Die Zöllner am 28. März 2014 in Leipzig

 

 

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Ein Konzertbericht von Hans-Peter Lauschke mit Fotos von Matthias Ziegert


Zahlreicher erklärender Worte bedurfte es nicht, um das Publikum rasch für sich einzunehmen. Vielmehr vertrauten Dirk Zöllner und Kollegen von Beginn an ihrer so sehr eigenständigen, gehaltvollen Musik, welche zum Hinhören animiert, zum Tanzen auffordert und zuweilen auch zum Mitsingen anregt. Die Formation, komplett "mit großem Besteck" angetreten, mithin um die ZÖLLNER-Horns erweitert, erlebt man eben nicht alle Tage.a 20140402 1992449473 Dies allein war Grund genug, nach Leipzig-Möckern aufzubrechen und sich, im leicht nebligen, von roter Farbe dominierten "Anker"-Bühnenlicht, den "souligen", groovenden Rhythmen hinzugeben, den stilistisch reizvollen Texten von meist lyrischem Format zu lauschen wie auch jene humorvollen sprachlichen Bonmots zu goutieren, welcher der geborene Frontmann und Entertainer "Scholle" zwischendurch launig von sich gibt.

Die Gruppe, allenthalben Garant für volle Häuser, wirkt handverlesen, jeder der Musiker ist ein wahrer Könner seines Fachs und auch in diversen anderen Bandkonstellationen zu erleben. Vergleichsweise noch jung im ambitionierten musikalischen Projekt, sprich: erst wenige Jahre dabei, sind der Gitarrist Andreas Bayless (Söhne Mannheims), aktuell offenbar zum Wahlleipziger mutiert, der stilistisch versierte Drummer Heiko Jung, welchen der Rezensent neulich erst an der Seite des Thüringer Kult-Bluesers Jürgen Kerth erlebt hat, der aus Erfurt stammende, ebenso dem professionellen Jazz verschriebene Basser Oliver Klemp und - last but not least - Marcus Gorstein, Sohn von Eva und Arnold Fritzsch, der neben Gensi die Tasten bedient, produziert, Dirk stimmlich unterstützt und zusätzliche treibende rhythmische Akzente setzt. Schon länger in Scholles Boot musizierend unterwegs sind David 'Skip' Reinhart (Trompete), der mit speziellem Humor versehene elder statesman Gerald "Herr" Meier (Posaune), Frank Fritsch (Saxophon) sowie natürlich Keyboarder André Gensicke, der seit mehr als einem Vierteljahrhundert Dirk auf dessen künstlerischen Wegen begleitet und bereits an seiner Seite weilte, als die ZÖLLNER 1988 in einem legendären Konzert James Brown supporteten. Die Band wirkte gut aufeinander eingespielt, die Live-Versionen waren durchweg von hoher musikalischer Qualität, das Programm insgesamt in seinem Ablauf kompakt, choreographiert, gut getimt, was spontane Umstellungen der Titelabfolge aber nicht ausschloss. Der famose musikalische Reigen nahm Werke wie "Alles oder nichts", "Allein", "Heute biste dran", "LaLaLa", "Herzwinter" und "Carolyn" in sich auf.b 20140402 1115241121 Jedes Mitglied der Combo bekam huldvoll genügend Raum zugestanden, sich solistisch zu beweisen. Möglicherweise hatte Dirk vorab Benimm-Regeln aufgestellt: Bemerkenswert war nicht zuletzt der vornehm-sparsame Umgang mit geistigen Getränken, die Herren Musiker nippten zuweilen an Wasser und Bier.

