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Ein Konzertbericht mit Fotostrecke von Christian Reder


Kurz vor Weihnachten im letzten Jahr besuchte ich zum ersten Mal den Jazz Brunch im Castrop-Rauxeler "Café Antik" (Bericht siehe HIER). Das ist gerade mal knapp drei Monate her, als das MIROWI ENSEMBLE, ein Nebenprojekt des R.P. Swing Orchester, dort spielte und am Ende war ich um eine Erfahrung und eine Vorliebe reicher. Die Erfahrung möchte ich heute nicht mehr missen und die Vorliebe lebe ich inzwischen mit diversen Platten und CDs auch zu Hause aus. Ein weiterer Besuch der Veranstaltungsreihe stand außerdem völlig außer Frage und war nur eine Frage der Zeit.a 20140316 1531777242 Die diesjährige Konzertsaison des Jazz Brunch im "Café Antik" eröffneten am 16. Februar das Duo Lasse Öqvist (Saxophon) und Eric Richards (Bass). Dieses Konzert kollidierte dummerweise mit einem Termin in meinem Kalender, aber die Veranstaltung mit dem Jazz Trio HELD-POSTHUMUS-SCHEWIK stand mit einem dicken Ausrufezeichen im Terminkalender. Da geht's hin, komme was da wolle ...

Gegen 10:45 Uhr, also eine knappe Viertelstunde vor dem angekündigten Beginn des Konzerts, traf ich im "Café Antik" ein. Der Grund für mein spätes Erscheinen lag an der Parkplatzsuche, die am späten Sonntagvormittag in der Castroper Innenstadt Zeit und Nerven kostete. Ich fühlte mich ein wenig wie Herbert Grönemeyer in seinem Song "Mambo". Im Café war bereits alles vorbereitet und das Trio beendete gerade den "Soundcheck". Es blieb also noch etwas Zeit, um mit den Musikern noch ein paar Worte zu wechseln. Von meinem letzten Besuch wusste ich, dass die Herren spontan entscheiden, welche Songs sie bei ihren Auftritten spielen werden. Da konnte ich mir die Frage, "Gibt's schon eine Setlist?", einfach nicht verkneifen. Bei dem Trio handelt es sich übrigens um eine abgewandelte Form des MIROWI ENSEMBLES, das aber heute nicht unter diesem Namen firmierte. Zwei der Herren spielten bereits im Dezember bei eingangs erwähntem Konzert hier, aber den Bassisten hatten sie dieses Mal nicht dabei. Dafür einen jungen Trompeter. Das Trio bestand am heutigen Vormittag aus

Eddie Held (Trompete)
Roelof Posthumus (Klarinette/Saxophon) und
Wilfried Schewik (Klavier).

Posthumus und Schewik sind die beiden eben erwähnten Musiker, die auch zum MIROWI ENSEMBLE gehören. Für Michael Ledig (Bass) spielte heute Eddie Held. Kaum dass ich mit meiner Begleitung Platz in der gemütlichen Couchecke des "Café Antik" genommen hatte, ging der Spaß auch schon los.

