. So wurden die Videosequenzen zu dem Radiogesäusel vor "Wish You Where Here" mit einem plötzlich auf der Leinwand herumspringenden Angus Young (AC/DC) gekrönt, was zu einer spontanen Beifallsorgie im Tempodrom führte. Klar ... AC/DC sind ja auch Australier. Aber auch andere Landsleute wurden in dieser Sequenz verewigt. MEN AT WORK beispielsweise, oder auch Kylie Minogue.

e 20140415 1487366474Im Übrigen ließ die Band - besonders im zweiten Set - keine Gelegenheit aus, auf ihre Herkunft hinzuweisen. Auf dem Logo sah man statt der sonst bei PINK FLOYD üblichen zwei Maschinenhänden ein stilirisiertes Känguru und statt des überdimensionalen rosa Schweinchen erschien schlussendlich ein ebenso aus den Fugen geratenes rosa Känguru, wieder als aufblasbare Puppe, auf der Bühne. Bei aller Vaterlandsliebe vergaßen sie aber zu keiner Zeit, den Bezug zu PINK FLOYD herzustellen. Schon beim Opener erschien Syd Barret, in wunderschönes Licht getaucht, am Ende auf der Leinwand. Wie jeder eingefleischte Fan weiß, wurde "Shine On You Crazy Diamond" ja für ihn komponiert und geschrieben.

Wer Realist ist und schon einmal die echten PINK FLOYD erlebt hat, wird im Tempodrom keine Quadrofonie-Superlative Show erwartet haben, bei der einen sonorgewaltige Klangteppiche umhauen und eine Laser-Licht-Lawine einen reizüberflutet und sprachlos macht. Diese Zeiten sind spätestens vorbei, seitdem Richard Wright diese Welt verlassen hat. Und wer die Erwartung hegte, perfekte Stimmkopien der Herrn Gilmour, Wright und Waters heraushören zu wollen, war bei der Show im Tempodrom ebenso fehl am Platze wie derjenige, der Gitarrenvirtuosität a la Gilmour erwarte hatte.

Die Australier machten einen guten Job und präsentierten die zeitlose und unverwechselbare Musik ihrer großen Vorbilder durchaus ansprechend. Die Band aber, die das tatsächliche Niveau von PINK FLOYD erreicht, wird es wohl auch auf Jahre hin gesehen nicht geben.



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Bitte beachtet auch:

• off. Homepage von Australian Pink Floyd: www.aussiefloyd.com
• off. Homepage von Pink Floyd: www.pinkfloyd.com




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