Natürlich ist es wie immer: Dirk Zöllner verleiht dem Ganzen Gesicht, Haltung, Charme und Chuzpe, Stimme und agile Körperlichkeit. Ein Großteil des Publikums mag zuallererst seinetwegen anwesend sein, dies ist es eben, was einen Frontmann auszeichnet. Dessen gelegentliche wilde Transformation hin zur "Rampensau" wird geradezu erwartet und heftig beklatscht. Aber vielleicht verbirgt sich dahinter lediglich Scholles souveräner Umgang mit diversen ZÖLLNER-Oldies, welche unterdessen Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, auf dem Buckel haben, deren Existenzberechtigung rhetorisch geschickt beschoren wird und die es Abend für Abend mit der nötigen Frische neu "zu verkaufen" gilt.
Als zuverlässige Begleitung innerhalb des Auditoriums erwies sich einmal mehr eine Abordnung der "Seelentaucher", jener tanzwütigen, textsicheren und treuen Edelfans, platziert selbstverständlich in Bühnennähe, denen kein Anreiseweg zu weit ist und die offenbar nichts und niemand am regelmäßigen Besuch ihres Lieblingssängers inklusive Band hindern kann. Gut so.

Mehrfach wies Dirk darauf hin, dass es sich angesichts der unüberhörbaren und nicht zu übersehenden Gruppierung auf der Bühne um die "Die ZÖLLNER 2014" handele. Der Rezensent verleiht seiner Vermutung Ausdruck, dass eine vergleichbare Konstellation, in ca. 12 Monaten vor Publikum agierend, sicher "Die ZÖLLNER 2015" sein werden. Doch schwingt bei dieser Aussage wohl auch Scholles Stolz auf das erreichte und jederzeit scheinbar mühelos abrufbare künstlerische Niveau der Berliner mit.

c 20140402 2013659438Zum Schluss des Konzertes ließ es sich Dirk - sichtlich bewegt - nicht nehmen, seine persönliche Erinnerung an das kürzlich leider verstorbene "Anker"-Urgestein "Flori", jenen famosen Mann an den Reglern des Mischpultes, zu dessen Gedenken erneut während des gesamten Abends eine Kerze brannte, zu artikulieren und ihm einen Song zu widmen.

Dies war die erste von vier unmittelbar aufeinander folgenden Veranstaltungen einer imposanten Schluss-Akkord-Reihe im "Anker" (DIE ZÖLLNER, Renft, Rea Garvey, John Mayall), bevor ab Anfang April der große Umbau startet, welcher bis ins Jahr 2015 andauern wird und von dessen Ergebnissen man sich noch kein rechtes Bild zu machen vermag. Bleibt das ehrwürdige Haus jene Kult-Location, wo bereits unzählige Künstler mit Rang und Namen aus dem In- und Ausland aufgetreten sind, eine Anlaufstelle für etablierte Stars, den talentierten Nachwuchs, aber auch für die zahlreichen Fans und Stammgäste? - Eine Interimsstätte steht für die Zeit der Rekonstruktion nahe der jetzigen Adresse zur Verfügung; zudem öffnen große Leipziger Häuser ihre Tore, um die nahtlose Fortführung erfolgreicher Reihen zu gewährleisten. Beispielsweise nimmt die "Theaterfabrik" im Spätherbst das "Konzert für Afghanistan" auf. Man darf allenthalben gespannt sein, wie es mit dem Möckerner Musentempel weitergeht, inwieweit zunächst einmal in den kommenden Wochen und Monaten Veranstaltungen und Musiker, die man für gewöhnlich mit diesem Gebäude assoziiert, anderorts unter- bzw. zurechtkommen.




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Termine:

• 11.04.2014 - Dresden - Bürgerhaus Langebrück (Die Zöllner im Duo Infernale)
• 17.04.2014 - Heidelberg - "BillyBlues" (Die Zöllner 5)
• 09.05.2014 - Storkow - Burg Storkow (Dirk Zöllner liest)
• 16.05.2014 - Strausberg - Cafe Litera (Dirk Zöllner liest)

Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Termine und Infos auf Scholles Homepage



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von Dirk Zöllner/Die Zöllner: www.dirk-zoellner.de
• Homepage des 'Anker' in Leipzig: www.anker-leipzig.de
• Portrait über Dirk Zöllner: HIER




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