b 20140316 1256799910Mit "Take The A-Train", dem 1939 von Billy Strayhorn komponierten und getexteten Jazz-Standard, eröffnete das Trio die morgendlichen Jazz-Mugge. In der Version mit Kontrabass statt Trompete, hörte ich das Stück bereits im Dezember, da allerdings im letzten Teil des Konzerts. Als Eröffnungstitel war er heute eine sehr gute Wahl. Wilfried Schewik stellte im Anschlus seine Kollegen vor, und Roelof Posthumus tat dies - nachdem er dem Publikum von Schewik vorgestellt wurde - dann mit seinem Kollegen Schewik. Aber großartig vorzustellen brauchte man die Herren wohl nicht, denn das zahlreich erschienene Publikum kannte zumindest Posthumus und Schewik von vorher an dieser Stelle stattgefundenen Konzerten. Diese Jazz-Reihe gibt es hier ja schon etwas länger. Weiter ging's mit einem Jazz-Blues, nämlich dem Stück "Blue Monk". Das Lied basiert auf einer klassischen Bluesform, wurde aber mit den Mitteln des Jazz weitergeführt und weiterentwickelt. Das Lied ließ den Musikern ausreichend Platz für Improvisationen, der natürlich auch genutzt wurde. So spielten sich Posthumus mit seinem Saxophon und Held mit seiner Trompete musikalisch die Bälle zu. Der eine spielte einen Part und übergab den Staffelstab an den anderen. Ein kräftiger erster Hauch von dem, was noch kommen sollte ... Anschließend war es Zeit für einen Walzer, den "Jitterbug Waltz". Bei dem Stück handelt es sich um den 1942 von Fats Waller komponierten Jazz-Standard, der die erste Jazzkomposition war, die im Dreiviertel-Takt verfasst wurde. Interessanter Weise übrigens für eine Orgel. Die drei Musiker schrieben das Arrangement für ihre Zwecke um und stellten dem Publikum heute ihre Version vor. Man wollte es kaum glauben, aber nach dem Song war Zeit für die erste Pause. Die Songs, in Überlänge vorgetragen und spannend arrangiert, ließen die Zeit wie im Fluge vergehen.

c 20140316 1619429282Um Viertel vor zwölf war die Pause beendet und die drei Musiker nahmen ihre Plätze wieder ein. Den zweiten Teil ihres Sets eröffneten sie mit dem Stück "Russian Lullaby" (Russisches Wiegenlied). Auch dies ist ein Standard im Bereich Jazz. Der Song wurde von Irving Berlin geschrieben und inzwischen von einigen Musikern übernommen. Kurz vor dem Ende des Vortrags schlich sich heimlich noch ein drittes Instrument ein. Die gegenüber dem Café liegende Kirche beendete wohl gerade die Sonntagsmesse und tat dies mit lautem Glockengeläut kund. Trotz geschlossener Tür schlichen sich die Glockentöne in das vom Trio vorgetragene Lied ein, was die Band am Ende mit scherzhaften Kommentaren aber sehr locker nahm. Es wurde gar nicht lange gezögert, und mit "Softly As In A Morning Sunrise" setzten die Musiker ihr Programm fort. Auch dieses Stück hatte ich im Dezember schon gehört, allerdings nicht mit Trompete. Und die tat dem Lied merklich gut, vor allem das Solo im Mittelteil hat mir sehr gefallen. Eddie Held ist an seinem Instrument, das er pur oder mit verschiedenen Schalldämpfern spielte, ein wahrer Zauberer. Immer wieder streute er seine Soli ein, würzte die verschiedenen Stücke mit unterschiedlichen Spielarten und setzte immer wieder auch zu Improvisationen an, die den Liedern einen besonderen Schliff verliehen. So auch im folgenden Stück "Sweet Georgia Brown", in dem es neben seinem Trompeten-Solo auch ein Solo seines Kollegen Posthumus an der Klarinette gab. Die drei Songs hatten es in sich, und das Trio die nun folgende zweite Pause auch wirklich verdient.

Nun könnte man meinen, man hätte alles erlebt und nichts könnte das Publikum mehr überraschen. Das war aber ein Irrglaube. Den dritten und letzten Teil des Sets eröffneten die Musiker mit ihrer Version des von Claude Debussy komponierten Stücks "Clair de Lune", in dem Wilfried Schewik mit einem Klaviersolo im Stile eines Bar-Pianisten ebenso überraschte, wie erneut Eddie Held, der ein weiteres Trompetensolo einstreute und sich wieder einmal zu einer Improvisation steigerte.d 20140316 1060016712 Das folgende Stück "Twilight in Turkey" beinhaltet beim heutigen Vortrag mehrere bekannte Melodien in einem Lied. Passend zum Songtitel leitete es Roelof Posthumus mit einer orientalisch gespielten Klarinette ein. Held verzerrte sein Trompetenspiel mit einem Dämpfer und fügte dem Arrangement einige quakende Töne bei. Während das Trio vor sich hin musizierte, fiel immer einer der Musiker aus der Reihe, in dem er "fremde" Themen in das Werk einbaute. So traf man mit den Hauptthemen des von Juan Tizol und Duke Ellington komponierten Jazz-Standards "Caravan", sowie des von Tito Puente bekannt gemachten Stücks "El Cumbanchero" gleich zwei alte Bekannte wieder. Geschickt eingeflochten, gaben sie den Musikern eine weitere Möglichkeit, zu improvisieren und ihr Publikum erneut zu überraschen. Fast unbemerkt ging "Twilight in Turkey" in das Stück "In A Sentimental Mood" über und brachte uns einen weiteren Jazz-Standard aus der Feder von Duke Ellington (1935) zu Gehör. Um kurz vor eins kündigte Wilfried Schewik mit "Atlantic Blues" den letzten Song des Sets an. Auch dieses Stück wurde in Überlänge gespielt, und ein weiteres Mal ließ mich Schewik mit der Zunge schnalzen, als er an seinem Klavier zum Ragtime ansetzte und ihn in Perfektion in das Stück einbaute. Dieser Ragtime diente wiederum Held als Einleitung zu einem letzten Trompetensolo. Das war unheimlich stark! Ein letztes Mal ließ das Trio das Hauptthema eines anderen Stücks in ihr Arrangement einfließen. Mit den bekannten Tönen aus dem Refrain von Glenn Miller's "Chattanooga chu chu" würzten die Musiker den "Atlantic Blues", um ihn kurz darauf zu beenden und damit auch gleichzeitg ihr Konzert.e 20140316 1917788649 Auf eine Zugabe, die vom Publikum mit lautstarkem und anhaltenden Applaus, und von einer Konzertbesucherin sogar mit einem Zuruf, gefordert wurde, mussten wir aber leider verzichten. Roelof Posthumus hatte am Nachmittag noch einen weiteren Termin und musste deshalb auch schnell los. Das Trio versprach aber, diese Zugabe beim nächsten Treffen nachzuholen. Woher die Drei wohl wussten, dass wir wahrscheinlich alle im Juni wieder hier im "Café Antik" sein werden, wenn das MIROWI ENSEMBLE erneut hier auftreten wird?

Ein Jazz-Konzert mit Worten zu beschreiben, ist nicht einfach. Gerade die drei Herren haben bei ihrem sonntäglichen Auftritt im "Café Antik" eine anspruchsvolle Beilage zum üppigen Frühstücks-Buffet abgeliefert, die so verspielt und auch manchmal verschachtelt war, dass man sowas einfach selbst gehört haben muss. Alle Drei sind hervorragende Musikanten, die an ihren Instrumenten erstklassige Arbeit abliefern. Der junge Eddie Held hat mit seiner Art des Trompetenspiels eine ganze Menge Spaß gemacht. Bei so manchem Solo pustete er sich einen hochroten Kopf und bewies, was für eine Pferdelunge er haben muss. Vielleicht kann man das MIROWI ENSEMBLE - mit oder ohne Michael Ledig und Eddie Held - auch bald mal in Berlin, Brandenburg oder Sachsen live erleben. Ich drücke der Band jedenfalls alle Daumen, dass es vielleicht schon im Herbst zu einer kleinen Tour kommen kann.



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Termine:

Mirowi Ensemble:
• 15.06.2014 - Castrop-Rauxel - Café Antik (Jazz Brunch)

R.P. Swing Orchester:
• 18.05.2014 - Goch - Kastell
• 27.07.2014 - Emmerich - Lichterglanz
• 17.08.2014 - Isselburg - Parkhotel Wasserburg Anholt



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage des Mirowi Ensemble: www.mirowi.de
• Off. Homepage des R.P. Swing Orchester: www.rpswingorchester.de




 
 

   
   
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